Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Emitter Switched Bipolar Transistor


von Benedikt K. (benedikt)


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Vor einiger Zeit bin ich zufällig auf die ESBT Transistoren von ST 
gestoßen:
http://www.st.com/stonline/products/families/transistors/esbt/related_info/esbt.htm

Schaltungstechnisch dürfte es sich dabei um eine Kaskodenschaltung 
handeln, bei dem der untere Transistor durch einen Mosfet ersetzt 
wurden. In HF Schaltungen findet die Kaskodenschaltung ja schon länger 
Einsatz, vor allem wenn hohe Spannungen schnell gesteuert werden sollen 
(z.B. in Ablenkverstärkern von Oszilloskopen). Also an sich nichts 
neues, nur die Kombination Mosfet + Bipolartransistor im Schaltbetrieb 
ist neu.

Jetzt kam mir die Idee sowas aus normalen Hochspannungstransistoren 
(500-1500V) nachzubauen.
Beim Abschalten übernimmt die Basis kurzzeitig den gesamten 
Kollektorstrom, da der Mosfet schneller die Emitterleitung unterbricht 
als der Bipolartransistor abschalten kann. Dadurch sperrt der Transistor 
aufgrund des hohen, negativen Basisstroms sehr schnell.
Und genau das macht mich nachdenklich: Ist es zulässig, dass ein 
normaler Transistor regelmäßig mit derart hohen negativen Strömen (je 
nach Transistor einige Ampere bis 10A über einige 100ns bis wenige µs) 
über die Basis angesteuert wird?

von Raimund R. (corvuscorax)


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Wenn ich mir z.B. mal das DB vom BU508 (MOSPEC) anschaue, so steht dort, 
daß der Basisstrom (cont.) 2,5A betragen darf. Das sind 50% vom 
Kollektorstrom.
Bei anderen Transistoren sieht das recht ähnlich aus - beim 
Urarbeitspferd (also dem 2N3055) sind es 7A für die Basis und 15A für 
den Kollektor. Wenn ich mich noch recht erinnere sind das allerdings 
Limits, die sich aufgrund der schwächer ausgelegten Bondierung ergeben, 
denn der Golddraht ist teuer.

Auf jeden Fall werde ich mir mal die ANs bei ST über die ESBTs anschauen 
- schätze die werden recht lehrreich sein.

Außerdem kommt mir da noch eine Netzteilschaltung in Erinnerung, in der 
recht geschickt eine automatische Eingangsspannungsumschaltung 
realisiert wird, bei der dann der komplette Ausgangsstrom im 'unteren' 
Transistor kontinuierlich durch die B-E-Strecke fließt.

Halt uns/mich mal auf dem Laufenden über Deine Versuche.

von Michael O. (mischu)


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Es gibt spezielle Bauteile die für solch hohen Gate/Basisströme gebaut 
sind, wie ein GTO (Gate Turn Off Thyristor).
Der GTO kann wie ein normaler Thyristor per Gatestrom gezündet werden.
Abgeschaltet werden kann er, wenn man den 30-60% des Anodenstrom über 
das Gate abführt.

http://www.itwissen.info/definition/lexikon/gate-turn-off-GTO-GTO-Thyristor.html

Ich denke mit einem normalen Transistor ist soetwas nicht "mal eben" zu 
realisieren.

Es gibt auch MTO - da ist meiner Meinung nach ein MOSFET in der Struktur 
eines Thyristors integriert um die Abschaltströme im Bauteil zu führen 
und die Treiberelektronik kompakt zu halten.


Für einen Hausgebrauch taugen vermutlich nur alte Power-Transistoren mit 
einem sehr schlechten hfe. Die erwarten, dass man einen großen Strom in 
das Gate hinein prügelt, um den Collectorstrom zu erreichen. Aber ich 
würde jetzt nicht einen alten Transi hervorkramen um mit einem aktuellen 
Powermosfet einen neuen Schalter zu bauen...

von Arno H. (arno_h)


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Neu ist das eigentlich nicht, eher sind Patente wie 
http://www.freepatentsonline.com/EP0222203.pdf abgelaufen.
In einer elektronik war mal eine diskrete Schaltung drin, Ende 70 bis 
Mitte 80 vermutlich. Das kritische ist die Basisspannungsversorgung des 
bipolaren Transistors, die sowohl Strom liefern als auch den negativen 
Basistrom beim Abschalten vertragen muß.

Arno

von Raimund R. (corvuscorax)


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Wenn ich mir die ANs von ST anschaue, so beschränkt sich die Ansteuerung 
der Basis (des Bipolartransistors) auf ein paar 'passiv' agierende 
Bauteile, d.h. es ist keine aktive Treiber-Mimik dafür notwendig, da ja 
der MOSFET zum Ein- und Ausschalten benutzt wird.
Es ist sogar so, das der invers fließende Strom beim Abschalten über 
einen kleinen strombegrenzenden Widerstand in einen Kondensator 
'gepumpt' wird und anschließend beim Einschalten wieder in die Basis 
eingespeist wird.
Jaaanz neggisch jemacht. ;-)

von Benedikt K. (benedikt)


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Ich habe das ganze mal etwas in LTspice simuliert:
Das ganze scheint mit der Ansteuerung von ST wirklich am besten zu 
funktionieren, also einem Stromübertrager der einen gewissen Anteil des 
Kollektorstroms in die Basis liefert. Ansonsten hat man das Problem, 
dass die Storage Time schnell sehr groß werden kann, wenn man deutlich 
mehr Basisstrom liefert als notwendig. Bei einem BU508 hat die 
Simulation über 10µs ergeben. Die Fall Time danach ist aber deutlich 
kleiner als die Angabe im Datenblatt, allerdings flossen eben auch -7A 
über die Basis...

Ich denke ich muss das ganze einfach mal aufbauen und in der Praxis 
ausprobieren.

von Raimund R. (corvuscorax)


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Hmmm, mit dem Stromübertrager? In welcher AN war/ist das?
Scheinbar habe ich da wohl was übersehen. Kannst Du die passende 
AN-Nummer (bzw. die Datei-Nummer) von ST mal nennen?

von Benedikt K. (benedikt)


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Bei dieser Beispielschaltung machen die das so:
http://www.st.com/stonline/books/ascii/docs/11259.htm

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