Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Schirmung 50Hz Metallbox, Wo Schirm anschließen?


von Das Atom :) (Gast)


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Hallo,

ich habe eine Hydrophon Verstärkerschaltung (Ladungsverstärker + 
Gainstufen mit insgesamt ~90dB Verstärkung, Eingangspegel ca. 30uVrms) 
entworfen und möchte nun den Frequenzgang messtechnisch erfassen. Der 
"naive" Ansatz auf dem Arbeitplatz hat zur Folge das über den sehr 
hochohmigen Eingang die 50Hz Netzspannung einkoppelt und ich am Ende der 
Verstärkerkette ein schönes 50Hz Rechteck erhalte.

Deswegen möchte ich die Schaltung nun Schirmen. Ich habe mir eine 
verschraubbare geschlossene Metallbox besorgt. Die Schaltung wird durch 
eine Batterie versorgt und ist komplett im Inneren der Box.

Eingangssignal (aus einem Funktionsgenerator) und Ausgangssignal (zum 
Oszilloskop)  möchte ich über BNC Buchen/Kabel hinein bzw. heraus 
führen.
Der Schirm der BNC Kabel liegt auf Masse.

Sollte ich nun die Box mit dem Schirm verbinden oder nicht? Ich tendiere 
eher dazu es nicht zu tun, damit Störsignale nicht auf meiner Masse 
liegen. Dafür müsste ich mir aber zunächst "isolierte" BNC Buchen 
besorgen...Haben die einen besonderen Namen? Ich habe bisher nur Buchsen 
komplett aus Metall, die das Gehäuse der Box automatisch mit der 
Schirmung verbinden würden.

Ich bin über jeden Hinweiß dankbar.

von iaoffline (Gast)


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Das Atom :) schrieb:
> Sollte ich nun die Box mit dem Schirm verbinden oder nicht?

Mit welchem? Die Box ist dein Schirm.

Das Atom :) schrieb:
> Ich tendiere
> eher dazu es nicht zu tun, damit Störsignale nicht auf meiner Masse
> liegen.

Auf Masse legen ist wie Erden. Macht man als Schutzmaßnahme bei 
gefährlichen Spannungen, hat aber mit Schirmen nichts zu tun. Deine 
Signale sind masselos (wg. deiner Batterie) das wieder aufheben macht 
meist keinen Sinn. Störungen bekommt man aber häufig nur mit probieren 
weg.

> Dafür müsste ich mir aber zunächst "isolierte" BNC Buchen
> besorgen...Haben die einen besonderen Namen?

Isolierte BNC Buchsen halt.

> Ich habe bisher nur Buchsen
> komplett aus Metall, die das Gehäuse der Box automatisch mit der
> Schirmung verbinden würden.

Nicht tun, die Isolation kannst du nachträglich immer aufheben, 
umgekehrt ist schwieriger.

von Schirmi (Gast)


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Zunächst brauchst du eine gute, d.h. niedrohmige und niederinduktive 
Masse zwischen allen Bereichen der Schaltung, am besten eine 
durchgehende und vollkommen unversehrte Massefläche auf der Platine.

Der Funktionsgenerator sollte ein erdfreies Signal liefern. Das macht 
den Anschluß einfacher und vermeidet Brummschleifen, wenn das Oszi schon 
geerdet ist. Das BNC-Kabel des Funktionsgenerators schließt du direkt an 
den Eingang deiner Schaltung an, also die Abschirmung mit der lokalen 
Signalmasse der allerersten Verstärkerstufe.

An diesen Punkt schließt du auch die Metallbox an, die die ganze 
Schaltung abschirmt. Damit ist die kapazitive Einkopplung in die 
allererste Verstärkerstufe minimal, weil das Metallgehäuse ja dann auf 
dem selben Potential liegt, wie die lokale Signalmasse der allersten 
Verstärkerstufe.

Das BNC-Kabel zum Oszi schließt du dagegen direkt am Ausgang deiner 
Schaltung an, also die Abschirmung dieses BNC-Kabels an die lokale Masse 
der Ausgangstufe deiner Schaltung an.

Das mit der Metallbox solltest du auch noch überdenken: Eine Schaltung 
mit einer solch hohen Verstärkung sollte auch noch Abschirmungen 
zwischen den einzelnen Verstärkerstufen haben, damit nicht Signale von 
den Ausgängen auf die Eingänge kapazitiv überkoppeln können. Es gibt 
dazu spezielle Gehäuse, wie man sie im Tunerbau verwendet. Dabei handelt 
es sich um durchgehende Weißblechgehäuse mit zusätzlichen inneren 
Wänden, die einzelne Kammern gegeneinander abschirmen können. Diese 
Wände und das ganze Gehäuse sind alle leitend miteinander verbunden. Das 
Weißblechgehäuse wird dann überall und an vielen Stellen mit der 
Signalmasse der Schaltung verbunden. So etwas wäre für deine Schaltung 
optimal.

von Das Atom :) (Gast)


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Schirmi danke für diese sehr verständliche Antwort!

Eine Funktionsgenerator der ein erdfreien Signal liefert habe ich mir 
glücklicherweise schon organisieren können.

Ich verwende allerdings einen single-supply Operationsverstärker. Die 
virtuelle Masse bilde ich mir aus einem einfachen Spannungsteiler. D.h. 
leider also, dass die Masse der 1. Stufe leider nicht besonders 
niederohmig ist.
Meinst du es ist trotzdem einen Versuch wert?

Die "echte" Masse habe ich im Layout als Massefläche in einer der beiden 
Innenlagen.

von Schirmi (Gast)


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>Ich verwende allerdings einen single-supply Operationsverstärker. Die
>virtuelle Masse bilde ich mir aus einem einfachen Spannungsteiler. D.h.
>leider also, dass die Masse der 1. Stufe leider nicht besonders
>niederohmig ist.

Verwende den Masseanschluß von C13.

>Die "echte" Masse habe ich im Layout als Massefläche in einer der beiden
>Innenlagen.

Sehr gut!

Führe die 3,3V Versorgungsspannung den Caps C1, C2, C8, C10, C16 und C17 
nicht direkt zu, sondern eventuell über zusätzliche Widerstände von 
10...47R (Wert ausprobiern). Das verhindert zusätzlich gegenseitige 
Verkopplungen.

von Das Atom :) (Gast)


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Dank dir.

"echte" Masse = GND
"virtuelle" Masse = VCC/2 der Spannungsteiler

Dem Signalgenerator muss ich nach meiner Vorstellung eine Masse 
"liefern" - in meinem Fall die VCC/2, damit das Signal um diesen 
Mittenwert schwingen kann. Also werde ich morgen mal folgendes 
probieren:

- Isolierende BNC Buchse für das Kabel vom Funktiongenerator zum 
Eingang, Verbindung von "virtueller" Masse zur floating Masse des 
erdfreien Generators.

- Gehäuse des Kastens wird mit "echter" Masse von C13 verbunden.

- Der Ausgang über nicht isolierende Buchse mit dem Ozzi verbinden. 
Hierbei wird die "echte" Masse auf dem Gehäuse verbunden der Masse des 
Ozzi. Sinnvoll?

Werde auf jeden Fall mal Feedback geben, was bei diesem Experiment 
herauskommt :)

Gute Nacht!

von Schirmi (Gast)


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>- Isolierende BNC Buchse für das Kabel vom Funktiongenerator zum
>Eingang, Verbindung von "virtueller" Masse zur floating Masse des
>erdfreien Generators.

Achso. Hhm, wozu brauchst du denn R17?? Kannst du den nicht weglassen? 
Warum schließt du denn das Hydrophone invertierend an?? Macht man das so 
mit diesem Teil?

>- Gehäuse des Kastens wird mit "echter" Masse von C13 verbunden.

Genau.

>- Der Ausgang über nicht isolierende Buchse mit dem Ozzi verbinden.
>Hierbei wird die "echte" Masse auf dem Gehäuse verbunden der Masse des
>Ozzi. Sinnvoll?

Nicht mit dem Gehäuse verbinden, sondern mit der lokalen, echten Masse 
vom Ausgang. Und dann "AC-Messung" beim Oszi drücken oder zusätzlichen 
Hochpaß am Ausgang einfügen.

von Das Atom :) (Gast)


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Danke nochmals :)

Die 200 Ohm habe ich aus "Angst" um die CMOS Eingänge durch 
Spannungsspitzen des Piezo erstmal eingebaut. Zwingend notwendig sind 
sie theoretisch nicht.

Die Schaltung der 1. Stufe ist für Piezos relativ üblich, siehe auch:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ladungsverst%C3%A4rker

von Schirmi (Gast)


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>Die 200 Ohm habe ich aus "Angst" um die CMOS Eingänge durch
>Spannungsspitzen des Piezo erstmal eingebaut. Zwingend notwendig sind
>sie theoretisch nicht.

Wie groß ist das Signal deines Hydrophons? Eventuell kannst du 
antiparallele Dioden an das Hydrophon schalten.

>Die Schaltung der 1. Stufe ist für Piezos relativ üblich, siehe auch:
>http://de.wikipedia.org/wiki/Ladungsverst%C3%A4rker

Für Hydrophone kenne ich eher die Schaltung, wie sie hier beschrieben 
ist:

http://cds.linear.com/docs/Datasheet/1113fb.pdf

Ein Grund dafür, es nicht invertierend zu machen, liegt in der 
Quellkapazität des Hydrophons begründet. Ist diese zu groß, wird so 
manche invertierende Schaltung durch die Phasendrehung (phase lag) 
instabil!

Wie groß ist denn die Quellkapazität deines Hydrophons? Hast du mal eine 
Stabilitätssimulation gemacht?

von Das Atom :) (Gast)


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Hi,

habe jetzt erst gesehen, dass du nochmal geantwortet hast. sorry.

Mein Hydrophon hat eine sehr geringe Kapazität von nur 110pF. Bei der 
von dir vorgeschlagenden Schaltung besteht als Nachteil die Abhängigkeit 
von Kabel und Eingangskapazitäten (die bei meiner geringen C_sensor sich 
deutlich bemerktbar machen). Deswegen habe ich mich für die 
invertierende Variante entschieden (Ladungsverstärker) und nicht für den 
nicht invertierenden Spannungsverstärker.

Leider habe ich es noch nicht geschafft ein Signal einzuspeisen. Die 
virtuelle Masse (die dann auch zur Masse des Generators wird) ist zu 
hochohmig - es werden wieder die 50Hz eingekoppelt. Ich will nun 
versuchen mit einem Spannungsfolger die virtuelle Masse abzugreifen und 
auf den Schirm zum Generator zu legen.

Grüße
Das Atom :)

von Purzel H. (hacky)


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Zuerst sollte beachtet werden, ob der Sensor, dh das Hydrophon ein 
Symmetrisches, oder asymmetrisches Signal liefert. Ist der Schirm 
symmetrisch, oder asymmetrisch ? Dass sollte man dann richtig 
weiterverarbeiten. Da wurde sicher eine Application Note mitgeliefert. 
Wenn man das schon falsch macht, war's das. Dann sollte man wissen, ob 
ein Hydrophon eine Stromquelle oder eine Spannungsquelle ist. Ich dachte 
eine Spannungsquelle, kann mich aber taeuschen. Das waere dann ein 
hochohmiger Eingang des Verstaerkers. Schau mal bei den Bauteilen LT1037 
& LT1028 rein. Ohne die ist bei solchen Appliktionen nichts.

von Schirmi (Gast)


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>Mein Hydrophon hat eine sehr geringe Kapazität von nur 110pF. Bei der
>von dir vorgeschlagenden Schaltung besteht als Nachteil die Abhängigkeit
>von Kabel und Eingangskapazitäten (die bei meiner geringen C_sensor sich
>deutlich bemerktbar machen).

Du hast ja wohl hoffentlich kein langes Kabel zwischen dem Hydrophon und 
dem Verstärker??? Das geht hier garnicht!

Die reine Eingangskapazität eines OPamps liegt im pF-Bereich und stört 
bei dieser Detektorkapazität noch nicht. Du kannst also ruhig einen 
Spannungsverstärker nehmen.

>Deswegen habe ich mich für die invertierende Variante entschieden
>(Ladungsverstärker) und nicht für den nicht invertierenden
>Spannungsverstärker.

Nicht so schnell. Beim Ladungsverstärker zwingst du dem Hydrophon durch 
die virtuelle Masse einen Kurzschluß zwischen den Ausgängen auf. Das 
Signal ist dann der Kurzschlußstrom! Bist du sicher, daß das Hydrophon 
für diese Betriebsart gebaut ist?

>Leider habe ich es noch nicht geschafft ein Signal einzuspeisen. Die
>virtuelle Masse (die dann auch zur Masse des Generators wird) ist zu
>hochohmig - es werden wieder die 50Hz eingekoppelt.

Ja, klar, 22µF macht 145R bei 50Hz.

>will nun versuchen mit einem Spannungsfolger die virtuelle Masse
>abzugreifen und auf den Schirm zum Generator zu legen.

Das würde ich nicht machen. Verwende lieber eine echte, bipolare 
Versorgungsspannung. Nur auf diese Weise bekommst du eine wirklich 
saubere und niedrohmige Masse. Verzichte auf Kabel jeglicher Länge am 
Eingang und schließe das Hydrophon direkt und unmittelbar an die erste 
Verstärkerstufe an.

Wenn zu wenig Platz ist, dann spendiere dem Hydrophon zumindest eine 
Verstärkerstufe, die direkt bei ihm sitzt und führe das Ausgangssignal 
dann niederohmig (eventuell symmterisch) zur weiteren Verstärkung.

von Das Atom :) (Gast)


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Schirmi schrieb:
> Du hast ja wohl hoffentlich kein langes Kabel zwischen dem Hydrophon und
> dem Verstärker??? Das geht hier garnicht!
>
> Die reine Eingangskapazität eines OPamps liegt im pF-Bereich und stört
> bei dieser Detektorkapazität noch nicht. Du kannst also ruhig einen
> Spannungsverstärker nehmen.

Ja das stimmt, leider ist eine Vorgabe sechs Silizium Dioden jeweils 
drei in einer Flussrichtung direkt nach dem Hydrophon zwischen den 
Anschlüssen einzubauen. Grund ist ein "ausfallsicherer" 
Überspannungsschutz der Schaltung. Die Sperrschichtkapazitäten machen 
ca. 30pF aus, also sind bei 100pF Kapazität des Hydrophons die 
Sensitivität um 30%...Das möchte ich vermeiden.

Schirmi schrieb:
> Nicht so schnell. Beim Ladungsverstärker zwingst du dem Hydrophon durch
> die virtuelle Masse einen Kurzschluß zwischen den Ausgängen auf. Das
> Signal ist dann der Kurzschlußstrom! Bist du sicher, daß das Hydrophon
> für diese Betriebsart gebaut ist?

Das "Hydrophon" ist ein reiner Transductor. Ich wusste bisher gar nicht 
dass es da Probleme geben kann mit einem Ladungsverstärker. Ich habe sie 
nicht feststellen können.

Schirmi schrieb:
> Das würde ich nicht machen. Verwende lieber eine echte, bipolare
> Versorgungsspannung. Nur auf diese Weise bekommst du eine wirklich
> saubere und niedrohmige Masse. Verzichte auf Kabel jeglicher Länge am
> Eingang und schließe das Hydrophon direkt und unmittelbar an die erste
> Verstärkerstufe an.

Werde ich probieren.

Grüße & Danke nochmal. Hast mir sehr geholfen!

von Schirmi (Gast)


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>Ja das stimmt, leider ist eine Vorgabe sechs Silizium Dioden jeweils
>drei in einer Flussrichtung direkt nach dem Hydrophon zwischen den
>Anschlüssen einzubauen. Grund ist ein "ausfallsicherer"
>Überspannungsschutz der Schaltung. Die Sperrschichtkapazitäten machen
>ca. 30pF aus, also sind bei 100pF Kapazität des Hydrophons die
>Sensitivität um 30%...Das möchte ich vermeiden.

30pF Sperrschichtkapazität kommt mir reichlich viel vor. Was für Ströme 
sollen denn die Dioden da aushalten?

von Purzel H. (hacky)


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Ein Vorwiderstand vor den Dioden waer auch gut. Da der Strom eh gegen 
Null geht liegt 1k Ohm sicher drin. Der Transducer ist eine 
niederrohmige Spannungsquelle, nehm ich an. Ich wuerd niederkapazitive 
Punktkontaktdioden verwenden. Die haben noch ein paar pF.

von Schirmi (Gast)


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Ich würde die 1N4150 nehmen. Die hält einen Dauerstrom von 400mA aus und 
verkraftet kurzzeitig sogar 1A (1sec) und 4A (1µsec). Die 
Sperrschichtkapazität beträgt 2,5pF max, sodaß drei in Reihe eine 
Gesamtkapazität von unter 1pF ergeben. Eine komplette Schutzschaltung 
hätte also weniger als 2pF, was gegenüber den anderen Streukapazitäten 
völlig vernachlässigbar wäre.

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