Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Elko nach 24h noch geladen


von Fritz G. (fritz65)


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Ich wollte ein Netzteil für einen Saugroboter reparieren. Das Ding hatte 
ich ca. 24h zuvor vom Netz getrennt. Dennoch bekam ich bei der Demontage 
der Platine kräftig einen geschossen. Nachmessen bestätigte: Der Elko, 
der die gleichgerichtete Netzspannung filtert, hatte noch 198V. Unter 
der Annahme, dass er vor 24h mit 230V*sqrt(2) = 325 V geladen war, 
ergibt das nach dem Expotentialgesetz ziemlich genau eine Zeitkonstante 
von 48h, die durch meine Hand abgeflossenen Ladung nicht eingerechnet. 
Bei einer Kapazität von 47µF wäre der Leckwiderstand 3.7 TOhm. Ich bin 
sehr erstaunt, dass ein schnöder Alu-Elko eine so geringe 
Selbstentladung hat.

von Cyblord -. (cyblord)


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Fritz G. schrieb:
> Ich bin
> sehr erstaunt, dass ein schnöder Alu-Elko eine so geringe
> Selbstentladung hat.

Da bist du aber der einzige den das erstaunt. Dicke Netzelkos vor der 
Reparatur kurz schließen sollte doch kein so großes Problem sein.

von Klaus R. (klara)


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Fritz G. schrieb:
> Ich bin
> sehr erstaunt, dass ein schnöder Alu-Elko eine so geringe
> Selbstentladung hat.

Da kann ich Dir nur zustimmen. Aber eigentlich sollte der Entwickler 
nach dem Ausschalten den Elko mit einem hochohmigen Widerstand entladen. 
So hatte man das früher gelernt.
mfg Klaus

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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LOL!! Lernen durch Schmerzen.

Ich hatte hier ein Netzteil von einem größeren Fernseher zu liegen 
(leider aufgrund Schaden am Mainboard wirtschaftlicher Totalschaden), da 
waren nach zwei Wochen noch knapp 300Vdc auf den 
Zwischenkreiskondensatoren und wollten auch nicht weg. Das Problem habe 
ich dann so gelöst, daß ich die Messleitungen des Multimeters unter die 
Anschlüsse geklemmt habe, dadurch haben sich die Kondensatoren binnen 
1..2 Tagen über dessen Spannungsteiler entladen. 300V aus 
vergleichsweise dicken Kondensatoren durch Kurzschluss abzubauen ist 
jetzt auch nicht so prickelnd, erst recht nicht für den Schraubendreher 
oder was immer man dafür nimmt.

: Bearbeitet durch User
von Ove M. (Firma: ;-) gibt es auch) (hasenstall)


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Selbst wenn man solch einen Kondensator kurz mal mittels eines 
Widerstandes entladen hat, ihn dann längere Zeit ohne einen Widerstand 
oder Kurzschluss an die Seite legt, kann sich da wieder eine nette 
Spannung aufbauen! Nennt sich Reformierung. Auch die kann dir gut welche 
verpassen! Dabei wird die Energie, die zur Formierung aufgewendet wurde 
wieder in Ladung freigesetzt.
Es handelt sich dabei um den Auf- und Abbau der Oxydationsschicht bei 
einem Elektrolytkondensator.

: Bearbeitet durch User
von Lu (oszi45)


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Lernen durch Schmerz? Nach einem Tag ist noch die harmlose Variante. Als 
Schüler hatte ich einen MP-Kondensator 3µF auf 500V aufgeladen. Als ich 
nach einer Woche das Teil beim Aufräumen anfasste, war es noch "gut 
geladen"!

von Thomas R. (thomasr)


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Keine Ahnung wie groß der "Kondensator" Bildröhre ist/war aber bei einem 
Reparaturversuch (haha im Alter von 12 Jahren; Philips Raffael) habe ich 
beim Abziehen des HV Steckers an der Röhre auch ohne Netzstecker und 
nach vielen Minuten wartens noch ganz fürchterlich eine geschossen 
bekommen.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Fritz G. schrieb:
> Bei einer Kapazität von 47µF wäre der Leckwiderstand 3.7 TOhm.

Mach mal aus dem T ein G :)

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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> Als Schüler hatte ich einen MP-Kondensator 3µF auf 500V aufgeladen.
Den Geck kennt man doch heute eigentlich aus einschlägigen Firmen oder 
Berufsschulen... Man nehme gute neue Folienkondensatoren mit schönen 
langen Beinchen, lade sie auf 300..500V auf und lasse sie irgendwo 
herumliegen. Ergebnis: Viel Spaß für denjenigen, der sie wegräumen 
möchte.

von Fabian S. (fsasm)


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Ove M. schrieb:
> Selbst wenn man solch einen Kondensator kurz mal mittels eines
> Widerstandes entladen hat, ihn dann längere Zeit ohne einen Widerstand
> oder Kurzschluss an die Seite legt, kann sich da wieder eine nette
> Spannung aufbauen! Nennt sich Reformierung. Auch die kann dir gut welche
> verpassen! Dabei wird die Energie, die zur Formierung aufgewendet wurde
> wieder in Ladung freigesetzt.
> Es handelt sich dabei um den Auf- und Abbau der Oxydationsschicht bei
> einem Elektrolytkondensator.

Ich kenne den Effekt als Kombination von Dielektrische Absorption und 
chemische Veränderung des Elektrolyts von Alu-Elkos. Dadurch können sie 
über Wochen eine Phantomladung haben und deswegen sollte man gebrauchte 
Elkos, die lange an hoher Spannung waren, immer kurzgeschlossen lagern.

von Rainer W. (rawi)


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Ben B. schrieb:
> 300V aus vergleichsweise dicken Kondensatoren durch Kurzschluss abzubauen ist
> jetzt auch nicht so prickelnd, erst recht nicht für den Schraubendreher
> oder was immer man dafür nimmt.

Deshalb tut man das auch nicht. Es geht nicht um Punktschweißen.
Wer vorher ein ganz klein wenig nachdenkt, entlädt den Elko über einen 
Widerstand, so dass der Spitzenstrom sinnvoll begrenzt wird.

Fritz G. schrieb:
> ... ergibt das nach dem Expotentialgesetz ziemlich genau eine Zeitkonstante
> von 48h, die durch meine Hand abgeflossenen Ladung nicht eingerechnet.
> Bei einer Kapazität von 47µF wäre der Leckwiderstand 3.7 TOhm.

Rechne noch mal nach. 48h wären nur 172800s.

von Fritz G. (fritz65)


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Rainer W. schrieb:
>> Bei einer Kapazität von 47µF wäre der Leckwiderstand 3.7 TOhm.
>
> Rechne noch mal nach. 48h wären nur 172800s.

Hast recht, ich habe mich mit der Einheit vertan. Es sind 3.7 GOhm.

von Gerald B. (geraldb)


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Fritz G. schrieb:
> ... ergibt das nach dem Expotentialgesetz ziemlich genau eine Zeitkonstante ...

Ja, aber du liegst trotzdem falsch. Nach der Zeitkonstate (Tau) hat sich 
die Spannung erst auf 63% (205V) reduziert. Erst nach 5 Tau gilt der 
Kondensator als entladen.

von Norbert (der_norbert)


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Gerald B. schrieb:
> Ja, aber du liegst trotzdem falsch. Nach der Zeitkonstate (Tau) hat sich
> die Spannung erst auf 63% (205V) reduziert. Erst nach 5 Tau gilt der
> Kondensator als entladen.

Den Wert (63%) würde ich noch einmal überdenken.

von Rainer W. (rawi)


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Gerald B. schrieb:
> Erst nach 5 Tau gilt der Kondensator als entladen.

Das kommt sicher drauf an, welche Kriterien du ansetzt, um einen 
Kondensator als "entladen" zu bezeichnen. Schon jemand, der die Spannung 
mit einem 8-Bit ADC betrachtet, ist da möglicherweise anderer Meinung 
als du ;-)

von Norbert (der_norbert)


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Rainer W. schrieb:
> Schon jemand, der die Spannung
> mit einem 8-Bit ADC betrachtet, ist da möglicherweise anderer Meinung
> als du ;-)

Yep, bisschen mehr als fünfeinhalb tau wären da besser.

von Björn W. (bwieck)


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Thomas R. schrieb:
> Keine Ahnung wie groß der "Kondensator" Bildröhre ist/war aber bei einem
> Reparaturversuch (haha im Alter von 12 Jahren; Philips Raffael) habe ich
> beim Abziehen des HV Steckers an der Röhre auch ohne Netzstecker und
> nach vielen Minuten wartens noch ganz fürchterlich eine geschossen
> bekommen.

Das ist ein Vollröhren Chassis. Die Anodenspannung an der Bildröhre hält 
sich über Wochen/Monate je nach Wetter.

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (laberkopp)


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Fritz G. schrieb:
> Ich bin sehr erstaunt, dass ein schnöder Alu-Elko eine so geringe
> Selbstentladung hat.

Kondensatoren mit mehr als 1Ws Ladung müssen so verbaut sein dsss sie in 
weniger als 1 Minute entladen werden (auf unter 60V sagte man früher, 
heute also wohl 48V).

Das gilt aber nur bei heiler Schaltung, dein Netzteil war kaputt und 
entlud den Elko daher nicht.

von Gerald B. (geraldb)


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Stimmt - nach Tau ist er um 63% entladen - also Restspannung von 120V.

Beitrag #7964450 wurde vom Autor gelöscht.
von Stefan P. (form)


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Kleines Tool zum Elko-Entladen:
https://de.aliexpress.com/item/1005006446504168.html

Safety first!

von Björn W. (bwieck)


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Stefan P. schrieb:
> Kleines Tool zum Elko-Entladen:

Das ist was für die Copy-Paste Fraktion in der Arduinowelt

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