Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Vorne- und Hinten-Wahrnehmung mit Stereo möglich?


von Walter K. (Firma: ZPfvP) (audion)


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Mir ist mal (beim Videospielen) aufgefallen, dass wenn ein Geräusch sich 
"hinten" befindet, das man über Stereo den Eindruck bekommt, dass sich 
der Klang oder das Geräusch sich wirklich hinter einem befindet, indem 
der Klang dumpfer ist.

Ist der Klang vor einem, so nimmt man dies auch mit dem Kopfhörer wahr, 
da der Klang höher (hohe Töne sind lauter) ist. Kann das stimmen?

von mhh (Gast)


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Ja, das ist der Trick. Über phasenverschobenes Zuspielen entsteht dann 
auch der z.B. 30° vorne links Eindruck.

von er (Gast)


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Ja.
Die Ohrmuschel hat eine Richtungsabhängige Dämpfung für verschiedene 
Freqeuenzen.

von Walter K. (Firma: ZPfvP) (audion)


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Das ging ja schnell. Danke. :)

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Da der Mensch nur zwei Ohren hat, reichen auch zwei Lautsprecher und
zwei Mikrofone bei der Aufnahme, um zumindest theoretisch alle möglichen
Höreindrücke zu erzeugen.

Am perfektesten geht dies mit einer Kunstkopfaufnahme:

  http://de.wikipedia.org/wiki/Binaurale_Tonaufnahme

Am Ende des Artikels findest du ein paar Links zu Hörbeispielen. Der
"Virtual Barbershop" ist ganz nett.

von Jens G. (jensig)


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ist das nicht eher Einbildung, daß es so sei??? Das mag man zwar mit 
dumpfen und hellen Klängen ein bißchen unterstützen können, aber 
letzendlich ist es der Geist, der sich über die Ohren hauen läßt, weil 
die Scene dazu eben passend ist.

von Hauke R. (lafkaschar) Benutzerseite


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@Jens hast du dir mal den virtual barbershop angehört? Das ist keine 
Einbildung, sondern Physik und schlaue Natur ;)

von mhh (Gast)


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"Virtual Barbershop"

Funktioniert auch mit 5.1 Kopfhörern perfekt.  :)

von Michael_ (Gast)


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>ist das nicht eher Einbildung, daß es so sei???
Natürlich ist es so, die Farben, Bilder, Töne, Gerüche ...sind nur ein 
subjektives Abbild der Realität.
Aber die Kunstkopfstereofonie in den 70'igern war eine interessante 
Sache. Es waren nur Testsendungen auf bestimmten Sendern. Und es ging 
nur über Kopfhörer.
Es hat wohl die Masse der Radiohörer nicht überzeugt. Gibt es heute noch 
solche Sendungen?

von Klaus (Gast)


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Alter is das krass :D  Man kann die Geräuschquelle quasi mit den Augen 
durch den Raum verfolgen!

von Leere (Gast)


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von Klaus (Gast)


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Das einzige, was stört, ist, dass sich die Geräuschquelle beim drehen 
des Kopfes mit bewegt, weil man Kopfhörer auf hat. Und ohne Kopfhörer 
gehts leider nicht.

von mhh (Gast)


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Klaus schrieb:
> Das einzige, was stört, ist, dass sich die Geräuschquelle beim drehen
> des Kopfes mit bewegt,

Bei Haareschneiden sollte man den Kopf stillhalten^^

von Klaus (Gast)


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Auch faszinierend: Wenn man den Kopfhörer verkehrt herum aufsetzt, ist 
rechts und links vertauscht. Aber oben/unten und vorne/hinten bleiben 
gleich, was sich natürlich mit den oben beschriebenen Dämpfungseffekten 
erklären lässt.

von hdd (Gast)


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In die Richtung wurde auch an einem Fraunhofer Institut einiges gemacht. 
Unter anderem ein MP3-Player, der ein Surround-MP3 über Stereo-Kopfhörer 
mit vollem Raumklang wiedergeben kann.
Ich durfte mir da mal eine Demo ansehen, da war das ganze mit einem 
Head-Tracking-System gekoppelt, da sind die Schallquellen immer an ihrer 
Position geblieben, auch wenn man den Kopf mit Kopfhörer gedreht hat. 
War echt sehr beeindruckend, wie da das Gehirn ausgetrickst werden kann.

von Thomas B. (escamoteur)


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Dabei ist allerdings wichtig zu wissen, dass wir nur dann feststellen 
können, ob sich ein Geräusch vor oder hinter uns befindet wenn wir 
dieses kennen. Ist es komplett unbekannt für unser Gehirn kann es nicht 
wirklich sagen ob es von vorn oder hinten kommt.

Gruß
Tom

von Hauke R. (lafkaschar) Benutzerseite


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Das ist auch mehr als logisch ;)
Woher soll das Gehirn auch wissen wie das "original"(also ohne 
beeinflussung durch die Position) klingt, wenn es das geräusch erst 
einmal aus einer richtung gehört hat.

Genauso kann man die größe von objekten in der entfernung nicht 
abschätzen wenn man sie nicht kennt oder gerade einen direkten vergleich 
hat.

Natürlich basiert das System (wie fast alle anderen) auf erfahrung, aber 
es funktioniert ziemlich effektiv ;)

von Klaus (Gast)


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Was passiert dann eigentlich, wenn jemand auf einem Ohr taub ist? 
Rechts/Links kann er dann nicht mehr unterscheiden, aber geht 
vorne/hinten und oben/unten noch?

Bzw. kann derjenige nicht evtl doch auch rechts/links noch wahrnehmen, 
aufgrund der Bewegung des Kopfes? Mit einem Auge kann man ja auch noch 3 
dimensionale Bilder wahrnehmen, solange man den Kopf zumindest ein wenig 
bewegt.

von HildeK (Gast)


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Thomas Burkhart schrieb:
> Dabei ist allerdings wichtig zu wissen, dass wir nur dann feststellen
> können, ob sich ein Geräusch vor oder hinter uns befindet wenn wir
> dieses kennen. Ist es komplett unbekannt für unser Gehirn kann es nicht
> wirklich sagen ob es von vorn oder hinten kommt.

Obwohl ich die Geräusche kenne, kann ich bei der Barbershop-Demo nichts 
von vorne hören.
Sicherlich hat mein Hörvermögen altersbedingt schon nachgelassen (es 
wäre echt schade, wenn das der Grund ist), aber ich kenne 
Kunstkopfaufnahmen seit den 70er Jahren und konnte nie eine Vorne-Ortung 
wahrnehmen. Durch die Nachbildung der Ohren am Kunstkopf hätten das 
dumpfere Klangbild ja auch entstehen müssen.
Ich war bisher immer der Überzeugung, dass auch andere Sinnesorgane 
(z.B. Auge) dem Gehirn Hilfsinfos liefern, ob die Schallquelle vorne 
oder hinten platziert ist.

Eigene Versuche kann man auch anstellen mit durchaus verblüffendem 
Ergebnis: ich nahm damals ein A4-Buch und stellte es wie ein 'T' auf. 
Ich habe zwei (einfachste) Mikros in Richtung der inneren Ecken des 'T' 
aufgestellt und Aufnahmen von z.B. Umgebungsgeräuschen (Türe schließen 
etc) gemacht. Der oben beschriebene Grund für die V/H-Ortung war damit 
logischerweise erst recht nicht gegeben; ich habe mich beim Abhören so 
gesetzt, dass die Geräusche sowieso hinter mir wären.
Ich habe mich beim Abhören tatsächlich auch mal umgedreht, um zu schauen 
wer da zur Türe hereinkommt ...

von mhh (Gast)


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HildeK schrieb:
> Obwohl ich die Geräusche kenne, kann ich bei der Barbershop-Demo nichts
> von vorne hören.

Von vorne zu frisieren ist äußerst selten...  :)

von Jens G. (jensig)


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>Dabei ist allerdings wichtig zu wissen, dass wir nur dann feststellen
>können, ob sich ein Geräusch vor oder hinter uns befindet wenn wir
>dieses kennen. Ist es komplett unbekannt für unser Gehirn kann es nicht
>wirklich sagen ob es von vorn oder hinten kommt.

Das ist eigentlich das, was ich auch meinte: man muß irgendeine 
anderweitige Beziehung zur Geräuschquelle haben, sonst klappt das 
schlecht.

von HildeK (Gast)


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mhh schrieb:
> HildeK schrieb:
>> Obwohl ich die Geräusche kenne, kann ich bei der Barbershop-Demo nichts
>> von vorne hören.
>
> Von vorne zu frisieren ist äußerst selten...  :)

Ist auch besser so :-)
Aber hier ging es ja um die Vorne-/Hinten-Ortung.

von mischu (Gast)


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Die Wiedergabe mit Kopfhörern ist ganz nett, aber die Technik ist da 
deutlich weiter. Bei der Kopfhörerwiedergabe erhält jedes Ohr sein 
individuelles Signal - bei der Lautsprecherwiedergabe hört jedes Ohr 
Schallanteile jedes Lautsprechers. Damit nun derselbe Klangeindruck bei 
der Lautsprecherwiedergabe wie bei Verwendung von Kopfhörern ensteht, 
müssen die Signale vor der Wiedergabe manipuliert werden.


Die einfachste Form heiß Übersprechkompensation und ermöglicht die 
Wiedergabe eines binauralen (also für 2 Ohren gedachten) Signals über 2 
Lautsprecher.
http://www.sengpielaudio.com/TransauralStereo.pdf

Um 1999 gab es in Aachen am Akustikinstitut ein System, dass per 
Headtracker die Position des Hörers im Raum vermessen und die 
Übersprechkopensation in Echtzeit nachgeführt hat. Dadurch kann man 
einem Hörer über zwei Lautsprecher relativ unabhängig von seiner 
Position einen räumlichen Eindruck für (theoretisch) beliebig viele 
Klangquellen vermitteln.
http://www.akustik.rwth-aachen.de/Forschung/Forschungsgebiete/vr


Wenn man bereit ist ein paar hundert Lautsprecher (800 in Berliner 
Hörsaal)zu verbauen, dann kann man viel abgefahrene Dinge machen - dazu 
gehört die Wellenfeldsynthese.
http://www.syntheticwave.de/Wellenfeldsynthese.htm
http://www.fouraudio.de/de/referenzen/wellenfeldsynthese-an-der-tu-berlin.html

von Herr_Mann (Gast)


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wir menschen können natürlich auch die kopfposition ändern und damit 
noch mal aus einer zweiten position geräusche peilen.

von welle (Gast)


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...auf dieser http://www.syntheticwave.de/Stereo_Probleme.htm  seite 
steht ja auch im ersten Kapitel was zu vorn- hinten Ortung:


...Aber sie sind nur ein Teil der Rauminformation. Ausgewertet werden 
sie im Frequenzbereich von etwa 100 Hz bis etwa 3,6 kHz. Darunter sind 
die Phasenunterschiede zu gering, darüber wird die Auswertung 
mehrdeutig, weil mehrere Wellenlängen des Signals in den Ohrabstand 
passen. Eine weitere Mehrdeutigkeit entsteht zwischen vorn und hinten. 
Bezüglich Laufzeit entsteht kein Unterschied, ob die Schallquelle vor 
uns oder hinter uns ist. Auch oben und unten macht keinen Unterschied, 
die Laufzeitortung funktioniert ausschließlich in der horizontalen Ebene 
des Zuhörers.

Für die korrekte Lokalisation sind deshalb die Pegelunterschiede, die 
durch Abschattung der Schallwellen an Kopf, Rumpf und Ohren entstehen, 
substantiell. Hier liefert unsere zwei Mikrofone- Anordnung aber völlig 
falsche Informationen.

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