Forum: Platinen Vorteil Löttemperatureinstellung durch Lötspitzenauswahl


von Florian (flori_n)


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Moin,

bei der Arbeit (Entwicklung) hat jemand eine Metcal-CV-Lötstation 
gekauft. Bei der Station wird die Löttemperatur durch die verwendete 
Lötspitze festgelegt.

In der Fertigung ist es wahrscheinlich zumindest egal. Da kauft man die 
passende Spitze für genau den Anwendungsfall und muss sich keine 
Gedanken mehr machen.

Aber in der Entwicklung ergibt sich ein offensichtlicher Nachteil: Man 
braucht für verschiedene Anwendungen verschiedene Temperaturen. Das 
heißt, man muss nicht nur mehrere Formen, sondern die Formen auch noch 
mit verschiedenen Temperaturen da haben.

Warum wird das also so gemacht? Welchen Vorteil hat die 
Temperatureinstellung durch Auswahl der Spitze? Hat das in der 
Entwicklung einen Vorteil?
Es geht bei der Frage um das Prinzip, nicht um diese spezielle 
Lötstation.

von Cyblord -. (cyblord)


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Florian schrieb:
> Warum wird das also so gemacht? Welchen Vorteil hat die
> Temperatureinstellung durch Auswahl der Spitze? Hat das in der
> Entwicklung einen Vorteil?

Das war früher einfach eine Möglichkeit überhaupt verschiedene geregelte 
Temperaturen an den Spitzen zu haben.
Weller hat das als Magnastat verkauft.

Es hat keinen Vorteil zur elektronischen Regelung. Früher waren solche 
Regelungen einfach nicht preiswert verfügbar. Heute würde ich sowas 
nicht mehr kaufen.

: Bearbeitet durch User
von Jens M. (schuchkleisser)


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Das hat den Vorteil, das der dumme Werker in der Serienproduktion nicht 
an der Einstellung rumfummelt, weil er mit 450° schneller fertig wird.
Jede professionelle Lötstation hat die Möglichkeit, das man die 
Einstellung sperren kann, hier gibt es direkt gar keine, also das 
Prinzip zuende gedacht.
Die Magnastat war nicht mit dem Hintergedanken, sondern dem simplen 
Prinzip geschuldet so gebaut.
Für die Entwicklung und Frickelbude natürlich scheiße, aber da hat man 
dann einfach das falsche Gerät gekauft.

von F. (radarange)


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Fest eingestellte Temperatur über die Lötspitze hat keinerlei Vorteil. 
Allerdings lassen sich sehr gute Lötstationen konstruieren, wenn man das 
inkaufnimmt. Die Metcal wird mit Hochfrequenz beheizt, bei Erreichen der 
Temperatur ist die Schaltung nicht mehr in Resonanz und es wird kaum 
noch Energie aufgenommen. Das ist ein recht genauer und sehr schneller 
Regelkreis, außerdem halten die Spitzen lange.

Ich wüsste übrigens nicht, wo man in der Entwicklung großartig 
unterschiedliche Temperaturen bräuchte. Man wird sicher nicht so heiß 
löten wie in der Fertigung, aber sowohl bei meiner Magnastat als auch 
bei meiner JBC ändere ich die Temperatur eigentlich nie, es sei denn, 
ich brauche es besonders heiß für große Masseflächen, für die meine 
Lötspitzen nicht dick genug sind.

von Patrick W. (hopa)


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F. schrieb:
> bei meiner JBC ändere ich die Temperatur eigentlich nie, es sei denn,
> ich brauche es besonders heiß für große Masseflächen, für die meine
> Lötspitzen nicht dick genug sind.

Und genau dafür braucht man eine Temperatureinstellung.

von Rainer W. (rawi)


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F. schrieb:
> ... es sei denn, ich brauche es besonders heiß für große Masseflächen, für
> die meine Lötspitzen nicht dick genug sind.

Eben, dass eigentliche Problem dabei ist nicht die Temperatur sondern 
unzureichende Leistung und/oder schlechter Wärmetransport zur Lötstelle.
Übertemperatur der Lötspitze ist dann nur ein Work-Arround gegen 
thermische Widerstände.

von Soul E. (soul_eye)


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Patrick W. schrieb:
> F. schrieb:
>> bei meiner JBC ändere ich die Temperatur eigentlich nie, es sei denn,
>> ich brauche es besonders heiß für große Masseflächen, für die meine
>> Lötspitzen nicht dick genug sind.
>
> Und genau dafür braucht man eine Temperatureinstellung.

Sicherlich nicht. Es gibt genau einen Grund, die Temperatur zu 
verändern, und das ist ein Wechsel der Legierung. Z.B. von Bleifrei auf 
Bleilot oder Chipquick.

Wenn die Massefläche nicht warm wird, hat die Lötstation zu wenig 
Leistung. Ob ein Zielwert von 350°C oder von 450°C  eingestellt wurde, 
ist völlig irrelevant, wenn die Spitze nur 200°C heiss wird. Gerade hier 
ist Metcal im Vorteil. Da kannst Du die Spitze in einen Zinnblock 
stecken und sie wird trotzdem ihre Temperatur behalten. Die 
Vertriebsleute führen das vor, indem sie mit der dünnen 0,4 mm 
SMD-Spitze eine Cent-Münze auf eine Massefläche löten. Metcal schafft 
das, die meisten anderen Systeme haben nach kurzer Zeit Probleme mit dem 
Wärmenachschub.

von Florian (flori_n)


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Vielen Dank für die schnellen Antworten.

Also nehme ich mit, dass das für den Anwender keinen direkten Vorteil 
hat, aber HF-Prinzip von Metcal ermöglicht oder zumindest vereinfacht.

Die Station wurde gekauft, um relativ dicke Stecker zu löten. Das macht 
sie auch sehr gut.

Jens M. schrieb:
> Das hat den Vorteil, das der dumme Werker in der Serienproduktion nicht
> an der Einstellung rumfummelt, weil er mit 450° schneller fertig wird.
> Jede professionelle Lötstation hat die Möglichkeit, das man die
> Einstellung sperren kann, hier gibt es direkt gar keine, also das
> Prinzip zuende gedacht.
Ich weiß jetzt nicht, ob das ironisch gemeint war, aber das ist eher ein 
Nachteil der festen Temperatur. Die gesperrte Temperatureinstellung kann 
man nur mit einem PIN oder Passwort ändern. Eine Spitze ist dagegen 
schnell getauscht.
'Dein Lötkolben ist dir zu heiß? Ich hätte meinen gerne heißer. Lass 
nach der Pause mal Spitzen tauschen.'

von Cyblord -. (cyblord)


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Florian schrieb:
> 'Dein Lötkolben ist dir zu heiß? Ich hätte meinen gerne heißer. Lass
> nach der Pause mal Spitzen tauschen.'

Von allen Unterhaltungen die niemals in der Produktion statt gefunden 
haben, fand diese am wenigsten statt.

von Hannes J. (pnuebergang)


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Florian schrieb:
> Ich weiß jetzt nicht, ob das ironisch gemeint war, aber das ist eher ein
> Nachteil der festen Temperatur. Die gesperrte Temperatureinstellung kann
> man nur mit einem PIN oder Passwort ändern.

Die sich in der Fertigung schon mal schnell als Geheimtipp rum spricht. 
Um nicht zu sagen die PIN steht schon mal auf einem PostIt an der Wand 
im Kabuff vom Industriemeister.

> 'Dein Lötkolben ist dir zu heiß? Ich hätte meinen gerne heißer. Lass
> nach der Pause mal Spitzen tauschen.'

Es gibt in der Fertigung selten jemand der sich über eine zu heiße 
Spitze beschwert.

Aber egal welcher Mechanismus, Fakt ist leider dass du nie ganz 
verhindern kannst dass jemand Dummes was Dummes macht und einen Weg um 
Vorgaben herum findet. Die sind dann auch noch stolz drauf eine 
Abkürzung gefunden zu haben.

von Jens M. (schuchkleisser)


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Florian schrieb:
> Ich weiß jetzt nicht, ob das ironisch gemeint war, aber das ist eher ein
> Nachteil der festen Temperatur. Die gesperrte Temperatureinstellung kann
> man nur mit einem PIN oder Passwort ändern. Eine Spitze ist dagegen
> schnell getauscht.

Nein das war nicht ironisch.
Die Spitze kannst du nur tauschen wenn du eine hast, und sollte 
tatsächlich ein Werker so schlau (oder dumm) sein, sich eine passende 
Spitze mit anderer Temperatur selber zu organisieren, so fällt das 
schnell auf, zumindest da wo das wirklich ernst gemeint wird. Abmahnung 
folgt.

Soul E. schrieb:
> Metcal schafft
> das, die meisten anderen Systeme haben nach kurzer Zeit Probleme mit dem
> Wärmenachschub.

Wie viel Leistung geht da?

von Florian (flori_n)


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Jens M. schrieb:
> Florian schrieb:
>> Ich weiß jetzt nicht, ob das ironisch gemeint war, aber das ist eher ein
>> Nachteil der festen Temperatur. Die gesperrte Temperatureinstellung kann
>> man nur mit einem PIN oder Passwort ändern. Eine Spitze ist dagegen
>> schnell getauscht.
>
> Nein das war nicht ironisch.
Danke für die Klarstellung.

von Soul E. (soul_eye)


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Jens M. schrieb:
> Soul E. schrieb:
>> Metcal schafft
>> das, die meisten anderen Systeme haben nach kurzer Zeit Probleme mit dem
>> Wärmenachschub.
>
> Wie viel Leistung geht da?

80 W pro Kanal, aber konzentriert auf die kleine Spitze. Es wird über HF 
geheizt, da entsteht die Wärme direkt in der Lötspitze. Wie beim 
Induktionsherd -- wenn Du da ein Metallteil drauflegst, dann wird nur 
das heiss und die Glasscheibe bleibt ein paar cm daneben kühl.

Die klassischen Kolben nutzen ein Heizelement, das an die Spitze 
angekoppelt ist. Da muss die Wärme erst zum Zielort krabbeln.

: Bearbeitet durch User
von Jens M. (schuchkleisser)


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Soul E. schrieb:
> Die klassischen Kolben nutzen ein Heizelement, das an die Spitze
> angekoppelt ist.

Nuja, Wellers WSP hat auch 80W und kurze Spitzen, das geht schon ganz 
gut.
Direkte Induktionsheizung spart da höchtens 5mm Weg ein, sooo direkt 
an/in der Spitze kann es ja auch nicht heizen, irgendwo muss ja auch 
Metallmasse sein.
Macht das so viel aus?
Ich sehe laaange Spitzen mit einem deutlichen Absatz vorne, ähnlich wie 
Hakko das früher gemacht hat. Die waren auch mit normaler Heizung sehr 
gut, die die ich kenne gibt's aber nicht mehr.
Schön das die Spitze vorne so dünn ist, aber selbst das ist nur in 
seltenen Fällen relevant.

von Soul E. (soul_eye)


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Jens M. schrieb:
> Nuja, Wellers WSP hat auch 80W und kurze Spitzen, das geht schon ganz
> gut.

Ich habe hier Weller WSP80 stehen, und dann JBC C245 und Metcal MX5000. 
Zwischen den von unten beheizten Weller-Spitzen und den intern beheizten 
JBC und Metcal merkt man einen deutlichen Unterschied. Die 5 mm Weg 
machen hier einiges aus.

von Jens M. (schuchkleisser)


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Weller kostet ja auch nur die Hälfte, und die Spitzen ein Zehntel, und 
die sind ja Verbrauchsmaterial... ;)

Aber danke, halte ich mal im Hinterkopf.

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