Das From Blink to Think-Event bringt vielerlei Neuigkeiten für die Arduino-Entwicklerschaft. Neben einem neuen, von Raspberry Pi und Arduino Yun inspirierten Arduino gibt es einen neuen Eigentümer – Arduino gehört nun zu Qualcomm. Außerdem gibt es eine neue IDE, die „blockbasierte“ Entwicklung für den Linux-Teil des Arduino Q erlaubt.
Die „Vorstellung“ der neuen Produkte lag in Form einer Terminkollision mit dem 20-jährigen Jubiläum der Arduino-Plattform vor. Aus der Logik folgt, dass Massimo Banzi die Gelegenheit für einen Rückblick in die Geschichte der Arduino-Arbeitsumgebung nutzte. Besonders interessant war die folgende Folie, die die immense Anzahl von Arduino-IDE-Downloads belegt. Banzi sprach sogar davon, dass eine in 200 Personen die Arduino-IDE zumindest einmal heruntergeladen hatte.
Bildquelle, wo nicht anders genannt: Arduino.
Von der Ausbildung in den Prototyping-Einsatz.
Als „nächster Sprecher“ wurde Fabio Violante eingesetzt - der erst seit 2017 im Unternehmen befindliche Italiener sprach von der Transformation, um das einst nur als Educational-Werkzeug vorgesehene System für die praktische Nutzung verfügbar zu machen. Besonders wurde in diesem Bereich auch die AI-Integration betont; Edge Impulse bekam eine besondere Erwähnung.
Aus der Logik folgt, dass AI-Systeme auch die Nutzung von hochleistungsfähigen Mikrocontrollern voraussetzen. Die letzte der drei oben gezeigten Folien bietet einen „Überblick“ dessen, was die Arduinisten anbieten.
Qualcomm kauft Arduino.
Die erste „Bomb Shell“ betraf die Übernahme der Arduino durch Qualcomm. Als Motivation führte der geladene Qualcomm-Sprecher Manvinder Singh an, dass die Welt “Software-zentrisch“ wird; AI dürfte diesen Trend noch verstärken.
Aufgrund von anderen geschäftsstrategischen Entscheidungen wie beispielsweise der Übernahme von Edge Impulse folgt, dass sich Qualcomm seit längerer Zeit auch im Bereich Services positioniert. Außerdem sieht man Arduino im Hause Qualcomm als Werkzeug, um die diversen Technologien niederschwelliger für Entwickler verfügbar zu machen. Im Rahmen der Präsentation sprach der Qualcomm-Techniker auch davon, dass man die Arduino-Umgebung als „offenes System“ zu halten gedenkt - Spezifischerweise möchte man die Arduino-Abteilung als unabhängige Abteilung weiterführen, und die diversen Open Source-Initiativen behalten. Im Rahmen der Vorstellung des Arduino Q kam es dann zu „Bildproblemen“, die Slides waren im Stream nicht zu sehen. Im Rahmen der Ankündigung sprach Qualcomm allerdings davon, alle derzeit unterstützten Mikrocontroller-Typen weiter zu unterstützen. Als Beleg für den Track Record sprach der Qualcomm-Mann dann davon, dass man im Fall von Edge Impulse ähnlich gearbeitet hatte. Zu beachten ist allerdings, dass diese Aussage von Qualcomm nur die halbe Miete ist. Der wahre Lackmus-Test wird dann sein, ob die anderen Chiphersteller weiter Arduino-kompatible Boards anbieten oder (analog zur EISA-Allianz) versuchen werden, ein hauseigenes, alternatives Format in den Markt zu drängen.
Arduino Uno Q als neues Produkt. Der Arduino Uno Q sieht sich als die „nächste“ Generation des Arduino Uno, und möchte - Ähnlichkeiten zum Arduino Yun sind rein zufällig - als kombinatorischer Prozessrechner im Bereich des Raspberry Pi wildern. Spezifischerweise steht ein STMicroelectronics-Echtzeitkern zur Verfügung, der - analog zum Arduino Uno - mit einem Qualcomm-Linux-SOC zusammenarbeitet.
Interessant ist, dass mehrere Optionen angeboten werden: Im Bereich des eMMC-Speichers gibt es 16 oder 32 GB, während man im Bereich des Arbeitsspeichers entweder zwei oder 4 GB RAM deployen darf. Interessant ist außerdem, dass es fortan „Highspeed-Headers“ gibt, die - auf der Unterseite der Platine gelegen - Signalintegritätsprobleme umschiffen und die Inbetriebnahme „schneller“ externer Hardware ermöglichen.
Zu beachten ist außerdem, dass man mit dem Arduino App Lab eine an Scratch und Co. erinnernde blockbasierte Programmierumgebung anzubieten sucht. Auch hierzu einige Bilder.
Für die „auf der Unterseite“ befindlichen Header verkündete man die Verfügbarkeit eines Carrier Boards, das verschiedene MIPI-Interfaces anbietet. Klassische Arduino-Shields lassen sich ebenfalls nutzen, dank der Verfügbarkeit eines Quiic-Ports ist es auch möglich, die Arduino Modulino-Boards weiter zu verwenden.
Neue, am Arduino lebende IDE.
In Zeiten der Generation TL:DR gilt, dass ein „niederschwelliger“ Zugang zur Technologie ein Must Have ist. Eine der Vorteile ist, dass die blockbasierte IDE auch direkt am Prozessrechner ausgeführt werden kann.
Debian Linux und QRB2210 im Mittelpunkt
Manvinder Singh präsentierte den neuen DragonWing-Prozessor, der unter dem Namen QRB2210 lanciert wird und sich wie in der folgenden Tabelle präsentiert.
Neben dem geringen Energieverbrauch - man spricht vom Bereich von 1 W - wurde die hohe Rechenleistung betont; es gibt eine „breiten Temperaturbereich“ und einen Grafikbeschleuniger. Außerdem betont man, dass der neue Chip Standard-Debian unterstützt.
Der Qualcomm-Open Source-Manager Loic Minier lobte dann die Zusammenarbeit mit der Arduino-Truppe-betont wurde unter anderem, dass der Arduino Uno Q eine „hauseigene“ Benutzerschnittstelle mitbringt.
Er betonte außerdem die “Upstream First“-Vorgehensweise. Darunter versteht man, dass die hauseigenen Erweiterungen so nah wie möglich am Linux-Standard gehalten werden; auf diese Art und Weise ist sichergestellt, dass aktuelle Linux-Versionen immer mehr oder weniger direkt auch auf der Qualcomm-Hardware ausführbar sind.
Eine Aussage ist die Unterstützung für Debian – Minier betonte mehrfach, dass man sich bei Qualcomm mit Android gut auskennt. Die Entscheidung „Pro Debian“ fiel allerdings aus dem Grund, weil das Produkt „sehr bequem“ für verschiedenste Entwicklungsprojekte herangezogen werden kann.
Dass dieses „Commitment Pro Debian“ kein Ausschluss von anderen Linux-Distributionen darstellt, wurde ebenfalls erwähnt - Minier sprach explizit davon, dass man gespannt darauf warte, welche weiteren Umgebungen die Community auf den Arduino Q portieren würde.
Zephyr voran
Auf Seiten des ST-Mikrocontrollers wird abermals auf Zephyr gesetzt. Benjamin Cabe vertrat „diesen Teil“ der Community. Er betonte dann unter anderem die LLEXT-Fähigkeit. Primitive Entwickler können ihre Sketches wie gewohnt realisieren und Interface laden. Wer „mehr“ möchte, kann fortgeschrittene Funktionen des Echtzeitbetriebssystems nutzen.
Python im Mittelpunkt
Marketing-Manager Stefano Implicito präsentierte dann das neue Arduino-Designparadigma. Die „wichtigste“ Idee ist, dass Arduino-Applikationen fortan als „Kombination“ aus C- und Python-Code entstehen.
Eine weitere Erwähnung betraf das Bibliotheksökosystem. Neu ist hier eine als Bricks bezeichnete "fortgeschrittene Variante", die das Kombinieren verschiedener Features erleichtert.
Im Grunde genommen ist ein Brick eine Python-Bibliothek, die unter Anderem Docker-Container mit diversen Payloads ausliefert. Besonders betont wurde hier die Verfügbarkeit schlüsselfertiger AI-Modelle, die - logischerweise - aus dem Hause Edge Impulse stammen und komplett lokal auf dem System laufen.
Was nun?
Laut der Pressemeldung soll das Arduino App Lab unter der URL https://www.arduino.cc/en/software/#app-lab-section zum Download bereitstehen – derzeit (17h Budapester Zeit) ist dies noch nicht der Fall. Vorbestellungen für den Arduino Uno Q laufen unter https://store-usa.arduino.cc/products/uno-q oder https://www.arduino.cc/product-uno-q und kosten derzeit 44USD.
Die offizielle Bepreisung zeigt sich wie in der Abbidung; sowohl Mouser als auch Digikey waren im Rahmen der Vorstellung vertreten. RS
Langfristig ist Verfügbarkeit der SKU ABX00162 bei verschiedenen Distributoren geplant; der folgende Preisvergleich ist derzeit aktuell.
Bildquelle: https://www.oemsecrets.com/compare/ABX00162%20