Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Einstieg als Freiberufler?


von Angestellter Ing. (Gast)


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Bin Dipl.-Ing.(FH) und seit 2 Jahren über einen Personalvermittler in 
einer Firma in ein und demselben Projekt. Jetzt stehen die Planungen für 
das 3. Jahr an.
Mir wurde nun angeboten das Projekt auf Freiberuflerbasis weiter zu 
führen. Natürlich will die Firma dann weniger zahlen als an meinen 
Sklavenhalter, trotzdem würde ich dann brutto fast 3mal soviel verdienen 
wie jetzt.
Was muß ich tun um als Freiberufler arbeiten zu können? Kann ich in der 
GKV bleiben oder muß ich in eine PKV wechseln? Wie läuft das mit den 
Steuern, Arbeitslosen-, Pflege- und Rentenversicherung?
Haltet mich für blöd, aber am liebsten würde ich erstmal alles so lassen 
wie ich es als Angestellter habe und einfach mehr brutto für dasselbe 
Projekt kassieren.(?)

von Freiberufler (Gast)


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> über einen Personalvermittler in einer Firma in ein und demselben Projekt.

Da gibt es sicher einen Vertrag, oder? Schau mal nach, ob da 
irgendwelche Einschränkungen existieren. Möglicherweise ist die Aufnahme 
einer Tätigkeit bei dem Kunden des Dienstleisters für einen längeren 
Zeitraum gesperrt.

>Mir wurde nun angeboten das Projekt auf Freiberuflerbasis weiter zu
>führen. Natürlich will die Firma dann weniger zahlen als an meinen
>Sklavenhalter, trotzdem würde ich dann brutto fast 3mal soviel verdienen
>wie jetzt.

Aus diesem Grund lassen sich die sogenannten Sklavenhalter auch die oben 
angesprochenen Vertragsklauseln einfallen.

>alles so lassen wie ich es als Angestellter habe und einfach
>mehr brutto für dasselbe Projekt kassieren

Wenn du nur dieses Projekt bei einem Kunden angehst und dort wie ein 
Angestellter handelst und behandelt werden willst, würdest du dich zu 
unrecht als Freiberufler bezeichnen. Die Abgrenzung ist da nicht immer 
einfach, in deinem Fall klingt es aber ziemlich eindeutig.

von Angestellter Ing. (Gast)


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Danke, ich werde mal meinen Arbeitsvertrag ob eine solche Klausel 
enthalten ist. Wenn dem so wäre, wie lässt sich das mit dem Grundrecht 
der freien Wahl des Arbeitsplatzes vereinbaren?

Ich werde wie ein Angestellter handeln und werde wohl wie jetzt als ein 
"externer Angestellter" behandelt werden.
Formaljuristisch möchte ich natürlich alle Vorraussetzungen für den 
Freiberuflerstatus erfüllen. Mittelfristig möchte ich aber erstmal nur 
mit meinem jetzigen Job mehr verdienen.
:-)

von Freiberufler (Gast)


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>Wenn dem so wäre, wie lässt sich das mit dem Grundrecht
>der freien Wahl des Arbeitsplatzes vereinbaren?

Ja, das wird oft und heiss diskutiert. Letztlich ist es wohl auch 
streitbar - nur: welcher Normalverdiener kann hier ein Risiko eingehen?

>Formaljuristisch möchte ich natürlich alle Vorraussetzungen für den
>Freiberuflerstatus erfüllen.

Nobles Ansinnen.

>Mittelfristig möchte ich aber erstmal nur
>mit meinem jetzigen Job mehr verdienen

Klar ;) Ich wünsch dir auf jeden Fall viel Erfolg im Projekt und der 
weiteren Zukunft!

von Natan (Gast)


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>>Formaljuristisch möchte ich natürlich alle Vorraussetzungen für den
>>Freiberuflerstatus erfüllen.
>Nobles Ansinnen.

Als Ing mit Diplom ist es kein Problem, Freiberufler zu sein. Ich selber 
sehe das zwar so, dass die meisten FH-Ings oft nur umsetzen und nichts 
Kreatives tun, was in anderen Berufen die Grundvoraussetzung für 
Freiberuflertum ist, aber der Ingenieur gehört definitionsgemäss zu den 
-> Katalogberufen!

Einfach beim Finanzamt anmelden. Krankenkasse läuft etwas anders: Es 
gibt ein Minimum, dass Du zahlen musst, egal was du verdienst, das 
Maximum - die Bemessungsgrenze - bleibt aber gleich. Leider zahlen 
Selbständige seit 2008 dieselben Beiträge, haben aber schlechtere 
Leistungen.

Rentenversicherung fällt weg, geht in die eigene Tasche. Damit steht man 
etwas günstiger.

Steuern steigen, weil Du die RV nicht mehr absetzen kannst - macht aber 
nicht viel.

Du kannst aber andere Sachen absetzen. Das macht meistens nochmal einen 
satten Vorteil, vor allem in den ersten Jahren.

Leider musst du monatlich eine UST-Voranmeldung machen - geht aber in 
20min.

von Bogumil (Gast)


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bei diesen Bedingungen gibt es wohl keine Frage die nicht geklärt werden 
kann.

Wenn Sperrklauseln vorhanden sind einen Arbeitsrechtler bezahlen ob 
diese wirksam sind und wie ggf. eine "sichere Lösung" gefunden werden 
kann. Ggf diesen gg. Honorar verhandeln lassen, wirkt oft wunder.

Wenn der Vermittler in dieser Firma noch Geld verdienen möchte wird er 
es sich im übrigen schwer überlegen ob er nach 2 Jahren gutem Geldes 
gegegnüber deinem zukünftigen Kunden Stress machen will.

von Ralph Fischer (Gast)


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Moin,

Angestellter Ing. schrieb:
> Natürlich will die Firma dann weniger zahlen als an meinen
> Sklavenhalter, trotzdem würde ich dann brutto fast 3mal soviel verdienen
> wie jetzt.

Schon falsch. Du hättest ein fast 3-mal so hohes _Brutto_-Einkommen. Ein 
feiner, aber wesentlicher Unterschied.

> Was muß ich tun um als Freiberufler arbeiten zu können?

Mit dem Finanzamt reden. Die gucken dann, ob Du einen sog. 
"Katalog-Beruf" hast. Als Ing. hast Du den.
Ich bin selbst Freiberufler. Der Unterschied zum Gewerbetreibenden ist 
eher akademischer Natur, finanziell macht er so gut wie nichts aus. 
Klingt nur cooler.

> Kann ich in der
> GKV bleiben oder muß ich in eine PKV wechseln?

Du kannst (und solltest!) in der GKV bleiben.

> Wie läuft das mit den
> Steuern,

Kannst Du selber machen. Steuerberater sind aber auch nicht teuer und 
entlasten Dich in einem föllich bescheuerten Fachgebiet.

Arbeitslosen-, Pflege- und Rentenversicherung?

Ein Freiberufler ist nie arbeitslos. Er hat nur keine Aufträge :-)
Eine Versicherung dagegen gibt es nicht, das nennt sich 
unternehmerisches Risiko.

> Haltet mich für blöd, aber am liebsten würde ich erstmal alles so lassen
> wie ich es als Angestellter habe

Dann lass es so.

> und einfach mehr brutto für dasselbe
> Projekt kassieren.(?)

Das geht nun gleichzeitig gar nicht.
Es geht schon damit los, daß Du von dem "mehr" die Krankenkasse alleine 
bezahlst und nicht nur zur Hälfte. Weiterhin Arbeitsgeräte (Hard- und 
Software, Fahrtkosten, Spesen, Versicherungen, Verbandsbeiträge etc. 
pp). Wenn Du krank bist, verdienst Du auch nichts.

Wenn Du als Selbstständiger keine Aufträge hast, ist das Dein Problem. 
Darum musst Du Dich kümmern, während Du Aufträge hast.
Wenn Du bei der Akquise versagst, kommt sofort Hartz IV, mit allen 
Konsequenzen.

Ich will Dir die Selbstständigkeit wirklich nicht vermiesen (warum 
sollte ich, für mich persönlich kam nie etwas anders in Frage und ich 
bin sehr zufrieden damit).

Aber einfach mehr Kohle wollen, ohne sonst viel zu ändern, ist ein 
schöner Traum. Mehr nicht.
Laß Dich vor allem nicht zu etwas drängen, das Du nicht völlig 
durchdacht hast.

Deine Situation kann ein gelungener Start (nicht mehr!) in die 
Selbstständigkeit werden; es kann aber auch fürchterlich in die Hose 
gehen. Das Wort "Sicherheit" solltest Du jedenfalls aus Deinem Vokabular 
streichen ;-)

Egal was Du machst, ich wünsche Dir viel Glück dabei!

Ralph

von Hannes (Gast)


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>Ich bin selbst Freiberufler. Der Unterschied zum Gewerbetreibenden ist
>eher akademischer Natur, finanziell macht er so gut wie nichts aus.

Der Unterschied ist für mich in erster Linie die Freiheit - Du bist kein 
Sklave von irgendjemadem mehr.

>Wenn Du bei der Akquise versagst, kommt sofort Hartz IV, mit allen
>Konsequenzen.

Quatsch. Das ist barer Unsinn. Wenn Du vernünftig arbeitest und 
anspruchsmässig (Auto, Büro, Urlaub etc.) auf dem Teppich bleibst, hast 
Du genügend Reserven, um mal ein paar Monate zu überbrücken.

>Steuerberater sind aber auch nicht teuer und
>entlasten Dich in einem föllich bescheuerten Fachgebiet.

Das sehe ich anders. Mein Steuerberater hat mich 2 kEuro/a gekostet und 
hat nichts zerrissen. Seit Jahren mache ich das nun selber - 
WISO-Software für 29 Euro - und spare viel Geld.

>Das Wort "Sicherheit" solltest Du jedenfalls aus Deinem Vokabular
>streichen ;-)

Dieses Wort kann sich auch jeder Angestellte streichen.

von picbastler (Gast)


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Hannes hatte möglicherweise den falschen Steuerberater erwischt. Bei mir 
war es genau anders herum. Ich habe die probehalber selbst erstellte 
Steuererklärung mit der vom Steuerberater verglichen, und von der 
Differenz dann nachher den Steuerberater bezahlt und noch einen 
ordentlichen Batzen übrig behalten. Ich finde, es lohnt sich auf alle 
Fälle, für diesen Steuerkram - den ein logisch denkendes Hirn 
prinzipbedingt einfach nicht verstehen kann - einen Experten an der Hand 
zu haben.

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