Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Einfluss der Betriebsspannung bei OPVs auf Signalqualität


von Thomas B. (escamoteur)


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Hi,

bisher hatte ich bei meinem Mischpult die OPVs mit +-5V betrieben. Da 
nun ein Symmetrischer Eingang dazukommt, dessen OPVs mit +-15V betrieben 
werden würde ich gerne wissen, ob es sinnvoll ist alle OPVs in der 
Signalkette mit +-15V zu betreiben.

Bringt eine höhere Betriebesspannung eine bessere Signalqualität mit 
sich?

Gruß
Tom

von Pothead (Gast)


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Theoretisch im Gegenteil. Durch die begrenzte Slew Rate brauchts bei 
höheren Spannungen länger bis zur Vollaussteuerung (wenn alle anderen 
Parameter unverändert bleiben). Aber ob es einen hörbaren Effekt hat 
bezweifle ich. Wichtiger ist die PSRR und wie sauber die 
Betriebsspannung ist.

von HildeK (Gast)


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Ob sich die Signalqualität verbessert, kann ich nicht sagen.
Aber für Audioanwendungen kann man folgende Betrachtung ansetzen:
Nominaler Pegel wäre 1Veff, also rund 1.5Vpeak. Gleichzeitig hat man 
gerne eine Aussteuerungsreserve mit mindestens 10dB. Das sind dann schon 
fast 5Vp und ein mit +-5V versorgter OPA kommt an die Grenze.
Wenn das Eingangssignal von einem höher versorgten OPA kommt, dann muss 
man damit rechnen, dass auch hohe Spitzen im Signal drin sind, die dann 
beschnitten werden.
Wenn du die Möglichkeit hast, würde ich die +-15V-Versorgung empfehlen.

von Wilhelm F. (Gast)


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Thomas Burkhart schrieb:

>Bringt eine höhere Betriebesspannung eine bessere
>Signalqualität mit sich?

Ich habe gerade mal das Datenblatt der TL071/072/074 von TI 
aufgeschlagen, um mir die Kennlinien anzusehen.

Zwischen minimaler und maximaler Betriebsspannung sind da kaum 
Unterschiede zu betrachten. Was man bei maximaler Betriebsspannung hat, 
ist wohl ein entsprechend größerer Spannungshub an Ein- und Ausgängen.

Die meisten Schaltungsteile im OP sind durch Konstantstromregler 
ausgeregelt, und funktionieren über alle Betriebsspannungen damit gleich 
gut.

Das einzige, was man sich einhandelt, ist eine höhere Verlustleistung. 
Und die erwärmt den Baustein, und beeinflußt ihrerseits Rauschen, 
Eingangsströme, damit Offset, und ein paar weitere Parameter.

Beim CA3130 z.B., wird empfohlen, evtl. einen Kühlkörper aufzukleben. 
Bei Erwärmung in üblichen Temperaturbereichen, geht die schöne 
Eingangsimpedanz gleich um mehrere Zehnerpotenzen herunter.

Verbesserungen meiner Ausführungen sind natürlich sehr willkommen, da 
mich solche Dinge auch stets interessieren.

von Thomas B. (escamoteur)


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Zum Verständnis: Wenn ich einen Signalpegel von +5V an einen OPV mit 
Verstärkung 1 lege der mit +-15V betrieben wird, gibt dieser einen Pegel 
von 5V aus?

Die höhere Betriebsspannung ist nur für große Verstärkungen wichtig?

Gruß
Tom

von mhh (Gast)


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Thomas Burkhart schrieb:
> Zum Verständnis: Wenn ich einen Signalpegel von +5V an einen OPV mit
> Verstärkung 1 lege der mit +-15V betrieben wird, gibt dieser einen Pegel
> von 5V aus?

Ja.


Thomas Burkhart schrieb:
> Die höhere Betriebsspannung ist nur für große Verstärkungen wichtig?

Nein, sondern für hohe Pegel.

von Thomas B. (escamoteur)


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mhh schrieb:
> Thomas Burkhart schrieb:
>> Die höhere Betriebsspannung ist nur für große Verstärkungen wichtig?
>
> Nein, sondern für hohe Pegel.

Du meinst damit jetzt hohe Eingangspegel?

Wenn ich hohe Ausgangspegel haben will, spielt die Verstärkung doch auch 
eine Rolle.

Gruß
Tom

von Jens G. (jensig)


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Verstärkung alleine bestimmt nicht den Ausgangspegel, sondern 
Verstärkung mal Eingangspegel, was dem Ausgangspegel entpricht. Die 
Betriebsspannung bestimmt also, wie hoch der Ausgangspegel max. werden 
kann. Das gilt eigentlich auch für den Eingangspegel, der idR. nicht 
höher sein darf als die Betriebsspannung.

von Thomas B. (escamoteur)


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Wenn ein nachgeschalteter Audio IC nur eine geringere Betriebsspannung 
und Eingangspegel hat, wie passe ich dann das Audio Signal am besten an 
ohne die Tonqualität zu veringern?

von MaWin (Gast)


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> Bringt eine höhere Betriebesspannung eine bessere
> Signalqualität mit sich?

Dazu gibt es ein ganz klares JA.

Designkriterium für klassische Mischpulte mit klassischen IC (also 
solche, die mit den 30V auch klarkommen) war:

Nutze nur das mittlere Drittel der Versorgungsspannung, also von -5V bis 
+5V, für beste Linearität.

Nachgemessen hab ich's nie, aber es gibt natürlich mehrere Hinweise: Die 
Strombegrenzung der Chips knickt an den Betriebsspannunggrenzen ein und 
nur im mittleren Beriech ist voller Strom möglich. Die Eingänge haben 
einen begrenzten common mode Bereich, bei durfte man nicht näher als 
2.5V an die Versorgungsspannung ran.

von Kai Klaas (Gast)


Angehängte Dateien:

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>bisher hatte ich bei meinem Mischpult die OPVs mit +-5V betrieben. Da
>nun ein Symmetrischer Eingang dazukommt, dessen OPVs mit +-15V betrieben
>werden würde ich gerne wissen, ob es sinnvoll ist alle OPVs in der
>Signalkette mit +-15V zu betreiben.

Auf jeden Fall!

Bei Mischpulten ist die Aussteuerungsreserve extrem wichtig. Die 
bekannten "Mackie" Mischpulte arbeiten mit +/-16V, manche sogar mit 
+/-18V (siehe Anhang).

Kai Klaas

von Thomas B. (escamoteur)


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Wow, was ein Schaltplan!

Aber was mache ich, wenn ich in meinem Signalpfad einen Audio-IC 
verwenden möchte, der z.B. nur mit 7,5V Betrieben wird? Mit was für 
Pegeln muss ich denn hinter einem Mikrofonvorverstärker wie diesem hier

http://www.elv-downloads.de/service/manuals/Mikrofonvorverstaerker/37136-Mikrofonverstaerker.pdf

rechnen?

Ich würde gerne diesen Klanregelbaustein von ST verwenden:

http://www.st.com/stonline/products/literature/ds/6607/tda7439ds.pdf

Gruß
Tom

von MaWin (Gast)


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> Ich würde gerne diesen Klanregelbaustein von ST verwenden:

Was willst du da noch falsch machen ?

Bei Signalen über 2V RMS hat er bereits Verzerrungen um 0.3%,
da ist es ziemlich schnurz wie schlecht die umgebenden OpAmps
noch sind. An +5V / -5V tun's da selbst TL071 (die 3V "kosten"
also nur von +2V bis -2V übertragen).

von Kai Klaas (Gast)


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Oh, wie ich diese Schaltungen liebe:
1. Schirmanbindung mit der Signalmasse, sodaß alle Störungen auf dem 
Schirm direkt in die Schaltung gelangen (Pin1 Problem).
2. ESD an den Eingängen zwar geblockt, aber direkt in die Schaltung 
"geschossen".
3. Kein Tiefpaß-Filter an den Eingängen, die Störungen über 5MHz 
filtert, also dort, wo der Kabelschirm beginnt für HF löcherig zu 
werden.

Der Schirm gehört an das geerdete Gehäuse angeschlossen. ESD-Absorber 
müssen ESD ebenfalls direkt zum geerdeten Gehäuse ableiten können. 
Ebenso die HF-Filter, diese werden direkt an der Buchse zum geerdeten 
Gehäuse geführt.

>Aber was mache ich, wenn ich in meinem Signalpfad einen Audio-IC
>verwenden möchte, der z.B. nur mit 7,5V Betrieben wird?

Zusätzliche Versorgungsspannung erzeugen und Signal vor dem Chip 
herunterteilen.

>Mit was für Pegeln muss ich denn hinter einem Mikrofonvorverstärker wie
>diesem hier
>
>http://www.elv-downloads.de/service/manuals/Mikrof...
>
>rechnen?

Mit jedem bis zur Aussteuerungsgrenze, was wohl rund 13...14Vs sein 
dürfte.

Kai Klaas

von Ralph B. (rberres)


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In einen Kanalzug eines Mischpultes kann man in der Praxis nicht genug 
Aussteuerungsreserven haben. Alle semiprofessionelle und professionelle 
Mischpulte arbeiten mit mindestens +- 15 Volt Betriebsspannung. Die 
wirklichen Studiomischpulte sogar mit +-20Volt.

Der Fader eines jeden Kanales liegt immer elektrisch am Ende des 
Kanalzuges. Danach folgt kein aktives Element mehr.Wenn man jetzt noch 
bedenkt das Klangsteller im Kanalzug oft +-15db Einstellbereich und mehr 
haben, ist ein Headroom von 20db wirklich kein Luxus. Das ist eben nur 
mit hohen Betriebsspannungen realisierbar.

Diese Modeerscheinung aktuelle Audio-Ics nur noch für 5V zu 
dimensionieren, zielt rein auf die Konsumtechnik ab und wird in der 
profesionellen Studiotechnik niemals eingesetzt. Leider scheint der 
Markt zu klein für die Halbleiterhersteller , um hochwertige Audio-Ics 
für hohe Betriebsspannungen neu zu entwickeln.

Ralph Berres

von Pothead (Gast)


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Die Aussteuerungsanzeige ist ja putzig gelöst...Himmel hilf!

von Thomas B. (escamoteur)


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Kai Klaas schrieb:
> Zusätzliche Versorgungsspannung erzeugen und Signal vor dem Chip
> herunterteilen.

D.h. runterteilen im Verhältnnis der Versorgungsspannungen?

Für den Ausgang dann wieder die OPVs auf hohe Spannung und entsprechende 
Verstärkung verwenden, damit man wieder auf ähnliche Pegel kommt?

Gruß
Tom

von Ralph B. (rberres)


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Thomas Burkhart schrieb:
> D.h. runterteilen im Verhältnnis der Versorgungsspannungen?

Das knappert aber dann am Dynamikumfang. Weil das Rauschen der Stufe mit 
niedriger Betriebsspannung wird hinterher auch wieder verstärkt.

Ralph Berres

von Thomas B. (escamoteur)


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Weist Du ne Alternative wenn ich eine Klangregelung haben will, die von 
einem µC gesteuert werden kann und am liebsten in einem Chip?
Gruß
Tom

von Thomas B. (escamoteur)


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Kai Klaas schrieb:
> Oh, wie ich diese Schaltungen liebe:

Hi Kai,

hast Du eine bessere Schaltung, die nicht gleich so aufwendig wird wie 
Dein Mackie Mischpult?

Gruß
Tom

P.S.: @Kai: Würd Dich ja gerne mal direkt kontaktieren, aber Du bist ja 
nicht registriert :-(

von Ralph B. (rberres)


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Thomas Burkhart schrieb:
> Weist Du ne Alternative wenn ich eine Klangregelung haben will, die von
>
> einem µC gesteuert werden kann und am liebsten in einem Chip?

Variostatefilter dessen Stellglieder durch OTAS ersetzt worden sind. Die 
lassen sich dann mit Gleichspannungen steuern.

Mit Variostatefiltern lassen sich sehr gut parametrische Klangeinsteller 
bauen, bei denen Mittenfrequenz , Bandbreite und Grad der Anhebung 
vollkommen unabhängig voneinander einstellbar sind. Sie finden in jedem 
besseren Mischpult Anwendung. OTAs sind Operationsverstärker, dessen 
Ausgangswiderstand sich mit einer Gleichspannung stufenlos steuern 
lassen.

Sie sind allerdings mit etwas Vorsicht zu geniesen. Auserdem geht die 
Qualität der steuernde Gleichspannung direkt in die Signalqualität ein.

Ralph Berres

von Thomas B. (escamoteur)


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Hmm, da neige ich ja fast dazu, wieder drei Potis zu verwenden.

Hast Du zufällig ne nicht zu Aufwendige Schaltung für eine 3-Band 
Regelung mit Potis?

Gruß
Tom

von Ralph B. (rberres)


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Schaue mal unter

http://www.rainers-elektronikpage.de/html/radio_rim.html

Da sind auch aus den 70ger Jahren Schaltungen für 3Band Klangregler zu 
finden.

Die Jungs von Radio Rim waren sowiso damals sehr rege gewesen, was die 
Entwicklung von Audioschaltungen betrifft.

Ralph Berres

von Kai Klaas (Gast)


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>Hast Du zufällig ne nicht zu Aufwendige Schaltung für eine 3-Band
>Regelung mit Potis?

Schau mal hier (figure 11):

http://www.maxim-ic.com/app-notes/index.mvp/id/1176

mit dem AD5290 oder AD5293, der kann +/-15V.

>Die Jungs von Radio Rim waren sowiso damals sehr rege gewesen, was die
>Entwicklung von Audioschaltungen betrifft.

Glücklich ist der, der einen alten RIM-Katalog aufgehoben hat.

Kai Klaas

von Ralph B. (rberres)


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Kai

Ich habe noch einige von den alten Rim Kataloge. Aber schaue mal unter
http://www.rainers-elektronikpage.de/html/radio_rim.html
Da sind viele Bauanleitungen von Rim zu finden.

Ralph Berres

von Kai Klaas (Gast)


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>Ich habe noch einige von den alten Rim Kataloge. Aber schaue mal unter
>http://www.rainers-elektronikpage.de/html/radio_rim.html
>Da sind viele Bauanleitungen von Rim zu finden.

Ja, super, habe ich schon zu meinen Favoriten hinzugefügt...

Kai Klaas

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