Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Projekt da, dann weg, dann wieder da, jetzt komplett weg


von unbekannter Freiberufler (Gast)


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Was im Moment im Projektgeschäft abgeht, ist kaum noch in Worte zu 
fassen.

Das Neueste: Die Kunden bremsen erst den Vermittler, dann mich und dann 
sich selber aus.

Da kriege ich doch vor 6 Wochen von der Firma S. in Reutlingen ein 
Angebot zur Mitarbeit in einem stuttgarter Unternehmen für 
Herz-Lungen-Maschinen, das dann nach einige Diskussion vor 3 Wochen nach 
Vorlage meines Profil abgesagt wurde. Das Projekt ist damit offenbar 
weg.

Aber: Sim-salabim:

Vor 2 Wochen kommt von der Firma H. in Stuttgart aber dasselbe 
Tätigkeitsprofil nochmal und diesmal werde ich von Kunden (angeblich) 
angenommen und ein Vorstellungstermin geplant. Das Projekt ist also 
(wieder ?) on stack, wie der BWLer sagt.

Aber: Sim-salabim-bamba-saladusa-ladim, der Termin wird aber wieder 
abgesagt, weil der Kunde intern besetzen will.

Am nächsten Tag ruft der Vermittler von S. in Reutlingen an und bietet 
mir das Projekt wieder an. Der Kunde habe sich nun für mich entschieden. 
Aha, die übliche Nummer: Firma H. ist wie immer zu teuer und man will 
mich über den billigeren Anbieter beschäftigen.

Jetzt ist das Projekt also doch wieder da! Dumm, dass ich den 
Kindergarten satt hatte und mir was anderes gesucht habe. Seit 1.9. 
beglücke ich einen andere Projektgeber in derselben Branche.

Der Vermittler ist sehr erstaunt darüber, dass ich das grossartige 
Angebot nicht angenommen habe und der Kunde war es angeblich auch.

Der HLM-Fabrikant muss jetzt wieder auf die Suche gehen und soll 
hausintern schon eine über die Rübe bekommen haben, warum es mit dem 
dringend benötigten Personalersatz nicht klappt. Dringend benötigt wird 
dort offenbar in der Tat, denn einige Entwickler sollen gekündigt haben.

Wieder mal ein treffendes Beispiel dafür, dass es keinen Ingenieurmangel 
gibt, sonder die Firmen nach wie vor zu wählerisch sind und zuviel 
Auswahl haben. Das Ergebnis ist, dass sich Bewerbungsprozesse ewig 
hinziehen, viele Kosten versachen, die die Preise hochtreiben und den 
Gewinn für alle senken. Die Freiberufler verbringen immer noch zuviel 
Zeit mit Projektsuchen. Wenn sich Projektgeber schneller entscheiden 
würden, könnte diese Zeit in Arbeit fleissen.

Wenn ich mal rechne, dass jeder Freiberufler in D im Jahr nur zwei 
Wochen an Suchen und Fahrerei einspart, würde sich die verfügbare 
Arbeitnehmermenge um 4% erhöhen, was jeden Mangel sofort beseitigt.

von Wurm (Gast)


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Wie lange sucht man denn um ein Projekt zu bekommen?

Das wäre ja mal interessant zu wissen um zu sehen wieviel Aufwand die 
Leihbuden bzw. Vermittler und Hunter haben.

von Wolfgang H. (Gast)


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Hi, unbekannter,

> Was im Moment im Projektgeschäft abgeht, ist kaum noch in Worte zu
> fassen.
Im Moment? Im internationalen Geschäft mit Anlagenprojekten kommt noch 
die Devisenfrage dazu. Immer wieder jubelt einer zu früh, ich solle die 
Long lead items schon mal auf meine Kosten bestellen, der Auftrag sei 
nun fix, die eine fehlende Unterschrift werde garantiert noch kommen...

Bei HLM ging es um eine Entwicklung? Der Hersteller H. hat seine 
Kostenstruktur verbessert durch Abbau von Entwicklern, muss nun fremde 
einkaufen und ihm schwindelt vor den Kosten und vor allem vor den 
Risiken?
Selber schuld. Wie will er denn noch die Wartung und Garantie 
sicherstellen, wenn er Dich als leitenden Entwickler wieder 
verabschiedet hat?
Wer der Entwicklung kündigt, der kündigt seine Produktlinie ab und darf 
noch mehr Kosten sparen durch Kündigungen in Vertrieb, Service und vor 
allem Vorstand. Soll er doch vom Markt verschwinden und diesen den 
besseren Firmen überlassen.

> Wieder mal ein treffendes Beispiel dafür, dass es keinen Ingenieurmangel
> gibt, sonder...
Für ein eigenes Urteil fehlen mir glaubhafte Informationen. Die 
Herausgeber der Zahlen haben ihre Glaubhaftigkeit verloren. Der Verlust 
an Glaubhaftigkeit geht auf Gersters Trick zurück, als er die 
Arbeitskräftevermittlung vom Arbeitsamt auf freischaffende Kuppler 
transferierte. Das hat sich als Schwindel entlarvt.

Mir scheint, auch das Personalwesen hat versagt. Es hat sich verführen 
lassen auf das dünne Eis der Reduzierung der Menschen auf 
Kompetenzträger und die Illusion, man könne die zeitgerecht beliebig 
einkaufen und die seien "ohne Einarbeitungszeit" sofort zu 100% 
einsetzbar.

Ciao
Wolfgang Horn

von Harald (Gast)


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Wurm schrieb:
> wieviel Aufwand die
>
> Leihbuden bzw. Vermittler und Hunter haben.

Pro Projektstelle sichtet meine Firma angeblich 10-15 Profile von 5-8 
Dienstleistern, die sich bei genauerer Betrachtung aber nur als 4-7 
verschiedene Leute entpuppen :-)

Von denen werden dann 3 eingeladen und zwar in der Reihenfolge, wie sie 
passen, sofern sie billig genug sind. Nur wenn da keiner dabei ist, 
kommen erst die teuren wieder hinzu, dann die billigeren und schlechter 
passenden.

von Don (Gast)


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Wolfgang Horn schrieb:
> Bei HLM ging es um eine Entwicklung? Der Hersteller H. hat seine
> Kostenstruktur verbessert durch Abbau von Entwicklern, muss nun fremde
> einkaufen und ihm schwindelt vor den Kosten und vor allem vor den
> Risiken?
> Selber schuld. Wie will er denn noch die Wartung und Garantie
> sicherstellen, wenn er Dich als leitenden Entwickler wieder
> verabschiedet hat?
> Wer der Entwicklung kündigt, der kündigt seine Produktlinie ab und darf
> noch mehr Kosten sparen durch Kündigungen in Vertrieb, Service und vor
> allem Vorstand. Soll er doch vom Markt verschwinden und diesen den
> besseren Firmen überlassen.

Ist hoffentlich nicht folgender Hersteller von HLM. Dem laufen nach 
Ankündigung der Standortverlagerung massenweise die Entwickler weg:

http://www.swp.de/hechingen/lokales/hechingen/Maquet-verlagert-260-Arbeitsplaetze;art1158605,794307

von Tom (Gast)


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ja,ja und sie suchen und suchen und suchen ...

die gesamte Standortverlagerungspolitik von Firmen ist doch nichts 
anderes, als die Reduktion von Mitarbeitern, ohne Abfindung zahlen zu 
müssen. Man verschiebt den Standort einfach ein paar 100km und dann 
kündigen die Mitarbeiter mit Familie schon von alleine.

von Wolfgang H. (Gast)


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Hi, Tom,

> die gesamte Standortverlagerungspolitik von Firmen ist doch nichts
> anderes, als...

Bitte zähme Deinen Zorn. Mag er auch seinen Grund haben, 
Pauschalierungen sind immer falsch. Immer :-).

Richtig ist schon, dass Mischkonzerne wie ITT in Verruf geraten sind und 
"Konzentration auf die Kernkompetenz" das aktuelle Erfolgsrezept heißt.
Ich bin nur froh, dass Aldi und Lidl es nur inkonsequent umsetzen, sie 
verkaufen immer noch mehr als nur ein einziges Produkt. Und das auch 
noch an mehr als nur einen Key Accout-Kunden...

Richtig ist auch, dass der Standort eines Unternehmens ein 
Produktionsfaktor ist, gelegentlich ein sehr wichtiger. 
Standortverlagerung zum Zweck des Personalabbaus aber wäre Blödheit, da 
gibt es billigere Wege.

Ciao
Wolfgang Horn

von edson (Gast)


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Harald schrieb:
> Pro Projektstelle sichtet meine Firma angeblich 10-15 Profile von 5-8
> Dienstleistern, die sich bei genauerer Betrachtung aber nur als 4-7
> verschiedene Leute entpuppen :-)

Warum suchen die sich denn nicht direkt Kontakte zu Freiberuflern? 
Manchmal hat man das Gefühl, dass ganze Firmen oder Personalabteilungen 
ihre Aufgabe mehr im jammern und bekriteln sehen denn im Anwerben guter 
Fachleute.

von Ingenieur (Gast)


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Personalabteilungen haben mit der Projektgewinnung nichts zu tun. Die 
werden von den Projektleitern sogar regelrecht umgangen, weil der 
einstellende Projektverantwortliche so selber jonglieren kann und einen 
guten nehmen kann, statt an dem Limit der Personalabteilung zu 
scheitern.

von Purzel H. (hacky)


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Man kann das Spielchen doch gut mitmachen. Und jedesmal wenn's wieder 
vorbeikommt ist man 50% teurer.

von Alex (Gast)


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> Man kann das Spielchen doch gut mitmachen. Und jedesmal wenn's wieder
> vorbeikommt ist man 50% teurer.

hehe ;), genauso müsste man es machen, nur leider gibt es meist welche, 
die sich noch billiger anbieten.

von Bertram (Gast)


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Wolfgang Horn schrieb:
> Richtig ist auch, dass der Standort eines Unternehmens ein
> Produktionsfaktor ist, gelegentlich ein sehr wichtiger.
In dem Fall des o.g. HLM-Produzenten aus dem real exisiterenden 
Hechingen ist der bisherige Standort aber ein günstiger gewesen, da 
ländlich angesiedelt und dennoch nahe der Grosstadt.

Es scheint andere Gründe zu geben:

Beitrag "Re: Ingenieurmangel bei GETINGE"

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