Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Inklinator/Tiltsensor aus Accelerometer


von Simon K. (simon) Benutzerseite


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Nur mal eine kleine theoretische Frage:

Es gibt ja diese Tilt-Sensoren (habe ich mal im Zuge meiner damaligen 
Quadrokopter Recherche herausgefunden):
http://www.vti.fi/en/products-solutions/products/inclinometers/sca100t-inclinometers/
http://www.analog.com/en/prod/0,2877,ADIS16209,00.html

Dort steht aber dabei, dass es nur MEMS Accelerometers sind, die 
entsprechend verschaltet über den Tangens (vermute ich mal) den 
absoluten Winkel zur Gravitationskraft ausrechnen.

Soweit so gut. Die Idee ist ja gar nicht mal schlecht, aber was passiert 
denn, wenn ich ein beispielsweise ein beschleunigendes Auto habe, in 
das dieser Inklinator eingebaut ist. Und zwar ist er so eingebaut, dass 
er genau senkrecht auf der Gravitationsachse steht.

Würde es nicht zu Fehlmessungen kommen? Immerhin wird doch eine 
Beschleunigung in eine der Messrichtungen ausgeführt.

Versteht mich jemand da draußen? ;) Vielleicht habe ich ja auch nur 
einen Denkfehler (Ich denke aber nicht)

von Hagen (Gast)


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Meiner Meinung nach sind deine Annahmen absolut richtig. Man kann also 
nur exakt messen wenn sich der Sensor in Ruhelage relativ zur gemessenen 
Gravitation befindet. Sobald eine zusätzliche Beschleunigung auftritt 
wird das Meßresultat verfälscht. Im Falle Erde<->Sensor muß sich also 
der Sensor in Ruhelage befinden zum Bezugspunkt Erde.

Gruß Hagen

von Simon K. (simon) Benutzerseite


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Ich kann es immer noch nicht fassen, dass die einzige Möglichkeit einen 
absoluten Winkel zu bestimmen das Integrieren eines Gyros ist. Das ist 
wie eine endlose Suche für mich.

Aber es wird so sein, denn Modellbauhelikopterbausätze (und andere 
kommerzielle Dinge) haben das ja auch so integriert.

Das Problem dürfte ja bekannt sein (Drift beim Integrieren aufgrund des 
Messfehlers vom Gyro).

Najo.

von Hagen (Gast)


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Naja ich sag mal alles ist relativ und nun baue mal einen Sensor der zu 
einem relativistischen Objekt zu einem beliebigen relativen Bezugspunkt 
einen absoluten Winkel messen kann. Ich könnte es nicht und es ist auch 
nicht einfach, besonders wenn bei dieser Messung keine dritten absoluten 
Bezugspunkte bekannt sind. Eine absolute Triangulierung benötigt starre 
Bezugspunkte. Existieren diese nicht dann verbleiben nur noch 
Winkelbeschleunigungssensoren die die Lageänderungen des Objektes zu 
sich selber erfassen. Das muss dann eben integriert werden um einen 
absoluten Winkel zum Zeitpunkt X zu berechnen. Irgendwie also auch 
logisch die ganze Sache. Du möchtest einen Winkel eines Objektes in der 
Raumlage relativ zu einem unbekannten Bezugsobjektes innerhalb dieses 
Raumes messen. Und das ohne das du feste Hilfsbezugspunkte benutzt, zb. 
die Satelliten beim GPS oder Triangulierungen über feste Punkte usw. Das 
läuft dann auf die Münchhausenstory hinaus bei dem sich Münchhausen 
selber am Schopfe aus der Grube gezogen hat ;)

Mit einer Kombination aus Beschleunigungssensoren + 
Winkelbeschnelunigungssensoren + Integration + Gravitation der Erde 
relativ zum Meßobjekt + abwechselnder Stillstand und Bewegung des 
Objektes kann man schon ganz gute Ergebnisse erzielen. Man muß halt nur 
sicherstellen das der relative Stillstand des Meßobjektes zur Erde auch 
ausreichend detektierbar ist. Für ein Auto/Zug/Schiff ist das relativ 
einfach machbar, für ein Flugobjekt aber nicht.

Den Drift der Gyros kann man nur verringern mit besserer Technologie als 
das es die MEMS-Technologie zulässt. Zb. optische Gyroskope, du kannst 
dir vorstellen wie teuer so'n Gyro dann ist ;)

Gruß Hagen

von Simon K. (simon) Benutzerseite


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Hagen wrote:
> Naja ich sag mal alles ist relativ und nun baue mal einen Sensor der zu
> einem relativistischen Objekt zu einem beliebigen relativen Bezugspunkt
> einen absoluten Winkel messen kann. Ich könnte es nicht und es ist auch
> nicht einfach, besonders wenn bei dieser Messung keine dritten absoluten
> Bezugspunkte bekannt sind. Eine absolute Triangulierung benötigt starre
> Bezugspunkte. Existieren diese nicht dann verbleiben nur noch
> Winkelbeschleunigungssensoren die die Lageänderungen des Objektes zu
> sich selber erfassen. Das muss dann eben integriert werden um einen
> absoluten Winkel zum Zeitpunkt X zu berechnen. Irgendwie also auch
> logisch die ganze Sache. Du möchtest einen Winkel eines Objektes in der
> Raumlage relativ zu einem unbekannten Bezugsobjektes innerhalb dieses
> Raumes messen. Und das ohne das du feste Hilfsbezugspunkte benutzt, zb.
> die Satelliten beim GPS oder Triangulierungen über feste Punkte usw. Das
> läuft dann auf die Münchhausenstory hinaus bei dem sich Münchhausen
> selber am Schopfe aus der Grube gezogen hat ;)

Hehe, gut. So habe ich das natürlich noch gar nicht gesehen. Ich hab 
zwar nicht völlig unbekannte Fixpunkte, aber nur die Erdbeschleunigung 
als Fixpunkt reicht natürlich auch nicht aus.

> Mit einer Kombination aus Beschleunigungssensoren +
> Winkelbeschnelunigungssensoren + Integration + Gravitation der Erde
> relativ zum Meßobjekt + abwechselnder Stillstand und Bewegung des
> Objektes kann man schon ganz gute Ergebnisse erzielen. Man muß halt nur
> sicherstellen das der relative Stillstand des Meßobjektes zur Erde auch
> ausreichend detektierbar ist. Für ein Auto/Zug/Schiff ist das relativ
> einfach machbar, für ein Flugobjekt aber nicht.

Ja, ich denke mal, das wäre dann sowas hier:
http://www.microstrain.com/fas-g_docs.aspx

> Den Drift der Gyros kann man nur verringern mit besserer Technologie als
> das es die MEMS-Technologie zulässt. Zb. optische Gyroskope, du kannst
> dir vorstellen wie teuer so'n Gyro dann ist ;)

Ich geh morgen mal ne Boeing ausschlachten. ;) ;)

von Hagen (Gast)


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>Hehe, gut. So habe ich das natürlich noch gar nicht gesehen. Ich hab
>zwar nicht völlig unbekannte Fixpunkte, aber nur die Erdbeschleunigung
>als Fixpunkt reicht natürlich auch nicht aus.

Doch, aber eben nur wenn sich beide Objekte relativ zueinander nicht 
bewegen ;) Und das berücksichtigt noch nichtmal die Störgravitationen 
eventueller andere großer Objekte.

Ansonsten muß man eben die Lageänderung eines der Objekte relativ zu 
einer zeitlich früheren Lageänderung zu sich selber messen. Und das 
macht der Winkelbeschleunigungssensor + Integration. Kennt man also zum 
Zeitpunkt 0 der Messung nicht die absolute Lage des Objektes zum 
Bezugspunkt dann kann man auch zum Zeitpunkt X nicht die absolute Lage, 
eg. Winkel ausrechnen.

Ein Beschleunigungssensor kann man sich wie das Auge der Wasserwaage 
vorstellen. Solange die Wasserwaage zum Bezugspunkt Erde nicht bewegt 
ist alles ok, sobald man die Wasserwaage aber bewegt funktionierts nicht 
mehr. Gleiches gilt für ein Lot. Bewegst du es nicht so zeigt es auf den 
Mittelpunkt der Erde, auf Grund der Gravitation zwischen Erde und 
Lotgewicht. Sobald du aber das Lot mit der Hand schleuderst wird die 
Fliehkraft des Lotgewichtes es von der Erdanziehungskraft als alleinige 
Kraft auslenken.

Würdest du mit einem Beschleunignungssensor in Ruheage auf dem Mond 
messen so bekämmst du andere Meßwerte als auf der Erde. Sogesehen ist 
selbst der Beschleunignungssensor alleine ein relativistischer Sensor, 
sein Bezugspunkt=Meßwert definiert sich also nur aus den 
Gravitationskräften der um ihn herum angeordneten großen Massen = 
Planeten.

Gruß Hagen

von Andreas A. (Firma: Embedded Microtec) (andi) Flattr this


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Das ist ja mal ein interessanter Thread. Wie siehts denn mit einem 
Magnetsensor aus?? Es gibt ja Megnetfeldsensoren, die auch das 
Magnetfeld der Erde messen können. Egal ob ich mich nun bewege oder 
nicht, sollte der Wert dieses Sensors konstant bleiben (solange ich mich 
auf einem mehr oder weniger begrenzten geographischen Gebiet bewege).
D.h. wenn ich ein (Modell-)Flugobjekt (etwa einen Quadrocopter) habe, 
dann sollte es mit einem 3D-Magnetsensor doch möglich sein die Lage des 
Flugobjektes im Raum zu bestimmen (abgesehen von geringen Schwankungen 
des Magnetfelds und anderen Störungen). Falls meine Überlegungen so 
stimmen, könnte man danach mit einem Beschleunigungssensor noch die 
Bewegungsrichtung des Objektes erkennen.

So... keine Ahnung, ob ich irgendwo einen Denkfehler drinnen habe oder 
nicht. Vielleicht weiß ja noch jemand was dazu. Ist auf jedenfall ein 
interessantes Thema denke ich!

mfg
Andreas

von Hagen (Gast)


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ich habe in einem Forum (Quadrokopter) gelesen das die Magnetkompasse zu 
ungenau und zu anfällig auf die Störungen der Hardware reagieren, also 
Motoren, deren Induktionen und Metall im Gehäuse. Die Kombination aus 
Gyro+Accel+GPS scheint sich wohl durchzusetzen. Die Accels kompensieren 
den Drift der Gyros.

Gruß hagen

von Andreas A. (Firma: Embedded Microtec) (andi) Flattr this


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An die Störungen bzw. an die elektromagnetischen Felder, die durch die 
hohen Ströme der Motoren verursacht werden hab ich auch schon gedacht 
(bei einem Quadrokopter). Da diese aber relativ schnell an und 
abgeschaltet werden (PWM), sollte das magnetische Feld mit einem 
digitalen Filter weggefiltert werden können. Aber das ist nur eine 
Überlegung die ich in diese Richtung mal angestellt habe.
Kann in der Praxis natürlich ganz anders aussehen.

von Simon K. (simon) Benutzerseite


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Andreas Auer wrote:
> An die Störungen bzw. an die elektromagnetischen Felder, die durch die
> hohen Ströme der Motoren verursacht werden hab ich auch schon gedacht
> (bei einem Quadrokopter). Da diese aber relativ schnell an und
> abgeschaltet werden (PWM), sollte das magnetische Feld mit einem
> digitalen Filter weggefiltert werden können. Aber das ist nur eine
> Überlegung die ich in diese Richtung mal angestellt habe.
> Kann in der Praxis natürlich ganz anders aussehen.

Der Motor erzeugt aber auch Störungen, wenn er nicht bestromt wird, 
würde ich sagen. Stichwort Back-EMF.

von Hagen (Gast)


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Und diese Störungen sind abhängig, im Spektrum, von der sehr variablen 
und schnell geregelten Motordrehzahl, besonders bei einem Quadrokopter. 
Der Filter um sowas quasi nachträglich aus dem gemessenen "Magnetfeld" 
rauszubekommen, ist ein dynamsiches Filter das dementsprechend exakt zum 
gleichen Zeitpunkt wie die Veränderungen bei der Ansteuerung des Motors 
auftreten, ausgeregelt werden muß. Viel zu kompliziert, egal ob analog 
oder digital !

Gruß Hagen

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