Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Chipidentifikation 72741


von Jens M. (schuchkleisser)


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Hallo,
hat jemand zufällig eine Ahnung was das für ein IC im Bild sein könnte?
Das ist auf einer alten Steuerung einer großen Industriefräse von 1972, 
Elektropläne sind von 1971. Maschine wird noch benutzt, hat aber seit 
neuestem das Problem das sie auf den Achsen kriecht.
Diese Platine (voller alter Elkos und Teilen von Siemens & Halske und 
AEG) scheint der Verursacher zu sein, sie sitzt wohl in der Steuerung 
des Erregerstroms der Achsmotoren.
Meine Vermutung war, das es ein 741-OP sein könnte, aber zwischen Pin 1 
und Pin 8 ist ein RC-Glied aus einem Wima-FKC-Foko mit "4700 160V" 
(=4n7?) und 1k5, am 741 ist Pin 8 aber NC. Oder war das vor 50 Jahren 
noch nicht so?

Und:
Auf dem Board ist ein Teil drauf ähnlich eines Tantaltropfens, schwarz 
mit einem gelben Punkt mittig auf einer Seite, sonst keine Markierung. 
Was könnte das sein?
Zwei davon sind antiparallel geschaltet, der gelbe Punkt ist an 
entgegengesetzten Seiten. Gemessen hab ich das noch nicht, sehr 
zerbrechliches altes Zeug.

Danke für Infos.

von H. H. (hhinz)


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Jens M. schrieb:
> Meine Vermutung war, das es ein 741-OP sein könnte,

Passt schon.


> aber zwischen Pin 1
> und Pin 8 ist ein RC-Glied

Da war wohl ein 709 vorgesehen.

: Bearbeitet durch User
von Jens M. (schuchkleisser)


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H. H. schrieb:
> Da war wohl ein 709 vorgesehen.

Ah, jetzt haben auch andere Teile plötzlich einen Sinn.
Danke!

Interessant, der 709 war damals wohl zu neu, und da hat man den dann 
durch einen "High Performance" 741 ersetzt, "ach, das geht schon".
Aber die Teile drumzu, die am 741 keinen Sinn ergeben, sind trotzdem 
verlötet.

von Raimund R. (corvuscorax)


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Es wird sich wahrscheinlich schon bei dem Chip um den SN72741 von TI 
handeln. Aber falls der in einem Sockel steckte, könnte es auch sein, 
dass der damalige Entwickler mal einen anderen OpAmp vorgesehen hatte, 
der eine (Frequenz-)Kompensation zw. Pin 1 & 8 ermöglichte. Da wäre z.B. 
der 709 zu nennen (guggst du hier: 
https://www.richis-lab.de/Opamp20.htm).

Bezüglich der 'Perlen', lehne ich mich lieber nicht zu weit aus dem 
Fenster und sage nur folgendes: Auslöten und mit einem Multimeter ohmsch 
durchmessen, könnte schon den ersten Hinweis liefern was es sein könnte.
Der Punkt an der einen Seite ist womöglich keine Angabe einer Polaritiät 
sondern gehört eher zum Wert des Bauteils wie z.B. einer 
Spannungsfestigkeit. Habe z.B. in meinem 'Lager' Kondensator- und nicht 
Tantal-Perlen mit Ringen wie bei Widerständen und einem Punkt in 
verschiedenen Farben für die Angabe der max. zul. Spannung (jedenfalls 
laut Datenblatt). Denkbar wären auch NTCs, die ich ebenfalls in dieser 
Bauform habe. Also, unbedingt die DC- und AC-Parameter bestimmen und man 
weiss mehr über dieses unbekannte Bauteil.

von Jens M. (schuchkleisser)


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Raimund R. schrieb:
> Es wird sich wahrscheinlich schon bei dem Chip um den SN72741 von TI
> handeln.

Joa, das Dabla hatte ich auch, aber Pin 8 ist NC, und Offset mit NC zu 
verbinden (und sonst mit nix) macht m.E. keinen Sinn.
Am 709 dagegen schon, das hatte H.H. schon bemerkt.

Raimund R. schrieb:
> Denkbar wären auch NTCs, die ich ebenfalls in dieser
> Bauform habe.

Das ist im Nachhinein auch meine Vermutung, denn die Kiste liefert 
irgendwie Signale für die Feldsteuerung diverser Achsen, in Abhängigkeit 
eines jeweiligen Generators, umgeschaltet durch vielpolige Schütze.
Nur ein Motor liegt an Dauernetz und wird ohne weitere Geräte dazwischen 
von dieser Platine feldgesteuert, aber uns konnte keiner sagen was 
dieser Motor ist, die Maschine ist nicht vor Ort, alle anderen Motoren 
haben Beschriftungen. Kann sein, das es sich da um die Elektrokühlung 
handelt, denn dieses Board hat zwei 2N3055 auf einem fetten Kühli.
Ob ich mich traue den fragilen Kram auszulöten weiß ich noch nicht. Ist 
alles schon sehr "bricht ab beim ankucken" und im Laufe der Jahrzehnte 
auch schon oft nachgelötet worden.
Das ist dunkle durchsichtige Pappe, einseitig, und m.E. voll Handarbeit 
von der vollbeschichteten Platte bis zum Produkt.

von Rainer D. (rainer4x4)


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Jens M. schrieb:
> Und:
> Auf dem Board ist ein Teil drauf ähnlich eines Tantaltropfens, schwarz
> mit einem gelben Punkt mittig auf einer Seite, sonst keine Markierung.
> Was könnte das sein?
> Zwei davon sind antiparallel geschaltet, der gelbe Punkt ist an
> entgegengesetzten Seiten. Gemessen hab ich das noch nicht, sehr
> zerbrechliches altes Zeug.

Fotos?
Was für ne Maschine?

von Raimund R. (corvuscorax)


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Jens M. schrieb:
> Das ist dunkle durchsichtige Pappe, einseitig, und m.E. voll Handarbeit
> von der vollbeschichteten Platte bis zum Produkt.

Ohje, Pertinax. Da wäre ich seeehr vorsichtig beim Löten. Bei so alten 
Platinen heben sich sonst gern die Lötaugen ab, wenn man zu lange daran 
rumlötet.

Tendenziell sind bei derart alten Maschinen die Elektrolyt-Kondensatoren 
schon stark ausgetrocknet und haben (möglicherweise) nicht mehr die 
gewünschte/notwendige Kapazität für eine ordnungsgemäße Funktion der 
Schaltung.

Noch ein Effekt könnte zu dem von dir erwähnten 'Kriechen' der Achsen 
führen, den ich allerdings bis Dato auch nur ein einziges mal beobachtet 
hatte: Die Bildung von Zinn-Whisker, die (in meinem Fall) dafür sorgten, 
das am Eingang eines OpAmps ein kleiner Offset-Strom (durch diese 
leitende Verbindung) eingespeist wurde, der mit dem Offset-Trimmer nicht 
mehr kompensiert werden konnte und damit ein Regler ein verfälschtes 
Stellsignal ausgab.

von Dieter W. (dds5)


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Jens M. schrieb:
> Auf dem Board ist ein Teil drauf ähnlich eines Tantaltropfens, schwarz
> mit einem gelben Punkt mittig auf einer Seite, sonst keine Markierung.
> Was könnte das sein?

Das sind Dioden mit 2 oder 3 Siliziumchips in Reihe.
Genaueres fällt mir gerade nicht ein.

von Jens M. (schuchkleisser)


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Raimund R. schrieb:
> Da wäre ich seeehr vorsichtig beim Löten. Bei so alten
> Platinen heben sich sonst gern die Lötaugen ab, wenn man zu lange daran
> rumlötet.

Ja, das ist meine Angst. Vieles hängt auch schon nur noch an n-1 bis 1 
Beinchen. Natürlich ist alles (!) auf Abstand eingelötet, warum auch 
immer, viele Teile auch mit Kröpfungen, auch wo es m.E. sinnlos ist.

Raimund R. schrieb:
> Tendenziell sind bei derart alten Maschinen die Elektrolyt-Kondensatoren
> schon stark ausgetrocknet

Das ist auch meine Vermutung. Allerdings musste ich feststellen, das 
viele schon gegen Sprague Atom ausgetauscht sind, und die scheinen noch 
nicht so alt zu sein. DC konnte ich aber noch nicht ergründen.

Raimund R. schrieb:
> Die Bildung von Zinn-Whisker

Der Gerät ist sowas von Blei. Kann das Whisker bekommen?

Raimund R. schrieb:
> der mit dem Offset-Trimmer nicht
> mehr kompensiert werden konnte und damit ein Regler ein verfälschtes
> Stellsignal ausgab.

Es gibt einen Trimmer auf dem Brett, der soweit ich sehe nicht mit dem 
Offset des 741/709 zu tun hat und natürlich trotz Verlackung vom 
Betriebselektriker schon gedreht wurde, ohne Besserung.
Schön offene Kohlebahn, voll zugekleckst mit Lack.

Rainer D. schrieb:
> Fotos?

Kuckstu

Rainer D. schrieb:
> Was für ne Maschine?

Keine Ahnung, mir wurde nur die Steuerplatine zugetragen.
Die Pläne sind von "Schwäbische Hüttenwerke GmbH Wasseralfingen", steht 
in einer Großfahrzeugherstellung mittleren Ausmaßes.

: Bearbeitet durch User
von Hannes J. (pnuebergang)


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Jens M. schrieb:
> Ist
> alles schon sehr "bricht ab beim ankucken" und im Laufe der Jahrzehnte
> auch schon oft nachgelötet worden.
> Das ist dunkle durchsichtige Pappe, einseitig, und m.E. voll Handarbeit
> von der vollbeschichteten Platte bis zum Produkt.

Also an der Grenze zum Verfall oder zum Abfackeln? Dann würde ich 
nebenbei Schaltung und Platine dokumentieren, sollte der Kunde in 
Zukunft Ersatz, gegen viel €€€, brauchen.

von Jens M. (schuchkleisser)


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Fällt nach 50 Jahren und etlichen Basteleien teilweise halt schon etwas 
auseinander.
Überlastet ist aber nichts, alles gleichmäßig dunkelbraun ;)

von Raimund R. (corvuscorax)


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Wenn die Platine nicht allzu komplex und/oder aufwändig ist, lohnt sich 
vielleicht ein Reverse-Engineering (der Dir vorliegenden Platine) und 
Neubau mit aktuell erhältlichen Komponenten (und Platinenmaterial: FR4 
anstatt Pertinax) ...

von H. H. (hhinz)


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Dieter W. schrieb:
> Jens M. schrieb:
>> Auf dem Board ist ein Teil drauf ähnlich eines Tantaltropfens, schwarz
>> mit einem gelben Punkt mittig auf einer Seite, sonst keine Markierung.
>> Was könnte das sein?
>
> Das sind Dioden mit 2 oder 3 Siliziumchips in Reihe.
> Genaueres fällt mir gerade nicht ein.

Wurden als Stablisisatordioden verkauft, z.B. ITT ZTE 1,5 und ZTE 2. 
Später gabs die nur noch in DO-35.

von Old P. (Firma: nix) (old-papa)


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Jens M. schrieb:

> Interessant, der 709 war damals wohl zu neu, und da hat man den dann
> durch einen "High Performance" 741 ersetzt, "ach, das geht schon".

Eher umgekehrt: Der 709er ist (nach meiner Kenntnis) deutlich älter, 
quasi einer der Urväter der OPVs.

> Aber die Teile drumzu, die am 741 keinen Sinn ergeben, sind trotzdem
> verlötet.

Entweder hat den 741er jemand nachträglich eingebaut oder der 
Bestückungsautomat war halt noch auf den 709er programmiert.

Old-Papa

von H. H. (hhinz)


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Old P. schrieb:
> Jens M. schrieb:
>
>> Interessant, der 709 war damals wohl zu neu, und da hat man den dann
>> durch einen "High Performance" 741 ersetzt, "ach, das geht schon".
>
> Eher umgekehrt: Der 709er ist (nach meiner Kenntnis) deutlich älter,
> quasi einer der Urväter der OPVs.

1962: µA702
1965: µA709
1968: µA741

Fast vergessen: 1952: K2-W.


>> Aber die Teile drumzu, die am 741 keinen Sinn ergeben, sind trotzdem
>> verlötet.
>
> Entweder hat den 741er jemand nachträglich eingebaut oder der
> Bestückungsautomat war halt noch auf den 709er programmiert.

1972 wurde sowas noch von Hand bestückt.

von Jens M. (schuchkleisser)


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Old P. schrieb:
> Entweder hat den 741er jemand nachträglich eingebaut oder der
> Bestückungsautomat war halt noch auf den 709er programmiert.

Datecode passt zeitlich (also vmtl. nicht nachträglich gefrickelt) und 
so krumm wie das alles ist war das kein Automat, unten sind zudem die 
Beinchen nicht umgeknickt.

Old P. schrieb:
> Der 709er ist (nach meiner Kenntnis) deutlich älter,
> quasi einer der Urväter der OPVs.

Ah ok, dann hat man den 741 eingesetzt, weil "High Performance" besser 
ist...
Hats ja auch 51 von 52 Jahren einwandfrei getan (bis auf den Moment vor 
30 Jahren als der Selengleichrichter keine Lust mehr hatte)

von Dieter W. (dds5)


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Ich wusste doch, dass irgendwo noch was von dem Zeugs rumliegt.
Ist leider die letzte.

von Jens M. (schuchkleisser)


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Aha, danke.
Ist die auch gelb?

von Dieter W. (dds5)


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Ja, der Farbpunkt ist gelb. Die Spiegelung der Lampe stört da etwas.

Die Vergussmasse ist übrigens nur sehr schwach eingefärbt. Die 
Spiegelung an den Anschlussdrähten scheint problemlos durch.

: Bearbeitet durch User
von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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> 1968: µA741
da hatte man eine Menge Chipfläche für einen integrierten Kondensator 
verschwendet, die älteren brauchten noch einen externen C.

https://www.richis-lab.de/Opamp23.htm
"Kompensationskondensator C1 30pF"

von Stephan S. (uxdx)


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Ja die "guten alten Zeiten" ...

von Manfred P. (pruckelfred)


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Stephan S. schrieb:
> Ja die "guten alten Zeiten" ...

Sowohl 741 als auch 709 müsste ich noch im runden Blechgehäuse haben, 
vmtl. noch älter.

Im Gegensatz zu anderen ist die Anschlußfolge gleich, man kann das runde 
TO-99 so biegen, dass es ins DIL passt. Es gab sogar Kunststoffteile, 
die die Umformung machen.

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