Hallo Zusammen, ich bin Neuling in Sachen EMV und habe folgende Frage: ich habe das Bild im Anhang einem EMV Dokument entnommen. In dem Bild wird u.a. darauf hingewiesen, dass die Verbindung zwischen Schaltungsmasse und Gehäuse an einer einzigen Stelle und nach Möglichkeit kapazitiv erfolgen sollte. Im selben Dokument wird an anderer Stelle geschrieben, das alle(!) nichtgeschirmten Leitungen, die das Gerät verlassen, kapazitiv mit der Bezugsfläche (=Gehäuse) verbunden werden sollen. Wenn ich das konsequent umsetze muss ich auch die Masseleitungen kapazitiv mit dem Gehäuse verbinden. In diesem Fall hab ich aber nicht nur eine kapazitive Verbindung zwischen Schaltungsmasse und Gehäuse sondern beliebig viele, je nach dem wieviele Masseleitungen mein Gerät verlassen. Wenn ich das so umsetzen baue ich mir riesige Massschleifen (zumindest für HF). Ich bin leicht verwirrt, ist das jetzt ein Widerspruch oder hab ich was falsch verstanden?
Leon schrieb:
> einem EMV Dokument entnommen
Könntest Du bitte einen Link auf das Dokument angeben? Oder es posten.
Nur interessehalber.
Allerdings könnte es helfen die zweite Stelle, die Dir mit der ersten im
Widerspruch zu stehen scheint, auch zu posten. Möglicherweise ist der
Kontext dort ein anderer, so das gar kein Widerspruch existiert.
Der Link: www.nkl-emv.de/downloads/seminar2.pdf Der Widerspruch vermeintliche steckt in "4.2.1.2 Geschirmte Gehäuse"
Also ich habe mir das mal angeguckt. Ich muss vorausschicken, das ich an die Frage mit wenig, wenn auch vorhandener Erfahrung aber dennoch einigen Reserven an gesundem Menschenverstand herangehe. Also keine Gewähr. Der von Dir benannte Abschnitt beginnt: "Auch bei Elektronik für den Industriebereich..." Daraus schliesse ich, das es hier nicht um HF im Sinne von Funkanwendungen geht, sondern allenfalls um Oberwellen von einigermaßen schnell schaltenden Signalen. Leon schrieb: > riesige Massschleifen (zumindest > für HF Deine Frage ist daher im Prinzip zwar mit Ja zu beantworten, aber... Durch die Anbindung des Gehäuses an die Erde ist dieses extrem niederohmig an eben Erde angebunden. Evtl. lokale Einkopplungen auf diese "HF-Masseschleife" haben es schwer sich durchzusetzen. Was dann noch verbleibt muss durch entsprechendes Design der Leiterplatte aufgefangen werden. Unterläßt man aber den Anschluss an Erde (über einen Kondensator) sind die Auswirkungen ungleich stärker, da nun die "HF" frei herumgaloppieren kann und eben nicht "geerdet" ist.
>Ich bin leicht verwirrt, ist das jetzt ein Widerspruch oder hab ich was >falsch verstanden? Vielleicht ist in dem Vortrag das Grundprinzip nicht erklärt: Die Störungen sollen alle auf dem kürzestmöglichen Weg auf die Störmasse = Gehäuse umgeleitet werden. Von dort aus (Äquipotentialfläche) wird die Störung gleichmäßig verteilt. In Deiner Schaltung entstehen daher (im Idealfall) keine Spannungsdifferenzen und damit keine Störungen. Was Du nicht haben willst ist daß die Störung auf die Schaltungsmasse gerät. Dort würde ein Störstrom von 2000V/50 Ohm = 40A (Burst) mit 5ns Flankensteilheit an einer 1 cm langen Masseleitung eine Spannungsdifferenz von 10nH * 40A / 5 ns = 80V verursachen. Da dies jeden Logigpegel übersteigt wird Deine Schaltung anfangen sich komisch zu verhalten. (Gut in der Praxis sind die Ströme/Spannungen kleiner da die Zuleitungslängen auch noch eine Rolle spielen). Du erreichst die Trennung von Störstrom und Signalmasse am einfachsten mit folgenden Maßnahmen: 1) Alle Steckverbinder auf eine Seite der Schaltung. (Sieht man häufig bei KFZ-Steuergeräten). Die Störströme fließen jetzt nur noch im Steckerbereich durch Deine Leiterplatte (Filterkondensatoren). 2) Und das ist jetzt hoffentlich nicht die Stelle wo empfindliche Elektronik plaziert ist (Anordnungskonzept: Prozessor weit weg vom Steckerbereich). 3) Segmentierung der Massefläche: Da im Steckerbereich zumindest noch Reststörungen über die Filter-Kondensatoren fließen ist es sinnvoll hinter dem Steckerbereich einen "Sternpunkt" anzuordnen bzw. die Masse zu segmentieren. 4) natürlich auch strikte Trennung von Gehäusemassefläche (Filter-Kondensatoren im Steckerbereich an Gehäuse) und Signalmasse auf der Leiterplatte.
Hallo, danke für die ausführliche Antworten @Anja: Das was du schreibst ist mir eigentlich bekannt. Nichtsdestotrotz bilde ich durch diese Maßnahmen Induktionsschleifen bestehend aus Schaltungsmasse und Gehäusemasse und diese Schleifen sind, zumindest nach der EMV Literatur die ich bisher gelessen habe, eine der Hauptursaachen für Störungen. Aber wahrscheinlich ist es, wie Huch bereits erwähnte, das geringere Übel im Vergleich zu den Störungen die man sich reinholt wenn man gar nicht oder "nur" gegen Signalmasse filtert. Ich werde die Filter auf jeden Fall vorsehen. Im Bedarfsfall kann man sie ja dann wieder rausnehmen, falls es sich als kontraproduktiv erweisen sollte. Gruß Leon
Hallo Leon, >ich habe das Bild im Anhang einem EMV Dokument entnommen. In dem Bild >wird u.a. darauf hingewiesen, dass die Verbindung zwischen >Schaltungsmasse und Gehäuse an einer einzigen Stelle und nach >Möglichkeit kapazitiv erfolgen sollte. Da steht nicht "an einer einzigen Stelle"! >In diesem Fall hab ich aber nicht nur eine kapazitive Verbindung >zwischen Schaltungsmasse und Gehäuse sondern beliebig viele, je nach dem >wieviele Masseleitungen mein Gerät verlassen. Ja, und das ist auch gut so. Damit führst du für Hochfrequenz eine Vermaschung durch, schließt komplexe Streuimpedanzen kurz und sorgst für kleine Stromkreis-Flächen und kurze "Antennenlängen". >Nichtsdestotrotz bilde ich durch diese Maßnahmen Induktionsschleifen >bestehend aus Schaltungsmasse und Gehäusemasse und diese Schleifen sind, >zumindest nach der EMV Literatur die ich bisher gelessen habe, eine der >Hauptursaachen für Störungen. Diese Induktionsschleifen hast du doch sowieso, wegen der bloßen Existenz der Kabel! Mit dem HF-Erden an beiden Enden des Kabels schaffst du aber eine drastische Verkleinerung der durch die Kabel aufgespannten effektiven Flächen und eine drastische Verkürzung der von den Kabellängen gebildeten effektiven "Antennenlängen". Als Kapazitäten solltest du 1...10nF verwenden. Die sollten so niederinduktiv wie möglich sein, aber gleichzeitig Surge, Burst und ESD aushalten!!!!!!! Also hier nur qualitativ hochwertige HV-Kondensatoren verwenden! In kritischen Industrieschaltungen setze ich gerne einen 4n7-KX-Typ von Murata ein. Kai Klaas
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