Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Auf Freilaufdiode verzichten?


von moin (Gast)


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Hallo
Kann ich auf eine Freilaufdioden an einem kleinen Reedrelais verzichten, 
wenn es von einem ATMEGA über FETs (BSS138 oder BSN20) angesteuert wird.
N-Kanal MOSFET (NFET)

                (VCC) 5V
                  |
                (Last) reedrelais
                  |
                  |
               (Drain )
(Port µC) -----(Gate  )    BSS138 oder BSN20
               (Source)
                  |
                  |
                (GND)
Wenn ich das Datenblatt richtig verstehe habe sie sowas ähnliches wie 
eine Freilaufdiode? Mache ich da einen Gedankenfehler, reicht die Diode?

Warum habe ich diese FETS gewählt? Weil sie billig und beim großen "R" 
verfügbar sind. Vielleicht gibt es auch eine bessere Wahl.

moin

von A.K. (Gast)


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Die Diode im FET hilft dir nicht weiter, sie ersetzt nicht die 
Freilaufdiode. Es gibt allerdings Reed-Relais mit integrierter 
Freilaufdiode.

von johnny.m (Gast)


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Es gab hier schon eine Reihe Threads zum Thema Freilaufdioden bei 
Ansteuerung von Relais über µC. Reed-Relais ziehen i.d.R. so wenig 
Strom, dass man sie auch direkt an den Pins des AVR betreiben kann (also 
ohne MOSFET o.ä.), vorausgesetzt, an dem µC hängen nicht schon zu viele 
andere Verbraucher (maximale Strombelastung der VCC- bzw. GND-Anschlüsse 
beachten).

Abgesehen davon, dass viele Reed-Relais mit integrierter Freilaufdiode 
erhältlich sind (aber Achtung: bei den Dingern aufpassen, dass man die 
Spule richtig rum anschließt!), besitzen die AVRs Clamp-Dioden an den 
Portpins, die (im Falle der direkten Ansteuerung ohne zusätzlichen 
Treiber-Transistor) die Funktion einer Freilaufdiode übernehmen können. 
Ich selber spendiere aber grundsätzlich bei induktiven Lasten eine 
Freilaufdiode nah an der Last (sofern die Last sie nicht bereits 
enthält), v.a. da ich es lieber vermeide, irgendwelche 
Abschaltstromspitzen durch meinen µC zu jagen (EMV).

Wenn Du es unbedingt mit einem zusätzlichen MOSFET o.ä. machen musst 
bzw. willst (zu viel Strom für AVR-Port, EMV-Probleme o.ä.) und Dein 
Reed-Relais keine integrierte Diode besitzt, dann musst Du eine 
Freilaufdiode antiparallel zur Relais-Spule schalten (also mit Kathode 
an +), sonst kann evtl. der MOSFET schaden nehmen.

von moin (Gast)


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Welche Aufgabe hat haben dann die Dioden in den FETs?

von johnny.m (Gast)


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Die Dioden in den FETs (Bulk-Dioden) haben zunächst gar keine "Aufgabe". 
Die sind herstellungsbedingt da drin und nicht vermeidbar. Manche 
Hersteller haben aus dem Unvermeidlichen eine Tugend gemacht und diese 
Dioden soweit optimiert, dass man bei entsprechendem Anschluss der Last 
(z.B. in Brückenschaltungen) keine zusätzlichen Freilaufdioden mehr 
braucht. Aber bei einer Last, die so angeschlossen ist wie in Deinem 
Fall ist die intrinsische Diode einfach wirkungslos. Eine Freilaufdiode 
muss parallel zur Last liegen.

von Christian (Gast)


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Und wenn die Last ein Gleichstrommotor in einer MOSFET-H-Brücke ist, wie 
schließe ich dann die Freilaufdioden an? Von jedem Motorpol eine 
Richtung GND und Vcc jeweils in Sperrrichtung?
Danke!

von johnny.m (Gast)


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@Christian:
> Von jedem Motorpol eine Richtung GND und Vcc jeweils in Sperrrichtung?
Im Prinzip ja, aber wie schon oben gesagt: Bei einer MOSFET-H-Brücke 
brauchste Dir (zumindest im Bereich geringer Leistungen, bei fertigen 
ICs bzw. Modulen aber eigentlich immer) darüber eigentlich keine 
Gedanken zu machen, weil die Dioden schon mit drin sind. Wenn 
Unsicherheit bestehen sollte, einfach dran denken: Alle Dioden müssen in 
Sperrichtung eingebaut sein. Da gibts dann nicht mehr viele 
Schaltungsmöglichkeiten...

von Christian (Gast)


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@johnny.m
die MOSFET H-Brücke ist diskret aufgebaut. und leistungsmäßig naja, 12V 
und mehrere Ampere (PWM-Steuerung des Antriebsmotors eines 
schiffsmodells)...
ich hatte zuerst keine Freilaufdioden vorgesehen, bin aber mittlerweile 
zu dem schluß gekommen, daß das dann vielleicht doch sinnvoll wäre. nur 
wie ich die dann wirklich dimensioniere... ich hab dann einfach 1A 
Dioden eingeplant...

von Falk (Gast)


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@Christian

> ich hatte zuerst keine Freilaufdioden vorgesehen, bin aber mittlerweile
> zu dem schluß gekommen, daß das dann vielleicht doch sinnvoll wäre. nur

Ist nicht nur sinvoll sondern schlicht notwendig.

> wie ich die dann wirklich dimensioniere... ich hab dann einfach 1A
> Dioden eingeplant...

Die Dioden sollten den gleichen Strom aushalten wie durch den Motor 
maximal fliessen können.

MfG
Falk

von Christian (Gast)


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danke!

von Axel (Gast)


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"ich hatte zuerst keine Freilaufdioden vorgesehen, bin aber mittlerweile
zu dem schluß gekommen, daß das dann vielleicht doch sinnvoll wäre. nur
wie ich die dann wirklich dimensioniere... ich hab dann einfach 1A
Dioden eingeplant..."

Vielleicht mal kurz ein Kommentar dazu:

Die Freilaufdioden bei der PWM Ansteuerung eines Motors haben nicht nur 
die Aufgabe die Ansteuerschaltung zu schützen. Vor allem sogen sie dafür 
dass der Motor mit einem wesentlich besseren Wirkungrad läuft und sich 
besser regeln lässt.

Denn die Dioden sorgen dafür, dass der Strom, der durch die Spulen des 
Motors fliesst, weiterfliessen kann.

Beispiel: PWM 50% ohne Freilaufdiode
Motorstrom bei eingeschalteten Treibern: 10A,
ausgeschaltet 0A
Macht im Schnitt 5A, die für das Drehmoment wirksam werden (das 
Drehmoment ist linear zum Strom).

Mit Freilaufdioden (im Idealfall):
Motorstrom bei eingeschalteten Treibern: 5A,
bei ausgeschalteten Treibern: 5A (durch die Freilaufdioden)
Im Schnitt ebenfalls 5A für das Drehmoment.

Da die Verlustleistung im Quadrat zum Strom zunimmt, hat man im ersten 
Fall 10A*10A*50% also 50. (Einheiten lasse ich mal weg).
Im zweiten Fall 5A*5A*100% =25. Der erste Motor ohne Freilaufdiode 
braucht also bei gleichem Drehmoment die doppelte Leistung, wird auch 
doppelt so warm.

Und es ist offensichtlich, dass die Batterie ohne Freilaufdiode 10A bei 
50% liefern muss, im Fall mit Freilaufdiode nur 5A bei 50% (die anderen 
50% kommen durch die Motorspule und die Freilaufdiode). Bei gleichem 
Drehmoment.

Allerdings muss dafür die PWM Frequenz entsprechend der Induktivität 
angepasst werden. Einerseits möglichst hoch, weil der Strom dann 
gleichmässig wird, andererseits nicht zu hoch, weil die Umschaltverluste 
grösser werden. Am Effizientesten ist das Ganze, wenn man den Strom 
möglichst glatt bekommt, also der Strom durch die Diode so gross ist wie 
der Motorstrom. Deswegen muss die Diode auch so dimensioniert werden.

Gruss
Axel
PS: Ich weiss, dass das vereinfacht ist, aber das Prinzip stimmt.

von Christian (Gast)


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danke.... nur eine Kleinigkeit fürchte ich hast du dabei übersehen: ich 
will den Motor regeln, sprich die Drehzahl von 0 bis max variieren 
können. d.h. ich habe automatisch unterschiedliche Tastverhältnisse im 
PWM Signal. Dann bin ich wieder bei der 100% Motorstrom Freilaufdiode.
Frequenz hätte ich 1-2kHz genommen, die FETs sind schnell und haben 
einen geringen Rds(on) Widerstand. da sollten sich die Umschaltverluste 
in Grenzen halten...

von Axel (Gast)


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Christian,

die Freilaufdiode muss so gross wie der Motorstom sein, dass ist schon 
klar.

Ich würde allerdings annehmen, dass eine Frequenz von 1-2 kHz viel zu 
wenig ist. Bei einem 24V Motor mit 300W hatte ich mal 15kHz als Optimum 
ausgemessen. Bin jetzt aber nicht wirklich sicher, wie ein kleinerer 
Motor sich da von der Induktivität verhält, dürfte wohl eher kleiner 
werden. An sich nimmt man möglichst Frequenzen oberhalb 12kHz, das 
pfeift dann nicht mehr hörbar.

Der Rds(on) ist nicht das Problem, der Innenwiderstand des Motors ist 
das Problem.

Evtl. mal mit einem Oszilloskop den Stromverlauf nachmessen.

Wie bereits geschrieben: Optimal ist, wenn der Stromverlauf möglichst 
gleichmässig ist, ansonsten steigen die Verluste und der Motor wird 
heiss.

Wobei man das bei einem Modellboot auch nicht bis zum Excess treiben 
muss. Mir ging es eigentlich nur darum, mal klarzumachen, dass die 
Freilaufdiode bei einer PWM nicht nur zum Schutz der Ansteuerung da ist, 
sondern eine echte Funktion hat.

Wenn man die Freilaufdiode weglässt, kann man den Motor auch mit einem 
Vorwiderstand betreiben. Ist vom Wirkungsgrad her ungefähr das gleiche.

Gruss
Axel

von Falk (Gast)


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@Axel

> Wobei man das bei einem Modellboot auch nicht bis zum Excess treiben
> muss. Mir ging es eigentlich nur darum, mal klarzumachen, dass die
> Freilaufdiode bei einer PWM nicht nur zum Schutz der Ansteuerung da ist,
> sondern eine echte Funktion hat.

DOPPELFUNKTION!!!

a) Stromleitung bei ausgeschaltetem Leistungstreiber bei PWM
b) Überspannungsbegrenzung, bzw. Verhinderung von hohen Spannnungen 
durch Selbstinduktion

Beides hängt direkt zusammen.

> Wenn man die Freilaufdiode weglässt, kann man den Motor auch mit einem
> Vorwiderstand betreiben. Ist vom Wirkungsgrad her ungefähr das gleiche.

Nö, es killt über kurz oder lang auch die Leistungsstufe. Bau mal einen 
einfachen Step-Down Controller ohne Freilaufdiode. Mit dem Motor ist das 
das selbe.

MfG
Falk

von Axel (Gast)


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"b) Überspannungsbegrenzung, bzw. Verhinderung von hohen Spannnungen
durch Selbstinduktion"
Das ist ja relativ bekannt und wurde hier ja auch schon ausgiebig 
augebreitet. Das andere war mir wichtig, weil das immer zu kurz kommt.

"Nö, es killt über kurz oder lang auch die Leistungsstufe."
Also das "Nö" ist hier falsch. Richtig wäre: "Ja, und es killt über kurz 
oder lang auch die Leistungsstufe."

"Bau mal einen einfachen Step-Down Controller ohne Freilaufdiode. Mit 
dem Motor ist das das selbe."

Schreib ich doch :-)

Gruss
Axel

von Axel R. (Gast)


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>Bau mal einen einfachen Step-Down Controller ohne Freilaufdiode. Mit dem Motor 
ist das das selbe.

Step-Down Controller? Gutes Stichwort.

12V rein 3.3Volt raus.
12V 1A ->3.3V ca.3-4A (kennt man ja).

Wieviel Strom fliesst nun durch die Freilaufdiode wenn der Motor langsam 
(PWM 30%) drehen soll UND Drehmoment benötigt wird?

Hier sollten schon etwas größere Dioden rein...

Gruß
AxelR.

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