Hallo, Ich verzweifle am Design eines differentiellen Leitungstreibers. Die Signale sollen über eine Leitung von mindestens 10m Länge übertragen werden. Vielleicht auch 20m. Meine erste Idee war es einen "fully differential Amplifier" zu nehmen, allerdings gelingt es mir nicht alle Anforderungen an die Schaltung gleichzeitig zu erfüllen. Folgendes sind die notwendigen Kenndaten: Übertragungsbandbreite: 1kHz-50MHz (Kleinsignalbandbreite ist 10 MHz, per Damenregel würde ich sagen, dass die Übertragung auf das 5-fache ausgelegt sein sollte) Slew-Rate: Der langsame Anteil der Signale steigt in 500ns auf ein viertel der Maximalamplitude. Bei 4V_Peak sind das 2V/us, Faktor 10 Reserve gibt 20V/us. Aber das hängt natürlich von der Amplitude ab, welche die Singale dann tatsächlich am Ausgang haben. Dynamischer Bereich ist 10.000:1. Eigentlich sogar 25.000:1, allerdings sind bei manchen Kanälen die Signale prinzipiell kleiner. Wenn man hier den Verstärkungsfaktor des Treibers etwas aufdreht verkleinert sich der dynamische Bereich entsprechend. Daher die nächste Anforderung: Einstellbarer Verstärkungsfakor: Maximum zu Minimum ist 2,5:1. Maximale Ruhe-Verlustleistung ist 200mW. Besser wären 100mW, mehr als 200mW ist aber definitiv nicht sinnvoll. Problem ist, dass die Signale durch eine Umgebung übertragen werden müssen in der es ziemlich viele Störquellen gibt, Signale mit einem 1/10.000stel der Maximalamplitude sich aber von eventuellem Pick-Up-Noise noch sicher abheben müssen. Daher ist die Idee auf eine möglichst große Amplitude zu gehen. Da es im Analogsignale geht, ist momentan der Plan am Ausgang des Treibers eine Serienterminierung und am Ende der Leitung eine 100Ohm Parallelterminierung aufzubauen. Schon alleine, weil die Impedanz von Differentiellen 100 Ohm Leitungen auch oft nur mit einer Toleranz von +-10% spezifiziert ist. Rechnerisch kommt dann schon eine relativ Starke Reflektion zurück wenn nur an einem Ende Terminiert. Aber vielleicht ist das ein Knackpunkt an dem man die Designvorgaben erleichtern kann. Wenn der Treiber pro Leitung nicht 100 Ohm Last sehen würde wäre alles etwas einfacher. Das Budget das zur Verfügung steht ist bisher nicht der kritische Punkt. Bei 1000 Stück sollten die Kosten pro Schaltung nicht über 20€ liegen. Günstiger ist natürlich besser. Dass es die gewünschten Spezifikationen einhält ist aber wichtiger. Es gibt ein Design, das alle Anforderungen erfüllt, allerdings 650mW verheizt. Das ist bedeutend zu viel. Bei Digikey bin ich fast alle echt differentiellen Verstärker durchgegangen, die dort gelistet sind. Es gibt immer einen Hacken, zu viel Ruhe-Stromverbrauch, zu wenig Leistung am Ausgang, zu kleine Ausgangsamplitude,... Wir hatten auch schon mal einen Prototypen mit zwei eigenständigen Verstärkern, einer invertierend, einer nicht-invertierend aufgebaut. Dort war das Problem, dass balancing der Leitungen nicht so ideal war. Der Platz ist natürlich auch begrenzt. Für zwei SOIC-8 und einige Kondensatoren und Widerstände ist aber auf jeden Fall Platz. Zur Not auch noch etwas mehr. Hat jemand einen guten Ratschlag für mich? Die alten Hasen bei uns sagen, dass man dabei Bauteile nehmen muss, die mit +-15V Versorgt werden. Wenn ich einen Prototyp bauen könnte, der mit +-5V Arbeitet und gut funktioniert könnte ich sie aber sicher davon überzeugen, dass das auch OK ist. Viele Grüße, Christian
Christian schrieb: > Es gibt ein Design, das alle Anforderungen erfüllt, allerdings 650mW > verheizt. Das ist bedeutend zu viel. Woran liegt das denn? eventuell kann man da etwas "wegkürzen". Zeig doch mal her, das gute Stück. Was ist der begrenzende Faktor bei deinen genannten 200mW? Christian schrieb: > Der Platz ist natürlich auch begrenzt. Für zwei SOIC-8 und einige > Kondensatoren und Widerstände ist aber auf jeden Fall Platz. Zur Not > auch noch etwas mehr. Da schwebt mir eine Schaltung mit einem aus Doppel-Opamps gebautem Differenztreiber vor. Gibts da echt nichts? Was definierst du als Ruheleistungsaufnahme? Wird "in Ruhe" ein nennenswerter Pegel übertragen(wegen deinen Störungen wahrscheinlich recht niederohmig abgeschlossen) oder heißt das einfach Differenzausgangssignal = 0, egal wie Hochohmig? Also muss "in Ruhe" schon eine Last getrieben werden oder nicht? mfg mf PS: Der TL592 gefällt dir nicht? wieso?
Hallo Christian, Christian schrieb: > Problem ist, dass die Signale durch eine Umgebung übertragen werden > müssen in der es ziemlich viele Störquellen gibt schon einmal über Kunststofflichtwellenleiter (sog. POF) nachgedacht? Mit freundlichen Grüßen Guido
Ein Analog Signal mit 14bit bis 10MHz ... Welcher Art sind denn die Stoerungen ? Elektrische Felder kriegt man mit einem Schirm weg, magnetische Felder mit Twisted pair. Die Stoerungen sind genau in diesem Frequenzband ?
Mini Float schrieb: > Woran liegt das denn? eventuell kann man da etwas "wegkürzen". Zeig doch > mal her, das gute Stück. Was ist der begrenzende Faktor bei deinen > genannten 200mW? > Das momentane Design verwendet einen THS 4141 als singleended/differentiell Wandler. Gefolgt ist dieser von einem THS3092, als Impedanzwandler (der 4141 kann nicht genug Strom Treiben, wenn man die Leitung wie angesprochen abschließt). Versorgt wird das ganze Momentan mit +-10V. Auch mit +-5V erreicht man nicht das Ziel der 200mW. Begrenzt wird die Verlustleistung durch die entstehende Wärme. Im Aufbau ist es nicht ganz einfach die Wärme abzuführen. > Christian schrieb: > > Da schwebt mir eine Schaltung mit einem aus Doppel-Opamps gebautem > Differenztreiber vor. Gibts da echt nichts? Möglich. Vielleicht wird das der nächste Versuch. Bisher hatte ich das verworfen, da ein echt differentieller Opamp schon ein deutlich einfacheres design ergibt. Ich denke aber, dass man mindestens drei Opamps braucht um das Signal ordentlich zu balancieren. > > Was definierst du als Ruheleistungsaufnahme? Wird "in Ruhe" ein > nennenswerter Pegel übertragen(wegen deinen Störungen wahrscheinlich > recht niederohmig abgeschlossen) oder heißt das einfach > Differenzausgangssignal = 0, egal wie Hochohmig? Also muss "in Ruhe" > schon eine Last getrieben werden oder nicht? Wie gesagt, die Leitung ist mit 100Ohm Terminiert. Evtl könnte man dort noch einen Kondensator zwischenschalten um DC Ströme zu vermeiden. Jedenfalls wird nur die Offsetspannung, die der Verstärker selbst hinzufügt übertragen. > > mfg mf > PS: Der TL592 gefällt dir nicht? wieso? Bei Absolute Maximum Ratings steht Output Current: 10 mA. Bei einer Terminierung von 100 Ohm und Signalen mit einer Amplitude von einigen V kommt das nicht hin... Guido C. schrieb: > schon einmal über Kunststofflichtwellenleiter (sog. POF) nachgedacht? Ja und nein. Im Prinzip wäre das eine schöne Sache. Aus meinen bisherigen Erfahrungen mit Lichtwellenleitern kann ich sagen, dass die übetragene Amplitude sehr Empfindlich z.B. auf verbiegen des Lichtleiters ist. Die absolute Amplitude darf aber nicht driften. Also müsste man das Signal vermutlich irgendwie aufmodulieren. Da habe ich keinerlei Erfahrung. Gibt es dafür fertige Lösungen? Viele Grüße, Christian
Mikro Oschi schrieb: > Ein Analog Signal mit 14bit bis 10MHz ... Welcher Art sind denn die > Stoerungen ? Elektrische Felder kriegt man mit einem Schirm weg, > magnetische Felder mit Twisted pair. Die Stoerungen sind genau in diesem > Frequenzband ? Beide Störungen kommen vor. Das Frequenzspektrum ist leider sehr breitbandig. 100% bekannt sind die Störquellen nicht. Davon unabhänig könnten sie sich aber auch in den nächsten Jahren ändern. Was auf jeden Fall vorhanden ist: Vakuum-Pumpen, HF-Sender, Magnete die schnell geschaltet werden (ich bin gerade nicht sicher ob einige 10 oder einige 100A). Twistet Pair Kabel mit Abschirmung soll auf jeden Fall verwendet werden. Ich habe ein wenig die Sorge, dass diese Maßnahmen trotzdem nicht ganz reichen. Perfekt ist eine Abschirmung ja nie.
Hallo, Christian schrieb: > Ja und nein. Im Prinzip wäre das eine schöne Sache. Aus meinen > bisherigen Erfahrungen mit Lichtwellenleitern kann ich sagen, dass die > übetragene Amplitude sehr Empfindlich z.B. auf verbiegen des > Lichtleiters ist. Die absolute Amplitude darf aber nicht driften. > Also müsste man das Signal vermutlich irgendwie aufmodulieren. Da habe > ich keinerlei Erfahrung. Gibt es dafür fertige Lösungen? Wenn die absolute Amplitude nicht driften darf müsstest du ggf. einen Zwischenträger Frequenzmodulieren. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass Du in diesem Fall die Forderung von einer maximalen Ruhe-Verlustleistung von 200mW einhalten kannst. Was mir auch gerade im Kopf "herumgeht" ist, dass die folgende Forderung für ein POF-System auch recht "heftig" ist. Christian schrieb: > Dynamischer Bereich ist 10.000:1. Eigentlich sogar 25.000:1 Alle POF-Empfänger die ich bisher in den Händen hatte, hätten dies auf Grund Ihres Rauschens wohl nicht geschafft. Fertige Lösungen kenne ich leider keine. Mit freundlichen Grüßen Guido
Hi Klaus, Danke für den Tipp! Leider hat er einen Ruhestrom von 46mA. Bei +-5V sind das stolze 460mW. Das ist zwar schon mal besser als die momentane Lösung, aber immernoch ziemlich viel. Die Möglichkeit den Gain über einen Widerstand einzustellen gefällt mir auch besonders gut.
Hast du schon mal bei den 2-fach-OPV wie OPA2677 oder LMH6724 gesucht? Bei den ursprünglich als DSL-Treibern gedachten CFB-OPV dürfte sich auch was finden. Arno
Ich habe mal für PLC (Power-Line-Communication) nach Treibern und Empfänger-Op-Amps gesucht. Vielleicht findest Du da was in meiner mühselig zusammengetragenen Liste... (da ging es allerdings "nur" um das Frequenzband von nur 100kHz ... 480kHz, die ICs können allerdings großteils mehr). Gruß Dietrich
Mal ne andere Frage: Wie wichtig ist die Gernauigkeit des Balancings der Leitungen? Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass man einige Vorteile der differentiellen Übertragung verliert, wenn das Signal nicht perfekt balanciert ist, da man jetzt ja einen Anteil hat, der praktisch Single-Ended übertragen wird. Das Signal muss sich dann eine andere Rückleitung suchen. Wenn ich mich richtig erinnere wird das Balancing bei einer Schaltung aus zwei normalen OPAMPS durch die Toleranz der Widerstände beschränkt. Falls das balancing gar nicht so wichtig ist, wie ich dachte vereinfacht das die Sache natürlich. Kann man da irgendwas berechnen? Ich habe gerade keine rechte Idee wie... Besonders, weil die Rückleitung nicht ganz einfach ist.
Christian schrieb: > da man jetzt ja einen Anteil hat, der praktisch > Single-Ended übertragen wird. Das Signal muss sich dann eine andere > Rückleitung suchen. Hallo, so ist das nicht: bei Systemen wie RS485 sind die Signale nicht potentialfrei, sondern werden als Signal zwischen GND und 5V übertragen, nur eben im Gegentakt, und dazu sind 2 Signalleitungen UND GND notwendig. Systeme wie Ethernet dagegen sind tatsächlich potentialfrei und funktionieren mit 2 Drähten, aber dafür werden auch Trafos eingesetzt. Wenn du auch nur mit 2 Drähten differentiell übertragen willst, müsstest du ebenfalls Trafos oder Kondensatoren zur Abtrennung des Gleichanteils verwenden, allein durch die Balance der Verstärker kriegt man den nicht weg. Gruss Reinhard
Vielleicht kannst du die Leistung reduzieren indem du auf die negative Spannungsversorgung verzichtest. Wenn du eh differentiell übertragen willst, dann kannst du auch eine commom mode Spannung von 5V haben. Und als Versorgungsspannung nimmst du 0V und 10V. Spart Platz und Leistung. Es klingt nach einer Batteriebetriebenen Anwendung? Welche Spannung hast du zur Verfügung?
@Reinhard: Ok, man braucht noch eine Leitung die das Referenzpotential mitführt, aber über diese Leitung sollte im Idealfall doch kein Strom fließen, oder doch? @aaa: Nein, es ist keine batteriebetriebene Anwendung. Es ist die Frontendelektronik eines Teilchendetektors. Die Spannungen die ich zur Verfügung habe kann ich im Prinzip noch aussuchen. Momentan werden gebraucht: -2V, +5V, +8V, +-10V für den Linedriver. Die -2V +8V könnte man natürlich auch für den Linedriver verwenden bei einem Common mode von +3V. Da die Ausgangssignale praktisch unipolar sind, hatte ich noch die Idee die Ausgangssignale mit einem Kondensator abzukoppeln und einen Differential-Mode-Offset hinzuzufügen. So könnte man die Amplitude fast verdoppeln. Knackpunkt ist, dass der OPAMP einiges an Strom treiben können muss. Einen echt differentiellen habe ich dafür noch nicht gefunden. Mit DSL-OMPAMPS ginge es. Ich denke das probiere ich einfach mal aus.
Christian schrieb: > @Reinhard: > Ok, man braucht noch eine Leitung die das Referenzpotential mitführt, > aber über diese Leitung sollte im Idealfall doch kein Strom fließen, > oder doch? Schon, bloss gibt es keinen Idealfall. Wenn aber die Balance so ist, dass sich 95% ausgleichen und 5% über GND zurückfliessen, hat das praktisch keine Auswirkungen. 100% Balance ist einfach nicht machbar, aber in dem Fall eben auch nicht nötig. Was bisher noch unerwähnt war: das Gleiche gilt auch im Zeitbereich, denn wenn die Flanken nicht gleichzeitig sind, ist die Balance sowieso im Eimer. Das ist meiner Meinung nach beim Entwurf eines differentiellen Treibers das ernstere Problem. Gruss Reinhard
Der LTC6409 geht etwas über das Designziel der Verlusleistung hinaus. Im Prinzip würde ich gerne so einen nehmen, allerdings habe ich bisher nichts passendes gefunden. Es gibt immer einen Spezifikation die nicht eingehalten wird, die den Chip ausschließt (siehe erster Post). Am nähesten dran ist der LMH6553 allerdings zieht der auch schon wieder 30 mA in Ruhe, haut also wieder nicht hin mit der geringen Verlustleistung. Dass der Idealfall nicht existiert ist schon klar. Mich würde nur die Aussage "5% über GND hat praktisch keine Auswirkungen" in quantitativer Form interessieren. Ich denke es ist halt immer die Frage wie genau man misst. Wenn die Verzerrung, Störung oder was auch immer bei den 5% noch unter meinen 14 Bit des Signals liegt ist ja alles ok. Um den Treiber im Zeitbereich symmetrisch zu halten würde ich die Schaltung möglichst symmetrisch halten. Von der Idee einfach nur zwei OPAMPS zu nehmen die das Signal treiben UND die Umwandlung von single-ended nach differentiell machen bin ich nach einer Simulation in Spice wieder weg. Momentan denke ich der beste Weg ist zuerst einen low-power echt differentiellen OPAMP zu nehmen (z.B. AD8137) und danach Buffer in der Schaltung, wie sie in den meisten DSL-Driver-Datenblättern zu finden ist. Da muss ich jetzt "nur" noch ein einigermaßen stromsparendes Modell finden. Da der Aufbau auch schön symmetrisch ist denke ich, dass auch der Phasengang in beiden Kanälen gleich ist. Anständiges Layount vorausgesetzt.
Man kann sich einen differentialverstaerker naturlich auch selbst aus ein paar Transistoren zusammenkloppen. Da 14 bit erwartet werden benoetigt man ueberschuessige Verstaerkung um eine Gegenkopplung haben zu koennen. zB mit BFR193 bis BFP420.
Hallo nochmal, Mit Transistoren als Analogbauelemente habe ich nicht so viel Erfahrung. Daher würde ich lieber bei OpAmps bleiben. Mittlerweile habe ich mich auch für zwei Entschieden: AD8137 für die Umwandlung SE/Diff und dahinter einen OPA2889 als Stromtreiber. Vielen Dank nochmal für die Diskussion!
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