Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Verständnisfrage Doppelschichtkondensator (Ultracap,Goldcap, Superkondensator)


von Jürgen (derkleinemuck)


Lesenswert?

Fragen zu den Teilen:
Ich habe gelesen, daß die Teile erst voll aufgeladen werden müssen 
(https://www.elektronik-kompendium.de/sites/bau/0208301.htm). Und dann? 
Kann man sie anschließend nach Belieben auf- und entladen? Also wie 
einen Akku? Oder muß man ihn immer wieder voll laden? Halten sie ihre 
Spannung auch unbeschaltet (ein Kondensator macht das ja)? Bei vielen 
wird angegeben, daß sie 1000h Lebensdauer haben. Das ist ja gerade 
einmal ein guter Monat. Kommt mir kurz vor und damit erschließt sich mir 
nicht der Nutzen.
Auch bei Wikipedia steht zwar sehr viel, aber IMHO irgendwie nichts 
Praxistaugliches.

von Hardy F. (hflor)


Lesenswert?

Das ist die Lebensdauer mit der Nennkapazität bei maximaler Temperatur 
(steht drauf). Dann gibt es Formeln zur Umrechnung auf Deine Temperatur 
…

https://www.we-online.com/katalog/media/o173042v410%20SN008_Aluminium-Elektrolyt_Polymer_Kondensatoren_DE.pdf

: Bearbeitet durch User
von Wulf D. (holler)


Lesenswert?

1000h sind auch bei "ganz normalen" Elkos bei der max. spezifizierten 
Temperatur häufig zu finden, z.B. hier:
https://cdn-reichelt.de/documents/datenblatt/B300/RD.pdf

Längere Lebensdauer kostet Geld und Bauraum.

von Soul E. (soul_eye)


Lesenswert?

Jürgen schrieb:
> Ich habe gelesen, daß die Teile erst voll aufgeladen werden müssen

Wenn sie lange (>3 Jahre) gelegen haben, dann soll man sie das erste Mal 
strombegrenzt, also langsam und mit Vorwiderstand, aufladen. Danach kann 
man sie ganz normal benutzen.

von Axel S. (a-za-z0-9)


Lesenswert?

"Goldcap" ist der Markenname eines Doppelschichtkondensators von 
Panasonic, wird aber auch als Gattungsbegriff verwendet (etwa wie 
"Tempo" im Vergleich zu Papiertaschentuch). Kapazitäten bis 1F sind 
handelsüblich. Der Goldcap hat einen vergleichsweise hohen 
Innenwiderstand von 30 .. 150Ω.

Ein Supercap oder Ultracap ist etwas anderes. Er hat sowohl eine höhere 
Kapazität (100F sind kein Problem) als auch einen wesentlich geringeren 
Innenwiderstand von wenigen mΩ.

Jürgen schrieb:
> Ich habe gelesen, daß die Teile erst voll aufgeladen werden müssen
> (https://www.elektronik-kompendium.de/sites/bau/0208301.htm). Und dann?
> Kann man sie anschließend nach Belieben auf- und entladen?
> Oder muß man ihn immer wieder voll laden?

Ich verstehe die Frage nicht. Natürlich muß man einen Kondensator erst 
aufladen, bevor man ihn entladen kann.

> Also wie einen Akku?

Jein. Ein (auch hochkapazitiver) Kondensator verhält sich anders als ein 
Akku. Insbesondere ist die Klemmenspannung beim Akku über die Entladung 
weitgehend konstant, während sie beim Kondensator stetig abfällt. Dafür 
ist der Kondensator viel leichter zu handhaben. Im Fall des Goldcaps 
begrenzt er den Ladestrom selber und man muß nur darauf achten, daß die 
Spannung nicht zu hoch wird.

> Halten sie ihre Spannung auch unbeschaltet

Ja.

Aber die typische Verwendung ist die als Pufferkondensator, z.B. für 
eine RTC oder ein NVRAM (aber auch: Fahrrad-Rücklicht, 
Notfallbeleuchtung). Wo ein Elko nur Sekunden hält, reicht ein Goldcap 
halt Tage oder gar Wochen. Und er ist billiger und leichter zu handhaben 
als ein Akku.

: Bearbeitet durch User
von H. H. (hhinz)


Lesenswert?

Axel S. schrieb:
> "Goldcap" ist der Markenname eines Doppelschichtkondensators von
> Panasonic,

Wobei Panasonic die Produktion vor ein paar Jahren eingestellt hat.

von Jörg R. (solar77)


Lesenswert?

Axel S. schrieb:
> (..)
> Ein Supercap oder Ultracap ist etwas anderes. Er hat sowohl eine höhere
> Kapazität (100F sind kein Problem) als auch einen wesentlich geringeren
> Innenwiderstand von wenigen mΩ.

Es sind auch deutlich höhere Werte möglich. Der Leckstrom geht bei 
diesen Kondensatoren allerdings in den mA-Bereich.

von Jürgen (derkleinemuck)


Lesenswert?

Axel S. schrieb:
> Ich verstehe die Frage nicht. Natürlich muß man einen Kondensator erst
> aufladen, bevor man ihn entladen kann.

> Ein nur teilgeladener Gold-Cap verliert nach dem Abschalten der Spannungsquelle 
sofort seine Ladespannung!

von Wulf D. (holler)


Lesenswert?

Axel S. schrieb:
> "Goldcap" ist der Markenname eines Doppelschichtkondensators von
> Panasonic, …
> Der Goldcap hat einen vergleichsweise hohen
> Innenwiderstand von 30 .. 150Ω.
>
> Ein Supercap oder Ultracap ist etwas anderes. Er hat sowohl eine höhere
> Kapazität (100F sind kein Problem) als auch einen wesentlich geringeren
> Innenwiderstand von wenigen mΩ.

Wenn das mal Reichelt verstehen würde, bei denen gehen die Begriffe bunt 
durcheinander.
Haben beides im Angebot.

von Axel S. (a-za-z0-9)


Lesenswert?

Jürgen schrieb:
> Axel S. schrieb:
>> Ich verstehe die Frage nicht. Natürlich muß man einen Kondensator erst
>> aufladen, bevor man ihn entladen kann.
>
>> Ein nur teilgeladener Gold-Cap verliert nach dem Abschalten der Spannungsquelle
> sofort seine Ladespannung!

Aha. Wer behauptet so einen Schwachsinn? Und woher weiß der Goldcap 
eigentlich, daß er nur teilgeladen ist?

Ein Goldcap genau wie ein Supercap ist ein Kondensator. Nur halt mit 
einer vergleichsweise riesigen Kapazität. Vielleicht hattest du ja mal 
einen 10.000µF Elko in der Hand und weißt was für ein Klopper das ist.

Ein Goldcap mit 1F ist kleiner. Obwohl er die 100-fache Kapazität hat. 
Ein Supercap mit 100F hat nochmal Faktor 100 höhere Kapazität (ist 
allerdings auch größer als der Goldcap).

Leckströme haben sie alle, entladen sich also mit der Zeit. Das ist 
unvermeidlich. Aber bei 1F dauert es beim gleichen Leckstrom eben auch 
100-mal länger als bei 10.000µF bis die Spannung um z.B. 1V abgefallen 
ist. Goldcaps sind da etwa vergleichbar mit Elkos.

von Hippelhaxe (hippelhaxe)


Lesenswert?

Wulf D. schrieb:

> Wenn das mal Reichelt verstehen würde, bei denen gehen
> die Begriffe bunt durcheinander.

Hoffnungslos.
Die können auch nicht zwischen HF-Transistoren und HV-
Transistoren unterscheiden... halten das wohl für einen
Schreibfehler.

Zum Kotzen.

Sic transit gloria mundi...

von Hippelhaxe (hippelhaxe)


Lesenswert?

Axel S. schrieb:

> Jürgen schrieb:
>>
>>> Ein nur teilgeladener Gold-Cap verliert nach
>>> dem Abschalten der Spannungsquelle sofort
>>> seine Ladespannung!
>
> Aha. Wer behauptet so einen Schwachsinn?

Steht tatsächlich so im Elektronik-Kompendium; folge
dem Link, den Jürgen im Eröffnungsbeitrag gegeben hat.
(Der Textblock oberhalb von "Eigenschaften"; dort
ungefähr in der Mitte.)

Wenn man den ganzen Absatz liest, kann man ahnen, was
Thomas Schaerer gemeint hat, aber... nun ja.

von Vanye R. (vanye_rijan)


Lesenswert?

Ich wollte noch erwaehnen das es noch eine weitere Art von 
Superkondensator gibt, die LICs:

https://de.wikipedia.org/wiki/Lithium-Ionen-Kondensator

Ziemlich cool! Haben aber ein Nachteil, sie duerfen nicht tiefentladen 
werden!

Vanye

von Dieter W. (dds5)


Lesenswert?

Axel S. schrieb:
> Ein Goldcap genau wie ein Supercap ist ein Kondensator. Nur halt mit
> einer vergleichsweise riesigen Kapazität. Vielleicht hattest du ja mal
> einen 10.000µF Elko in der Hand und weißt was für ein Klopper das ist.

Naja Klopper ist relativ aber Goldcaps sind gegenüber Elkos natürlich 
winzig.
Die größten handelsüblichen Elkos haben knapp das Format eines Bier 
Maßkrugs und da gibt es z.B. 470000µF 6V. Ein Goldcap dieser Kapazität 
ist dagegen kaum größer als eine LR44 Knopfzelle.

von Jürgen (derkleinemuck)


Lesenswert?

Hippelhaxe schrieb:
> Axel S. schrieb:
>
>> Jürgen schrieb:
>>>
>>>> Ein nur teilgeladener Gold-Cap verliert nach
>>>> dem Abschalten der Spannungsquelle sofort
>>>> seine Ladespannung!
>>
>> Aha. Wer behauptet so einen Schwachsinn?
>
> Steht tatsächlich so im Elektronik-Kompendium; folge
> dem Link, den Jürgen im Eröffnungsbeitrag gegeben hat.
> (Der Textblock oberhalb von "Eigenschaften"; dort
> ungefähr in der Mitte.)
>
> Wenn man den ganzen Absatz liest, kann man ahnen, was
> Thomas Schaerer gemeint hat, aber... nun ja.

Aha. Damit hat sich ja die Frage tatsächlich relativiert.
Und die Haltbarkeit ist auch so weit verstanden.

von Bauform B. (bauformb)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Die Haltbarkeit hängt auch von der Betriebsspannung ab, viel stärker als 
bei Elkos oder Akkus. Eine Daumenregel sagt "10°C bzw. 100mV weniger 
verdoppeln die Lebensdauer" (100mV für eine Zelle mit 2.5V 
Nennspannung). Wima hat das vor 15 Jahren mal in einem Bild 
zusammengefasst.

Etwas aktueller, für die Eaton PHVL-Supercaps heißt es 5000h bei 85°C 
oder 2 Jahre bei 65°C. Allerdings mit 3.9V Betriebsspannung bei 5V 
Nennspannung. Kemet gibt für die FG-Serie 4000h bei 85°C und 5.5V an, 
also 100% Nennspannung. Das wäre dann der langlebigste.

Beim RTC- oder Speicher-Backup kommt dazu, dass man dann noch 70% der 
Kapazität hat. Die Überbrückungszeit wird kürzer, aber für den normalen 
Stromausfall reicht das noch ein paar Jahre länger.

von Axel S. (a-za-z0-9)


Lesenswert?

Hippelhaxe schrieb:
> Axel S. schrieb:
>> Jürgen schrieb:
>>>
>>>> Ein nur teilgeladener Gold-Cap verliert nach
>>>> dem Abschalten der Spannungsquelle sofort
>>>> seine Ladespannung!
>>
>> Aha. Wer behauptet so einen Schwachsinn?
>
> Steht tatsächlich so im Elektronik-Kompendium

Ah ja. Das: "Ein nur teilgeladener Gold-Cap verliert nach dem Abschalten 
der Spannungsquelle sofort seine Ladespannung" ist natürlich 
hochgradiger Schwachsinn. Vor allem die Verwendung von "sofort". Und 
"verliert seine Ladespannung" ist mindestens mißverständlich, weil es 
das Absinken der Spannung auf 0 suggeriert.

Vorschlag: "Die Klemmenspannung eines teilgeladenen Goldcap verringert 
sich nach dem Abklemmen der Spannungsquelle, weil die Ladung von den 
geladenen Teilkondensatoren auf die noch ungeladenen verteilt wird."

Nachdem wir das jetzt geklärt haben, muß es bloß noch jemand dem Autor 
des Artikels (Thomas Schaerer?) mitteilen

von Bernd K. (bmk)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Hier meine Erfahrung zu dem Thema.
Es sollte ein Supercap mit besonders geringem Leckstrom sein.
Dieser ist es geworden:

https://www.mouser.de/ProductDetail/Eaton-Electronics/PHVL-3R9H474-R?qs=DRkmTr78QASq4xb3UlIZyA%3D%3D

Nachdem ich diesen auf 3,4V aufgeladen hatte, verlor er recht schnell
seine Ladung bzw. die Spannung ging ruckzuck in die Knie.
Größe Enttäuschung.

Nun mal das Datenblatt genauer betrachtet.
Und fündig geworden (siehe Bild.)

Wieder auf 3,4V aufgeladen und 72 Std die Spannung gehalten.
Nun entladen. Ergebnis (Stichproben):
Nach 3,5 Std 3,3V
Nach 24  Std 3,0V
Nach 12  Tagen 2.0V

Das ist für mich in Ordnung und erfüllt meine Anforderungen.

von Vanye R. (vanye_rijan)


Lesenswert?

> Nun mal das Datenblatt genauer betrachtet.
> Und fündig geworden (siehe Bild.)

Schoen das man durchs Datenblatt lesen noch schlauer wird. :-D
Das ist naemlich in der Tat eine Eigenschaft der Teile,
sie muessen sehr lange aufgeladen werden weil die Energie
eine Zeit braucht sich im Akku zu verteilen.

Vanye

von Axel R. (axlr)


Lesenswert?

Haben sicher viele nicht gewusst. Ich übrigens auch nicht
Danke!

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.