Heute beim aufräumen gefunden :) Erste Elektrifizierung des Eigenheims in dem Jahr 1928. Vermutlich wurde in den 20er Jahren das gesamte Dorf elektrifiziert. Die Handschrift auf der Rückseite kann ich leider absolut nicht lesen.
Wie geil ist das denn? Die älteste Rechnung, welche ich habe ist eine für einen Blaupunktfernseher plus Montage einer Dachantenne von ca 1965, zwei Jahre vor meiner Geburt. Kämpfe aber auch gerade mit einem mehrseitigen Brief, den ein Soldat aus der Vervandtschaft im WKII von der Front in fast perfektem Sütterlin an seine Liebste schrieb. Das meiste konnte ich entziffern (Vergleichstabelle). Das zweite Bild von deiner Rechnung nehme ich mal als Herausforderung an. Dass das Wort "Fittings" schon 1928 in Deutschland benutzt wurde...
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So oft wie auf der Rechnung "verbleit" steht, kriegt man ja schon vom Lesen einen Leberschaden. Die Rückseite scheint mir ein nicht ganz sortenreines Sütterlin zu sein. Fr. (Frau oder Friedrich) Stübner unterschreibt einmal mit Sütterlin-"St"-Ligatur und beim nächsten mal mit dem geschwungenen Schreibschrift-S wie man heute schreibt. Äh, wie man vor 50 Jahren schrieb (heute tanzen die Kinder ja nach Gehör und machen bunte Handabdrücke ins Heft.) "29.3.30 erhalten [Anm.: geraten, nicht gelesen] Einhundert-nuschel-Mark Fr. Stübner /bleiben Rest 50 M." Die anderen Zeilen sind ähnlich. Interessant ist "Auf nuschelnuschel 15 M erhalten." Kann ich auch nur raten. Auf Jahrmarkt? Auf Saufabend? :) Dann "bleiben noch Rest" und unten "Restbetrag zum völligen Ausgleich um-stehender? Rfngrz. und der Rfrhzgf. [das heißt bestimmt Rechnung :) ] v.23.7.30 (über 1 kl. [Leckmichamarschichkannsnichtlesensiehtaberauswie-]Jauchefaß ) dankend empfangen. Unterschrift auch Stübner aber erkennbar jemand anderes. Rechnungsdatum von Oktober 1928, Zahlung im Juli 1930. Die Zeiten waren offenbar gemütlicher als heute. :) Ich habe in meinen Sammelstapeln einiges an alten Briefen und Rechnungen, wenn auch nicht direkt über Elektrik. Das älteste sind Versicherungsschreiben über Goldmark und Rentenmark. Also es ist mir nicht ganz fremd, wie man früher schriftverkehrt hat. Beliebt waren z.B. bei Bestellungen Postkarten zum Ausfüllen, weil die bei wenigen handschriftlichen Eintragungen als billigere Drucksache durchgingen. Dafür habe ich ein "Mein Hab und Gut" aus einem Gründerzeithaus, die Aufstellung die man im 3. Reich vor dem Ausgebombtwerden anfertigen mußte. Dazu dann Formulare über die Abrechnung eines Bombentreffers... Als Kind habe ich mal versucht, Steno und Sütterlin schreiben zu lernen, weil ich für das eine ein Lehrbuch und für das andere ein paar alte Briefe gefunden hatte. Aber davon ist mir nur das kleine e in Erinnerung geblieben, das in Sütterlin wie ein Kondensator-Schaltbild mit schrägen Zuleitungen aussieht. :) Schau mal ob das Blatt überhaupt schon DIN A4-Format hat. Ich habe mal ein Rechnungsformular von einem Ochsenschlächter um 1900 gefunden, das hatte noch ein etwas größeres Format. Aber kann sein daß die Weimarer Republik da mit Aufbruch und alte Kaiserreich-Zöpfe abschneiden und Bauhaus-Moderne schon umgestellt hatte. Passend zur obigen Rechnung sind diese Filme https://www.youtube.com/watch?v=zK8AIf0rvGk https://www.youtube.com/watch?v=eMiMiFlFzY4 "Die ersten Elektroinstallationen im Haushalt" und ein Haus von 1900 mit eingefrorenem Installationszustand von 1948. Da dürften die meisten Teile von der Rechnung abgebildet sein. :) Thomas S. schrieb: > Dass das Wort "Fittings" schon 1928 in Deutschland benutzt wurde... Man hat auch schon vor 1900 geanglizismt, allerdings mehr noch französisiert. Merkt man ganz deutlich wenn man ein Buch in Fraktur liest, weil die englischen Wörter dann trotzdem in lateinischen Buchstaben gesetzt sind. Ich glaube bei Fontanes "vor dem Sturm" ist mir das auch mal aufgefallen. Da die Industrialisierung von England ausging, gabs halt auch viele Begriffe, die es auf des Alten Fritzens Kartoffelacker vorher nicht gab. Gilt genauso für den Sport.
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Wollvieh W. schrieb: > So oft wie auf der Rechnung "verbleit" steht, kriegt man ja schon vom > Lesen einen Leberschaden. Ist ja noch bis 12. Januar 2026 Zeit, die Bleiwasserleitungen zu wechseln. Bleischrot darf man noch bis 2029 benutzen.
Und heute wollen sie den Kindern in Bayern noch nicht mal mehr Schreibschrift beibringen. Ist zu müüühsaaaaam. Zu anstrengend. Zu schwierig. Schon vor etlichen Jahren klagten Mediziner, daß Studenten und Stud:er:en:de nicht mehr über die nötige Feinmotorik verfügten, um OP-Nähte und ähnliches unfallfrei durchführen zu können, was am Verfall der Handschriftnutzung liegt. Ja, "Wir-schwingen-und-schreiben" ist halt doch was anderes als sinnlose Kinderfolter. Aber heute wird ja nur noch getatscht und gewischt.
Wollvieh W. schrieb: > So oft wie auf der Rechnung "verbleit" steht, kriegt man ja schon vom > Lesen einen Leberschaden. Dann schau besser mal, ob Du in ggf vorhandenen Gardinen keine Bleiketten unten drin hast. Und wenn die Gardine um Gottes Willen nicht bewegen!
Harald K. schrieb: > Und heute wollen sie den Kindern in Bayern noch nicht mal mehr > Schreibschrift beibringen. > Ist zu müüühsaaaaam. > Zu anstrengend. Zu schwierig. Die Schweiz, Vorbild und feuchter Traum aller kritischen Denker und Träger eines gesunden Menschenverstandes, sind da schon weiter: >> Die Schweiz hat sich von der »Schnürlischrift« bereits komplett verabschiedet.
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Thomas S. schrieb: > Kämpfe aber auch gerade mit einem mehrseitigen Brief, den ein Soldat aus > der Vervandtschaft im WKII von der Front in fast perfektem Sütterlin an > seine Liebste schrieb. Das meiste konnte ich entziffern > (Vergleichstabelle). Das zweite Bild von deiner Rechnung nehme ich mal > als Herausforderung an. Vielleicht kann dir das helfen: https://suetterlinstube.de/
Harald K. schrieb: > Schon vor etlichen Jahren klagten Mediziner, daß Studenten und > Stud:er:en:de nicht mehr über die nötige Feinmotorik verfügten, um > OP-Nähte und ähnliches unfallfrei durchführen zu können, was am Verfall > der Handschriftnutzung liegt. Das würde ich so nicht unbedingt unterschreiben. Ich hatte eine schreckliche Handschrift und habe sie noch immer. Trotzdem hatte ich vor über 30 Jahren in der Ausbildung mit die besten Fähigkeiten aller Lehrlinge, war in der Lage von Hand mit der Pinzette unter dem Mikroskop 15 µm dünne Goldbonddrähte von Chips sauber abzutrennen und wenn eine Schraubverbindung in einem Aufbau nicht sichtbar ist, bin ich in der Lage sie blind nur durch Gefühl in den Händen zu verschrauben samt Beilegscheiben und Sprengring. Wenn ich die Hände irgendwo an- oder auflegen kann, kann ich sehr präzise arbeiten. Nur komplett Freihand wird es ein Gezitter. Richtig schlimm, wenn mir jemand dabei zusieht.
Harald K. schrieb: > Und heute wollen sie den Kindern in Bayern noch nicht mal mehr > Schreibschrift beibringen. > Ist zu müüühsaaaaam. > Zu anstrengend. Zu schwierig. Warte mal noch 20 Jahre, dann wird man nicht mal mehr tippen sondern nur noch labern und zulabern lassen. Auch mit Lesen wird dann nicht mehr viel sein. Ist ja heute schon so. Was man in einem Absatz kurz und prägnant auf den Punkt bringen kann, wird heute über ein Video "vermittelt". > Aber heute wird ja nur noch getatscht und gewischt. Tja, die High Tec führt zu Massenverblödung. Wie war das mit den Rudimenten? Körperteile und Fähigkeiten die lange nicht benutzt werden, verkümmern und bilden sich irgendwann vollständig zurück.
Thomas S. schrieb: > Montage einer Dachantenne von ca 1965 Na, dazu passt dann auch dieses Video, wie Meister Jambo einem aufs Dach steigt: https://www.youtube.com/watch?v=8-psNSvKrjw
Wollvieh W. schrieb: > Ich habe in meinen Sammelstapeln einiges an alten Briefen und > Rechnungen, wenn auch nicht direkt über Elektrik. Das älteste sind > Versicherungsschreiben über Goldmark und Rentenmark. Also es ist mir > nicht ganz fremd, wie man früher schriftverkehrt hat. Beliebt waren z.B. > bei Bestellungen Postkarten zum Ausfüllen, weil die bei wenigen > handschriftlichen Eintragungen als billigere Drucksache durchgingen. Ja habe ich auch, auch noch Rechnungen vom Hausumbau, wo noch Heu gegen Zement eingetauscht wurde. :) Rechnungen auf Postkarten habe ich auch noch. Ich kann nur nicht die Schrift bei den meißten briefen entziffern. Ich muss mir das mal aneignen. Das ist jedenfalls vom Datum her das älteste Dokument und noch einige mehr von 1928-1930. Davor hab ich noch nichts gefunden. Die Elektrik wurde das nächste mal ca. 1960-1970 erneuert und alles alte entfernt und komplett alu verlegt. 1995 dann zum dritten mal modernisiert mit Kupfer. Nichts mehr erhalten geblieben von damals.
Wollvieh W. schrieb: > Rechnungsdatum von Oktober 1928, Zahlung im Juli 1930. Die Zeiten waren > offenbar gemütlicher als heute. :) Natürlich wollte der Installationsbetrieb, dass die Rechnung erst so spät wie möglich bezahlt wird, denn er hat kommen sehen, dass dadurch das Geld sukzessive mehr Wert werden wird! Auslöser war der Börsencrash 1929 in den USA. Die Wirtschaft brach ein. Die Krise verschärfte sich durch die Deflation, bei der – im Gegensatz zur Inflation – der Geldwert steigt. Menschen verschieben Käufe und Investitionen, weil sie günstiger werden. Dadurch sinkt die Nachfrage. Im Gegensatz zum Elektroinstallateur war der Kunde dadurch also gewillt, die Rechnung möglichst zeitnah zu bezahlen!
einige heute niedergebrachten Handschriften kann man auch kaum entziffern.
Ich habe mich mal an der Handschrift versucht: 29.3.30.-37 M. erhalten. Siebenunddreißig - Mark In. Stübner bleiben Rest. 50 M. Auf Jauchefass 15 M. erhalten Fünf ??? 29.8.30. Fr. Stübner. Am 1.5.30 - 25 M erhalten. bleiben noch acht 25 M Fr. Stübner Restbetrag zum völligen Ausgleich umstehender Rechn. und der Rechn. v. 23.7.30 (über 1 Ml. Zeuchefett) dankend empfangen. 15. Mai 1930
Das sich noch keiner über 1,10M/h für den Monteur, aber 50 Pfennige/h für den Lehrling aufgeregt hat.
Jens M. schrieb: > Das sich noch keiner über 1,10M/h für den Monteur, aber 50 Pfennige/h > für den Lehrling aufgeregt hat. Damals gabs die Cola auch für 5cent ;-]
Paul schrieb: > Die Handschrift auf der Rückseite kann ich leider absolut nicht lesen. Hast Du es mal mit einer KI versucht?
ChatGPT liest daraus folgendes: 29.3.30 – 31 M. zahlen Einnahmebestätigung – nach Dr. Birkner Raten Rest 50 M. Auf Zinseszins 15 M. zahlen Zinseszins 29.8.30 Dr. Birkner Am 7.5.30 25 M. zahlen Raten nach Rest 25 M. Dr. Birkner Bestätigung zum völligen Ausgleich sämtlicher Raten und der Rest v. 29.3.30 (über 1 M. Zinseszins) Restant ausgeglichen 15. Mai 1930 Birkner
(prx) A. K. schrieb: > Oder so. :) Das scheint mir grotesk falsch verglichen zu meiner Antwort von ChatGPT. Was hast du mit dem Bild gemacht, vor dem hochladen? Absichtlich verstümmelt?
Cyblord -. schrieb: > Was hast du mit dem Bild gemacht, vor dem hochladen? Absichtlich > verstümmelt? Verlinkt. > Das scheint mir grotesk falsch Aber durchaus kreativ um die Ecke gedacht, wenn gezahltes Geld entflieht.
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.● Des|ntegrator ●. schrieb: > Jens M. schrieb: >> Das sich noch keiner über 1,10M/h für den Monteur, aber 50 Pfennige/h >> für den Lehrling aufgeregt hat. > > Damals gabs die Cola auch für 5cent ;-] Welche Cola gab es denn 1928 im Deutschen Reich?
Stefan K. schrieb: > Welche Cola gab es denn 1928 im Deutschen Reich? OK, man hätte noch ein Jahr warten müssen: https://rp-online.de/wirtschaft/unternehmen/coca-cola-1929-wurde-die-erste-cola-in-deutschland-abgefuellt_aid-37926367
Stefan K. schrieb: > Welche Cola gab es denn 1928 im Deutschen Reich? Ach nee. Da es in D auch keine Cent gab, kann er Deutschland ja nicht gemeint haben. :)
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Wollvieh W. schrieb: > Rechnungsdatum von Oktober 1928, Zahlung im Juli 1930. Die Zeiten waren > offenbar gemütlicher als heute. :) Schon mal was von Weltwirtschaftskrise gehört?
Harald W. schrieb: > Wollvieh W. schrieb: > >> Rechnungsdatum von Oktober 1928, Zahlung im Juli 1930. Die Zeiten waren >> offenbar gemütlicher als heute. :) > > Schon mal was von Weltwirtschaftskrise gehört? 1923 wäre die Zahlung viel interessanter gewesen. Da hättest du das für den Preis eines Zuckerwürfels kriegen können
Beitrag #7938361 wurde vom Autor gelöscht.
M. E. schrieb: > Das würde ich so nicht unbedingt unterschreiben. Ich hatte eine > schreckliche Handschrift und habe sie noch immer. Es geht nicht um eine "schöne" oder "nicht schöne" Handschrift, es geht darum, überhaupt mit einem Schreibwerkzeug umgehen zu können. Und das kannst Du trotz "Sauklaue" viel, viel besser als es jemand kann, der es nie gelernt hat. Und das sorgt halt auch für entsprechende feinmotorische Fähigkeiten. Wer nur grobe Blockbuchstaben schreibt und ansonsten tatscht und wischt, der hat diese Fähigkeiten nicht.
Jörg W. schrieb: > "Fünfzehnmark", als ein Wort zusammen geschrieben :-) tatsächlich :-) gut erkannt! Es ist ein kräftiges Gemisch aus Kurrent und lateinischen Buchstaben.
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Helmut K. schrieb: > Vielleicht kann dir das helfen: > > https://suetterlinstube.de/ Danke für den Link.
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