Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik IGBT brennt durch / Schutzbeschaltung


von Fabian (fabi_66)


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Hallo,

ich bastele aktuell an einem Induktionsheizer. Dieser funktioniert auch 
erstmal wie erwartet, allerdings habe ich beim letzten Probebetrieb 
einen IGBT zerschossen.

Zum Aufbau: Zwei Infineon FF300R12KT4 bilden eine Vollbrücke. Auf der DC 
Seite 1F Elko und 2xPP Folienkondensatoren (4.7µ). DC Spannung ist ca. 
540V. Die Brücke erzeugt ein 8-12kHz Rechteck-Wechselstrom welcher auf 
einen Trafo (25 Wicklungen primär, 1 Wicklung sekundär) geht. Der Trafo 
geht dann auf den Schwingkreis (~10µH und 22µF).

Aktuelle Schutzbeschaltung: Eine IXYS DSE/120-12A zwischen jedem IGBT 
Emitter und Collector und eine 15V TVS am Gate. Die IGBT Module haben 
zusätzlich noch interne Dioden.

Der Betrieb ist kein Problem. Ich habe auch mehrfach bei kleiner 
Leistung (<10A primär) das Enable weggenommen und abgeschaltet. Als ich 
die Leistung dann erhöht habe (~27A primär), habe ich dummerweise auch 
direkt abgeschaltet ohne den Schwingkreis langsam zu entladen. Man 
konnte beim Abschalten die Spule ordentlich wackeln sehen und hören und 
beim Wiedereinschalten hat es dann Puff gemacht ;)

Da ist beim Abschalten natürlich ne riesen Menge Energie im Schwingkreis 
die wegwollte. Aber wodurch genau wurde der IGBT zerstört? Der Strom 
sollte ja eigentlich durch die Diode abgeleitet worden sein oder? Die 
externen Dioden sind noch i.O. Beim IGBT ist entweder Lowside 
durchgebrannt oder dessen Diode. War das vielleicht Überspannung? Der 
kann immerhin 1200V haben.

Ich werde definitiv eine Art Soft Shutdown einbauen um den Strom langsam 
herunterzufahren. Trotzdem würde ich gerne wissen, wie ich die IGBTs 
effektiv gegen diesen Emf Kickback schützen kann. Ich möchte nämlich 
definitv nicht nochmal einen frittieren!

Grüße
Fabian

von Mi. W. (mikuwi)


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Fabian schrieb:
> Zum Aufbau: Zwei Infineon FF300R12KT4 bilden eine Vollbrücke. Auf der DC
> Seite 1F Elko und 2xPP Folienkondensatoren (4.7µ). DC Spannung ist ca.
> 540V. Die Brücke erzeugt ein 8-12kHz Rechteck-Wechselstrom welcher auf
> einen Trafo (25 Wicklungen primär, 1 Wicklung sekundär) geht. Der Trafo
> geht dann auf den Schwingkreis (~10µH und 22µF).
>
> Aktuelle Schutzbeschaltung: Eine IXYS DSE/120-12A zwischen jedem IGBT
> Emitter und Collector und eine 15V TVS am Gate. Die IGBT Module haben
> zusätzlich noch interne Dioden.

Schaltungsprosa ist das beste was gibt wenn externe zur Fehlersuche 
gebeten werden....

von Vorname N. (mcu32)


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Hast du einen Snubber drin?

von Fabian (fabi_66)


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Mi. W. schrieb:
> Schaltungsprosa

Ja das ist wohl wahr. Sorry dafür. Ich habe das Ganze jetzt mal 
aufgezeichnet. Ich hoffe so kann man es etwas besser überblicken.

Vorname N. schrieb:
> Hast du einen Snubber drin?

Nein, habe ich nicht. Ich war mir da mit der Dimensionierung ziemlich 
unschlüssig und hatte gedacht, es würde mit den Freilaufdioden 
ausreichen.

von Nemopuk (nemopuk)


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Fabian schrieb:
> Der Strom sollte ja eigentlich durch die Diode
> abgeleitet worden sein

wohin?

Vielleicht haben C1 bis C3 zu wenig Kapazität, um den Impuls 
aufzunehmen. Oder sie sind zu träge (ESR,  Induktivität). Oder die 
Leitungen zwischen den Dioden und den Kondensatoren haben zu viel 
Induktivität.

Messen könnte Klarheit bringen.

: Bearbeitet durch User
von Mi. W. (mikuwi)


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Fabian schrieb:
> Zwei Infineon FF300R12KT4 bilden eine Vollbrücke.

Naja, was soll man sagen? zielstrebig fehlt das wesentliche: 
Gatetreiber,  Gatestrom, Timing der Ansteuerung (Rise/Falltime, 
Deadtime, das übliche halt wenn man mit solchen Teilen arbeitet) und 
Abschaltverhalten der Gatetreiber bei ausfallender Versorgungsspannung.


Wenn Du ohne Spannungsüberwachungs-NMI und vollständig(!!) 
kontrolliertem Abschalten von der Treiberseite beginnend abschaltest... 
selber Schuld wenn Dir der Krempl krachend um die Ohren fliegt.

btw: Ich seh auch keine DSAT-Erkennung...  wäre durchaus als Letzte 
Barriere sinnvoll damit ein Bauteildefekt im Schwingkreis nicht gleich 
den rest mitnimmt.

Schade um die IGBTs.

von Mi. W. (mikuwi)


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Fabian schrieb:

> Vorname N. schrieb:
>> Hast du einen Snubber drin?
>
> Nein, habe ich nicht. Ich war mir da mit der Dimensionierung ziemlich
> unschlüssig und hatte gedacht, es würde mit den Freilaufdioden
> ausreichen.

Wenn es denn richtig aufgebaut und angesteuert werden würde brauchts bei 
der Schaltung und den Dioden keinen Snubber, BTDT.

Schaltplan stimmt nicht mit den Pinbezeichungen im DB der IGBTs 
zusammen:
https://www.infineon.com/assets/row/public/documents/60/49/infineon-ff300r12kt4-ds-en.pdf?fileId=db3a3043156fd57301161a491e4c1e08

Du willst Hilfe? Und dann rotzt Du  einen Plan herein der eine Zumutung 
ist... die Chuzpe hätt ich gern wenn ich Bittsteller wäre.

von Lu (oszi45)


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Wenn das Maß voll ist, läuft das Fass über.
Fabian schrieb:
> beim Abschalten natürlich ne riesen Menge Energie im Schwingkreis
> die wegwollte. Aber wodurch genau wurde der IGBT zerstört? Der Strom
> sollte ja eigentlich durch die Diode abgeleitet worden sein oder?

Ohne jetzt den Aufbau zu kennen, wäre die Frage, wie weit Deine 
Schutzdioden vom IGBT entfernt sind, ob sie schnell genug waren oder die 
inneren Schutzdioden des IGBT schneller waren und am schon heißen 
Transistor auch noch geschwitzt haben? Ein Snubber ist natürlich auch 
nützlich, wenn er richtig dimensioniert wurde (um Spitzen in eine 
gedämpfte Schwingung zu verwandeln).

von Mobile (mobileteser)


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Hat der Kondensator C1 wirklich 1 Farad? Der schiebt nicht nur im 
Fehlerfall mächtig an. Ob die externen Schutzdioden D9 bis D12 schützen, 
hängt stark vom Einbau ab. Die Leitungsinduktivität ist kritisch. Da 
entscheiden cm über Leben oder Tod. Ich bezweifle mal das sie was 
bringen.
Ein Foto vom Aufbau wäre nicht schlecht.

von Lu (oszi45)


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Es kommt ja noch hinzu, dass fehlende Ansteuerung die Brücke in einen 
undefinierten Zustand hinterlassen könnte. Wenn dann bei beide leiten, 
wenn der C noch Ladung hat, wird es dann heiß.

: Bearbeitet durch User
von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Mobile schrieb:
> Hat der Kondensator C1 wirklich 1 Farad?
Da hätte ich gern mal die Bauteilbezeichnung davon, damit ich mir das 
Datenblatt ansehen kann. Denn da passen dann ja 1F  540V  540V / 2 = 
146kJ rein, das sind 146kWs. Der kann also 146kW für 1 Sekunde lang 
abgeben. Das Ding muss ein Koffer sein.
Oder andersrum: flackern da die Straßenlampen, wenn man das Gerät ans 
Netz schaltet?

Ich tippe eher, der hat lediglich 1000µF = 1mF.

: Bearbeitet durch Moderator
von Dieter W. (dds5)


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Eine so große Kapazität ist bei einem B6 Gleichrichter auch ziemlich 
sinnlos, da die Restwelligkeit schon ohne Kondensator nur ca. 15% 
beträgt.

: Bearbeitet durch User
von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Dieter W. schrieb:
> da die Restwelligkeit schon ohne Kondensator nur ca. 15% beträgt.
Und dank der "Brummfrequenz" von 300Hz die zu puffernde Zeit 
schlimmstenfalls 3,3ms ist.

> Eine so große Kapazität ist ... ziemlich sinnlos
Sie ist auch dehalb sinnlos, weil eine Heizung gar keine nennenswerte 
Energie speichert oder wie ein Motor generatorisch wirken kann und 
deshalb die Zwischenkreisspanung beim Abschalten nicht ansteigen wird.


Fabian schrieb:
> Als ich die Leistung dann erhöht habe (~27A primär)
> Da ist beim Abschalten natürlich ne riesen Menge Energie im Schwingkreis
> die wegwollte.
Ich frage mich: warum hat nicht das zu heizende Bauteil diese Energie 
aufgenommen? Oder hast du diese Induktionsheizung ohne Heizlast mit 27A 
aus  400V laufen lassen und einen 10kW-Sender gebaut?

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Durch heftige parasitaere Transiente, kann durchaus ein IGBT verheizt 
werden.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Wenn beim Abschalten die Gate-/Treiberversorgung schneller abschaltet 
als die ZK Spannung absinkt, dann kann es gut sein, dass die IGBT nicht 
mehr richtig oder unkontrolliert durchschalten. Was danach kommt, liegt 
in den Sternen...

von Fabian (fabi_66)


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Lu schrieb:
> Ohne jetzt den Aufbau zu kennen, wäre die Frage, wie weit Deine
> Schutzdioden vom IGBT entfernt sind

Ich vermute definitiv zu weit. Die Ringkabelschuhe im Bild waren an dem 
IGBT angeschlossen. Das war mir so nicht bewusst. D.h. also durch die 
langen Leitungsenden habe ich eine Induktivität die mir den Weg zur 
Diode zu hochohmig macht? Soll ich die Beine der Dioden am besten direkt 
auf die Stromschienen schrauben?

Mi. W. schrieb:
> Wenn es denn richtig aufgebaut und angesteuert werden würde brauchts bei
> der Schaltung und den Dioden keinen Snubber, BTDT

Die Gate Beschaltung ist minimal und mit Sicherheit verbesserungswürdig. 
Es gibt eine kleine Totzeit. Wenn Enable auf Masse gezogen wird, dann 
sollte die Brücke kontrolliert abgeschaltet werden. Der Betrieb klappt 
ja auch, egal bei welcher Last. Abschalten bei 10-12A klappte auch ohne 
Problem. Nur unter höherer Last war die Energie im Schwingkreis 
wahrscheinlich zu hoch?
Die IGBTs schalten sauber durch, das hatte ich mal mit dem Oszi 
überprüft. Nach 1h Betrieb haben sie 30°C und bleiben bei dieser 
Temperatur (werden aber auch von unten gekühlt).

Mobile schrieb:
> Hat der Kondensator C1 wirklich 1 Farad?

Nein hat er nicht. Es ist 1mF. Da habe ich mich vertan, meine Schuld.

von H. H. (hhinz)


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Fabian schrieb:
> Es gibt eine kleine Totzeit.

Viel zu klein.

Und es fehlt eine Strombegrenzung.

: Bearbeitet durch User
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