Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Angestellter oder Freiberufler


von Nortel (Gast)


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Hallo Zusammen,

das Thema wurde bereits mehrfach angesprochen, dennoch habe ich wenig 
Erfahrungsaustausch aus den bisherigen Beiträgen lesen können. Mich 
würden die Erfahrung derjenigen interessieren, die sich entweder 
Selbstständig (Freiberuflich) gemacht haben, oder aus Ihrer 
Selbstständigkeit wieder zurück ins Angestelltenverhältnis gewechselt 
sind.

Natürlich nicht ohne Hintergedanken. Auch ich spiele mit dem Gedanken 
sich Selbstständig zu machen; im Bereich IT- und Business Consultant - 
non SAP. Und für mich stehen auf der Pro- und Contraliste gleichviele 
und gleichwertige Punkte, so dass ich einfach mal die Erfahrung anderer 
hören/lesen möchte.

Die Vor- und Nachteile des Angestellten bzw. des Freiberuflers sind 
ohnehin immer wieder die gleichen.
Aber warum habt Ihr euch entschieden?
Seit Ihr mit der Entscheidung zufrieden?
Wie lange seid Ihr schon Selbstständig, bzw. nach wievielen Jahren habt 
Ihr diese aufgegeben?
Wie leicht/schwer fiel euch der Wechsel und brachte der Wechsel die 
erhoffte Änderung mit sich?
Würdet Ihr etwas anders machen?
Und was war/ist der Grund wieder in das Angestelltenverhältnis zu 
wechseln?
Wie ist eure Auslastung gewesen?
Habt Ihr um Projekte "kämpfen" müssen?
Kam Familie ins Spiel?

Und viele andere Fragen...
...ich hoffe hier kommt ein reger Erfahrungsaustausch zustande. Würde 
mich freuen!

von elefant (Gast)


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Nortel schrieb:

> Aber warum habt Ihr euch entschieden?
Aus der "Not" heraus. Festanstellungsjobs waren immer relativ mies 
bezahlt, bzw. die Umstände waren auf Dauer inakzeptabel. Die idotische 
Bewerberei, speziell wie das in Deutschland abläuft, ging mir auch auf 
die Nerven.

> Seit Ihr mit der Entscheidung zufrieden?
So lala. Sobald ich wieder eine attraktive Festanstellung finde wechsel 
ich wieder.

> Wie lange seid Ihr schon Selbstständig, bzw. nach wievielen Jahren habt
> Ihr diese aufgegeben?
ca. 2 Jahre.

> Wie leicht/schwer fiel euch der Wechsel und brachte der Wechsel die
> erhoffte Änderung mit sich?
s.o.

> Würdet Ihr etwas anders machen?
Man hatte keine Wahl, naja nicht wirklich aber Festanstellung war 
einfach unattraktiv.

Heute sehe ich es so: Ich kenne beide Welten, das hat schon Vorteile 
weil man hin und herswitchen kann. Andere hocken gefrustet in ihrem 
Angestellenjob fest und trauen sich dort nicht raus, ich kann da 
problemlo wechseln.

> Und was war/ist der Grund wieder in das Angestelltenverhältnis zu
> wechseln?
s.o.

> Wie ist eure Auslastung gewesen?
Sehr schwankend....


> Habt Ihr um Projekte "kämpfen" müssen?
...denn wer glaubt es wird einem die Bude eingerannt ist auf dem 
Holzweg. Wenn man mal ein paar Kontakte aufgebaut hat läuft es aber auf 
die sollte man sich auch nicht dauerhaft verlassen.

Ähnlicher Bereich wie du. Non-E-Technik, reine Software: Java(EE), 
Webkram neben anderem Kleckerkram.

> Kam Familie ins Spiel?
Habe keine. Begeistert sind die meisten Frauen davon nicht wenn 
zeitweise daheim hockt und dort arbeitet oder gerade flaute ist.


> Und viele andere Fragen...
> ...ich hoffe hier kommt ein reger Erfahrungsaustausch zustande. Würde
> mich freuen!
Hat halt Vor- und Nachteile, da muss man selber abwägen. Der Vorteil an 
sich ist eben m.M. dass man problemlos switchen kann.

Inzw. denke ich über eine eigene Firma nach, Freelancer oder 
Angestellter ist auf Dauer beides nicht das Wahre, die Arbeit ist auf 
Dauer ziemlich öde sich immer mit fremden Kram rumzuplagen.

von Nortel (Gast)


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Das stelle ich immer wieder fest. Viele entscheiden sich für die 
Freiberuflichkeit tatsächlich aus der Not heraus oder weil gerade ein 
"Angebot" kam.

Ich bin aber auch gerne an anderen Erfahrungen und Infos interessiert. 
Meine Fragen oben sind nur Anhaltspunkte jedoch nicht zwingend zu 
beantwortende Fragen :)

von Ing.Frei (Gast)


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Nortel schrieb:
> Aber warum habt Ihr euch entschieden.
Ich hab meine Jobs mehrfach selbst gekündigt, nichts anständiges 
gefunden. Steuern, Abgaben, zu wenig Einnahmen, Ausbeutung. Darüber 
hinaus hab ich so meine Schwierigkeiten mit dem Angestelltenverhältnis. 
Ich muss mein eigener Boss sein.

> Seit Ihr mit der Entscheidung zufrieden?
Sehr zufrieden. Das beste was mir passieren konnte. Geld spielt keine 
Rolle mehr. Meine Tätigkeit ist hochinteressant mit super umgänglichen 
Leuten zusammen. Keiner kann mir was, keiner kann mir etwas befehlen. 
Entweder meine Arbeit gefällt oder nicht. Ich mache meine Arbeit aber 
gut.

> Wie lange seid Ihr schon Selbstständig, bzw. nach wievielen Jahren habt
> Ihr diese aufgegeben?
1,5 J Freiberuflich.
Ich war schon im Studium anderweitig selbstständig. Hab also schon blut 
gerochen.

> Wie leicht/schwer fiel euch der Wechsel und brachte der Wechsel die
> erhoffte Änderung mit sich?
Sehr leicht, ein Ziel ein Weg! Wer will, kann alles.

> Würdet Ihr etwas anders machen?
Anderes = Angestellt? Im Moment nicht, später wenn ich mich gut 
abgesichert habe vielleicht. Eine andere Tätigkeit , ja, wenn mein 
derzeitiger Auftrag ausläuft.

> Und was war/ist der Grund wieder in das Angestelltenverhältnis zu
> wechseln?
Wenn es mal sein sollte, dann um Sicherheiten zu erlangen, wie z.B. die 
Rente. Wobei ich an die Rente eigentlich nicht glaube.

> Wie ist eure Auslastung gewesen?
Zu Arbeiten gibt es genug.
Ich überlege sogar das ganze auszuweiten und zu produzieren.

> Habt Ihr um Projekte "kämpfen" müssen?
Hab jetzt das zweite Projekt (zweite Firma), und beides war einfach zu 
bekommen. Beides sogar in meiner Nähe.

> Kam Familie ins Spiel?
Keine Familie, vielleicht später.
Es ist ein Risiko, dass ohne Familie viel einfacher zu gestalten ist.

von Freelancer (Gast)


Angehängte Dateien:

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Ich musste noch nie um Projkete kämpfen. Es gibt genug, was man machen 
kann. Der Punkt ist nur der, dass die besten Projekte von den 
Erfahrensten weggeschnappt werden und man als Anfänger den Dreck machen 
muss. Je nach Wunschumsatz muss man dann auch Abstriche machen. Oder man 
ziel auf die guten Projekte in denen man lernen kann und verdient 
weniger.

Womit man zu kämpfen hat, sind negative Vorbehalte gegenüber 
Freiberuflern seitens einiger (WENIGER!) Angestellter, die chronische 
Sparwut in den Firmen, verhandlungswütige Einkäufer und immer mehr auch 
die Rechtsabteilung und der Betriebsrat, die jeden Vertrag prüfen, ob 
nicht Internen die Arbeit weggenommen wird und / oder ein Verhältnis 
zustande kommt, dass als Scheinselbständigkeit eingestuft werden könnte. 
Ich hab mal einen Bogen gescannt, passend zu diesem Thema:
Beitrag "Re: Jagd auf Freiberufler hat begonnen"

von Freelancer (Gast)


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Vollkommen richtig, wobei man mal als fähiger Entwickler durchaus 
zwichen 70 und 80 die Stunde bekommen kann und damit übertrifft man 
(nach der 1000:1 - Regel) den Ingenieur mit 80k Festgehalt deutlich.

Was die Zettelbürokrati angeht, kann man das in 5min machen. Ich 
muss(te) ja nur die eine Seite ausfüllen. Den Rest macht die Abteilung 
als Anforderer und der Einkauf des Kunden. Bürokratie entsteht nur, wenn 
man kein Führungszeugnis parat hat oder Scans von Diplonurkunden, die 
einer sehen will. Es ist sogar ganz gut, wenn man sowas gleich beifügt, 
weil dann der Einkäufer erkennen kann, dass er gefahrlos erteilen kann.

von ing (Gast)


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Wie kommt man als Freiberufler an Aufträge? Wie macht man für sich 
Werbung? Geht man klassisch Klinkenputzen beim örtlichen Mittelstand, 
schaltet man Anzeigen in der Zeitung? Woher weiß man wo welcher Bedarf 
für welche Projekte besteht? Wie findet man am Anfang Projekte wo man 
was lernen kann? Denn die zu theoretische Hochschulbildung hat da ja 
versagt, meistens. Fragen über Fragen.

von Freelancer (Gast)


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ing schrieb:
> Wie kommt man als Freiberufler an Aufträge?
In Du Dich anbietest, Firmen anschreibst, etwas entwickels, was die 
gebrauchen können. Genau wie jeder andere der Waren und Dienstleistungen 
anbietet.

> Wie macht man für sich Werbung?
Internet, Google, Flyer, kluge Beiträge in Elektronikforen, Messebesuche

> Woher weiß man wo welcher Bedarf
> für welche Projekte besteht?
Kollegen, ehemalige Kollegen, Freunde, Bekannte

> Wie findet man am Anfang Projekte wo man
> was lernen kann?
Als Anfänger lernst Du automatisch in jedem Projekt was

Was Du zuerst lernst: Du hast Dich zu billig verkauft.

> die zu theoretische Hochschulbildung hat da ja
> versagt, meistens.
An Hochschulen gibt es NUR Theorie und dafür ist sie da.
Wenn man die aber verstanden hat, kann man auch was mit anfangen.

Die Schlussfolgerungen, wie man das praktisch anwendet, sind selber zu 
ziehen. Kann man das nicht, ist man kein Ingenieur.

von keinFreelancer (Gast)


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Freelancer schrieb:
> Vollkommen richtig, wobei man mal als fähiger Entwickler durchaus
> zwichen 70 und 80 die Stunde bekommen kann und damit übertrifft man
> (nach der 1000:1 - Regel) den Ingenieur mit 80k Festgehalt deutlich.

es kommt halt darauf an. Nehmen wir mal 75 Euro die Stunde, ohne MwST 
an, dann sind das 600 Euro am Tag. Hat man eine Auslastung von 75%, sind 
das ca. 99k Euro. Hat man davon auch noch Reisekosten zu tragen, ist man 
nicht mehr weit von den 80k entfernt. Des Weiteren trägt man auch noch 
alle anderen Risiken, bezahlt den AN und AG Anteil bei der 
Krankenversicherung, muss sich selbst um eine Altersvorsorge kümmern, 
trägt Risiken bei Krankheit und man hat quasi kaum eine Form des 
Kündigungsschutzes und bei Flauten wird man als erstens abgebaut, da man 
häufig als "Puffer" für die internen Mitarbeiter dient. Wenn die 
Alternative ein 60k Job wäre und man mit dem 75 Euro Stundensatz sehr 
gut ausgelastet ist, sowie ein sehr gutes Netzwerk in der Branche 
verfügt, dann kann man das ruhig machen.

Ein weiterer Nachteil den ich von einigen Freelancern mit bekommen habe 
ist, dass man häufig nicht mal einen Dispo Kredit von der Bank bekommt, 
da man ja kein geregeltes Einkommen hat. Ebenso knausern viele Banken 
mit Krediten für Wohneigentum bei Freelancern. Welche Erfahrungen haben 
die Freelancer hier damit gemacht?

sich wirklich lohnen tut sich das Freelancertum m.M. nach als externer 
Projektleiter. Gerade Konzerne haben sowas häufig, weil man Leute 
braucht, die zwischen Abteilungen neutral von aussen vermitteln. Da sind 
nicht selten auch mal 100 Euro die Stunde drin.

von Freelancer (Gast)


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Meine Antworten aus der Praxis zu Deinen 4 Punkten:

1) Ja, die 75,- sind nicht viel, lassen sich im ungünstigsten Fall mit 
gerade 70.000 vergleichen, wenn ein Angestellter Föderung und 
Zusatzvergütungen bekommt - können aber auch 80.000 sein. Der grosse 
Unterschied ist der, dass die Steilheit der Verdienstkurve viel grösser 
ist, dafür aber auch der offset. Will sagen, aber einem bestimmten Punkt 
lohnt es sich um so mehr. Wer viel arbeitet, ist als freelancer am 
Besten dran. Damit habe ich aber nicht gesagt, dass die Angestellten 
faul sind :-)

2) Krankheit ist ein Problem. Man muss eine zusätzliche Versicherung 
abschliessen für den Verdienstausfall und auch die Arbeitsunfähigkeit um 
dieselbe Sicherheit zu haben, wie ein Angestellter. Kostet mich 
insgesamt 3800,- im Jahr extra. Dazu kommen die Rücklagen für die 
maximalen 2 Jahre Arbeitslosigkeit, die man finanziert bekommt. Sind 
nochmal 20000,- im Jahr abzüglich 2400,- gesparter ALV.  Diese gut 
20.0000  müssen erwirtschaftet werden, was nahezu unmöglich ist, wenn 
man, wie es ein Angestellter kann, alle 7 Jahre 2 Jahre arbeitslos ist. 
Freelancer geht nur, wenn man nicht arbeitslos wird und die gesamte ALV 
sparen kann, sie aber nicht braucht.

3) Einen Dispo habe ich noch nie gebraucht. Ich habe 3 gefüllte 
Bankkonten, noch nie Schulden und mein Haus ist abbezahlt. Arbeite 
gerade an dem zweiten. Von meiner Hausbank bekomme ich jederzeit einen 
Kredit über 100k, wenn ich will. Kannst aber Recht haben, mit der 
dämlichen Schufa. Hab mal gelesen, dass man überhaupt nicht Kreditwürdig 
ist, wenn man nicht mal wenigstens einen genommen und wieder abbezahlt 
hatte.

4) Interimsprojektleitung wie Du sie beschreibst ist auf den ersten 
Blick sinnvoll, in der Realität ist man in so einem Job der Prellbock. 
Habe ich einmal gemacht. Nie wieder. Für kein Geld der Welt.

von Freelancer (Gast)


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Ach ja, wegen der Rechnung, was man so einnimmt: Ich habe gerade die 
Steuer für 2014 in der Mache:

930h beim Kunden gewesen, davon 750 bezahlt, 70 unbezahlt, der Rest 
Reise
750h dem Kunden zusätzlich abgerechnet für Heimarbeit, 820 gearbeitet.
 25h Steuererklärung
  5h Steuerberatung
  3h beim Anwalt
  2h beim Vermögensberater
  2h bei der Bank
  4h beim Finanzamt
 32h auf Messen
 40h Berufsverbandsarbeit
365h im Internet auf dem Laufenden bleiben
100h Rumfahrerei für nix
------
2300h für den Job

Umsatz : 118.200
Reisen :  11.600
Kosten :   3.400
Abschr :   3.600
Versich:   1.700
Auto-k :   4.200
Büro-k :   2.200
Telfon :     600
Sonstig:   1.100
Bildung:   2.400
---------------
          87.400

Davon gehen noch die 7000,- Krankenkasse und die 76% von der RV ab, 
sowie die Freibeträge und Fahrtkosten.

Geschätzt 66.000 zu versteuerndes Einkommen. Rücklagen und ALV_Wert 
abgezogen, sind es 60k.

Ich habe also ein Einkommen von etwa 60.000 brutto, bei denen die 
AG-Anteile abgezogen wurden, also wären es geschätzt brutto 71.000 und 
da dafür sind Auto, Zweitwohnung, Büro, Computer, Laptop und Gas, Wasser 
Strom, finanziert, die mindestens brutto/netto, je nach Abzugfähigkeit 
beim Angestellten 6000 -8000 wert sind.

Ich schätze mal, dass das >80.000 sein müssten, wenn ich als 
Angestellter tätig werden würde. Die Frage ist, wer mir die zahlen 
würde, bei 50% home office?

Freiwillige VOR! :D

von Angestellter (Gast)


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Freelancer schrieb:
> Ich habe 3 gefüllte
> Bankkonten, noch nie Schulden und mein Haus ist abbezahlt. Arbeite
> gerade an dem zweiten. Von meiner Hausbank bekomme ich jederzeit einen
> Kredit über 100k, wenn ich will.

Bist du dir etwa nicht bewusst, dass das Geschriebene als maßlose 
Angeberei interpretiert werden könnte?

von Henry (Gast)


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Freelancer schrieb:
> 2300h für den Job

Wenn man mit 230 Arbeitstagen (d.h. 46 Wochen à 5 Tage) im Jahr rechnet, 
wären das ja durchschnittlich 10h pro Tag! Lebst du auch oder arbeitest 
du nur?

Also ich habe als Angestellter eine 35h-Woche und liege damit auch schon 
bei über 70k brutto p.a. Dazu kommen meine garantierten 30 Tage Urlaub. 
Der Anteil an Tagen mit Home Office liegt bei ca. 30%.

Meinst du nicht, dass du dir die Selbständigkeit eventuell geringfügig 
schön rechnest?

von Freelancer (Gast)


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Das sollte nicht so interpretiert werden. Man BRAUCHT 3 Bankkonten:

1) Giro Privat
2) Giro Geschäft
3) Tagesgeld, um grosse Summen zu parken

Privatkonto und Geschäftskonto müssen getrennt sein und das 
Tagesgeldkonto habe ich deshalb, damit nicht grosse Summen auf dem Giro 
rumhängen und man mir das kriminell leer machen kann.

Ausserdem muss ich liquide sein, wenn mal eine Zahlung aus bleibt. Vom 
Geschäftlichen zahle ich die Umsatzsteuer, immer so um die 3000 im Monat 
und vom privaten zahle ich die Einkommensteuer und die Krankenkasse und 
alles was nicht geschäftlich ist. Liquidität ist ohnehin das Stichwort:

Ich muss oft Einkäufe und Steuerzahlungen in 5-stelliger Höhe leisten, 
kriege aber nicht unbedingt immer regelmässig was rein. Daher sind auf 
dem privaten mindestens 1000, dem Geschäftskonto 5.000 drauf - in aller 
Regel das Doppelte bis Dreifache.

Ihr Angestellten kriegt das ja fertig ausgerechnet und abgezogen und 
dann auf dem Silbertablett als Netto, sodass ihr immer wisst, was ihr 
ausgeben könnt. :-)

von Freelancer (Gast)


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Henry schrieb:
> Meinst du nicht, dass du dir die Selbständigkeit eventuell geringfügig
> schön rechnest?

Du musst einen Teil der Arbeit, einen Grossteil der Fahrten und solche 
Sachen auf den Samstag rechnen und auf alle Wochen verteilen. Das Jahr 
hat 365 Tage. Man kann die 365h "Internet" abziehen und kommt auf 
2000h+. Das ist das, was andere auch für den Job aufwenden müssen, 
rechne mal Deine Fahrzeit jeden Tag mit ein.

von keinFreelancer (Gast)


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habe deine Rechnung gesehen und jetzt bin ich noch mehr von meinem 
Angestelltendasein überzeugt!

2300h pro Jahr, ohne jeglichen Kündigungsschutz und damit kommst du auf 
ein Gehalt, was ca. 70k Brutto entsprechen, je nach Sichtweise ganz 
vielleicht knapp 80k. Aber auch nur, wenn es so läuft wie 2014, was ja 
kein schlechtes Jahr war.

Der Angestellte mit 70k bei 35h Woche arbeitet im Schnitt 7 Stunden pro 
Tag, das an ca. 220 Tagen pro Jahr. Macht 1540 Stunden und keine 2300.
Dazu kann der angestellte Entwickler sich auf seine Entwicklungen 
konzentrieren und muss sich nicht mit dem Anwerben von neuen Projekten 
und ähnlichem herum schlagen, was sicher oft auch frustrierend und ein 
hoher Unsicherheitsfaktor ist.

Wenn wir nur die reinen Fakten sprechen lassen: 7h + 220 Arbeitstage pro 
Jahr = 1540 Stunden pro Jahr. Bei 70k sind das 45,45 Euro/h.
Nehmen wir mal bei Dir optimistisch 80k an als Vergleichswert: 34,78 pro 
Stunde. Das ist um einiges weniger, dafür hat man viel mehr Streß, mehr 
Eigenverantwortung und weniger bzw. kaum Kündigungsschutz.

Wenn man die 34,78 hochrechnet auf ein Arbeitsjahr mit 35h Woche (ca. 
1540 Arbeitsstunden), entspricht dien Stundenlohn einem Jahresgehalt von 
53561,20 Euro p.a.
Das bekommen teilweise schon Berufsanfänger. Für dieses Gehalt musst du 
gleichzeitig auch noch viel mehr Eigenverantwortung tragen.

Freelancer schrieb:
> Sachen auf den Samstag

ist ja noch schlimmer. Quasi auch noch den Samstag dafür opfern. In 
ordentlichen Firmen gibt es dafür wenigstens noch eine Samstags bzw. 
WE-Zulage.

Ich würde fast wetten, dass ein 53k Job bei 35h Woche + Nebenjob 
effektiv in vielen Fällen schon mehr abwirft bei weniger Jahresstunden 
als deine Freelancer Tätigkeit. Von mir aus z.B. Barkeeper in einer 
gehobenen Bar. Da gibt es 7-10 Euro pro h + gut und gerne mal 100 Euro 
Trinkgeld pro Abend.

von freelancer ohne Lanz (Gast)


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keinFreelancer schrieb:
> habe deine Rechnung gesehen und jetzt bin ich noch mehr von meinem
> Angestelltendasein überzeugt!

Da könnt ihr mal sehen wie gut es euch geht. Aber der allgemein Dödel 
bekommt sofort Neidpickel wenn der hört "WAS >100k€ verdient der? 
Kapitalistensau!,..."

So nen Scheiss muss man sich nämlich ständig anhören von irgendwelchen 
Deppen die für 8h Nägel reinklopfen fast das selbe verdienen.

von Richard (Gast)


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Henry schrieb:
> Meinst du nicht, dass du dir die Selbständigkeit eventuell geringfügig
> schön rechnest?

So sieht's aus!
Unter diesen Bedingungen möchte ich kein Freelancer sein.

von Freelancer (Gast)


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Leute, Ich habe nirgendwo behauptet, dass ich viel mehr verdiene, als 
andere. Im Gegenteil: Es ist gut, dass das mal diskutiert wird und 
Festangestellte sehen, dass dem nicht so ist und wie gut es ihnen geht.

Ich wollte mit meiner Rechnung nur mal zeigen, wie man von den Umsätzen 
auf ein Gehalt schliessen kann. Ich habe dabei alles reingerechnet, was 
zu dem Job gehört. Bei dem Vergleich mit den 35h fehlen noch die 
Fahrzeiten zu der Firma. Ich kenne Leute, die jeden Tag 2h im Auto 
sitzen müssen. Da sieht das Ganze schon wieder anders aus.

Was auch noch nicht berücksichtigt ist: Die Sachen, die ich entwickle, 
gehören mir, d.h. ich habe vollen Zugriff darauf. Wenn ich also mehr 
Zeit investiere, als ich bezahlt bekomme, so bezieht sich das auch auf 
Dinge, die ich für mich entwickle und die hinterher mal Brot abwerfen 
können.

Ausserdem kann ich mir so erlauben, das zu machen, was ich mag und muss 
nicht das Zeug zusammenprogrammieren, dass irgendein Produktmanager sich 
ausgedacht hat oder gar den Dreck testen, den ein anderer 
zusammengeschustert hat, nur weil der Teamleiter gerade keinen anderen 
hat, der es machen kann und mich in die Pflicht nimmt.

Im Gegenteil: Ich kann von dem Teamleiter ein eigenes Büro fordern, weil 
ich extra sitzen muss und habe meine Ruhe. Ich kann auch neue Hardware 
fordern, wenn ich sie brauche. Für mich wird alles brav gekauft. Der 
Teamleiter ist lieb und nett zu mir und fasst mich mit Samthandschuhen 
an, im Gegensatz zu dem Krüppelsack, den ich vorher hatte (Zeitarbeit).

Und: Ich habe immer die neuesten und aktuellsten Tools zur Verfügung, 
weil die Firma an mir nicht spart, da ich ja so "teuer" bin und effektiv 
bleiben muss. Wenn bei mir der PC hängt, rufe ich einmal beim IT Support 
an und es kommt einer an, der es richtet, die Internen warten tagelang.

Und wie gesagt: Ich habe 50% home office daheim sowie einige 
"steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten".

von Michael K. (Gast)


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Nortel schrieb:
> Aber warum habt Ihr euch entschieden?
Es stand die Frage im Raum so weiterzumachen wie bisher ohne das sich je 
etwas ändert, oder neue Wege zu beschreiten und sich weiter zu 
entwickeln.

> Seit Ihr mit der Entscheidung zufrieden?
Überwiegend ja.

> Wie lange seid Ihr schon Selbstständig, bzw. nach wievielen Jahren habt
> Ihr diese aufgegeben?
14 Jahre und kein Ende in Sicht.

> Wie leicht/schwer fiel euch der Wechsel und brachte der Wechsel die
> erhoffte Änderung mit sich?
Schwer.
Die Veränderung passiert haupsächlich im Kopf.
Um effektiv arbeiten zu können muss man sich oft im Team einbetten wie 
ein Angestellter.
Dabei gilt es das Spiel aus Nähe und Distanz zu wahren und sich in keine 
Bürokriege hineinziehen zu lassen.

> Würdet Ihr etwas anders machen?
Ja, ich würde im nächsten Leben E-technik zuende studieren und nicht 
vorher das Weite suchen. Nicht weil man so geile Sachen da lernt ohne 
die man nicht existieren kann, sondern weil das Diplom fälschlicherweise 
mit Kompetenz gleichgesetzt wird und einem manche Tür verschlossen 
bleibt.

> Und was war/ist der Grund wieder in das Angestelltenverhältnis zu
> wechseln?
Oh, es gäbe da ein paar gute Gründe, das ist ja nicht nur jeden Tag 
Zuckerschlecken als freier Mitarbeiter.
Das Komplettpaket 'Festanstellung' ist aber schwer zu schlucken wenn man 
das erst anders gewohnt ist.

> Wie ist eure Auslastung gewesen?
Von 0Std. / Monat bis zu 280Std. / Monat

> Habt Ihr um Projekte "kämpfen" müssen?
Wer hat den jemals etwas ohne Kampf bekommen ?

> Kam Familie ins Spiel?
Kann man direkt in Euro umrechnen was es kostes nur noch Jobs in 
Wohnortnähe, ohne regelmäßige Auslandseinsätze bei gemäßigter 
Arbeitszeit anzunehmen.
Ist ein Frage der persönlichen Prioritäten und was einem die Dinge wert 
sind.


Das ganze ist eine Typfrage.
Wer Sicherheit und ein äußeres Regelwerk braucht sollte das nicht 
machen.
Wer unter Druck weicher statt härter wird und über keine robuste 
Gesundheit verfügt ist auch schlecht beraten als freier zu gehen.
Ich habe Leute daran zerbrechen sehen weil das mehr ist als mal locker 
ein paar Stunden machen und fette Kohle einstreichen.

Das Reglement einer Festanstellung ist zwar häufig repressiv aber es 
bietet auch viel Schutz vor äusseren und inneren Einflüssen.

Ja, als freier kann man viel verdienen.
Man steigt aus der Rente aus, der sozialen Absicherung, der 
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und macht alles das selber was 
Personalabteilung, Vorgesetzter, Chef für einen erledigen.

Das ist eine Wette auf die eigene Leistungsfähgkeit die man nicht 
verlieren sollte, da man gerade alle Sicherungsnetze durchgeschnitten 
hat.
Sichere ich mich genauso ab mit all dem Quatsch der mich für jede 
Lebenslage in ein Wattetuch packt, bleibt mir am Ende auch nicht mehr.

Wem es nur ums Geld geht, der soll sich eine große Firma suchen, deren 
Doktrin inhalieren und sich nach oben dienen.
Das Geld alleine ist es nicht wert sich den Stress zu machen, nicht wenn 
man das mal auf eine Lebensspanne extrapoliert.

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Da kann ich "Freelancer" nur zustimmen.

Wer meint, als Freelancer hätte er direkt anfangs die dicke Kohle, der 
wird wohl unsanft landen. Bis man einen Kundenstamm etc. und auch das 
Wissen hat, dauert es einfach einige Jahre.

Aber was man nicht vergessen darf: die "Aufstiegschancen" sind für einen 
Selbstständigen natürlich deutlich größer und insbesondere nicht von 
Vorgesetzten etc. abhängig.

Wer natürlich 30 Jahre immer nur Projektarbeit macht und sich nicht 
weiterentwickelt, der wird auch nur ein geringes Einkommen haben und 
immer von anderen abhängig sein.

Wenn man aber (wie ich damals) nach und nach auf eigene 
Projekte/Entwicklungen umsattelt, dann ist die Einkommensgrenze 
eigentlich nur durch "Wieviel bist Du bereit an eigener Zeit zu 
investieren?" begrenzt.

Und man kann auch nicht einfach einen normalen Arbeitstag als 
Angestellter mit dem eines Selbstständigen vergleichen. Hier zu hause 
habe ich bspw. ein ganz anderes Arbeiten: ich genehmige mir Pausen, wenn 
ich sie haben möchte, ich arbeite, wann ich will. Es gibt niemanden, der 
mir sagt, was ich wann zu machen habe - was ich überhaupt zu machen 
habe.

Eine "Überstunde" fühlt sich auch ganz anders an, wenn man weiss, für 
wen man die macht ;-)

Es ist wie bei vielen Dingen im Leben: bei der Selbstständigkeit muss 
man erstmal viel investieren. Den monetären Lohn erhält man erst später 
- dann allerdings liegt dieser oftmals deutlich über der 
Beispielrechnung oben.

Einfach nur eine Momentaufnahme zu vergleichen - damit macht man es sich 
wohl zu einfach.

Ich verstehe aber auch sehr gut den Angestellten, der eine gewisse 
Sicherheit und auch sofort ein gewisses Gehalt haben möchte und der 
zufrieden ist, wenn er nach sieben Stunden nach Hause gehen kann.

Man tauscht die Sicherheit und das "Sich-nicht-kümmern-Müssen" dann für 
die größeren Möglichkeiten, die eine Selbstständigkeit bietet.

Letztendlich muss das jeder selbst abwägen: Bin ich der Typ, der sich 
lieber selbst um alles kümmert, der in Unwägbarkeiten nicht zuerst das 
Risiko sondern vor allem die Chance sieht?

Für mich ist das keine Frage: ich liebe es, alle Entscheidungen selbst 
zu treffen - und natürlich auch keinen für meine Fehler verantwortlich 
machen zu können ;-)

von Eric B. (beric)


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Nortel schrieb:
> Aber warum habt Ihr euch entschieden?

Ich bin jetzt seit 5 Jahre selbständig, davor über 10 Jahre angestellt 
bei einem Dienstleister. Es gab bei dem Dienstleister in den letzen 
Jahren viele Re-organisationen, bzw hatte ich jedes Jahr einen anderen 
Ansprechpartner/Manager.
Dann habe ich mich überlegt, dass das was der Dienstleister mir geboten 
hat (Gehalt & Projektvermittlung & Ärger) ich auch selber machen könnte, 
aber ohne der Ärger-Komponente :-)

> Seit Ihr mit der Entscheidung zufrieden?

Ja.

> Wie leicht/schwer fiel euch der Wechsel und brachte der Wechsel die
> erhoffte Änderung mit sich?

In tagtäglicvhe Arbeit hat sich wenig geändert, dafür bekomme ich aber 
einen viel höheren Stundensatz. Mahraufwand habe ich nur wegen 
Buchhaltung, aber das hält sich im Grenzen.

> Würdet Ihr etwas anders machen?

Ja. Ich habe damals einen Businessconsultat äh... konsultiert, der mir 
für flinkes Taschengeld ein Businessplan aufgestellt hat, das ich dem 
BAA vorgelegt habe für einr Gründungszuschuss. Da das Amt mir den 
Zuschuss nicht zugesagt hat, würde dich den Businessconsultant 
auslassen.

> Wie ist eure Auslastung gewesen?

Voll, eigentlich. Zwischen den Projekten gab es immer mal 1 oder 2 
Monate nix, aber das war dan quasi mein Urlaub.

> Kam Familie ins Spiel?

Erst später :-)

von ATler (Gast)


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ich kann Chris zustimmen. Ich meine mich zu erinnern, dass er ein 
richtiges Unternehmen mit Mitarbeitern hat? sowas lohnt sich natürlich. 
Bleibt man das Leben lang nur Freelancer mit 70-80 Euro die Stunde und 
unter o.g. Bedingungen, lohnen sich, sofern man was drauf hat, eher gute 
Industriejobs. Ich liege bei 90k, außertariflich. Um das selbe raus zu 
kriegen bei 30 Tagen Urlaub, bezahlten Feiertagen, 40h Woche, keine 
Projektaquise, kein Druck ständig neue Projekte zu haben, bessere 
soziale Absicherung etc., keine Reisetätigkeit, müsste ich als 
Freelancer schon verdammt viel Umsatz machen. In solche Sphären kommt 
man eigentlich nur, wenn man andere für sich arbeiten lässt. Nicht aber 
als Einzelkämpfer. Ich denke, nicht wenige Einzelkämpfer sind im Prinzip 
nichts anderes als entrechtete Mitarbeiter. Kosten über das Jahr gesehen 
kaum mehr, haben dafür aber so gut wie keine Arbeitnehmerrechte und 
tragen alle Risiken selbst.

von KT (Gast)


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Chris D. schrieb:
> Letztendlich muss das jeder selbst abwägen: Bin ich der Typ, der sich
> lieber selbst um alles kümmert, der in Unwägbarkeiten nicht zuerst das
> Risiko sondern vor allem die Chance sieht?

Nein, Unwägbarkeiten sind für mich ein Graus. Schon angeblich 
"leistungsabhängige" Gehaltsbestandteile mag ich nicht, das wird im 
Zweifelsfall nur wieder so ausgelegt, dass es nichts oder nur sehr wenig 
gibt; auf die Zielerreichung hat man aber oft nur einen sehr indirekten 
und eher kleinen Einfluss. Ich möchte mein gesichertes Einkommen, dass 
garantiert monatlich auf meinem Konto landet. Damit kann ich im Leben 
planen (größere Anschaffungen, Familie, etc.).

Auch Akquise mag ich nicht, ich möchte mich nicht bei möglichen Kunden 
anbiedern und den Verkäufer spielen müssen. Ich möchte einfach nur 
meinen Job fachlich gut machen und nach 7 Stunden Arbeitszeit am Tag 
nach Hause gehen und mich dann um andere Dinge kümmern.

> Für mich ist das keine Frage: ich liebe es, alle Entscheidungen selbst
> zu treffen - und natürlich auch keinen für meine Fehler verantwortlich
> machen zu können ;-)

Ich treffe auch gerne meine eigenen Entscheidungen, aber vorzugsweise im 
kleinen Rahmen. Dadurch ist auch meine Verantwortung begrenzt, was ich 
als sehr angenehm empfinde. So muss ich mir auch nicht so viele Gedanken 
machen, was alles passieren könnte, denn ich bin im Großen ja nicht 
dafür "haftbar". Das hilft auch, leichter nach der Arbeit abzuschalten 
zu können.

von Rolf S. (audiorolf)


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Hier liest man ja sehr widersprüchliche Einschätzungen. Würde mich 
interessieren, welche Ausbildung die einzelnen Schreiber haben. Ich lese 
z.B. dass das Diplom wichtig ist, weil es einem Türen öffnet.

Abgesehen davon, dass man (zumindest in der Schweiz) eine formelle 
Befähigung vorweisen muss, um als ein solcher gelten zu können, ist es 
doch wohl so, dass es schon auch eine Aussage über die Qualität der 
Ausbildung und der Fähigkeiten macht. Wer einmal an einer deutschen Uni 
studiert hat, weiss, dass das schon zu machen ist. Und wer das eben 
nicht schafft, hat vielleicht auch nicht Qualität die er zu haben 
glaubt.

Aber nochmals zu dem Punkt Geld verdienen:

Die meisten Freiberufler geben an, sie wollen Freiberufler bleiben. 
Selbst die, die es unfreiwillig geworden sind. Wie interpretiere ich 
das?

1) Können die Freiberufler ihre Situation nicht einschätzen? Können sie 
nicht rechnen?

2) Oder sind von denen, die es mal geworden sind, nur die fähigen 
Freiberufler übrig geblieben und deren positive Aussagen verzerrt die 
Realität? Weil die unfähigeren wieder Angestellte geworden sind?

3) Oder ist das Freiberuflertum doch das Mittel der Wahl?

Meine Einschätzung ist, dass viele da doch ziemlich gut verdienen, wenn 
sie das nicht ändern wollen.

Oder sind die alle überbewertet? Profitieren sie davon, dass ihre 
Historie nicht bekannt ist?

Oder profitieren sie nur davon, dass die Firmen bei Projekten spendabel 
sind?

Oder davon, dass die Firmen ein Chaos haben, die Führungspersonen Angst 
vor Kompotenz haben und gute Leute zwar brauchen, aber nicht im Team 
haben wollen?

: Bearbeitet durch User
von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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@KT:
Ist doch ok. Ich schrieb ja: jeder wie er mag :-)

Rolf S. schrieb:
> Hier liest man ja sehr widersprüchliche Einschätzungen. Würde mich
> interessieren, welche Ausbildung die einzelnen Schreiber haben. Ich lese
> z.B. dass das Diplom wichtig ist, weil es einem Türen öffnet.

Türen öffnet man meiner Erfahrung nach in allererster Linie durch sein 
Auftreten und Leidenschaft, die man ausstrahlt.

Bei mir hat sich da während meiner Selbstständigkeit nie jemand für 
interessiert. Habe ich auch nirgends draufgeschrieben. Ein Dipl.-Inf. 
hat allerdings auch nur noch wenig mit dem zu tun, was ich jetzt mache.

Die Kunden wollten immer nur eines: die Lösung ihres Problems.

> Abgesehen davon, dass man (zumindest in der Schweiz) eine formelle
> Befähigung vorweisen muss, um als ein solcher gelten zu können, ist es
> doch wohl so, dass es schon auch eine Aussage über die Qualität der
> Ausbildung und der Fähigkeiten macht. Wer einmal an einer deutschen Uni
> studiert hat, weiss, dass das schon zu machen ist. Und wer das eben
> nicht schafft, hat vielleicht auch nicht Qualität die er zu haben
> glaubt.

Sicherlich ist ein Abschluss ein Nachweis über erbrachte Leistungen. 
Aber selbst die sind ja nicht vergleichbar: jemand, der sich durch ein 
Fernstudium kämpft und nebenher noch Familie und Job hat, finde ich als 
AG interessanter als jemand, der vielleicht an der RWTH studierte, aber 
dem man anmerkt, dass er eigentlich seinen Beruf verfehlt hat.

Und mittlerweile kenne ich so viele hervorrragende Quereinsteiger ganz 
ohne Hochschulabschluss, dass ich über die fehlnede Qualität und 
Selbsteinschätzung da keine Aussagen treffen möchte.
Auch ein Abschluss ist eben nur eine Momentaufnahme.

Schon nach ein, zwei Jahren wird es wesentlich wichtiger sein, was man 
in dieser Zeit gemacht hat, als das Thema oder die Noten der 
Masterarbeit.

> Aber nochmals zu dem Punkt Geld verdienen:
>
> Die meisten Freiberufler geben an, sie wollen Freiberufler bleiben.
> Selbst die, die es unfreiwillig geworden sind. Wie interpretiere ich
> das?
>
> 1) Können die Freiberufler ihre Situation nicht einschätzen? Können sie
> nicht rechnen?

Vielleicht musst Du das auch aus einem anderen Blickwinkel sehen:
Geld ist nicht alles. Ich habe mich bspw. nicht selbstständig gemacht, 
um das große Geld zu verdienen. Klar wollte ich ein vernünftiges 
Auskommen haben, aber mehr Geld war nie die Motivation. Mir ist es 
wesentlich wichtiger, dass

- ich jetzt genau das machen kann, was ich möchte
- ich bei meiner Zeiteinteilung völlige Freiheit habe
- ich entscheiden kann, wie es weitergeht
- ich komplett zu hause (und jetzt in der nahegelegenen Halle) arbeiten 
kann
- meine Frau und ich keinen Wecker haben :-)
- ich kreativ sein kann, wenn ich es bin
- ich träge sein darf, wenn ich es bin
- ich keinen Stress haben will

und vor allem:

- ich einfach richtig viel Zeit habe, wenn ich sie haben will!

Für alle diese Dinge hätte ich auch dauerhaft locker 30% finanzielle 
Einbußen in Kauf genommen - und anfangs waren es noch mehr. Dass sich 
das massiv geändert hat, freut mich natürlich, ist für mich aber nur 
eine Bestätigung meiner Leidenschaft/Berufung als 
Entwickler/Konstrukteur. Mehr Geld war nie mein Antrieb und wird es auch 
nie sein.

> 2) Oder sind von denen, die es mal geworden sind, nur die fähigen
> Freiberufler übrig geblieben und deren positive Aussagen verzerrt die
> Realität? Weil die unfähigeren wieder Angestellte geworden sind?

Diese Leute gibt es sicherlich - man stellt fest, dass Selbstständigkeit 
doch nichts für einen ist oder hat sich einfach überschätzt.

> 3) Oder ist das Freiberuflertum doch das Mittel der Wahl?
>
> Meine Einschätzung ist, dass viele da doch ziemlich gut verdienen, wenn
> sie das nicht ändern wollen.

Siehe oben. Geld ist bei den wenigsten der Unternehmer, die ich 
persönlich kenne, der Grund gewesen. Eigentlich gibt es nur einen von 
etwa 30, der so gedacht hat. Alle anderen wollten mit viel Herzblut ihre 
Ideen vom Leben (und ihren Produkten) umsetzen. Aber trotzdem ist es 
natürlich nicht verboten, sehr gut zu verdienen ;-)

> Oder davon, dass die Firmen ein Chaos haben, die Führungspersonen Angst
> vor Kompotenz haben und gute Leute zwar brauchen, aber nicht im Team
> haben wollen?

Das mag bei kleingeistigen Chefs auch eine Rolle spielen, aber die Regel 
dürfte es nicht sein.

Bei den meisten dürften es einfach die enormen Freiheiten und Chancen 
(nichtmonetärer Art) sein, die sie ohne Probleme auch mit weniger 
auskommen lässt.

Vielleicht in einem Satz: ich genieße regelrecht meine Selbstständigkeit

P.S.: Der Spruch "Selbstständig heisst selbst und ständig" ist übrigens 
sehr arm. Wer selbstständig ist und dauerhaft keine Zeit hat, der macht 
einiges falsch.

: Bearbeitet durch Moderator
von Rolf S. (audiorolf)


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Chris D. schrieb:
> Schon nach ein, zwei Jahren wird es wesentlich wichtiger sein, was man
> in dieser Zeit gemacht hat, als das Thema oder die Noten der
> Masterarbeit.

Absolut, aber ist es nicht so, dass die mit den guten Noten und die sich 
gut präsentieren können, weil sie im allerersten Jobgespräch eine gute 
Leistung gezeigt haben, dann überhaupt erst in die guten Jobs kommen, 
oder?

Dort können sie einen kleinen Vorsprung in den Noten oder der 
Qualifikation aus einem Praktikum, weiter ausbauen und den anderen 
weiter fortlaufen, oder?

Wenn Du in der Schweiz von einer Referenz-Uni kommst und den Abschluss 
dort hast, dann stehen Dir alle Türen offen. Den anderen helfen oft 
keine noch so vielen praktischen Ausweise wie Eidgenössische Prüfungen 
über die Hürde hinweg. Was ich in Deutschland sehe, ist es dasselbe. Ich 
werde schon auch nach meinem Abschluss gefragt und die ETH ist in 
Deutschland ein schlagkräftiges Argument.

Und wenn der Vorsprung einmal da ist, bleibt er.

: Bearbeitet durch User
von Paul B. (Gast)


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R. S. schrieb:
> Abgesehen davon, dass man (zumindest in der Schweiz) eine formelle
> Befähigung vorweisen muss, um als ein solcher gelten zu können,
Wie veranstaltet man dies? Gilt das nur für Ausländer oder auch für 
Schweizer?

> doch wohl so, dass es schon auch eine Aussage über die Qualität der
> Ausbildung und der Fähigkeiten macht. Wer einmal an einer deutschen Uni
> studiert hat, weiss, dass das schon zu machen ist.
Du willst damit aber nicht sagen, dass das Studium an einer deutschen 
Uni deshalb "schon zu machen ist", weil das Niveau nicht taugt?

Da müsste ich entschieden wiedersprechen! An einer Stelle im Forum 
schreibst Du, dass du an der ETH Zürich gelernt hast und diese eine 
Referenz-Uni sei. Nun, meine in Karlsruhe ist das auch.


> Die meisten Freiberufler geben an, sie wollen Freiberufler bleiben.
> Selbst die, die es unfreiwillig geworden sind. Wie interpretiere ich
> das?
Die haben gemerkt, dass das das Bessere für sie ist, ganz einfach. 
Einmal sicher finanziell und einmal auch vom Sozialen her. Viele kommen 
aus ganz bestimmten Gründen in Firmen nicht zurecht, weil sie zuviel 
wollen und sich nicht zum Jasager entwickeln möchten. In der 
Freiberuflichkeit finden sie dann die Freiräume. Bei mir ist das so.

> 1) Können die Freiberufler ihre Situation nicht einschätzen? Können sie
> nicht rechnen?
Einige vielleicht, die meisten können aber schon "rechnen" und ihre 
Situation einschätzen.

> 2) Oder sind von denen, die es mal geworden sind, nur die fähigen
> Freiberufler übrig geblieben und deren positive Aussagen verzerrt die
> Realität? Weil die unfähigeren wieder Angestellte geworden sind?
Da könnte was dran sein. :D


> Oder sind die alle überbewertet? Profitieren sie davon, dass ihre
> Historie nicht bekannt ist?
Das ganz sicher nicht. Die Leistung ist ja nachprüfbar und wird nur 
honoriert, wenn sie auch kommt. Projekte, die jemand nicht ausführen 
kann, wird er auch kaum annehmen. Es hilft im also nichts, seine 
Projekthistorie zu schönen. Historie braucht der Angestellte, der sich 
ins gemachte Nest setzen möchte.

> Oder profitieren sie nur davon, dass die Firmen bei Projekten spendabel
> sind?
Das GANZ SICHER (nicht).

> Oder davon, dass die Firmen ein Chaos haben, die Führungspersonen Angst
> vor Kompotenz haben und gute Leute zwar brauchen, aber nicht im Team
> haben wollen?
Dreimal Ja, würde Herr Bohlen sagen.

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