Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Kondensatorpolung bei Audioschaltungen


von Dietmar B. (theq)


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Hallo,

bei vielen Audio(verstärker)schaltungen ist der Koppelkondensator 
positiv am Eingang und negativ am Ausgang gepolt.
Bei anderen ist es umgekehrt. Warum? Oder spielt das eigentlich keine 
Rolle und beide müssen nur in der gleichen "Richtung" sein?

Gruß

von Jens G. (jensig)


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Dietmar B. schrieb:
> Hallo,
>
> bei vielen Audio(verstärker)schaltungen ist der Koppelkondensator
> positiv am Eingang und negativ am Ausgang gepolt.
> Bei anderen ist es umgekehrt. Warum? Oder spielt das eigentlich keine
> Rolle und beide müssen nur in der gleichen "Richtung" sein?
>
> Gruß

Da ein Kondensator in der Realität an Ausgang und Eingang 
üblicherweise/oft eine Gleichspannung sieht, muss der C so gepolt 
werden, wie es diese Gleichspannung vorsieht.
Bei Verstärkerschaltungen mit pos. und neg. Betriebsspannung ist das 
meist eher egal, da an Ein- und Ausgang meistens 0V gegen Masse anliegen 
...

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (laberkopp)


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Dietmar B. schrieb:
> bei vielen Audio(verstärker)schaltungen ist der Koppelkondensator
> positiv am Eingang und negativ am Ausgang gepolt.
> Bei anderen ist es umgekehrt. Warum? Oder spielt das eigentlich keine
> Rolle und beide müssen nur in der gleichen "Richtung" sein?

Gute Audioschaltungen werden mit bipolarer Spannungsversorgung betrieben 
also plus, Masse und minus, z.B. +12V/0V/-12V und nutzen ungepolte 
Folienkondensatoren zur Kopplung.

Wenn aber die Audioschaltung nur unipolar versorgt wird, z.B. 12V/0V, 
dann sind Ein- und Ausgangssignale meist auf 0V bezogen und man erzeugt 
sich intern eine Hilfsspannung z.B. von 6V damit man positive und 
negative Audiopegel verarbeiten kann.

Dann liegt am Eingang und Ausgang 6V über dem Kondensator und er muss 
passend gepolt sein sonst geht er auf Dauer kaputt. Damit alles korrekt 
bleibt, sollte aber direkt am Eingang noch vor dem Kondensator ein 
hochohmiger Widerstand (>100k) nach 0V und am Ausgang hinter dem 
Kondensator auch, es sei denn der ist implizit (z.B. Lautsprecher).

Diese unipolaren Schaltungen mit Koppelkondensator erzeugen beim 
Einschalten aber einen plopp (Einschaltplopp), sind also schlechter. 
Zudem ist die 6V Hilfsspannung im Vergleich zu den 0V nicht rauschfrei 
stabil, und diese Differenz wirkt direkt aufs Signal. Und Elkos im 
Signalweg sind sowieso nicht gut. Manchmal kommt es aber auf Qualität 
einfach nicht an.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Dietmar B. schrieb:

> bei vielen Audio(verstärker)schaltungen ist der Koppelkondensator
> positiv am Eingang und negativ am Ausgang gepolt.
...
> und beide müssen nur in der gleichen "Richtung" sein?

Nein. Das hängt vom Gleichspannungspegel vor und nach dem Elko ab.

> Warum?

Ein Elko, über dem Gleichspannung anliegt, muß richtig gepolt sein. 
Sonst baut sich nämlich die Eloxidschicht, die das eigentliche 
Dielektrikum darstellt, elektrochemisch ab und der Elko geht kaputt. 
Sprich: er hat dann Durchgang für Gleichstrom.

> Oder spielt das eigentlich keine
> Rolle

Viele Audio-Schaltungen werden bipolar versorgt und haben dann eine 
Gleichspannung von 0V sowohl am Eingang als auch am Ausgang. Dann liegen 
über dem Koppelkondensator 0V und es ist in der Tat egal.

Andererseits verwendet man auch selten noch Elkos als Koppelkondensator, 
sondern nimmt lieber Folien- oder gar Keramikkondensatoren dafür. Bei 
denen ist es auch egal.

Aber viele einfache Transistorstufen werden auch heute noch unipolar 
versorgt (z.B. aus Batterien) und ist es dann relevant.

von Carypt C. (carypt)


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Die Elektrolytkondensatoren haben auch einen kleinen Leckstrom, der 
sollte auch fließen können sonst baut sich die Sperrschicht ab. 
~Lektürewissen

von Nemopuk (nemopuk)


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Dietmar B. schrieb:
> bei vielen Audio(verstärker)schaltungen ist der Koppelkondensator
> positiv am Eingang und negativ am Ausgang gepolt.

Die Varianten a und b habe ich beide nich nirgends gesehen. Bei unipolar 
versirgten Verstärkern haben sowohl Eingang als auch Ausgang eine 
positive Offset-Spannung. In dem Fall gehört der Plus-Pol der 
Kondensatoren an die Schaltung und der Minus-Pol an die 
Anschlussklemmen.

von Jens G. (jensig)


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Nemopuk schrieb:
> positive Offset-Spannung. In dem Fall gehört der Plus-Pol der
> Kondensatoren an die Schaltung und der Minus-Pol an die
> Anschlussklemmen.

Wer sagt denn, dass nach dem Verstärker eine Anschlußklemme kommt, und 
nicht evtl. eine weitere Verstärkerstufe? Dann kannst Du durchaus alle 
möglichen Polungs-Varianten haben ...

von Nemopuk (nemopuk)


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Jens G. schrieb:
> Wer sagt denn, dass nach dem Verstärker eine Anschlußklemme kommt, und
> nicht evtl. eine weitere Verstärkerstufe? Dann kannst Du durchaus alle
> möglichen Polungs-Varianten haben ...

Ich kann nur von dem ausgehen, was gezeigt und geschrieben wurde. Über 
alle weiteren Möglichkeiten zu philosophieren scheint mir hier 
unpassend.

von Jens G. (jensig)


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Nemopuk schrieb:
> Ich kann nur von dem ausgehen, was gezeigt und geschrieben wurde.

Ja, zumindest sind keine Klemmen vorhanden, die suggerieren würden, dass 
nur noch was "Neutrales" an Ein- und Ausgang kämen ...

von Nemopuk (nemopuk)


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Jens, du hast Recht.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Nemopuk schrieb:
> Jens, du hast Recht.

Und du deine Ruhe :)

von H.Joachim S. (crazyhorse)


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In den richtig guten Audioschaltungen gibt es keine Elkos im Signalweg, 
die sind immer bäh :-)
Ansonsten geht es einfach nach Gleichspannungspotential. Nicht immer ist 
es in Schaltungsvorschlägen richtig gezeichnet. Es funktioniert rel. 
lange auch bei falscher Polung.

von Rick (rick)


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H.Joachim S. schrieb:
> In den richtig guten Audioschaltungen gibt es keine Elkos im
> Signalweg,
> die sind immer bäh :-)
Das sehe ich auch so.

Andererseits werden auch bipolare Elektrolytkondensatoren verkauft:
https://www.reichelt.de/de/de/shop/kategorie/elkos_axial_bipolar-3144

von Nemopuk (nemopuk)


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Rick schrieb:
> Andererseits werden auch bipolare Elektrolytkondensatoren verkauft

Für passive Frequenzweichen. Die sind auch bäh. Inzwischen sind bei 
vielen Leuten auch analoge Schnittstellen bäh.

Die Kompression "digitaler" Bluetooth Ohrstöpsel/Lautsprecher ist nicht 
bäh. Weil die ist ja besser als je zuvor. Wie Persil.

: Bearbeitet durch User
von Harald W. (wilhelms)


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Axel S. schrieb:

> Dann liegen über dem Koppelkondensator 0V und es ist in der Tat egal.

Dann braucht man auch keinen Koppelkondensator an dieser Stelle.

: Bearbeitet durch User
von Axel S. (a-za-z0-9)


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Harald W. schrieb:
> Axel S. schrieb:
>
>> Dann liegen über dem Koppelkondensator 0V und es ist in der Tat egal.
>
> Dann braucht man auch keinen Koppelkondensator an dieser Stelle.

Jein. Wenn man weiß, was da angeschlossen wird, dann nicht. Aber wenn 
die Eingänge z.B. an Buchsen zum externen Anschluß beliebiger 
Gerätschaften gehen, dann sieht man die Koppelkondesatoren oft dennoch 
vor. Aber in der Tat habe ich als Jugendlicher mich gefragt, warum der 
Kassettenrecoder vom Nachbarn einen Koppelkondensator am Line-Out 
braucht, wenn meiner doch einen am Line-In hat. Einen vom beiden könnte 
man doch auch weglassen.

Aber heutzutage hat man zumindest keine Auskoppelkondensatoren vor 
Lautsprechern mehr; bis auf ganz primitive unipolar versorgte Endstufen. 
Aber auch die sind oft BTL, da braucht man den Elko auch nicht.

von Nemopuk (nemopuk)


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Axel S. schrieb:
> Einen vom beiden könnte man doch auch weglassen.

Ja, wenn man weiß, welches der beiden Geräte den höheren DC Offset hat.

Extrapunkt 1: Berücksichtigen sie, dass die Geräte unter Umständen nicht 
zeitgleich eingeschaltet werden.

Extrapunkt 2: Berücksichtigen sie bei Batterie-betriebenen Geräten, dass 
der DC Offset zusammen mit dem Verbrauch der Batterien absinkt.

von Ob S. (Firma: 1984now) (observer)


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H.Joachim S. schrieb:

> In den richtig guten Audioschaltungen gibt es keine Elkos im Signalweg,
> die sind immer bäh :-)

Ja schon (deswegen +1).

Leider ist aber die normative Kraft des Faktischen manchmal dagegen. Da 
kann es leider sehr gut mal passieren, dass die Impedanzen von Quelle 
und Senke und die gewünschte Bandbreite (vor allem die nach unten 
natürlich) eine Kapazität erfordern, die mit den verfügbaren unipolaren 
Kondensatoren einfach mal nicht erreichbar ist.

Dann kommt man nicht darum herum, Elkos einzusetzen. Deren korrekte 
Ausrichtung ist allerdings meist trivial. Alle Quellen und alle Senken 
haben ein durch ihre konkrete Schaltung definiertes DC-Potential im 
Ruhezustand, bezogen auf die gemeinsame Masse. Entsprechend diesen 
beiden Potentialen richtet man die Elkos aus.

Bleibt der Spezielfall, das die beiden Potentiale fast gleich sind. Dann 
muß man zumindest einen der beiden Schaltungsteile so abändern, dass das 
nicht mehr so ist. So einfach ist das eigentlich...

von Peter D. (peda)


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H.Joachim S. schrieb:
> In den richtig guten Audioschaltungen gibt es keine Elkos im Signalweg,
> die sind immer bäh :-)

Ich habe noch keinen professionellen Verstärker mit Transistoren ohne 
Koppelelkos gesehen.
Folie gibt es nur in Röhrengeräten oder vielleicht in Goldohren 
Eigenbauten.
Heutzutage könnte man natürlich auch MLCCs einsetzen.

Ich habe extra mal in einen Revox Amp (A722) geschaut, die ja 
hochpreisig sind. Auch da sind Elkos verbaut. Immerhin hat die Endstufe 
sogar eine richtige SOAR Schutzschaltung, was ja im Heimsektor recht 
unüblich ist.
Auch hat die Vorstufe nicht diesen Doppel Differenzverstärker Quatsch, 
der Übernahmeverzerrungen provoziert. Sondern das ganz normale Design 
mit Konstantstromquelle im negativen Zweig.

von Joachim B. (jar)


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Peter D. schrieb:
> Ich habe extra mal in einen Revox Amp (A722) geschaut, die ja
> hochpreisig sind.

deswegen wundert es mich immer wieder warum sie so Schrott Kondies RiFa 
eingebaut haben, also auch hochpreisige Teile schützen nicht vor 
falscher Bauteilewahl oder vor BWL Optimierungen. Bei Revox hätte ich 
mir bessere Bauteileselektion gewünscht.

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