Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Toshiba Regza 42VL863 - Schaltnetzteil defekt


von Markus H. (astromarkus)



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Liebe Elektroniker,

ich bitte euch um Unterstützung bei dem Versuch der Reparatur meines 42" 
LCD-TV. Der Fernseher ist ca. 13 Jahre alt, hing Zeit seines Lebens am 
Strom, funktionierte einwandfrei und stand nun umzugsbedingt ca. 3 
Monate stromlos im Wohnzimmer. Beim ersten Anstecken gab es einen Knall 
und der LS löste aus.

Gestern habe ich die Netzteilplatine ausgebaut und untersucht. Auf den 
ersten Blick ist einer der drei Zwischenkreiskondensatoren (C113) 
erkennbar zerstört. Das Cap ist an den Sollbruchstellen aufgeplatzt und 
Schmauchspuren sind ersichtlich.

Ich habe alle drei Kondensatoren ausgelötet und am Komponententester 
geprüft: der defekte Kondensator hat keinen Durchgang, die beiden 
anderen werden mit 45 µF, 1,3 Ohm ESR und 1,4 % Vloss angezeigt.

Wie würdet ihr nun bei der weiteren Fehlersuche und Reparatur vorgehen? 
Reicht ein Tausch der Elkos aus, oder sind hier höchstwahrscheinlich 
noch weitere Bauteile in Mitleidenschaft gezogen worden?

Folgendes habe ich noch untersucht:

Den Brückengleichrichter BD001 (ganz rechts unter dem Kühlblech) habe 
ich entlötet und gemessen, der zeigte keine Auffälligkeiten.

Der Schalttransistor Q101 (unter dem mittleren Kühlblech im unteren 
Drittel) für die Zwischenkreistransformatoren T100/T101 ist hochohmig 
(MOhm-Bereich).

IC301, der Schalter für Transformatoren des Ausgangskreises, ist über 
den Pins 1 und 10 hochohmig (ca. 1 MOhm).

Die bedrahtete Feinsicherung F001 (links unten auf der Platine, direkt 
am Netzeingang) hat keinen Durchgang.

Die bedrahtete Feinsicherung F301 ist intakt.

Über dem Varistor RV001 messe ich ca. 1 MOhm.

Für den Fernseher ist der Schaltplan vorhanden, nur leider enthält 
dieser das Netzteil nicht. Dieses ist ein Produkt von Liteon und nennt 
sich PA-3201-01TS.

Viele Grüße,
Markus.

: Bearbeitet durch User
von Markus H. (astromarkus)



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Versehentlich wurden die Bilder der Platine verkleinert.

von H. H. (hhinz)


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Schaltplan.


Dioden und Schalttransistor in der PFC ebenfalls prüfen.

: Bearbeitet durch User
von Mark S. (voltwide)


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Endlich mal ein Fragesteller der von sich aus vernünftige Information 
liefert!

von Jobst M. (jobstens-de)


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Bei allen von mir reparierten Monitoren und Fernsehern mit aufgegangenen 
Elkos waren nur die Elkos defekt.
Es besteht natürlich die Möglichkeit, dass andere Teile entweder 
mitgerissen wurden oder auch Ursache sind. Aber ich halte die 
Wahrscheinlichkeit für recht gering.
Allerdings sollte man sich auch die anderen Elkos nochmal genauer 
ansehen und bei Verdacht gleich mit wechseln.
Eine evtl. notwendige Fehlersuche würde ich erst durchführen, nachdem 
die Elkos bereits ausgetauscht sind.

Gruß
Jobst

von Markus H. (astromarkus)


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H. H. schrieb:
> Schaltplan.
>
>
> Dioden und Schalttransistor in der PFC ebenfalls prüfen.

Ich danke dir!

Ab morgen bin ich eine Woche im Urlaub und werde mir den Plan als 
Lektüre mitnehmen. Die Bauteile der PFC prüfe ich nach meiner Rückkehr.

von Manfred P. (pruckelfred)


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Jobst M. schrieb:
> Bei allen von mir reparierten Monitoren und Fernsehern mit aufgegangenen
> Elkos waren nur die Elkos defekt.
> Es besteht natürlich die Möglichkeit, dass andere Teile entweder
> mitgerissen wurden oder auch Ursache sind.

Ich hatte ein kleineres Netzteil mit geplatztem 400V-Elko auf dem Tisch, 
da hatte der Brückengleichrichter davor Durchzug.

Wer wen getötet hat, kann man nur raten. Aber auch dessen Vorgechichte 
war, längere Zeit unbestromt gelagert.

von Thomas B. (thombde)


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Manfred P. schrieb:
> Aber auch dessen Vorgechichte
> war, längere Zeit unbestromt gelagert.

Habe auch schon zig Geräte totgelagert.
Warum auch immer.

Elkos vertrocknet, Feuchtigkeit…..?

: Bearbeitet durch User
von Markus H. (astromarkus)


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Jobst M. schrieb:
> Bei allen von mir reparierten Monitoren und Fernsehern mit aufgegangenen
> Elkos waren nur die Elkos defekt.

Servus Jobst,

danke dir für den Erfahrungswert. Ich werde mir die infrage kommenden 
Elkos anschauen.

Anfänglich, noch vor Aufschrauben des Geräts, hatte ich an eventuell 
durchgegangene X-Kondensatoren gedacht. Bisher habe ich noch keinen von 
denen ausgelötet und auf die tatsächlich noch vorhandene Kapazität 
untersucht. Meinst du, das wäre sinnvoll?

Gruß,
Markus.

von Markus H. (astromarkus)


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Manfred P. schrieb:
> Ich hatte ein kleineres Netzteil mit geplatztem 400V-Elko auf dem Tisch,
> da hatte der Brückengleichrichter davor Durchzug.

Hallo Manfred,

auch sowas hatte ich in Verdacht, daher habe ich den 
Brückengleichrichter geprüft. Der scheint aber okay. In die Richtungen, 
in die er leiten soll, zeigt der Diodentester ca. 0,48 V an (bzw. 0,87 V 
über + zu -), alle anderen Richtungen sind gesperrt.

Gruß,
Markus.

von Markus H. (astromarkus)


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So, heute kam die Lieferung von DigiKey. Ich habe die Kondensatoren C111 
bis C113, die bedrahtete Sicherung am netzseitigen Eingang, sowie die 
beiden Dioden D100 und D101 gewechselt.

Kondensatoren und Sicherung waren defekt, die Dioden habe ich eher 
"präventiv" gewechselt, weil diese ja einerseits schon einen saftigen 
Kurzschluss gesehen haben, andererseits der Komponententester etwas 
andere Werte anzeigte, als im Datenblatt aufgeführt. Die neuen Dioden 
zeigten jedoch fast die gleichen Werte.

Nach Widerstandsmessung am Netzeingang, der in beide Richtungen ein 
reichliches Megaohm anzeigte, habe ich die Platine ans Netz gehängt und 
die Spannung an den Kondensatoren gemessen, die ich mit ca. 322 Volt als 
OK einschätze.

Bevor ich die Platine nun wieder in den TV einbaue:

sollte ich die Ausgangsspannungen vorerst am Netzteil prüfen? Falls ja: 
wie kann ich es in Betrieb nehmen? Ich denke mal, dass die 
Ausgangsspannungen erst dann alle anliegen, wenn irgendwo ein 
Enable-Signal anliegt.

von Markus H. (astromarkus)


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Die Reparatur war erfolgreich, der Fernseher läuft wieder. Ich bedanke 
mich bei allen, die geholfen haben.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Spitze, danke für die Rückmeldung und
Glückwunsch zur erfolgreichen Reparatur!

von Torsten B. (butterbrotstern)


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Glückwunsch zur erfolgreichen Reparatur. Die Schaltung ist schon sehr 
gut gemacht mit vielen Sicherheitsvorkehrungen.
Gestern habe ich folgenden Text getippt, bin aber nicht mehr zum 
Abschicken gekommen:

Zur Sicherheit würde ich vorerst die 230V über eine echte 60-100W 
Glühlampe strombegrenzt zuführen.

Das Enable-Signal für die PFC ist PS_TV (aktiv bei +5V) und geht über 
den Optokoppler PC602.

PC301 macht das analoge Feedback der Hauptspannungen 12 und 24V

PC601 meldet im 5VSB (Stand-By), die 5V sind hoch genug (analoges 
Feedback).

PC900 meldet an die Hauptplatine, dass Netzspannung vorhanden ist 
(AC_DET).

PC902 schaltet das Relais RL1 ein, das den Einschaltstrombegrenzer RT001 
überbrückt, wenn PS_SIG high ist.

Ausgeschaltet wird über Thyristor Q720 und PC701, wenn die 12VSS, 
24V_LNB oder 5VSW (switched) zu hoch sind.

OPTION (PJ91/8) ??, geht nur auf PJ860/3
BL_ON (PJ91/9) schaltet das Backlight ein, geht nur auf PJ860/2
PWM (PJ91/10) steuert die Backlight-Helligkeit, geht nur auf PJ860/1

NB: Die Schmelzsicherungen F301 (T3.15AL/250V) und F601 (T1.0AL/250V) 
sind spannungsmäßig sehr knapp, sie müssen 400V DC trennen können.

von Torsten B. (butterbrotstern)


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Hier wird auch etwas tiefer in das Netzteil geschaut, bei einem war das
PFC-IC100 wackelkontaktig defekt:
https://www.iwenzo.de/threads/toshiba-55xl975g-einschaltproblem.63766/
Der Dropbox-Link geht nicht mehr.

Auch in Russland wurde geforscht:
http://televid-sib.ru/index.php?topic=55372.0
Dort ist auch das von Hinz (Danke!) gepostete PDF zu finden, man muss
sich allerdings anmelden.

von Markus H. (astromarkus)


Angehängte Dateien:

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Danke Torsten und Ben.

Der Plan mit der Strombegrenzung via Glühlampe lag auch schon parat. Ich 
hätte ihn allerdings nur dann weiter verfolgt, wenn ich einen erheblich 
kleineren Widerstand am Netzeingang gemessen hätte.

Während meines Urlaubs habe ich mich mal intensiver mit der 
Funktionsweise der aktiven PFC befasst. Sehr hilfreich dabei waren zwei 
Videos von Burkhard Ulrich aus der Vorlesung Leistungselektronik, der 
das schön anschaulich beschreibt:

https://www.youtube.com/watch?v=pSdQNvaIB8s
https://www.youtube.com/watch?v=xnLueuAJT88

Das lässt sich am vorliegenden Netzteil gut nachvollziehen und 
verstehen.

Eine Verständnisfrage habe ich noch: was hat es mit der Diode und den 
Widerständen am Gate des FET in der PFC auf sich? Sehe ich das richtig, 
dass ein ins Gate fließender Strom über beide Widerstände R106 und R108 
fließt, ein aus dem Gate fließender Strom jedoch nur über R106? Zu 
welchem Zweck macht man das so?

von Dieter W. (dds5)


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Markus H. schrieb:
> Sehe ich das richtig,
> dass ein ins Gate fließender Strom über beide Widerstände R106 und R108
> fließt, ein aus dem Gate fließender Strom jedoch nur über R106?

Sooo isses

Markus H. schrieb:
> Zu welchem Zweck macht man das so?

Um die Flankensteilheit beim Einschalten und beim Ausschalten getrennt 
beeinflussen zu können.

von Markus H. (astromarkus)


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Dieter W. schrieb:
> Um die Flankensteilheit beim Einschalten und beim Ausschalten getrennt
> beeinflussen zu können.

Das leuchtet ein. Danke für die Erklärung.

von Torsten B. (butterbrotstern)


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Es liegt daran, dass die Schaltschwelle nicht bei der Hälfte der 
Ansteuerspannung liegt, sondern darunter. Man wählt z.B. 12V, damit der 
FET gut durchgesteuert und niederohmig wird. Damit die Schaltschwelle 
von z.B. 4V gleichschnell beim Ein- und Ausschalten erreicht wird, muss 
der Entladewiderstand kleiner sein als der Ladewiderstand.
Auf der Netzteilplatine ist sogar ein eigener Transistor Q102 für die 
Entladung vorgesehen. Ladung geschieht über D108.
Das ist ein wenig doppelt gemoppelt. Man hätte das einfacher bauen 
können.

Bei anderen Versionen der Platine sind ja 2 FETs (Q100 und Q101) 
parallel geschaltet, da kommt schon einiges an Gate-Charge zusammen, und 
der Miller-Effekt spielt auch noch mit.

: Bearbeitet durch User
von Arno H. (arno_h)


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Q102 und D108 gehören auch noch dazu um das Gate schnell zu entladen.
Diese Ansteuerschaltung stammt von Anfang der Achtziger und ist oft bei 
Siemens veröffentlicht.Grundschaltung siehe Siemens Components 18 (1980) 
Heft 5, Seite 220 Bild 5.
Mist, zu lange gesucht.

Arno

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