Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Funkentstörkondensatoren berechnen


von TwiTwi (Gast)


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Hi!
Ich habe hier eine Schaltung mit einem Instrumentenverstärker, der das 
Signal eines Infrarotsensors verstärken soll.
Am Eingang und den Rückkopplungszweigen der Eingangs-OVs sind 
Kondensatoren mit ziemlich kleiner Kapazität angebracht.

Ich vermute mal, dass diese fochfrequente Störsignale kurzschließen 
sollen.

Aber angenommen, ich würde selbst so eine Schaltung entwerfen wollen, 
wie berechne ich die? Oder nehme ich einfach irgendwelche im 
einstelligen Nanofarad-Bereich?

Und wofür sind die Megaohm-Widerstände und die Kondensatoren gegen 
Masse?
Der Sensor ist ein aktiver, produziert also seine eigene Spannung, so 
dass er mit einem Massepotential eigentlich nichts mehr zu tun haben 
sollte.

von Kai Klaas (Gast)


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>Am Eingang und den Rückkopplungszweigen der Eingangs-OVs sind
>Kondensatoren mit ziemlich kleiner Kapazität angebracht.

Die sind ungewöhnlich groß!

>Aber angenommen, ich würde selbst so eine Schaltung entwerfen wollen,
>wie berechne ich die? Oder nehme ich einfach irgendwelche im
>einstelligen Nanofarad-Bereich?

Die bilden einen Tiefpaß mit der Grenzfrequenz von rund 1/2/pi/R/C, in 
deinem Fall also rund 780Hz.

Das Problem dieser Kondensatoren dort ist, daß jegliche Abweichung 
zwischen den "Zwillingen" die Gleichtaktunterdrückung zerstört. Deswegen 
filtert man dort lieber weniger und verschiebt das auf hinter dem 
Instrumentationsverstärker. Außerdem dürfen hier nur absolut 
langzeitstabile und engtolerierte Kondensatoren zum Einsatz kommen, also 
Styroflex-Kondensatoren beispielsweise.

>Und wofür sind die Megaohm-Widerstände und die Kondensatoren gegen
>Masse?

Aus den Eingängen des Instrumentationsverstärkers fließen immer Ströme. 
Denen mußt du einen Pfad nach Masse zur Verfügung stellen, sonst driftet 
die Spannung dort weg, bis sich der OPamp dann irgend wann 
verabschiedet.

Kai Klaas

von ulrich (Gast)


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So wichtig ist es nicht das die beiden Kondensatoren in der Rückkopplung 
der OPs gleich sind. Abweichungen haben da prakitsch keinen Einfluß auf 
die Gleichtaktunterdrückung.

Die Kondensatoren am Eingang gegen Masse können dagegen die 
Gleichtaktunterdrückung verschlechtern, hier um Zusammenspiel mit dem 
Widerstand der Signalquelle.  Ganz ohne Filter vor den OPs wird aber 
auch ein Problem sein, wenn z.B: ein Handy in der Nähe ist.
Deshalb lieber vor den OPs eine deutlich höhere Grenzfrequenz wählen, 
als in den Stufen danach. Da ist es vor allem wichtig die Frequenzen 
rauszufiltern die die OPs nicht mehr richtig verarbeiten können.

von Kai Klaas (Gast)


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>So wichtig ist es nicht das die beiden Kondensatoren in der Rückkopplung
>der OPs gleich sind. Abweichungen haben da prakitsch keinen Einfluß auf
>die Gleichtaktunterdrückung.

Im Anhang habe ich die Gleichtaktunterdrückung mal simuliert. Es kommen 
einmal 0%-ige Caps zum Einsatz, dann welche, die um +/-10% abweichen. 
Die ersten zwei Bildchen zeigen das Verhalten für 1kHz, die letzten 
beiden für 15kHz.

Im ersten Bild (1kHz) beträgt die CMRR 1V/2µV=500000, also 114dB. Im 
zweiten Bild mit den abweichenden Caps nur noch 75dB, also eine 
Verschlechterung um rund 40dB.

Im dritten Bild (15kHz) beträgt die CMRR noch 110dB. Im vierten Bild mit 
den abweichenden Caps nur noch rund 71dB, also ebenfalls eine 
Verschlechterung um rund 40dB.

Kai Klaas

von ulrich (Gast)


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Die Unterschiede scheinen wohl schon von der Genauigkeit der Simulation 
abzuhängen. Bei der Simulation mit LT-CAD bekomme eine ganz anderes 
verhalten:
Mit dem LT1057 als OP, kreige ich ein CMRR von etwa 94 dB. Wenn ich da 
die Kondensatoren verändere, tut sich was im Bereich  von +-0.1 dB , 
jenachdem welchen Kondesator man um 10% vergrößert.

Wenn man für die Widerstände am hinteren OP noch etwas Tolleranzen 
zuläßt, reduziert sich das CMRR auf z.B. 60dB und Änderungen am 
Kondensator fallen noch weniger auf: selbst ein Faktor 10 tut da fast 
nichts.

von ulrich (Gast)


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Ich habe die Ursache gefunden, wieso die beiden Simulationen so 
verschiedene Ergebnisse liefern: der OPA627 hat realtiv viel 
Eingangskapazität, und beim LT1057 hat LT die Einagngskapazität wohl 
auch noch etwas zu klein angesetzt bzw. nur den Gegentaktanteil 
berücksichtigt.

Wenn man da bei der Eingangs-Kapazität am inv. Eingang eine Unsymmetrie 
drin hat, z.B. durchs Layout, hat das eine deutlichen Effekt aufs CMRR, 
und das auch ohne die Kondensatoren zur Bandbreitenbegrenzung. Durch die 
Kondensatoren wird es sogar eher besser.

von Kai Klaas (Gast)


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>Die Unterschiede scheinen wohl schon von der Genauigkeit der Simulation
>abzuhängen.

Hhm, ich habe das Gleiche mit einem TL071 simuliert. Dort haben 
unterschiedliche Kapazitäten einen erheblich geringeren Einfluß! Und 
dabei habe ich für die Simulation extra die Spice Macros von TI 
verwendet...

Sollte ausgerechnet der OPA627 auf Störungen der Symmetrie durch 
ungleiche Kapazitäten stärker reagieren als ein Low Cost TL071??

Vom AD795 ist bekannt, daß er empfindlich auf ungleichmäßige 
Quellimpedanzen an seinen beiden Eingängen reagiert. Sollte beim OPA627, 
der ja auch ein hochgezüchteter FET-OPamp ist, etwas Ähnliches 
passieren, hier hinsichtlich der CMRR, verursacht durch kapazitive 
Lasten an den Eingängen?

>Ich habe die Ursache gefunden, wieso die beiden Simulationen so
>verschiedene Ergebnisse liefern: der OPA627 hat realtiv viel
>Eingangskapazität, und beim LT1057 hat LT die Einagngskapazität wohl
>auch noch etwas zu klein angesetzt bzw. nur den Gegentaktanteil
>berücksichtigt.

Die ungleichen Kapazitäten in der Gegenkopplung scheinen die Symmetrie 
der Eingangsstufen der OPamps zu stören und damit deren individuelle 
CMRR. Wenn ich nämlich 1,52pF vom invertierenden Eingang nach Masse 
hänge, und zwar dort, wo der größere Cap hängt, kann ich bei der 
Schaltung mit den OPA627 die CMRR von auf 71dB auf 94dB in der 
Simulation erhöhen!

Bei einer Schaltung mit TL071 geht das garnicht. Hier verschlechtert 
jede zusätzliche Kapazität die CMRR erheblich.

Wenn die Modelle also stimmen, reagieren der OPA627 und der TL071 
unterschiedlich auf ungleiche Kapazitäten in der Gegenkopplung. Beim 
TL071 passiert garnichts, ähnlich den Ergebnissen deiner Sinulation, und 
beim OPA627 verschlechtert sich die CMRR drastisch. Beim OPA627 könnte 
es sich also doch lohnen, die beiden Kapazitäten möglichst gleich groß 
zu wählen.

Kai Klaas

von Frankl (Gast)


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Ihr Simulanten, Versuch macht Klug.

von Achim M. (minifloat)


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Tolleranzen?

Tolle Ranzen = Gute Schulrucksäcke oder schöne Bierbäuche
Tolles Ranzen = Edelschimmel bei Weichkäse
Toleranzen = stat. Abweichungen um idealen Sollwert

mfg mf

von Kai Klaas (Gast)


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>Ihr Simulanten, Versuch macht Klug.

Es entspricht meiner Erfahrung, daß ungleiche Caps sich nachteilig auf 
die CMRR auswirken können. Ist es schlimm, wenn man verstehen will, 
warum das so ist?

Kai Klaas

von ulrich (Gast)


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Bei einem Idealen OP, hat die Unsymmetrie praktisch keinen Einfluß. Dem 
kommen der TL071 und meine Simulation mit dem LT1057 schon relativ nahe. 
Wenn der OP aber einen merklichen Eingangstrom braucht, sei es durch die 
Einagngkapazität oder bei einem Bipolaren OP auch durch den 
Eingangswiderstand ändert sich das. Durch die Eingangskapazität verstärt 
die erste Stufe nicht nur das Gegentaktsignal, sondern auch ein bischen 
das Gleichtaktsignal. Wieviel hängt von den Kondensatoren in der 
Rückkopplung ab.

Wie schon oben beschrieben hat der OPA627 mit etwa 8 pF eine relativ 
hohe Eingangskapazität. Der LT1057 hat z.B. nur etwa die Hälfte.

Der andere Unterschied liegt darin, dass der OPA627 selber eine sehr 
gute CMRR hat. Man bekommt also zumindest in der Simulation im Idealfall 
sehr Werte (oben rund 110 dB) - da merkt man dann auch kleine 
Verschlechterungen. Wenn man als Ausgangswert nur 70 dB hat, merkt man 
kleine Störungen nicht mehr so stark. Auch der AD795 hat selber eine 
sehr gute CMRR, so daß man kleine Störungen auch merkt.

von Kai Klaas (Gast)


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Ulrich, ich stimme 100%-ig mit deiner Einschätzung überein.

Kai Klaas

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