Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Kondensator-Typen in Audio-Schaltung?


von Jochen (hermann_kokoschka)


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Moinsen zusammen,

Mal eine Frage zum Typ von Kondensatoren:
Für eine kleine Klangregelung in kleinem Audio-Verstärker suche ich 
gerade die Kondensatoren zusammen.
Alle im Bereich 10-100nF sowie Elkos 2,2-10µF.

Welche Typen eignen sich am besten, oder ist es egal?
- Folien, Keramik, Tantal?
- Kann ich die Elkos durch ungepolte ersetzten?

Dank vorab für etwas Erhellung!

von Rainer W. (rawi)


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Jochen schrieb:
> Welche Typen eignen sich am besten, oder ist es egal?

Das kommt darauf an, welche Funktion der betreffende Kondensator in der 
Schaltung  besitzt.

> Folien, Keramik, Tantal?

Tantal sind arg aus der Mode gekommen. MLCC und die diversen ElKo Typen 
fehlen dagegen in deiner Liste.

von Joe S. (bubblejoe)


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Im Signalzweig eignen sich meistens Folienkondensatoren am besten. Auf 
Keramik verzichte da.

von H. H. (hhinz)


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Jochen schrieb:
> Welche Typen eignen sich am besten?

Auf keinen Fall solche, die speziell dafür beworben werden. Die dienen 
nur erhöhter Pekuniarübertragung.

von Michael B. (laberkopp)


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Jochen schrieb:
> Welche Typen eignen sich am besten

Folie, keine Elkos

http://stephan.win31.de/capdist.htm (Übersicht Kondensatoren in 
Audioanwendungen)

http://conradhoffman.com/cap_measurements_100606.html (PE=3/0.08, 
PC=1.1/0.0009, PP=0.2/0.0002, PS=0.3/0.00005, TE=0.4/0.00002)

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Jochen schrieb:

> Mal eine Frage zum Typ von Kondensatoren:
> Für eine kleine Klangregelung in kleinem Audio-Verstärker suche ich
> gerade die Kondensatoren zusammen.
> Alle im Bereich 10-100nF sowie Elkos 2,2-10µF.
>
> Welche Typen eignen sich am besten, oder ist es egal?
> - Folien, Keramik, Tantal?
> - Kann ich die Elkos durch ungepolte ersetzten?

Tantal geht gar nicht. Keramik ist auch eher ungünstig, da für Audio 
eher höhere Kapazitäten gebraucht werden und da ist das Material 
anfällig für Mikrophonie. Als Siebkondensator aber ok. Und natürlich in 
NP0 zum Abblocken von HF.

Wenn die Polung nicht stört, sind Elkos ok. Oberhalb ~10µF sind Elkos 
ohnehin nicht vermeidbar. Optimal sind Folienkondensatoren, Z.B. MKT. 
Die sind preiswert, nicht zu groß und es gibt sie mit geringen 
Toleranzen.

von Hippelhaxe (hippelhaxe)


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Axel S. schrieb:

> Und natürlich in NP0 zum Abblocken von HF.

Wenn es SICHER NP0 ist, geht das prinzipiell auch im
Signalweg -- nur sind für Audio in der Regel die
verfügbaren Kapazitäten zu klein. Von daher selten
eine Option.

von Joachim B. (jar)


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Axel S. schrieb:
> Wenn die Polung nicht stört, sind Elkos ok.

nun ja, warum 1980 im Signalweg ein 0,1µF Elko gesetzt wurde erschließt 
sich mir nicht, es gab auch schon 100nF Folie sogar als aufgeschnittenen 
Wickel um keine induktiven Anteile einzubringen.

von Bernhard (bernhard_123)


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Wie andere bereits geschrieben haben:

Die besten Eigenschaften bezüglich Verzerrungen, Filtergüte, Baugröße 
usw. haben Kondensatoren mit Kunststofffolie als Dielektrikum.

Davon am besten geeignet ist Polypropylen-Folie (MKP).
Am zweitbesten ist Polyesterfolie (MKS oder MKT).

Polystyrolfolie (Warenzeichen Styroflex, KS, MKY) hat zwar noch etwas 
bessere Eigenschaften, ist aber so wärmeempfindlich, dass 
Styroflex-Kondensatoren praktisch vom Markt verschwunden sind.

Keramik der Klasse 1 (z. B. C0G/NP0) ist auch sehr gut, aber groß und 
teuer.
Keramik der Klasse 2 (z. B. X7R, X5R) erzeugt erzeugt Verzerrungen, weil 
sich die Kapazität mit der anliegenden Spannung ändert.

Für Spezialfälle (z. B. hohe Temperatur oder nur niedrige Frequenzen) 
gibt es noch andere Folienmaterialien.

-> Meistens ist MKP für hohe Audioqualität die beste Wahl.
MKS oder MKT sind nur etwas schlechter und werden auch oft verwendet.

Bernhard

von Cartman E. (cartmaneric)


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Wenn ich hier so sehe, wie Elkos bereits nach einigen Jahren verrecken,
und Metall-Folie-Kondensatoren Kontaktschwierigkeiten bekommen, muss
man das Ganze wohl etwas differenzierter sehen.

Die besten Überlebenschancen in meiner Statistik, haben tatsächlich
keramische Kondensatoren. Solange die genug Spannungsfestigkeit haben,
also z.B. 63 oder 100 V, halten sich Verzerrungen auch in Grenzen.
An Eingängen von Mikrofonverstärkern haben die natürlich nichts
verloren, wie auch bei Amplituden von einigen Volt und mehr, oder in
Filterschaltungen.

Ich baue aber auch nur für mich, und meine Goldohren. ☺

von Peter D. (peda)


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Jochen schrieb:
> Alle im Bereich 10-100nF sowie Elkos 2,2-10µF.

Keramik (MLCC) ist unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Wenn es keine 
triftigen Gründe dagegen gibt, nimmt man Keramik.
In den Frequenzgliedern nimmt man NP0, die sind Folie mindestens 
ebenbürtig (super konstant, keine Verluste, keine Mikrofonie).

Als Sieb- und Koppelkondensatoren gehen auch Typ2 (X7R), nur nicht 
gerade in empfindlichen Eingängen (Mikrofon, Tonabnehmer). Die 
Mikrofonie ist aber deutlich geringer, als z.B. bei einer EF86, ECC83.
Da ja keine Signalspannung daran abfällt, ist der Spannungskoeffizient 
und der TK ohne Belang.

Für Goldohren kann man aber auch NP0 MLCC als Koppelkondensator nehmen. 
Preislich sind die bis 470nF/25V immer noch günstig.

von Michael B. (laberkopp)


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Peter D. schrieb:

> Wenn es keine
> triftigen Gründe dagegen gibt,

Gibt es.

> nimmt man Keramik
> Keramik (MLCC) ist unaufhaltsam auf dem Vormarsch.

Das liegt daran  dass sie hitzefest genug für SMD Massenproduktion 
(reflow) ist.

Ich vermute, Jochen bestückt per Hand und hst kein Problem, bedrahtete 
Folienkondensatoren so einzulöten, dass die Folie nicht schmilzt

von Jochen (hermann_kokoschka)


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Moin zusammen,

Besten Dank für die ganzen Infos, besonders auch an Michael B. für die 
interessanten Links. Ja, es geht zum handgelötete Teile und ich werde 
dann wohl Folientypen nehmen.
Etwas verwirrend sind für mich aber die Infos zu 'keramisch', da 
scheinen die Meinungen zwischen 'keinesfalls' und 'nimm!' zu liegen.

Noch was anderes:
Etliche Typ-Codes MKP/MKS/X7R/etc. habt Ihr ja bereits genannt,
im SMD-Bereich stosse ich aber auf weitere, ohne die einordnen oder mit 
bereits genannten vergleichen zu können...

Jochen

: Bearbeitet durch User
von Peter D. (peda)


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Jochen schrieb:
> Ja, es geht zum handgelötete Teile und ich werde
> dann wohl Folientypen nehmen.

SMD läßt sich auch gut auf Lochraster löten. Es geht sogar deutlich 
einfacher als bedrahtet, man muß nichts umbiegen, einfädeln und 
abschneiden.
Wenn man schon älter ist, sollte man auch nicht unter 0805 gehen.
Gewöhnungsbedürftig ist nur, daß SMD-Kondensatoren nicht beschriftet 
sind.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Joachim B. schrieb:
> Axel S. schrieb:
>> Wenn die Polung nicht stört, sind Elkos ok.
>
> nun ja, warum 1980 im Signalweg ein 0,1µF Elko gesetzt wurde erschließt
> sich mir nicht, es gab auch schon 100nF Folie sogar als aufgeschnittenen
> Wickel um keine induktiven Anteile einzubringen.

Wahrscheinlich war der Elko billiger. In meinem Elko-Fundus (aus alten 
Geräten ausgelötet) finden sich kaum 0.1µF Elkos. Die kleinsten sind da 
eher 0.47µF. Aber ja, da würde ich heute auch Folie verbauen. Das 
Preisgefüge hat sich seit 1980 doch sehr verändert.


Cartman E. schrieb:
> Wenn ich hier so sehe, wie Elkos bereits nach einigen Jahren verrecken,
> und Metall-Folie-Kondensatoren Kontaktschwierigkeiten bekommen, muss
> man das Ganze wohl etwas differenzierter sehen.

Ich weiß ja nicht, welche Art von Geräten du meinst. Aber Elkos die 
nicht als Ladekondensatoren gequält werden, habe ich noch nicht 
"verrecken" sehen. Ich würde sie aber auch nur als Koppel- oder 
Siebkondensatoren einsetzen. Für anderes sind die Toleranzen zu hoch.

Und Kontaktschwierigkeiten bei Metall-Folie findet man vielleicht bei 
alten Wickeln. Also älter als 40 Jahre. Alles was jünger ist, hat diese 
Probleme nicht (mehr).

von Cartman E. (cartmaneric)


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Axel S. schrieb:
> Ich würde sie aber auch nur als Koppel- oder
> Siebkondensatoren einsetzen. Für anderes sind die Toleranzen zu hoch.

Wenn du noch die Wechselspannungüberbrückung von DC-Gegenkopplungen
dazu nimmst, sind es genau diese Stellen, an denen sie ihre
Kapazität verlieren. HF-Stufen werden taub, und beim Frequenzgang
fehlt es irgemdwann untenherum. ☺

> Und Kontaktschwierigkeiten bei Metall-Folie findet man vielleicht bei
> alten Wickeln. Also älter als 40 Jahre. Alles was jünger ist, hat diese
> Probleme nicht (mehr).

Das Problem ist über die Jahre bei Neuproduktion besser geworden.
Besser heisst aber nicht, dass überhaupt nicht mehr auftritt.

: Bearbeitet durch User
von Klaus R. (klara)


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Jochen schrieb:
> Moinsen zusammen,
>
> Mal eine Frage zum Typ von Kondensatoren:
> Für eine kleine Klangregelung in kleinem Audio-Verstärker suche ich
> gerade die Kondensatoren zusammen.
> Alle im Bereich 10-100nF sowie Elkos 2,2-10µF.
>
> Welche Typen eignen sich am besten, oder ist es egal?
> - Folien, Keramik, Tantal?
> - Kann ich die Elkos durch ungepolte ersetzten?
>
> Dank vorab für etwas Erhellung!

WIMA bietet schon seit Jahren gute Produktbeschreibungen.

WIMA Kunststofffolienkondensatoren im RM 2,5 mm
https://www.wima.de/de/produkte/kondensatoren-im-rm-2-5/
https://www.wima.de/de/produkte/kondensatoren-im-rm-2-5/anwendungen/
Hier siehst Du das FKP 02 infrage kommt.

Größere Bauformen werden hier beschrieben.
https://www.wima.de/de/produkte/filmfolien-kondensatoren-im-rm-7-5-15-mm/
https://www.wima.de/de/produkte/filmfolien-kondensatoren-im-rm-7-5-15-mm/anwendungen/
FKP 2, FKP 3, FKS2, FKS 3

SMD-Kondensatoren
https://www.wima.de/de/produkte/smd-kondensatoren/
https://www.wima.de/de/produkte/smd-kondensatoren/anwendung/
SMD-PPS, Bandpassfilter, Bandsperre z.B. für Audio

mfg Klaus

von Peter D. (peda)


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Klaus R. schrieb:
> SMD-Kondensatoren

Ich habe mit SMD-Wima nur schlechte Erfahrungen gemacht.
Händisch muß man ganz schnell löten, sonst schwimmen die Anschlußkappen 
weg. Und unser Bestücker kam damit auch nicht zurecht. Die Kondensatoren 
waren nach dem Einlöten alle defekt (hoher Leckstrom).

Wie gesagt, ist mit MLCC inzwischen kein Thema mehr. Selbst in 
Röhrenverstärkern kann man die typischen 100nF/500V Koppelkondenstoren 
durch Keramik ersetzen.

von H. H. (hhinz)


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Peter D. schrieb:
> Ich habe mit SMD-Wima nur schlechte Erfahrungen gemacht.
> Händisch muß man ganz schnell löten, sonst schwimmen die Anschlußkappen
> weg. Und unser Bestücker kam damit auch nicht zurecht. Die Kondensatoren
> waren nach dem Einlöten alle defekt (hoher Leckstrom).

PPS nehmen!

von Michael B. (laberkopp)


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Peter D. schrieb:
> Wie gesagt, ist mit MLCC inzwischen kein Thema mehr. Selbst in
> Röhrenverstärkern kann man die typischen 100nF/500V Koppelkondenstoren
> durch Keramik ersetzen.

Klar, bei Röhren kommt es auf Qualität eh nicht an, sondern auf 'warmen' 
Sound.

Röhren haben höhere Mikrophonie als der schlechteste Keramikkondensator, 
und Intermodulationsverzerrungen durch die Spannungsabhängigkeit der 
Keramikkondensatorkapazität werden da tunlichst gar nicht erst gemessen.

Transistorverstärker stellen leicht 1000 x höhere Anforderungen. Nur 
Jubelelektronik nutzt dafur billig einlötbare Keramik-VS.

: Bearbeitet durch User
von Peter D. (peda)


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Michael B. schrieb:
> Klar, bei Röhren kommt es auf Qualität eh nicht an, sondern auf 'warmen'
> Sound.

Der CGA9Q1C0G2J104J280KC von TDK ist bestimmt besser, als alles, was 
vorher in dem Röhrenamp drin war. Für Goldohren bestens geeignet und 
nicht mal teuer.
https://www.digikey.de/de/products/detail/tdk-corporation/CGA9Q1C0G2J104J280KC/3950372

von Michael B. (laberkopp)


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Peter D. schrieb:
> besser, als alles, was vorher in dem Röhrenamp drin war

Egal, weil die eh schlecht sind, 0.5% Klirr selten unterschreiten.

Transistor erreicht 0.0001%, ganz andere Klasse, da wird relevant dass 
manche Kondensatoren selbst 0.0025% beitragen.

von Klaus R. (klara)


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Peter D. schrieb:
> Ich habe mit SMD-Wima nur schlechte Erfahrungen gemacht.
> Händisch muß man ganz schnell löten, sonst schwimmen die Anschlußkappen
> weg. Und unser Bestücker kam damit auch nicht zurecht. Die Kondensatoren
> waren nach dem Einlöten alle defekt (hoher Leckstrom).

Damit hatte ich noch keine Probleme gehabt. Ich kann es mir auch nicht 
vorstellen, daß WIMA mit den Bestückern da generell Probleme hat. Es ist 
doch immer alles zertifiziert.
mfg Klaus

von Klaus R. (klara)


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Michael B. schrieb:
> und Intermodulationsverzerrungen durch die Spannungsabhängigkeit der
> Keramikkondensatorkapazität werden da tunlichst gar nicht erst gemessen.

Deswegen sollte man auch NPO oder C0G nehmen.
mfg Klaus

von Esmu P. (Firma: privat) (max707)


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Jochen schrieb:
> Moinsen zusammen,
>
> Mal eine Frage zum Typ von Kondensatoren:
> Für eine kleine Klangregelung in kleinem Audio-Verstärker suche ich
> gerade die Kondensatoren zusammen.
> Alle im Bereich 10-100nF sowie Elkos 2,2-10µF.
>
> Welche Typen eignen sich am besten, oder ist es egal?
> - Folien, Keramik, Tantal?
> - Kann ich die Elkos durch ungepolte ersetzten?
>
> Dank vorab für etwas Erhellung!

Im audion nahm ich immer diese durchsichtigen Styroflex.

von Michael B. (laberkopp)


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Klaus R. schrieb:
> Deswegen sollte man auch NPO oder C0G nehmen.

Peter will 100nF

von H. H. (hhinz)


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Michael B. schrieb:
> Klaus R. schrieb:
>> Deswegen sollte man auch NPO oder C0G nehmen.
>
> Peter will 100nF

Bis 200V gar kein Problem.

von Peter D. (peda)


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von Klaus R. (klara)


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von Hippelhaxe (hippelhaxe)


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Jochen schrieb:

> Etwas verwirrend sind für mich aber die Infos zu
> 'keramisch', da scheinen die Meinungen zwischen
> 'keinesfalls' und 'nimm!' zu liegen.

Naja, meiner Vermutung nach wissen viele nicht, dass
es bei KerKos zwei chemisch-physikalisch grundsätzlich
verschiedene Sorten Dielektrika gibt: NP0/C0G, das fast
ideale Eigenschaften hat, auf der einen Seite, und die
anderen (X7R, Z5U, ...) auf der anderen...

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Jochen schrieb:
> Für eine kleine Klangregelung in kleinem Audio-Verstärker

Für ganz normale Anwendung für normale Hörgewohnheiten im bezahlbaren 
Preisbereich nimmt man am einfachsten Folienkondensatoren, egal, ob es 
runde axiale Typen sind oder flach gequetschte radial bedrahtete Typen. 
Die jahrzehnte gelagerten Exemplate von Pollin gehen dafür auch noch. 
Vorzugsweise nimmt man diejenigen mit den geringesten Verlusten.

Nur wenn man es im Phonoverstärker übertreiben möchte, kauft man sich 
die seltenen Glimmerkondensatoren.

Michael B. schrieb:
> Klar, bei Röhren kommt es auf Qualität eh nicht an, sondern auf 'warmen'
> Sound.

Naja, da ist wohl was dran, denn auf der Rückseite der 
Schallplattenhülle einer Stereo-Demonstrationsplatte von 1957, die ich 
gerade gestern angehört hatte, war auch davon die Rede, daß sie von 16 
Hz bis zu beeindruckenden 25 kHz übertragen würde und dieser erweiterte 
nicht hörbare Frequenzbereich erheblich zum "warmen" Klang beitragen 
sollte. Nunja, mit dem DL80MC gehört, würde ich behaupten, daß ich schon 
bessere Schallplattenwiedergabe darüber gehört habe, al mit dieser 
Demonstrationsplatte. Vermutlich waren alle Aufnahmen mit 
röhrenbestückten Tonbandgeräten angefertigt worden.

Die Feinheiten konnte ich früher mal beim HiFi-Händler über 
besenschrankgroße Elektrostaten hören können, aber inzwischen bin ich 
dafür zu alt.

Michael B. schrieb:

> Transistor erreicht 0.0001%,

Auch das gilt nur für stark gegengekoppelte Verstärkerstufen und bei 
statischen Sinussignalen von wieviel Hertz? Fehlt die Angabe etwa? Meist 
erfolgt die Messung bei 1 kHz und da haben selbst die quitschigen 
Billig-CD-Player traumhafte Werte.

Und vergesst nicht, ordentlich Minuspunkte rechts einzutragen...

mfg

: Bearbeitet durch User
von Klaus R. (klara)


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Christian S. schrieb:
> Und vergesst nicht, ordentlich Minuspunkte rechts einzutragen...

Sei nicht so pessimistisch. Ich teile Deine Meinungen. Nichts desto 
trotz hatte ich mir 2011 2400 € Boxen gekauft, jedoch gebraucht für 1000 
€. Sie sind heute noch das Geld Wert.
mfg Klaus

von 900ss (900ss)


Angehängte Dateien:

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Michael B. schrieb:
> Egal, weil die eh schlecht sind, 0.5% Klirr selten unterschreiten.

Hier ein paar Messungen an meiner 300B single endet Endstufe.
1W an 8Ohm bei 2kHz und 20kHz

Da sind keine Wunderkondensatoren verbaut. WIMA-Folien hauptsächlich im 
Audio relevanten Bereich.

Edit: bei 20kHz wäre der Klirr noch besser wenn ich nicht günstige China 
Ausgangsübertrager da drin hätte. Ich habe für Messung auch mit besseren 
Übertragern gemacht, da war der Klirr bei 20kHz besser.

: Bearbeitet durch User
von Hippelhaxe (hippelhaxe)


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Christian S. schrieb:

> Michael B. schrieb:
>
>> Transistor erreicht 0.0001%,
>
> Auch das gilt nur für stark gegengekoppelte Verstärkerstufen

Und?

Erstens kann man auch lokal (d.h. innerhalb jeder Stufe)
gegenkoppeln -- das funktioniert bis weit in den HF-Bereich
hinein.
Zweitens gibt es Leistungstransistoren mit Transit-
frequenzen deutlich jenseits 10MHz, die über die maximal
20kHz in Audio-Signalen nur müde lächeln.

Soll heißen: Eine aktueller Audio-Leistungsverstärker, der
hörbare TIM-Verzerrungen produziert, enthält meiner unmaß-
geblichen Meinung nach grobe Kunstfehler in der Schaltungs-
technik.


> und bei statischen Sinussignalen von wieviel Hertz?

Naja, das ist eine Frage der Vegleichbarkeit. Früher konnte
man nur so (quasi-statisch) messen.


> Fehlt die Angabe etwa? Meist erfolgt die Messung bei 1 kHz
> und da haben selbst die quitschigen Billig-CD-Player
> traumhafte Werte.

Naja... Du weisst genausogut wie ich, dass die vielen Nullen
hinter dem Komma bei den nichtlinearen Verzerrungen völlig
irrelevant sind, weil sowohl die Lautsprecherchassis als auch
das menschliche Gehör (!) nichtlinear reagieren...


> Und vergesst nicht, ordentlich Minuspunkte rechts einzutragen...

Mir wurscht.
Was wahr ist, muss war bleiben.

von Hippelhaxe (hippelhaxe)


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Klaus R. schrieb:

> Sei nicht so pessimistisch. Ich teile Deine Meinungen.
> Nichts desto trotz hatte ich mir 2011 2400 € Boxen
> gekauft, jedoch gebraucht für 1000€.

Boxen sind (elektro-)Mechanik, und vernünftige Mechanik
ist halt teuer.


> Sie sind heute noch das Geld Wert.

Bei 1000Euro wäre allerdings meine persönliche Schmerz-
schwelle um ein Mehrfaches überschritten... :)

Aber jeder Jeck ist anders...

von Lu (oszi45)


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Hippelhaxe schrieb:
>> Sie sind heute noch das Geld Wert.
>
> Bei 1000Euro wäre allerdings meine persönliche Schmerz-
> schwelle um ein Mehrfaches überschritten... :)

Einfach so kaufen ohne den konkreten akustischen Vergleich würde ich gar 
keine.

von Klaus R. (klara)


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900ss schrieb:
> Hier ein paar Messungen an meiner 300B single endet Endstufe.
> 1W an 8Ohm bei 2kHz und 20kHz

Ja, das ist ja ein toller Verstärker. Wenn man das Datenblatt 
interpretiert hat der Verstärker eine Ausgangsleistung von 8 W. Ein 
anderer Anbieter spricht von 10 W. Preis: ca. 900 €, inklusive Zoll?

Ich habe früher mal von Radio RIM den Organist nachgebaut. Allerdings 
nur den Verstärker. Den Ausgangsübertrager und ein paar spezielle 
Bauteile habe ich auch von Radio RIM gekauft. Damals hatte man zwar den 
Katalog, mußte daraus per Brief bestellen und das dauerte dann damals 
1970 in der Regel 6 Wochen.

In der Endstufe waren 4 x EL84. Der Übertrager war etwas ganz 
besonderes. Er war das wichtigste der Ultralineargegentaktendstufe. 
Schönes Wort.
Ich habe sogar eine Platine angefertigt. Mit Bleistift die Leiterbahnen 
vor gezeichnet und mit Pinsel und Lack ausgefüllt. Man kann sich 
vorstellen wie lange das gedauert hatte.

Das Netzteil usw. hatte ich von Radios aus dem Sperrmüll. Anodenspannung 
500V! Selbstverständlich mit Röhre gleichgerichtet. Etwas anderes gab es 
gar nicht.

https://www.jogis-roehrenbude.de/Rim/Organist.htm

Ich denke der Radio RIM Verstärker war besser als der Chinese.
mfg Klaus

von 900ss (900ss)


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Klaus R. schrieb:
> Wenn man das Datenblatt interpretiert

Ich wüsste nicht wo du ein Datenblatt zu meinem Verstärker her hast. Es 
kann eigentlich keines geben da es ein vollständiger Eigenbau ist. Aus 
China kommen nur die Übertrager.

Und ob der RIM Verstärker besser ist/war.... vielleicht? So what.

Von meinem Verstärker kann ich das messen und hören wie gut/schlecht er 
ist. Und eines weiß ich sicher, du musst lange suchen um ähnlich gute 
300B SE Endstufen zu finden.

Geschrieben mit den eigenen Messungen (Fotos) von meinem Audioanalyzer 
hab ich nur, weil jemand meinte, der Klirr wäre selten unter 0.5%. Das 
ist schon wahr aber ich habe den Beweis geliefert, dass es auch 
tatsächlich besser geht.

So und jetzt darfst du die Messwerte deines RIM Verstärkers zeigen. :)

Und natürlich zum Thema zurückkehren, indem du beschreibst, welche 
Kondensatoren denn da verbaut sind.

Edit: Die 300B Endstufe ist nicht die Entwicklung aus dem AAA Forum von 
Björn :)

: Bearbeitet durch User
von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Bei der Frage des TE ging es höchstwahrschenlich um eine Klangregelstufe 
im Vorverstärker, die NICHT Ausgangsleistung in mehreren Watt bringen 
soll, sondern nur im Kleinsignalbereich wirkt. Und gerade dafür eignet 
sich eine Röhrenschaltung durchaus und es sind bei genügend 
Gegenkopplung keine großen Klirrwerte zu erwarten.

Daß die genannte Endstufe bei 1 Watt wenig Klirr hat, ist schon eine 
tolle Sache.

Hippelhaxe schrieb:
> Bei 1000Euro wäre allerdings meine persönliche Schmerz-
> schwelle um ein Mehrfaches überschritten...

Meine etwa in 1990 selbst gebauten Visaton-Zweiwege-Standlautsprecher 
haben rein das Material dann leider doch 1000 DM gekostet, wobei das 
alles Neuware war. Sie spielen aber heute noch einwandfrei, wobei ein 
paar Leim-Nähte zwischen den MDF-Platte nachzuarbeiten wären, um sie 
wieder ganz dicht zu bekommen.

mfg

: Bearbeitet durch User
von Cartman E. (cartmaneric)


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Klangregelungen, besonders "kleine Klangregelungen" sind überbewertet.
Wenn es ohne nach Nichts klingt, wird es damit auch nicht besser.

Glücklicherweise gibt es aber eine "Linear"-Taste.

von Michael B. (laberkopp)


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Lu schrieb:
> Einfach so kaufen ohne den konkreten akustischen Vergleich würde ich gar
> keine.

Na ja, die lautere gewinnt, und je nach Raum klingt es sowieso anders.

Meine Erfahrung mit elektronischem Equalizer per Messmikrophon am dBx 
driverack: danach klingen alle Boxen gleich, es bleiben nur sehr subtile 
Unterschiede übrig die begründet sind durch die unterschiedlichen 
Fähigkeiten der Boxen für die man aber schon sehr genau hinhören muss.

Ob Schneider oder Canton (3-Wege), klingt gleich, eine Adam mit ihrem 
AMT macht aber hohe Töne erkennbar besser und eine JBL mit 18" Treibern 
macht Bässe hörbar besser, ich benutze die Adam A5 weil die auch mehrere 
Instrumente besser auflöst, aber das ist so minimal dass ungeübte Ohren 
das nicht hören. Na ja, die hören nicht mal wenn ein Chassis der 
Mehrwegeboxen ausfällt.

Also: mit Elektronik kann man jede Box (im Rahmen ihrer mechanischen 
Moglichkeiten) gut machen, so gut dass sie ununterscheidbar werden. 
Equalizer und Laufzeitkorrektur und aktive Frequenzweiche rulez.

von Peter D. (peda)


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Klaus R. schrieb:
> Der Übertrager war etwas ganz
> besonderes. Er war das wichtigste der Ultralineargegentaktendstufe.

Ja, das war so der Standard in den DDR Bauanleitungen. Die 
Anodenwicklungen waren in mehrere Teilwicklungen aufgeteilt, die dann 
wechselseitig mit den Sekundärwicklungen verschachtelt waren. Damit 
erreichte man eine möglichst feste Kopplung und geringe 
Streuinduktivität. Zusätzlich zu der Schirmgittergegenkopplung war noch 
eine Gegenkopplung über alles von der Sekundärseite zur Kathode der 
Vorröhre Pflicht.

von Rainer W. (rawi)


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Bernhard schrieb:
> Keramik der Klasse 2 (z. B. X7R, X5R) erzeugt erzeugt Verzerrungen, weil
> sich die Kapazität mit der anliegenden Spannung ändert.

Wie stark der Effekt zum Tragen kommt, hängt vom Verhältnis von 
Signalamplitude und Nennspannung des Kondensators und damit von der 
Position in der Schaltung ab.

von Peter D. (peda)


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Bernhard schrieb:
> Keramik der Klasse 1 (z. B. C0G/NP0) ist auch sehr gut, aber groß und
> teuer.

Wobei teuer relativ ist. Der obige NP0 mit 100nF/630V dürfte gegenüber 
den Röhren und Trafos spottbillig sein. Und groß ist er gewiß auch 
nicht. Du scheinst die Kondensatorentwicklung der letzten Jahrzehnte 
verschlafen zu haben.
Nur noch in den passiven Filtern der Mehrwegeboxen haben Folie oder 
bipolare Elkos ihre Berechtigung.

Bernhard schrieb:
> Keramik der Klasse 2 (z. B. X7R, X5R) erzeugt erzeugt Verzerrungen, weil
> sich die Kapazität mit der anliegenden Spannung ändert.

Nun ein Koppel- oder Siebkondensator soll ja nur DC abblocken, d.h. er 
sieht kein AC und kann somit auch nichts verzerren. Ein Unterschied zu 
NP0 ist daher auch von Goldohren nicht zu hören.

AC sieht ein Kondensator nur in Entzerrern (Tonband, Schallplatte) und 
Klangstellern. Da setzt man zu Recht NP0 ein.

von Michael B. (laberkopp)


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Peter D. schrieb:
> Nun ein Koppel- oder Siebkondensator soll ja nur DC abblocken, d.h. er
> sieht kein AC

Auch ein Koppelkondensator wird umgeladen, bei unterer Grenzfrequenz 
-3dB um 50%

von Klaus R. (klara)


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Peter D. schrieb:
> Klaus R. schrieb:
>> Der Übertrager war etwas ganz
>> besonderes. Er war das wichtigste der Ultralineargegentaktendstufe.
>
> Ja, das war so der Standard in den DDR Bauanleitungen. Die
> Anodenwicklungen waren in mehrere Teilwicklungen aufgeteilt, die dann
> wechselseitig mit den Sekundärwicklungen verschachtelt waren. Damit
> erreichte man eine möglichst feste Kopplung und geringe
> Streuinduktivität. Zusätzlich zu der Schirmgittergegenkopplung war noch
> eine Gegenkopplung über alles von der Sekundärseite zur Kathode der
> Vorröhre Pflicht.

Das ist so ziemlich das was auch Radio RIM gemacht hat. Die Schaltung 
ist wohl so Mitte der 1960ger Jahre entwickelt worden. Trafos wickeln 
konnte man schon viel früher,in Ost und West. Und Röhren gab es ja auch 
im Osten. Also ist das wenig verwunderlich. Aber alle Achtung!
mfg Klaus

von Klaus R. (klara)


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900ss schrieb:
> So und jetzt darfst du die Messwerte deines RIM Verstärkers zeigen. :)

Schau Dir den Link an. Dort sind auch die Daten zu finden.
https://www.jogis-roehrenbude.de/Rim/Organist.htm

0,5% bei 35 W.

Das war schon etwas für zu Hause. Leider nur Mono.
mfg Klaus

von 900ss (900ss)


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Klaus R. schrieb:
> 0,5% bei 35 W.

Ja das ist schon ein guter Wert. Aber als Ultralinearendstufe auch 
wieder kein Kunststück. Wenn man die Zeit betrachtet, dann schon eher.

Allerdings auch nur bei 1kHz gemessen. Wie es bei höheren Frequenzen 
aussieht, weiß man nicht.

Und für zu Hause natürlich erst recht gut.

: Bearbeitet durch User
von Peter D. (peda)


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Michael B. schrieb:
> Auch ein Koppelkondensator wird umgeladen, bei unterer Grenzfrequenz
> -3dB um 50%

Ich habe schon lange keine Geräte mehr gesehen, wo die 
Koppelkondensatoren auf Kante genäht werden.
Die untere Grenzfrequenz bestimmt hauptsächlich der Lautsprecher oder 
irgendwelche Filter (Rumpelfilter im Phonozweig) oder Klangsteller.
In meinem Onkyo wird die Endstufe mit einem Elko 47µF an 56k gekoppelt 
(= 0,06Hz).
Ein X5R mit 47µF/25V in 1206 wäre auch geeignet.

von Jochen (hermann_kokoschka)


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Als TO/TE melde ich mich nomma mit Conclusio:

Dank nochmal an alle!
Besonders für die techn. Grundlagen und Links dazu!
Zwar ist das Thema etwas abgedriftet, aber das zeigt wie interessant 
Kondensatoren -und deren Auswahl- sein können.

Alles andere als 'simpel', naturgemäß müsste es daher eigentlich
'Die Kondensator' heißen statt 'Der Kondensator'... ;-)

Habe allerhand gelernt, Teile bestellt und werde mal berichten
wie es sich 'anhört'.

Jochen

: Bearbeitet durch User
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