Leiterbahnabstände

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Vorsicht bei Arbeiten mit Netzspannung!

Sicherungen nicht vergessen, Berührungsschutz nicht vergessen, euer Versicherungsschutz erlischt bei Arbeiten mit Netzspannung.

Alle Angaben ohne Gewähr!

Die angegebenen Abstände sind Mindestabstände, mehr ist besser.

Es sind in der Tabelle die Abstände für Leiterplatten angegeben, diese können u.U. direkt am Bauteil kleiner sein. Eventuell müssen beim Einlöten die Anschlusspins auseinander gebogen sein. Bei Steckern, bei denen dies nicht möglich ist, ist sofort vom Anschlusspin auf den erforderlichen Mindestabstand auseinander zu routen. Lötstopplack ist keine Isolierung. Zusätzlicher Isolierlack schadet nicht, vorher Platine gründlich reinigen und entfetten. Wer lackiert o.ä. sollte unten angegebene Abstände nicht verringern. Es heißt schließlich Mindestabstände. Auch ist zu beachten, daß u.U. andere, höhere als in der Tabelle angegebene Werte gültig sein können. Dies ist von einer Vielzahl weiterer Faktoren abhängig. Beispielsweise hängt die Mindest-Luftstrecke u.a. von der Höhe über Normal-Null ab. Prinzipiell gilt, dass ab ca. 2000m andere, höhere Werte gelten. Auch kennen verschiedene Normen unterschiedliche Verschmutzungsgrade, mal nur drei, mal aber vier. Es ist gegebenenfalls sehr schwierig, zu ermitteln, welche Norm/Tabelle im konkreten Anwendungsfall die gültige ist. Die Abstände gelten, wenn nicht anders angegeben, zwischen den Leitern, nicht gegen Erde, Gehäuse, PE. Auch hier gelten höhere Werte. Die Abstände gelten auch in Innenlagen bei mehrlagigen Boards, es sei denn, man kann durch Temperaturwechseltests nachweisen...

Falls ihr jetzt denkt: "Da steigt doch keiner mehr durch!", kann euch mindestens einer der Autoren dieses Artikels versichern, dass auch gestandene Prüfer in offiziellen Normeninstituten erst einmal einen Moment innehalten müssen und überlegen, was denn jetzt gerade zutrifft. Manche Sachen sind ganz einfach interpretationsabhängig (eigentlich unglaublich bei diesem Thema).

Die Werte in den Tabellen gelten nicht für 'Papier'platinen.

Gängige Normen

Allgemein gilt:

  • DIN - Deutsches Institut für Normung
  • EN - Europäische Norm
  • IEC - Norm der International Electrotechnical Commission

Dabei sind zumindest bei den neueren Normen die Nummern identisch, d.h. "DIN 60071" entspricht "EN 60071" entspricht "IEC 60071". Das ist aber nicht immer so.

  • MIL-Std 275 B - US Standard, eigentlich fürs Militär, wird aber auch sonst oft herangezogen/zitiert, wichtigste US-Norm, auch oft für Industrie gefordert, enthält auch Angaben über Mindestleiterbahnbreiten etc.
  • DIN EN 60071 (VDE 0111) - Begriffe und Grundsätze der Isolationskoordination
  • DIN EN 60664 (VDE 0110) - Isolationskoordination für elektrische Betriebsmittel in Niederspannungsanlagen
  • DIN 7735 (VDE 0318) - VDE-Bestimmung für die Schichtpreßstoff-Erzeugnisse Hartpapier, Hartgewebe und Hartmatte; enthält Mindestwerte für die Spannungsfestigkeit; zurückgezogen
  • DIN 53480 (VDE 0303-1) - Bestimmung der Kriechstromfestigkeit; zurückgezogen
  • DIN 53481 (VDE 0303-2) - Bestimmung der Durchschlagsfestigkeit; zurückgezogen
  • DIN EN 60112 (VDE 0303-11) - Verfahren zur Bestimmung der Prüfzahl und der Vergleichszahl der Kriechwegbildung von festen, isolierenden Werkstoffen
  • DIN EN 60243 (VDE 0303-21,22,23) - Elektrische Durchschlagfestigkeit von isolierenden Werkstoffen
  • DIN EN 60893 (VDE 0318) - Isolierstoffe - Tafeln aus technischen Schichtpressstoffen auf der Basis warmhärtender Harze für elektrotechnische Zwecke
  • DIN EN 50124 (VDE 0115-107) - Bahnanwendungen - Isolationskoordination; Zusammenhang zwischen Isolierstoffgruppen und CTI-Wert
  • DIN EN 50178 (VDE 0160) - Ausrüstung von Starkstromanlagen mit elektronischen Betriebsmitteln
  • DIN EN 60065 (VDE 0860) - Audio-, Video- und ähnliche elektronische Geräte - Sicherheitsanforderungen
  • DIN EN 60204 (VDE 0113) - Sicherheit von Maschinen - Elektrische Ausrüstung von Maschinen
  • DIN EN 60335 (VDE 0700) - Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke; u.a. Batterieladegeräte
  • DIN EN 60601 (VDE 0750) - Medizinische elektrische Geräte
  • DIN EN 60730 (VDE 0631) - Automatische elektrische Regel- und Steuergeräte für den Hausgebrauch und ähnliche Anwendungen
  • DIN EN 60950 (VDE 0805)- Einrichtungen der Informationstechnik; sie sollte bei Schaltungen mit Microcontrollern zuständig sein. Diese Norm greift aber in Ermangelung anderer, spezifischerer Normen oft, z. B. bei Schaltnetzteilen! Warum gerade SNT keine extra Norm haben, ist mir ein Rätsel.
  • DIN EN 61010 (VDE 0411) - Sicherheitsbestimmungen für elektrische Mess-, Steuer-, Regel- und Laborgeräte
  • DIN EN 61800-5-1 (VDE 0160-105-1) - Elektrische Leistungsantriebssysteme mit einstellbarer Drehzahl - Anforderungen an die Sicherheit - Elektrische, thermische und energetische Anforderungen

Verlage für Normen

  • Beuth Verlag
  • VDE Verlag
  • FED.de

Obige Normen käuflich zu erwerben lohnt sich im Normalfall für Privatanwender nicht. Sie sind leider richtig teuer. Man kann im Internet aber herausfinden, welche Inhalte die Normen haben und wofür sie prinzipiell zuständig sind.

Es gibt auch benannte Auslegestellen, wo die Normen kostenfrei eingesehen werden können. http://www.beuth.de/scr/auslegestellen Dies sind meist Hochschulbibliotheken. Beachten: hier können nur Kopien einzelner Seiten gemacht werden, wenn überhaupt.

Begriffe

  • Betriebs-Scheitelspannung: bei jeder Wellenform ist das der Scheitelwert. Bei überlagerter Gleich~ & Wechselspannung wird der Maximalwert des Wechselspannungsanteils eingerechnet.
  • Effektive Betriebsspannng: gemessener Effektivwert, ohne transiente Überspannungen, diese Transienten fließen in die Überspannungskategorie ein
  • Luftstrecke: kürzeste Verbindung, nicht entlang einer Oberfläche. Die Luftstrecke ist abhängig von der Betriebs-Scheitelspannung (!).
  • Zusatz-Luftstrecken in Primärstromkreisen:<<<---zu vervollständigen
  • Kriechstrecke: kürzeste Verbindung entlang einer Oberfläche. Kriechstrecken können auf Platinen leicht durch Bohrungen/Schlitze erhöht werden. Gern gemacht bei SNTen. Die Kriechstrecke ist abhänging von der effektiven (!) Betriebsspannung.

Luft- & Kriechstrecken dürfen durch leitfähige Teile (ohne Potentialbezug!) unterbrochen sein. Dann wird jedoch die Summe der Teilabschnitte (die Strecken ohne leitfähige Unterbrechungen) zusammen gerechnet. Die Teilabschnitte dürfen dabei bestimmte Mindestmaße nicht unterschreiten, siehe DIN EN 60664-1 Abschnitt 6.2 Messung der Luft- und Kriechstrecken.

  • Verschmutzungsgrad:
    • Verschmutzungsgrad 1 - keine oder nur trockene , nichtleitfähige Verschmutzung
    • Verschmutzungsgrad 2 - nur nichtleitfähige verschmutzung, die nur zeitweise leitfähig wird durch Kondensation, wird in den Innenlagen von Leiterplatten angenommen, Verschmutzungsgad 1 nur nach Temperaturwechseltests
    • Verschmutzungsgrad 3 - leitfähige Verschmutzung oder nichtleitfähige, welche durch zu erwartende Kondensation leitfähig wird.
  • Funktionsisolierung: Isolierung nur für ordnungsgemäße Funktion, bietet keinen Schutz
  • Basisisolierung: Isolierung zum grundlegenden Schutz
  • Verstärkte Isolierung: eine einzige Isolierung die den gleichen Schutz bietet wie doppelte Isolierung (muß keine homogene Isolierung sein, darf aus mehreren Schichten bestehen)
  • Betriebsisolierung: veralteter Begriff für Funktionsisolierung
  • doppelte Isolierung: besteht aus Basis~ und zusätzlicher Isolierung
  • zusätzliche Isolierung: unabhängige (von der Basis~) zusätzliche Isolierung, zusätzlich zur Basisisolierung, die Schutz bietet bei Versagen der Basisisolierung (z.b. vorgeschrieben bei Schutztrafos)
  • Transiente Überspannung: Hiermit werden vor allem kurzzeitige Spannungsspitzen durch Schaltvorgänge (oder Blitzeinschläge) bezeichnet. Diese Transienten sind für manche Tests genormt. Es macht einen Unterschied, ob ein Gerät in einem Haushalt (hinter relativ langen Leitungen, Zähler, Sicherungverteilung) oder direkt in der Versorgung des EVU angeschlossen ist. Beim EVU sind die Transienten viel höher, dort gelten dann höhere Werte (z. B. 6,8 mm Abstand zu PE, 2,5mm Leiter-Leiter bei normaler Netzspannung).
  • Interpolation zwischen den Spannungen: Teilweise darf zwischen den Spannungswerten interpoliert werden, aber nicht immer. Dann ist der nächsthöhere Wert aus der Tabelle zu nehmen. Meist darf erst bei höheren Spannungen interpoliert werden. Es wird dabei grundsätzlich auf volle Millimeter aufgerundet.

Überspannungskategorien

DIN EN 60664/VDE 0110 klassifiziert bestimmte Bereiche, an die ein elektrisches Gerät angeschlossen werden kann, nach ihrer Gefährdung bezüglich möglicher auftretender Überspannungen (Transienten). Dabei werden vier Kategorien festgelegt, die man häufig auch bei Messgeräten wiederfindet (CAT I ... CAT IV) um anzugeben, in welchem Bereich diese Messgeräte benutzt werden dürfen.

Kategorie I

Kategorie mit der niedrigsten Absicherung gegen Überspannung. Geräte, die an feste elektrische Installation angeschlossen werden und bei denen (entweder in der festen Installation oder dazwischen geschaltet) Maßnahmen getroffen wurden, um Überspannungen zu begrenzen.

Beispiel: ein Gerät, das an ein Labornetzteil angeschlossen ist.

Kategorie II

Geräte, die an die feste elektrische Installation angeschlossen werden und die selbst Vorkehrungen gegen Überspannungen in dieser Installation treffen.

Beispiel: praktisch alle Haushaltgeräte; das Labornetzteil des vorigen Beispiels

Kategorie III

Geräte, die Bestandteil der festen Installation sind. Diese Kategorie soll ebenfalls angewendet werden für Geräte, deren Funktion wie bei Kategorie II definiert ist, aber die eine erhöhte Ausfallsicherheit gegen Überspannungen erreichen sollen.

Beispiel: Steckdosen, Schalter, Leitungsschutzschalter, fest montierte elektrische Maschinen

Kategorie IV

Geräte, die an oder in der Nähe der Einspeisung der festen elektrischen Installation eines Gebäudes eingesetzt werden.

Beispiel: Elektrizitätszähler, Überstromschutzschalter

Schutzklassen von Geräten

Schutzklasse 0

Schutz nur durch Basisisolierung, d.h. i.a. Gehäuse aus Isolierwerkstoff mit Mindestdicke überall mindestens Basisisolierung

Schutzklasse 0I

Gehäuse aus Isolierwerkstoff, welches die Basisisolierung bildet, + schutzleiteranschlussklemme aber ohne Schutzleiter in der Anschlussleitung

Schutzklasse I

Schutz hängt nicht nur von der Basisisolierung ab, sondern zusätlicher Schutz durch Schutzleiter in der Anschlußleitung

Schutzklasse II

kein Schutzleiter, aber doppelte oder verstärkte Isolierung zusätzlich zur Basisisolierung

Schutzklasse III

Schutz durch Kleinspannung(<50V AC ; <120V DC)

Geräte mit Schutzklasse 3 arbeiten mit Sicherheitskleinspannung oder Schutzkleinspannung (SELV/PELV)

Isolierstoffgruppen

Ermittlung der Isolierstoffgruppe
Isolierstoffgruppe Einteilung nach CTI
I CTI >= 600
II 600 > CTI >= 400
IIIa 400 > CTI >= 175
IIIb 175 > CTI >= 100

CTI – comparative tracking index - Vergleichszahl der Kriechwegbildung

Die Isolierstoffgruppe/CTI wird nach IEC 60112 ermittelt (mittels Tropftest). Ist diese unbekannt, ist grundsätzlich IIIb anzunehmen.

Isolierstoffgruppen verschiedener Materialien

  • FR4 - 175-200
    • Sofern nicht explizit aus einem Datenblatt eines Herstellers ein genauerer Wert hervor geht, sollte man von 170 und damit Gruppe IIIb ausgehen, um auf der sicheren Seite zu bleiben. Bungard gibt für sein Material 205 an. (Quelle: http://www.bungard.de/downloads/ipc4101d.pdf)
  • PTFE - >600
  • Phenolharz ("Pertinax"): 125
  • Polyimid, Kapton: 150
  • FR4 Typ KF: 400
  • PE-LD, PE-HD (Polyethylen): 600
  • Polyesterharz: 600

(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kriechstromfestigkeit)

Mindestkriechstrecken bei Leiterplatten

angelehnt an IEC60950

Mindestkriechstrecken [mm]
Effektive
Betriebsspannung
[V]
Isolierstoffgruppe
I, II, IIIa, IIIb I, II, IIIa
Verschmutzungsgrad
1 2
10 0,025 0,04
12,5 0,025 0,04
16 0,025 0,04
20 0,025 0,04
25 0,025 0,04
32 0,025 0,04
40 0,025 0,04
50 0,025 0,04
63 0,040 0,063
80 0,063 0,10
100 0,10 0,16
125 0,16 0,25
160 0,25 0,40
200 0,4 0,63
250 0,56 1,0
320 0,75 1,6
400 1,0 2,0
500 1,3 2,5
630 1,8 3,2
800 2,4 4,0
1000 3,2 5,0


Zur Tabelle Mindestkriechstrecke:

Ist die Mindestkriechstrecke kleiner als die zugehörige Mindest-Luftstrecke, ist Letztere zu benutzen.

Mindestabstände nach MIL Std 275 B [mm]
Spannung
[V]
I A I B II III IV
50 0,381 2,032 0,660 0,381 0,559
51-100 1,575 0,762
51-150 0,660 2,032 0,559
101-170 3,17 1,524
171-250 6,35 3,17
151-300 1,575 3,17 0,762
251-500 12,70 6,35
301-500 3,17 7,62 1,524
>500 0,0076/V 0,0152/V 0,025/V 0,0051/V 0,0127/V
  • I - ohne Schutzüberzug bis 3048m
  • II - ohne Schutzüberzug über 3048m
  • III - mit Schutzüberzug bis 3048m
  • IV - mit Schutzüberzug ab 3048m
  • A - saubere Umgebung
  • B - schmutzige/staubige Umgebung

Als anerkannter Schutzüberzug ist in den DIN-Normen nur Epoxydharz angegeben. Wie es sich beim MIL Std verhält, ist noch zu ermitteln.

Praktische Anwendung

In Arbeit, Angaben ohne Gewähr!

Grundlage: DIN EN 60664-1

Mindestabstände [mm]
Spannung Überspannungs-
kategorie
Verschmutzungs-
grad
Isolierstoff-
gruppe
Luftstrecke Kriechstrecke Hinweis
230V~ Netz II 2 III 1,5mm zwischen L und N,
3mm zwischen L/N und Schutzkleinspannung
2,3mm zwischen L und N,
5mm zwischen L/N und Schutzkleinspannung
ohne Schutzlack, bis 2000m über NN
230V~ Netz III 2 III 3mm zwischen L und N,
6mm zwischen L/N und Schutzkleinspannung
3mm zwischen L und N,
6mm zwischen L/N und Schutzkleinspannung
ohne Schutzlack, bis 2000m über NN
230V~ Netz II 2 III bitte ergänzen bitte ergänzen mit Schutzlack,
bis 2000m über NN
230V~ Netz III 2 III bitte ergänzen bitte ergänzen mit Schutzlack,
bis 2000m über NN
230V~ Netz II 1 III bitte ergänzen bitte ergänzen Innenlage (Multilayer),
bis 2000m über NN
230V~ Netz III 1 III bitte ergänzen bitte ergänzen Innenlage (Multilayer),
bis 2000m über NN

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