Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Wie erzeugt ein Asynchronmotor ein Haltemoment?


von Marco F. (marco_f20)


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Hallo zusammen,
ich hab das mal eine Verständnisfrage zu einer Asynchronmaschine:
Ich hab vor kurzem an einer Drehmaschine die Gegenspindellager 
gewechselt und dazu natürlich die Welle und Läufer ausgebebaut. Zu 
meiner Überraschung ist war es ein 'normaler' Kurzschlussläufer / 
Asynchronmotor. Ich kann die Spindel jedoch in einen Positioniermodus 
versetzten und dabei eine feste Lage programmieren um z.B. Flächen ans 
Werkstück zu fräsen oder radiale Bohrungen zu machen. Das Gebersystem 
ist recht rudimentär, ein Geberrad mit geschätzten 250 Teilungen und 
einer Nullmarke.

Wie geht das technisch? Meinem Verständnis nach ist doch ein Schlupf 
zwischen Wellendrehzahl und Felddrehzahl nötig, um Moment aufzubauen.
Die Spindel hat ordentlich Haltemoment, sonst würden sich die Werkstücke 
ja bei der Bearbeiten wegdrehen. Was für eine Pulsform gibt die 
Antriebselektronik aus, damit die Spindel die Position hält?

Schöne Grüße,
Marco

: Verschoben durch Moderator
von Arduino F. (Firma: Gast) (arduinof)


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Marco F. schrieb:
> Meinem Verständnis nach ist doch ein Schlupf
> zwischen Wellendrehzahl und Felddrehzahl nötig, um Moment aufzubauen.

Andersrum!
Der Schlupf ergibt sich automatisch.

Damit der Motor auf einem Punkt stehen bleibt, auch bei Störkräften, 
wird die Drehrichtung des Feldes häufig gewechselt.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Ich kenne das so, daß bei CNC-Drehmaschinen mit Indexierung der 
Drehachse ein Encoder mitläuft, so daß z.B. beim Gewinde drehen die 
Achsantriebe darauf synchronisiert werden können. Wenn man eine feste 
Arbeitsposition haben wollte  (etwa für Bearbeitungen mit dem Fräskopf) 
wurde bei besagtem Bearbeitungszentrum ein langsam drehender 
Servoantrieb in ein Zahnrad auf der Drehachse eingeschwenkt, der die 
Positionierung und Blockierung der Drehachse erledigt hat. Der 
Drehantrieb wurde dazu nicht benutzt.

Ansonsten - wenn man das alles allein mit der Asynchronmaschine machen 
möchte, dann muss man sich halt nach dem Encoder richten und bei 
Abweichungen ausreichend schnell gegenregeln, damit der Rotor da bleibt 
wo man ihn haben möchte.

von Sebastian R. (sebastian_r569)


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Gibt es eventuell noch eine zusätzliche mechanische Bremse?

von Rüdiger B. (rbruns)


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Marco F. schrieb:
> einer Drehmaschine

Genau diese?

von Frank O. (frank_o)


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Für Drehmaschinen kann ich das nicht sagen, aber für Fahrzeuge 
(Stapler).
Die haben mittlerweile eine sehr hohe Frequenz und dadurch, incl. 
Getriebe, steht der Motor vermeintlich auf der Stelle.
Vor den neusten Fahrzeugen rollten die noch mit der zeit mal so bis 20cm 
weg, wenn die an der Schräge ohne Bremse standen. Gut, heute haben die 
zum größten Teil eine automatische Bremse. Aber selbst ohne, wenn du 
dann eine halbe Stunde später kommst, ist der vielleicht 2-3 Zentimeter 
weggerollt. Vorher wäre das bis zu einem halben Meter gewesen.

von Jörg K. (joergk)


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Mit FU und feldorientierter Regelung bekommt man es schon hin eine 
Asynchronmaschine bei vollem Moment im Stillstand und auf Position zu 
halten. Habe ich bis 500kW für Hebezeuge realisiert.
Bei Änderung des Lastmomentes wird es aber trotzdem zu einer leichten 
Bewegung kommen die dann wieder ausgeregelt werden muß. Ob das bei einer 
Bearbeitungsmaschine tolerierbar ist kann ich nicht einschätzen.

Wie schon ein Vorredner meinte: Sicher, daß da nicht noch eine Bremse 
verbaut ist?

von Frank O. (frank_o)


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Jörg K. schrieb:
> Wie schon ein Vorredner meinte: Sicher, daß da nicht noch eine Bremse
> verbaut ist?

Gehe ich auch von aus und deshalb erwähnte ich die elektrische Bremse.

von Marco F. (marco_f20)


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Nabend, schonmal danke für die Antworten.
- Eine Bremse ist definitiv nicht verbaut, wie im Foto zu sehen hatte 
ich die ganze Spindelwelle ausgebaut, ich hab ja alle Lager tauschen 
müssen.
So kenne ich das eigentlich auch, entweder Bremse, Umschaltung auf 
Schneckenwelle, Synchronmotor oder eine Kombination daraus.

Vielleicht unterschätze ich die Encoderauflösung, aber ich würde mal die 
zulässige Winkelabweichung auch kleiner 0,025° schätzen. Der Encoder 
müsste also sehr hoch interpolieren.
Ich versuche mal noch mehr Infos zum Encoder herauszubekommen.

Schöne Grüße,
Marco

von Marco F. (marco_f20)


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Hallo,
ich schulde euch noch die Aufklärung: Ich war noch mal vor Ort und hab 
den Encodertyp herausbekommen und siehe da, der hat 360.000 Pulse pro 
Umdrehung!
Im Sensor muss somit eine Interpolation stattfinden und mit der hohen 
Auflösung kann der VFD die Positionsabweichung ausregelen.
Schöne Grüße,
Marco

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Marco F. schrieb:
> den Encodertyp
Würde mich interessieren, welcher das ist...

> Im Sensor muss somit eine Interpolation stattfinden
Hört sich an, als ob dieser "Encoder" eigentlich ein Resolver wäre. Denn 
die sind im tiefsten Inneren völlig analog und können per Siunus und 
Cosinus alle Zwischenwerte. Und 360.000 sind eine irgendwie völlig 
"undigitale" Zahl.

https://www.celeramotion.com/inductive-sensors/de/unterstützen/technische-dokumente/resolver-und-encoder-im-vergleich/

: Bearbeitet durch Moderator
von Arduino F. (Firma: Gast) (arduinof)


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Marco F. schrieb:
> Im Sensor muss somit eine Interpolation stattfinden

Glaube ich nicht, die hilft nicht bei der Feinregulierung.
Wird wohl eher eine mehrbittige Graycode Variante sein, optisch oder 
magnetisch

von Michael B. (laberkopp)


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Marco F. schrieb:
> Wie geht das technisch

Vektorregelung. Der Motor wird also bestromt und über den Encoder 
gemessen um die Position (mit vollem Drehmoment wenn ausreichend 
gekühlt) zu halten.

Ohne Strom hat er kein Haltemoment.

Marco F. schrieb:
> ein Geberrad mit geschätzten 250 Teilungen

Das ermoglicht auch schon 0.36 Grad Auflösung

Marco F. schrieb:
> ich würde mal die zulässige Winkelabweichung auch kleiner 0,025°
> schätzen

Dafür reicht rein digitale Auswertung nicht.

Marco F. schrieb:
> Encodertyp herausbekommen und siehe da, der hat 360.000 Pulse pro
> Umdrehung!

Das wären mehr als genug.

von Marco F. (marco_f20)


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Der Geber ist ein Fanuc A860-2150-T401, hier könnt ihr euch mal das 
Geberrad ansehen: https://www.ebay.com/itm/304921829172
Es hat 256 Rillen, mein Schätzung lag schonmal ganz gut. Die 
Interpolation erfolgt auf dem Umrichter, das Übertragung als 
differentielles Spannungssignal.

Kannte ich so bisher noch nicht, wieder was gelernt.

Schöne Grüße,
Marco

: Bearbeitet durch User
von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Marco F. schrieb:
> Es hat 256 Rillen, mein Schätzung lag schonmal ganz gut. Die
> Interpolation erfolgt auf dem Umrichter
Da wird im Grunde nichts "interpoliert" im Sinne von "ich knobele mir 
mit einem schlauen Algorithmus die Position zwischen zwei Zähnen 
irgendwie heraus". Sondern es wird (ähnlich wie beim Resolver) das 
analoge und auch zwischen zwei Zähnen an jeder "Zwischenposition" zu 
jeder Zeit definierte Sin-Cos-Signal in Weginkremente umgerechnet.

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