DIY Reflow Ofen

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von Thomas G.

Einleitung

Vor Jahren noch, wurde zur Verbindung eines Nacktchips mit seinem endgültigen Gehäuse das Thermosonic-Bond-Verfahren angewendet. Hierbei wird ein Golddraht durch Ultraschall und Wärmeenergie derart an den Gehäusebeinchen und Nacktchip-Kontaktpads befestigt, dass eine elektrische Verbindung zwischen beiden entsteht. Dieses Verfahren wurde in den letzten Jahren vor allem in der vollautomatisierten Halbleiterindustrie durch Flip-Chip oder Tape-Automated-Bonding abgelöst. Dadurch entstanden immer kleinere und komplexere Chipgehäuse ohne herausgeführte Beinchen wie z.B. QFN- oder BGA-Packages. In der Industrie sind automatisierte Lötverfahren heutzutage nicht mehr wegzudenken, damit lassen sich diese abstrakten Gehäuseformen ohne Probleme löten. Die meisten dieser Verfahren lassen sich unter dem Oberbegriff „Reflow-Soldering“ zusammenfassen. Der Begriff „Reflow“ stammt aus dem englischen Sprachraum und kann frei mit „wieder flüssig“ ins Deutsche übersetzt werden. Reflow-Soldering beschreibt demnach ein Verfahren, bei dem zumeist SMD-Bauteile durch „wieder-flüssig“ machen von Lotpaste auf einer Leiterplatte verlötet werden, wobei eine mechanische und elektrische Verbindung entsteht.

Motivation

Als Hobby-Bastler stößt man bei seinen Projekten schnell an Grenzen, wenn man im Datenblatt liest, dass der benötigte Chip leider nur in einem unmöglichen Gehäuse zur Verfügung steht. Eines Tages bin auch ich an diesem Punkt angelangt und die Idee für einen eigenen Reflow-Ofen war geboren. Natürlich war ich sofort im Forum unterwegs und habe mich erkundigt, ob sich schon einmal jemand mit diesem Thema beschäftigt hat. Ein Großteil der Leser wird jetzt sofort an die Threads über zweckentfremdete Pizza-Öfen denken, und auch ich bin damals auf diese aufmerksam geworden. Da mich die meisten Lösungen nicht wirklich zufrieden stellten, habe ich meinen eigenen Plan entwickelt, den ich euch in den nächsten Kapiteln etwas näher bringen möchte.

Konvektion vs. Infrarot

Allgemein verläuft ein Reflow-Soldering-Prozess nach folgendem Schema. Die Leiterplatte wird durch externe Wärmeenergie auf die Schmelztemperatur der aufgetragenen Lotpaste gebracht. Diese beginnt zu schmelzen und benetzt die Kontaktpads des Bauteils und der Leiterplatte. Nach dem Abkühlen erstarrt das Lot und bildet eine mechanisch stabile und elektrisch leitende Verbindung. Der Eintrag der Wärmeenergie kann dabei durch Infrarote Strahlung oder/und hohe Umgebungstemperatur (Wärme-Zwangskonvektion) geschehen.

Die bereits erwähnte Pizza-Ofen-Methode arbeitet im allgemeinen mit reiner Infrarotstrahlung ohne Luftzirkulation. Das hat den Nachteil, dass die zumeist schwarzen Bauteile stärker IR-Strahlung aufnehmen, als die Stopplack bezogene, meist grüne Leiterplatte. Die Regelung der Löttemperatur erweist sich dann als schwieriges Unterfangen, da diese, je nach Sensorposition unterschiedlich ist. Durch die Fehlende Luftzirkulation bilden sich leicht Hotspots, welche zur Zerstörung der Platine führen können. Der Umbau eines Pizza-Ofens schied für mich also aus.

Eine andere Alternative bietet das Konvektionslöten. Hier wird die Umgebungsluft der Leiterplatte auf Schmelztemperatur der Lotpaste gebracht. Damit erreicht man eine gute Regelbarkeit des Prozesses. Außerdem erwärmen sich Bauteile und Leiterplatte relativ homogen, sodass keine Hotspots entstehen können. Ein Nachteil des Verfahrens ist die schlechte Wärmeleitfähigkeit von Luft. Die Energie der Heizelemente kann nur schwer an die Umgebungsluft abgegeben werden. Durch Vergrößerung der Heizelemente Oberfläche, ähnlich einem Heizkörper, könnte man diesen Nachteil kompensieren. Ich wollte jedoch herkömmlich Heizelemente aus einem Minibackofen verwenden, sodass ich mich für eine Kombination von IR-Strahlung und Konvektion entschieden habe.

Brennkammer

Nachdem mich die Idee, einen komplett neuen Reflow-Ofen zu bauen nichtmehr losgelassen hatte, begann ich mir Gedanken über die neue „Brennkammer“ zu machen. Die Grundlage für meinen Eigenbau bilden 2 Minibacköfen von Silvercrest. Einen der Öfen hatte ich mir zum Test bestellt. Nachdem der Eigenbau begonnen hatte, habe ich mir einfach noch einen bestellt ;). Jeder Ofen hat Ober- und Unterhitze mit insgesamt 4 Heizelementen a 320 Watt. Der neue Ofen wird also insgesamt über eine Heizleistung von 2,5kW verfügen. Wichtig für die zukünftige Zwangskonvektion sind die ebenfalls vorhandenen Umluftmotoren.

Link veraltet: Link zum Minibackofen

Entwicklung

Bei der Entwicklung stand ich zunächst vor dem Problem, dass eine 2,5 kW Heizung bestehend aus Quarzheizern, natürlich eine Menge IR-Strahlung emittieren. Ich hatte mich zwar für eine Kombination aus IR- und Konvektionslöten entschieden, jedoch sollte das Verhältnis in etwa 50:50 ausfallen. Um die Einflüsse der IR-Strahlung zu dämpfen und Hotspots zu vermeiden, hatte ich die Idee, die Heizelemente über eine Metallplatte von der Leiterplatte abzugrenzen. D

Einige Test mit den Öfen zeigten, dass die Heizleistung für den 15Liter großen Garraum nicht ausreicht, um einen zufriedenstellenden Temperaturanstieg generieren zu können ( an diesem Punkt habe ich den 2 Ofen bestellt, Heizleistung kann man nur durch noch mehr Heizleistung ersetzen ). Die Umluftfunktion brachte auch nicht das Ergebnis, welches ich mir erhofft hatte. Der Motor saugte die Luft aus der Mitte heraus und wieder an den Heizelementen vorbei. Ich wollte lieber, das die Luft von den Heizelementen abgesaugt wird und dann die Leiterplatte passiert. Außerdem hätte einer der Öfen für die von mir gesetzten Anforderungen sehr aufwendig umgebaut werden müssen, weshalb ich mich entschied, eine komplett neue „Brennkammer“ zu entwerfen. Die Heizelemente und Umluftmotoren werden weiterverwendet, der Rest kommt auf den Schrott.

Abbildung 1: Prinzip der neuen Brennkammer --- [1] Schematische Darstellung der Leiterplatte [2] Abschirmung der Heizelemente zur Leiterplatte [3] Heizelemente [4]u.[5] Temperaturmesspunkte

Abbildung 1 zeigt den Prinzipaufbau der neuen Brennkammer. Diese ist so konstruiert, dass zweiseitige Leiterplatten in einem Prozessschritt gelötet werden können. Dafür befinden sich Heizelemente [3] ober- und unterhalb der Leiterplatte. Um die IR-Strahlung der Heizelemente zu dämpfen sind diese über eine Metallplatte [2] von der Leiterplatte abgeschottet. Für die Zwangskonvektion sind 2 Umluftmotoren eingebaut. Die Prozesstemperatur wird später an den Punkten [4] und [5] gemessen.

Funktion der Zwangskonvektion: Die Luft im inneren der Brennkammer wird durch die Heizelemente erwärmt. Jeder Umluftmotor zieht die warme Luft um die Heizelemente herum ab. Diese wird nun teils wieder an die Heizelemente abgegeben, oder an der Leiterplatte vorbei geleitet, um diese zu erwärmen. So entsteht eine ständige Zirkulation der Luft um Leiterplatte und Heizelemente.

Konstruktion

Zuerst wurde die Brennkammer am PC entworfen, um Fehler schneller erkennen zu können und den Materialeinsatz so gering wie möglich zu halten. Dazu wurden die Heizelemente, Umluftmotoren und die neuen Lüfterräder als 3D-Bauteil erstellt. Danach folgte die Modellierung des neuen Aufbaus. Die wichtigste Anforderung an die Dimensionen, war eine maximale Platinengröße von 160x100mm. Ausserdem sollte ausreichend Platz für die Heizelemente zur Verfügung stehen, um eine ausreichende Zirkulation zu garantieren.

Das Grundgerüst bildet ein Metallgehäuse aus 1mm starkem Blech. Die Kammer wird aus 6 Einzelteilen zusammengesetzt. Bei diesem Aufbau können die Einzelteile einfacher hergestellt werden. Um die Kammer nach außen zu isolieren wurde 1cm starkes Isoplan 1100 verwendet. Hierbei handelt es sich um spezielles Dämmmaterial für Temperaturen bis 1100°C. Laut Datenblatt ergibt sich bei 300°C Innentemperatur der Kammer eine Außentemperatur der Isolierung von 100°C. ( Nach meinen bisherigen Erfahrungen wird dieser Wert aber bei Lötprozessen von max. 10 Minuten nie erreicht. )

Damit die Zwangskonvektion auch so arbeitet, wie von mir gedacht, mussten auch die alten Lüfterräder durch neue ersetzt werden. Diese sollten aus leichtem Aluminium entstehen und einfach auf die alten Motoren montiert werden. Die Abmessungen wurden so gewählt, dass beiden Lüfter zusammen in etwa 90% der Höhe der Brennkammer abdecken können.

Bau

Die 3D-Software bietet die wunderbare Möglichkeit, aus den 3D-Blechteilen einfache 2D-Zeichnungen zu erstellen. Dieses Feature wurde genutzt, um die Konstruktionszeichnungen der Einzelteile zu generieren. Die zuvor bestimmten Biegeparameter meiner zur Verfügung stehenden Abkantbank wurden bereits bei der Konstruktion im Programm hinterlegt und wurden bei der Erstellung der Konstruktionszeichnungen mit berücksichtigt.

Die Einzelteile wurden erst grob ( mit 2-3mm Zugabe ) aus dem 1x2m großen Rohblech herausgeschnitten. Anschließend folgte der Zuschnitt auf die exakten Abmessungen. Danach wurden die Bohrungen für die nötigen Löcher angezeichnet. Dazu wurden die Zeichnungen in Maßstab 1:1 ausgedruckt, anschließend auf das zugeschnittene Blech gelegt und einfach die angezeichneten Bohrungen „durchgekörnt“ ( Abbildung 4 ). Ist für meine Anwendung genau genug und erspart mir eine Menge Arbeit. Das Biegen der Teile erfolgte dann mit einer 1m langen Abkantbank. Der Biegeradius ist mit 2mm relativ groß, aber stört dank der 3D-Konstruktion nicht wirklich. Abbildung 5 und 6 zeigen einige der fertigen Einzelteile. Nach diesem Arbeitsschema wurden auch die restlichen Teile bearbeitet. Das Fertige Gerüst ist in Abbildung 7 zu sehen.

Nach der Fertigstellung der Kammer wurde diese zusammengefügt und das Isolationsmaterial befästigt. Anschließend folgten erste Temperaturtest ( Abbildung 8 ) mit einem provisorischen Testaufbau, bestehend aus einem ATMega8, Solid-State-Relais S202 S12, PT1000 + Verstärkerschaltung und einigem Vogelfutter. Dabei wurde sowohl die Temperaturmessung an sich, als auch die Wärmeverteilung und der Temperaturanstieg gemessen. Gut zu erkennen ist eines der neuen Lüfterräder + Umluftmotor.

Aus dem Test ergab sich ein gutes Temperaturverhalten, sowie gute Wärmeverteilung. Ausserdem konnte die Wirksamkeit der Isolierung bestätigt werden.

Um eine Korrosion zu unterbinden, wurde die Kammer anschließend wieder demontiert und mit hitzefestem weißem Hitzeschutzlack grundiert ( Abbildung 9 ). Anschließend wurde die Brennkammer und die Isolierung wieder mit hilfe von Nieten zusammengefügt ( Abbildung 10 ). Zur Abdichtung der Isolierung wurde Hitzefestes Silikon verwendet. Abbildung 11 zeigt die fertig lackierte und montierte Brennkammer, wie sie im Ofen zur Anwendung kommt.

Gehäuse

Zeitgleich mit der Brennkammer wurde natürlich auch das neue Gehäuse entwickelt. Als Material kommt hier das bereits verwendete 1mm starke Metallblech zum Einsatz. Als besonderes Feature für meinen Ofen, habe ich mir eine elektrische Schublade ausgedacht. Wenn der Ofen schon komplett neu gebaut wird, dann will ich nicht jedes Mal die Platine mit der Hand aus der Brennkammer herausfahren. Des Weiteren musste eine Abkühlung für Ober- und Unterseite entworfen werden, da die Brennkammer auch zweiseitige Platinen unterstützt. Genügend Platz für die nötige Elektronik musste ebenfalls zur Verfügung stehen.

Konstruktion

Wie auch schon die Brennkammer, wurde auch das Gehäuse zuerst am PC entworfen. Hier ist der Materialaufwand noch größer, sodass Fehler noch mehr ins Geld gehen. Außerdem konnte das Gehäuse so besser um die Brennkammer herum entwickelt werden.

Den Mittelpunkt des Gehäuses bildet natürlich die Brennkammer. Eigentlich sollte diese noch mit Dämmwolle zum Gehäuse hin isoliert werden, weshalb hier 3 cm Platz zur Seite und nach Oben gelassen wurde ( Abbildung 12 und 13 ). Somit standen Breite und Höhe des Gehäuse fest. In der Testphase hab ich mich dann aber von dieser Idee entfernt, da die Isolierung der Brennkammer ausreichend ist.

Die Tiefe wurde vorwiegend durch die automatische Schublade vorgegeben. Dieser musste zum einen genügend Platz zum Herausfahren zur Verfügung stehen und zum anderen sollte genug Freiraum zur Platzierung der Platine bestehen. Als Linearführungen habe ich mich für einfache Teleskopschienen entschieden, diese sind Preiswert und erfüllen vollkommen ihr Aufgabe. Der Antrieb erfolgt über einen kräftigen Gleichstrommotor mit Ritzel und Zahnstange. Diese Lösung ist Robust und mit einfachen Mitteln zu realisieren.

Zur Abkühlung der Platine habe ich mich für einfache PC-Lüfter entschieden. Nachdem die Platine fertig gelötet wurde, fährt die Schublade in eine Position, wo diese sich Ober- und Unterhalb der Platine befinden. Nachdem die Platine fertig abgekühlt ist, fährt die Schublade dann in die Endposition und die Platine kann entnommen werden. Damit stand ich vor dem Problem, dass die oberen Lüfter die einfache Platzierung der Platine behindern. Als Lösung für das Problem, wurden auch diese auf 2 Teleskopschienen montiert. Nun können die Lüfter einfach „zur Seite geschoben werden“ wenn die Platine eingelegt wird. Als Anschauungsobjekt wieder einige 3D-Bilder aus der PC-Software.

Abbildung 14 und 15 stellen das 3D-Gehäuse noch ohne obere Lüfter dar.

Bau

Wie auch schon bei der Brennkammer wurden die technischen Zeichnungen aus dem 3D-Programm heraus generiert. Die Bearbeitung des Bleches erfolgte analog dazu. Nach dem Provisorischen Zusammenbau und dem anpassen der Schublade und der dazugehörigen Endschalter und Antriebstechnik, wurden die Teile grundiert und anschließend Lackiert.

Wie auch schon bei der Brennkammer wurden die technischen Zeichnungen aus dem 3D-Programm heraus generiert. Die Bleche wurden zuerst wieder grob mit einem Winkelschleifer ausgeschnitten und anschließend mit einer Handhebelschere fein zugeschnitten. Da die Gehäuseteile auf keine A4-Seite passen, wurden die wenigen Bohrungen mit der Hand angezeichnet und gebohrt ( Abbildung 16 und 17 ). Die Blechteile wurden anschließend einzeln mit der Abkantbank gebogen ( Abbildung 18 ) und provisorisch mit M3-Schrauben zusammengefügt um die Passgenauigkeit zu überprüfen ( Abbildung 19 ).

Die Kanten der Öffnungen für die Schublade, die zusätzlich auch vom Anwender mit den Händen passiert werden, wurden umgebördelt damit keine Quelle für Verletzungen entsteht. Dazu wurde das Blech mit einem entsprechenden Gegenstück an der Bördelkante in einen Schraubstock eingespannt ( Abbildung 20 ). Nun konnte die Kante ganz leicht mit einem Gummihammer umgebogen werden. Das Resultat ist in Abbildung 21 zu sehen.

Abbildung 22 zeigt das teilweise montierte Gehäuse mit Schublade. Das Grundgerüst der Schublade bilden 1mm starke und 15mm breite Aluminiumprofile, die vorn, mit Winkeln zusammengeschraubt wurde. Da ich nur einen Motor verwenden möchte, müssen beide Seiten gleichzeitig bewegt werden. Außerdem muss die Schublade immer noch in den Ofen fahren können, deshalb entschied ich mich für diesen Aufbau. In der Abbildung ist auch die Isolierung zu erkennen, die die Brennkammer abdichtet, wenn die Schublade komplett eingefahren ist. Diese wird vorn am Quersteg montiert ( Abbildung 23 ). Die Endschalter in Abbildung 23 dienen dazu, der Steuerung die aktuelle Position der Schublade mitzuteilen. Es gibt einen Rastpunkt für den Lötprozess ( nicht im Bild ), einen für die Abkühlzone und einen für die Endlage.

Die folgenden 4 Abbildungen zeigen den Bau der Abkühlzonen ober- und unterhalb der Platine. Zuerst wurden die Öffnungen für die Lüfter ins Blech geschnitten ( Abbildung 24 ). Anschließend wurde das Blech gebogen damit es seinen Platz im Gehäuse einnehmen kann ( Abbildung 25 ). Abbildung 26 und 27 zeigt die fahrbare obere Abkühlzone.

Für das Touchscreen musste ein Loch ins Gehäuse der oberen Abkühlzone gemacht werden ( Abbildung 28 ). Dazu wurden die Abmessungen mithilfe von Klebeband angetragen. Danach wurden die Ecken gebohrt und der Durchbruch mithilfe eines Dremels und einer Schleifscheibe realisiert. Als Display kommt das WINTEK WD-H3224V von Pollin zum Einsatz. Die Ansteuerung erfolgt über den Grafikcontroller von Benedikt, den ich auf eine 5x5cm Platine übertragen habe ( Abbildung 29 und 30 ). Abbildung 31 zeigt die Rohfassung des Reflow-Ofens.

Nachdem die Funktionsweise der Schublade, der Abkühlzone und des Displays überprüft und erfolgreich abgeschlossen wurden, wurde das Gehäuse wieder auseinander gebaut. Anschließend wurden die Teile mit Schleifer und Drahtbürste vom Flugrost befreit ( Abbildung 32 ). Um Korrosion zu vermeiden, wurden die Blechteile 2 mal mit Rostschutz grundiert ( Abbildung 33 ), danach folgte die Endlackierung.

Nach der Lackierung der Einzelteile wurde der Reflowofen wieder Zusammengebaut ( Abbildung 34 – 41 )

Hardware

Für die ordnungsgemäße Funktion des Ofens, ist natürlich auch einiges an Elektronik nötig. Die Aufgaben der Hardware umfassen:

  • Temperaturmessung
  • Displaykommunikation
  • Heizungsregelung
  • Drehzahlstellung (Lüfter Abkühlzone + Zwangskonvektion)
  • Schubladensteuerung

Temperaturmessung

Abbildung 42: Aufbau Temperaturmessfühler
Abbildung 43: Schaltplan - Temperaturmessung

Die Temperatur im inneren der Brennkammer wird durch 2 Sensoren ermittelt, diese befinden sich jeweils rechts oben und links unten in der Kammer. Zur Regelung der Temperatur wird einfach der Mittelwert der beiden Temperaturen ausgewertet. Ausserdem wird die Temperatur der Brennkammer-Isolierung gemessen, um einerseits Rückschlüsse auf die Gehäusetemperatur ziehen zu können und andererseits, um eine zu hohe Isolations-Temperatur zu vermeiden. Als Temperatursensoren kommen dabei PT1000 Widerstände zum Einsatz. Diese bieten neben Thermoelementen die einzige Möglichkeit, Temperaturen oberhalb von 200°C zu messen. PT1000 bedeutet, dass der Widerstand bei einer Temperatur von 0°C einen Widerstand von 1000 Ohm aufweist, PT steht für das verwendete Sensormaterial Platin. Die Sensoren wurden mithilfe einer Halterung, welche in Abbildung 42 zu sehen ist, in der Brennkammer befestigt. Zur Herstellung einer elektrischen Verbindung, wurden die Anschlüsse des Sensors mithilfe von Aderendhülsen an einem hitzefesten Kabel befestigt. Außerhalb der Brennkammer wurde dann ein 4-Adriges Kabel angelötet, um die verwendete 3-Leiter-Messung zu realisieren.

Bei der 3-Leitermessung, werden 2 Adern dafür benutzt, den Strom zum Sensor zu leiten. Die 3. Ader dient dazu, die Spannung am Sensor gegen Masse abzugreifen. Dadurch eliminiert man auf der einen Seite einen Teil des Spannungsfehlers der durch die Kabellänge entsteht und auf der anderen Seite sinkt der Schaltungsaufwand, da man keinen zusätzlichen Differenzenverstärker benötigt.

Da die Empfindlichkeit der Sensoren eher gering ist, bedarf es einer gesonderten Elektronik, um auswertbare Messergebnisse zu erhalten. Die verwendete Schaltung ist in Abbildung 43 dargestellt.

Die Nichtinvertierenden Verstärker links realisieren in Kombination mit den PT1000-Widerständen eine Konstantstromquelle. Der Strom kann dabei über die Formel

[math]\displaystyle{ I_{PT1000}=\frac{U_{OPVpositiv}}{R_{Ref}} }[/math]

berechnet werden. Als Referenzspannung ( UOPVpositiv ) werden gefilterte 5V verwendet. Da die Referenzspannung der PT1000 Schaltung identisch mit der des AD-Wandlers ist, hat eine Schwankung dieser keinen Einfluss auf das Messergebnis. Die Größe des verwendeten Konstantstromes sollte sorgfältig gewählt werden, auf der einen Seite ist die Empfindlichkeit umso höher, je größer der Messstrom ist. Andererseits erwärmt sich der Sensor dadurch selbst, was zu Fehlmessungen führen kann.

Im aktuellen Anwendungsfall kam es nicht auf ± 1°C an, weshalb ich mich für einen Messstrom von 500µA entschieden habe. Das ist ein guter Kompromiss zwischen hinreichender Empfindlichkeit und geringer Eigenerwärmung. Nebenbei bemerkt, die Nichtlineariäten und Offsetspannungen der Elektronik verfälschen das Messergebnis womöglich mehr, als die Eigenerwärmung des Sensors.

Der benötigte Referenzwiderstand ergibt sich aus

[math]\displaystyle{ R_{Ref}=\frac{U_{OPVpositiv}}{I_{PT1000}} =\frac{5V}{500{\mu}A} =10k\Omega }[/math]

Um den Messwert über den gesamten AD-Bereich skalieren zu können, steht neben den 3 Verstärkern für die Sensoren auch ein Verstärker mit festen Widerstandswerten bereit. Dieser „Simuliert“ die Ausgangsspannung der Sensoren bei einer Temperatur von 0°C. Die Instrumentenverstärker rechts bilden die Differenz der aktuellen Messspannung im inneren der Brennkammer und der simulierten Messspannung bei 0°C. Als Ergebnis erhält man die absolute Temperatur in der Brennkammer. Die Differenzpannung wird über die eingestellte Verstärkung auf 5V skaliert, um beim AD-Wandeln die größtmögliche Auflösung zu erreichen. Der dafür nötige Widerstand RG kann über die im Datenblatt gegebenen Formeln berechnet werden.

[math]\displaystyle{ V_{OUT}={G{\cdot}(V_{IN+}-V_{IN-})},\qquad R_G=\frac{80k\Omega}{G-5}, \qquad V_{IN+}={12,120k\Omega}{\cdot}{500{\mu}A}, \qquad V_{IN-}={11k\Omega}{\cdot}{500{\mu}A},\qquad V_{OUT}=5V }[/math]

VIN+ beschreibt die Spannung bei maximal zulässiger Temperatur, im aktuellen Anwendungsfall 300°C und VIN- die simulierte Ausgangspannung bei 0°C. Durch umstellen und einsetzen erhält man

[math]\displaystyle{ R_G=\frac{{80k\Omega}{\cdot}(V_{IN+}-V_{IN-})}{V_{OUT}-5{\cdot}V_{IN+}+5{\cdot}V_{IN-}}=20363\Omega }[/math]

Für den Widerstand wurde ein Wert von 21kΩ gewählt


Datenblatt AD8223 - Instrumentenverstärker

Datenblatt LMC6484 - Vierfach OPV

Datenblatt PT1000 Sensor


Displaykommunikation

Abbildung 44: Schaltplan - Display
Abbildung 45: Anzeige der Prozessparameter

Wie bereits erwähnt, kommt als Display, das WINTEK WD-H3224V von Pollin zum Einsatz. Damit man besser vom Display ablesen kann, wurden die Orange/Roten Hintergrund-LED´s durch Weiße ersetzt. Das Display dient dazu, wichtige Prozessparameter wie Temperatur und Zeit anzuzeigen und auch visuell darzustellen. Zusätzlich wird der integrierten Touch als HMI ( Human Machine Interface ) verwendet, um beispielsweise die Reflow-Parameter ändern zu können. Das Display verfügt leider über keinen integrierten Grafik-Controller, sodass man auf Zusatzhardware zurückgreifen muss. Die Arbeit hat mir Benedikt in seinem Projekt "Grafikfähiger LCD Controller für 320x240 LCD mit 4 Graufstufen" schon abgenommen, vielen Dank für deine erstklassige Arbeit.

Die Schaltung habe ich auf das verwendete Display angepasst. Dazu wurde der Displayanschluss über eine FFC-Buchse realisiert. Die Konstrastspannung von ca. 21V wird über einen Step-Up-Converter aus den 5V Betriebsspannung generiert. Die Schaltung findet Platz auf einer 5x5cm Platine. Das Layout ist nicht ganz optimal, aber es funktioniert. Der modifizierte Schaltplan ist in Abbildung 44 dargestellt.

Zusätzlich wurde der Quellcode um speziell für den Ofen erstellte Funktionen erweitert, damit nicht soviel Daten zwischen Display und Reflow-Steuerung ausgetauscht werden müssen. Dadurch steigt die Verarbeitungsgeschwindigkeit und ein flüssiger Bildlauf entsteht.


Link zum Thread "Grafikfähiger LCD Controller für 320x240 LCD mit 4 Graufstufen"

Datenblatt Step-Up-Converter LT1615





Reflow-Steuerung

Abbildung 46: Schaltplan - Controller+Peripherie

Die Schaltung um den Mikrocontroller bildet das Herzstück des Reflow-Ofens. Von hier wird der gesamte Prozessablauf gesteuert. Der Mikrocontroller wird mit einer Taktfrequenz von 8MHz betrieben. Die daraus resultierende Verarbeitungszeit ist für die Zeitkonstanten des Ofens ausreichend schnell. Versorgt wird die Schaltung von einem externen Netzteil mit 12V und 5V.

Die Solid-State-Relais der Heizungssteuerung werden über Dig. Transistoren geschalten, das reduziert die Verlustleistung im Mikrocontroller und sichert ein zuverlässiges Schalten.

Zur Auswertung des Touchscreens wird das ext. Interrupt 0 genutzt. Dazu wird YNegativ über einen Komperator an INT0 geschalten. Der Komperator dämpft lässtige Störimpuls, mit denen ich zu kämpfen hatte und beeinträchtigt mit seinem hohen Eingangswiderstand nicht die Koordinatenmessung. Wie die Auswertung des Touch-Feldes funktioniert, wird im Kapitel Software erklärt.

Der im Mega168 integrierte ADC wird zur Temperaturmessung als auch zur Touchscreen Auswertung genutzt.

Um dem Nutzer bestimmte Zustände anzeigen zu können, wurde ausserdem ein Magnetischer Summer vorgesehen. Dieser signalisiert beispielsweise eine Touch-Berührung oder das Ein- und Ausfahren der Schublade.


Datenblatt Komparator MCP65R41

Datenblatt Dig.Transistor PDTC143

Datenblatt Mega168


Schubladen, Lüfter und Heizungsregelung

Abbildung 47: Schaltplan - Antriebssteuerung

Die Heizelemente werden von 2 Solid-State-Relais gesteuert. Dabei wird die integrierte Null-Durchgangs-Detektion genutzt, um eine Wellenpaketsteuerung zu realisieren. Anders als beim Phasenanschnitt entstehen dabei keine lässtigen Oberschwingungen, weil keine steilen Flanken generiert werden. Zur Steuerung der Heizleistung werden innerhalb einer Sekunde eine bestimmte Anzahl von Schwingungen "durchgeschalten". Da die Zeitkonstante der Heizstäbe sehr hoch ist, kann man davon ausgehen, dass die Leistung in etwa dem Mittelwert der "durchgeschaltenen" Schwingungen entspricht.


[math]\displaystyle{ Heizleistung\;in\;% =\frac{durchgeschaltete\;Schwingungen}{Netzfrequenz} }[/math]


Die Lüfterdrehzahl der Abkühlzonen wird über PWM und externen MOSFET gesteuert.

Für den Antrieb der Schublade wird der Gleichstrommotor über den IC L293 angesteuert. Damit lässt sich sowohl die Drehzahl des Motors steuern, als auch die Drehrichtung wechseln, damit die Schublade vor- und rückwärts fahren kann.

Die verwendete Schaltung ist in Abbildung 47 dargestellt.


Datenblatt Solid-State-Relais S202 S02

Datenblatt L293

Software

Die Software bildet neben der Hardware, die 2te wichtige Säule für die zuverlässige Funktion des Ofens.

Die wichtigsten Aufgaben der Software sind:

  • Temperaturmessung
  • Auswertung des Touchscreens
  • Visualisierung von Prozessparametern auf dem Display
  • PWM-Generierung für Lüfter und Motor
  • PI-Regler zur Temperaturregelung
  • Leistungssteuerung der Heizelemente

Programmablauf

Abbildung 48: Programmablauf

Die Steuerung des Ofens arbeitet in gewissem Sinne wie ein Zustandsautomat. Für jede Situation indem sich der Ofen befindet, wurde im Mikrocontroller ein dazugehöriger Zustand hinterlegt, der beschreibt, welche Aufgaben zu erledigen sind. Insgesamt werden 6 Zustände beschrieben.

  • TOUCH_CALC: In diesem Unterprogramm werden die Kalibrierungswerte des Touchscreens neu eingelesen und im EEPROM hinterlegt, damit nicht jedes mal beim einschalten des Ofens eine neue Kalibrierung erfolgen muss. Dafür muss der Nutzer 3 Kalibrierungspunkte berühren, aus denen anschliessend die nötigen Werte berechnet werden.
  • GET_PROFIL: In diesem Zustand kann der Nutzer zwischen dem Bleihaltigen oder dem Bleifreien Profil wählen. Dazu werden dem Anwender, 2 verschiedene Button auf dem Display angezeigt. Mithilfe des Touchscreen, kann dieser dann eine Auswahl treffen. Im Anschluss werden die Profildaten aus dem EEPROM gelesen und im Flash gespeichert.
  • WAIT_PROFIL: Im "Wait_Profil-Zustand" ist der Ofen immer dann, wenn kein Reflow-Prozess im Gange ist. Es werden ausschließlich die Temperaturwerte der Isolierung und der Brennkammer auf dem Display angezeigt. Ausserdem kann der Ofen nur in diesem Zustand "heruntergefahren" werden und auch ein neuer Reflow-Prozess startet ausschließlich in diesem Zustand.
  • GO_HOT_PROFIL: Wie der Name vllt. vermuten lässt, befasst sich dieser Zustand mit dem heißen Teil des Reflow_Prozesses. Wird ein neuer Auftrag vom Nutzer erteilt, springt das Programm in diesen Zustand. Zu beginn, wird die Schublade eingefahren. Anschlißend beginnt der Ofen mit dem Abfahren des Profils anhand der hinterlegten Grenzwerte. Dazu wird die Heizleistung über einen PI-Regler ermittelt und gestellt. Die dafür nötigen Temperaturwerte werden dem Hauptprogramm jede Sekunde über eine Interrupt-Service-Routine zur Verfügung gestellt.
  • GO_COLD_PROFIL: Wenn der heiße Teil des Reflow-Prozesses vorbei ist, wechselt das Programm in den "Go_Cold_Profil" Zustand. Hier wird zunächst die Schublade herausgefahren und über den Lüftern positioniert. Anschließend wird die vom Nutzer gewählt Anzahl von Abkühlstufen abgefahren. die Lüfterdrehzahl steigt in jeder Abkühlstufe linear an, bis dann in der letzten Stufe die maximale Drehzahl erreicht ist. Im Anschluss wechselt das Programm dann wieder in den "Wait_Profil" Zustand.
  • SHUTDOWN: Der "Shutdown" Modus dient dazu, den Ofen auf das trennen der Netzspannung vorzubereiten. Dieser Zustand kann nur unter bestimmten Bedingungen eingenommen werden, z.B. wenn die Temperatur der Brennkammer ausreichend gering ist. Wir der Zustand gewählt, so fährt die Schublade vollständig in die Brennkammer ein. Damit im Ruhezustand, nichts in die Brennkammer hineingelangen kann. Anschließend kann der Ofen vom Netz getrennt werden.

Touchscreen

Abbildung 52: Interruptfolge Touchauswertung

Die Software zur Auswertung des Touchscreens basiert auf der App-Note AVR341 von Atmel. In der Beschreibung wird erklärt, wie das Touchscreen beschalten werden muss, um mit dem Analog-Digital-Wandler die Koordinatenpaare einlesen zu können.

Xpositiv Xnegativ Ypositiv Ynegativ
Standby GND Hochohmig ( Eingang ) Hochohmig ( Eingang ) Hochohmig ( Eingang + Pull Up )
X-Koordinate GND VDD Hochohmig ( Eingang ) ADC ( Eingang )
Y-Koordinate Hochohmig ( Eingang ) ADC( Eingang ) GND VDD

Zum lesen der X-Koordinate wird Xnegativ auf High gesetzt, und Xpositiv auf Low. Beide Pins müssen dabei als Ausgang konfiguriert sein, damit sie den erforderlichen Strom liefern können. Anschließend wird Ypositiv auf Eingang geschalten und die Spannung an Ynegativ gemessen. Dieser Wert repräsentiert nun die X-Koordinate. Für die Y-Koordinate werden nun Ypositiv und Ynegativ mit einer Spannung beaufschlagt und der Wert an Xnegativ gemessen. Xpositiv muss dabei wieder als Eingang konfiguriert werden.

Von der Erfassung einer Berührung bis zur Bestimmung der Koordinaten-Paare erfolgt alles Interruptgesteuert. Zur Kommunikation mit dem Hauptprogramm stehen dem Nutzer 2 Flag´s zur Verfügung. Das NEW_PIXEL_FLAG signalisiert dem Nutzer ein neu eingelesenes ADC-Paar. Das TOUCHED_FLAG hingegen ist high, solange der Touchscreen berührt wird, maximal aber nur 1 Sekunde nach Detektion der Berührung.

Die folgenden PAP´s sollen euch den Ablauf etwas besser verdeutlichen.

Zur Kalibrierung des Touchscreens muss der Nutzer 3 Kalibrierungspunkte berühren. Mit den ersten beiden Punkten wird eine lineare Regression durchgeführt, jeweils für X und Y. Anschließend kann mit der berechneten Funktion die zur Berührung gehörige Displaykoordinate berechnet werden. Der 3. Punkt dient dazu, die Regressionsergebnisse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und Fehler beim Anschluss des Touchscreens aufzuschließen.

App-Note AVR341

Lötprozess

Fazit

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