Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Stabilität OPV OPA657


von Florian H. (arclite)



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Guten Abend,

ich habe einen OPA657 im Einsatz, welchen ich als Invertierenden 
Verstärker mit einer Verstärkung von -20 verwenden möchte. Dabei muss 
ein sehr kleines Signal verstärkt werden, dies besonders Rauscharm und 
mit einer hohen Bandbreite von min. 100MHz --> OPA657

Ich will den Verstärker in verschiedenen Schaltungen einsetzen und habe 
deswegen für den Start die invertierende Schaltung aus dem Datenblatt 
verwendet (Datasheet Seite 5&10 Wideband Inverting Gain Operation) um 
mich ein wenig mit der Materie auseinnader setzen zu können.

Meine Schaltung ist im Anhand zu finden:
-Versorgungsspannung +-5V mit 100nF & 6,8uF + Ferrite in Ltg entblockt
-alles auf engstem Raum mit SOT23-5 Package auf kleinem Prototyp-PCB 
aufgebaut
-Serienwiderstand von 60Ohm am Ausgang um die angenommenden 20pF Last 
des Tastkopfes und extra Sachen zu treiben (abgelesen aus Kurve 
"RECOMMENDED RS vs CAPACITIVE LOAD" im DS auf Seite 7)

Zuerst habe ich eine kleine Gleichspannung auf den '-'Eingang von 0,1V 
gegeben --> sollte -2V am Ausgang entstehen
Es kommen auch ca. -2V heraus, allerdings sind starke Schwingungen mit 
ca 1,5V Peak-Peak dem Ausgangssignal überlagert, das blöde Ding scheint 
also zu schwingen....

Habe ein wenig hin und her probiert, aber leider die Schwingen nicht 
entfernen können.

Hat jemand bitte einen hilfreichen Tipp für mich ;-)

von Kai K. (klaas)


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>ich habe einen OPA657 im Einsatz, welchen ich als Invertierenden
>Verstärker mit einer Verstärkung von -20 verwenden möchte. Dabei muss
>ein sehr kleines Signal verstärkt werden, dies besonders Rauscharm und
>mit einer hohen Bandbreite von min. 100MHz --> OPA657

Dafür bräuchtest du eine Unity Gain Bandwidth von 20GHz, was du aber 
nicht hast.

-> Verstärkung auf mehrere Stufen verteilen.

von Florian H. (arclite)



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Erstmal vielen Dank für die schnelle Antwort :)

Das GBW ist 1600MHz vom OPA657
Laut Datenblatt sollte damit eine Bandbreite von 250MHz beim 
invertierenden Verstärker von oben möglich sein, bei V=-20, dies gibt 
auch die "INVERTING LARGE-SIGNAL
FREQUENCY RESPONSE"-Kurve ungefähr wieder

Davon unabhängig sollte doch bei 0,1V Gleichspannung am Eingang das Ding 
stabil laufen, oder?

von Kai K. (klaas)


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>Das GBW ist 1600MHz vom OPA657
>Laut Datenblatt sollte damit eine Bandbreite von 250MHz beim
>invertierenden Verstärker von oben möglich sein, bei V=-20,...

Ja, aber bei so hohen Frequenzen hast du überhaupt keine 
Verstärkunsgreserve mehr für die Gegenkopplung.

>Davon unabhängig sollte doch bei 0,1V Gleichspannung am Eingang das Ding
>stabil laufen, oder?

Korrekt. Vielleicht ist dein Aufbau nicht HF-gerecht? Kannst du mal ein 
Bild posten?

von ArnoR (Gast)


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> Das GBW ist 1600MHz vom OPA657
> Laut Datenblatt sollte damit eine Bandbreite von 250MHz beim
> invertierenden Verstärker von oben möglich sein, bei V=-20, dies gibt
> auch die "INVERTING LARGE-SIGNAL
> FREQUENCY RESPONSE"-Kurve ungefähr wieder

Nein, Kai hat da schon recht. Du kannst nicht einfach die ft (das GBW) 
ansetzen, denn da gibt es keine Schleifenverstärkungsreserve mehr. Die 
Schaltung/Verstärkung lebt nur von "Dreckeffekten", wie der Vergleich 
mit dem Diagramm für nichtinvertierende Verstärkung zeigt. Bei 
geringeren Frequenzen macht es keinen Unterschied ob invertierend oder 
nicht invertierend.

Mit einem kleinen Kondensator über Rf kannst du die 
Summierpunktkapazität am I-Eingang kompensieren und damit die Schaltung 
stabiler machen.

von Florian H. (arclite)


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Kai Klaas schrieb:
>>Davon unabhängig sollte doch bei 0,1V Gleichspannung am Eingang das Ding
>>stabil laufen, oder?
>
> Korrekt. Vielleicht ist dein Aufbau nicht HF-gerecht? Kannst du mal ein
> Bild posten?

Ich mache morgen ein Bild, wenn ich wieder im Labor bin (ist für meine 
Masterarbeit)
Was ich aber nicht verstehe, wie ein Aufbau nicht HF gerecht sein kann, 
wenn ich nur Gleichspannung auf die Schaltung gebe? Bei höheren 
Frequenzen spielt der Aufbau natürlich eine entscheidene Rolle.

ArnoR (Gast) schrieb im Beitrag #2760902
>Nein, Kai hat da schon recht. Du kannst nicht einfach die ft (das GBW)
>ansetzen, denn da gibt es keine Schleifenverstärkungsreserve mehr. Die
>Schaltung/Verstärkung lebt nur von "Dreckeffekten", wie der Vergleich
>mit dem Diagramm für nichtinvertierende Verstärkung zeigt. Bei
>geringeren Frequenzen macht es keinen Unterschied ob invertierend oder
>nicht invertierend.
>
>Mit einem kleinen Kondensator über Rf kannst du die
>Summierpunktkapazität am I-Eingang kompensieren und damit die Schaltung
>stabiler machen.

Das die Schaltung bei hohen Frequenzen "zappelig" wird und dann zu 
Überschwingern neigt bzw. sogar oszilliert habe ich inzwischen nach 
reichlich Recherche auch kapiert (Stichwort PhaseMargin), aber ich 
dachte je höher die Verstärkung wird, mit der gleichen GBW, wird der OPV 
stabiler und auf eine Frequenzkompensation kann verzichtet werden?
Bei einer anderen Beschaltung mit dem OPA657 aus dem Datenblatt (Low 
Gain Compensation) und einer Verstärkung von -2 wird ein zusätzlicher 
2.9pF Kondensator parallel zu Rf geschaltet, um die Verstärkung vor der 
Polstelle zu reduzieren (Frequenzkompensation), die PhaseMargin größer 
0° zu halten und somit der OPV nicht zum Oszillator wird
Auf das Stichwort Summierpunktkapazität bin ich dabei aber nicht 
gestoßen?
Habt ihr noch ein paar weitere Hinweise?

von ArnoR (Gast)


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> Auf das Stichwort Summierpunktkapazität bin ich dabei aber nicht
> gestoßen?
> Habt ihr noch ein paar weitere Hinweise?

Die wirkt genau so wie die Diodenkapazität in Fig.3, nur hervorgerufen 
durch die Eingangs- und Streukapazität am I-Eingang (dem Summierpunkt).

von Kai K. (klaas)


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>Was ich aber nicht verstehe, wie ein Aufbau nicht HF gerecht sein kann,
>wenn ich nur Gleichspannung auf die Schaltung gebe?

Du hast niemals nur Gleichspannung in der Schaltung, sondern immer auch 
das hochfrequente Eigenrauschen, sowie kapazitive und magnetische 
Einstreuungen und Einkopplungen. Sogar das Einschalten der 
Versorgungsspannung, das Anklemmen von Tastköpfen und das Anschließen 
oder Abhängen von Kabeln sind Störungen, auf die der OPamp mit seiner 
vollen Geschwindigkeit reagiert. Deswegen muß ein solch extrem schneller 
OPamp auch dann HF-gerecht aufgebaut werden, wenn du nur Gleichspannung 
verstärken willst.

Gerade das Eigenrauschen ist fies. In ihm stecken alle Frequenzen der 
Bandbreite des OPamp. Wenn die Schaltung nicht HF-gerecht aufgebaut ist 
und beispielsweise die "Phase Margin" eingeschränkt ist, kann eine 
bestimmte Frequenz des Eigenrauschens immer weiter verstärkt werden, bis 
die Schatung letztzlich mit dem vollen Ausgangsspannungshub schwingt. 
Und das aus dem Nichts heraus. Aus dem allergeringsten und noch nicht 
einmal wahrnehmbaren Rauschen kann die Resonanzkatastrophe 
resultieren...

von Florian H. (arclite)


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vielen Dank für die Hilfe :)

Im Anhang findet ihr ein paar Fotos von der Platine

Ich werde jetzt versuchen noch einen 1-2pF kondensator parallel zum Rf 
zu schalten und den Serien-Ausgangswiderstand auf 100Ohm/500Ohm erhöhen 
und notfalls einige male mit Draht umwickeln, um eine Spule zu erzeugen

mal gucken was meine Messungen ergeben...

Ach Übrigens:
>Dafür bräuchtest du eine Unity Gain Bandwidth von 20GHz, was du aber
>nicht hast.
>
>-> Verstärkung auf mehrere Stufen verteilen.
Faustformel: 100MHz x |-20| = 2GHz GBP ,  dies kommt meinen 1,6GHz schon 
sehr nahe ;-)

von ArnoR (Gast)


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Also mit bedrahteten Bauelementen kannst du so eine schnelle Schaltung 
nicht vernünftig aufbauen. Die Induktivitäten sind da viel zu groß.

> Faustformel: 100MHz x |-20| = 2GHz GBP ,  dies kommt meinen 1,6GHz schon
> sehr nahe ;-)

Was bedeutet, dass du gar kein Gegenkopplungsnetzwerk brauchst, weil der 
OPV die Verstärkung eh nur noch als Leerlaufverstärkung macht und man 
nichts definiertes einstellen kann.

von Kai K. (klaas)


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>Ich werde jetzt versuchen noch einen 1-2pF kondensator parallel zum Rf
>zu schalten und den Serien-Ausgangswiderstand auf 100Ohm/500Ohm erhöhen
>und notfalls einige male mit Draht umwickeln, um eine Spule zu erzeugen

Eieiei!! Florian, bitte, das ist ein dekompensierter 1,6GHz OPamp! Da 
kannst du doch nicht mit bedrahteten Bauteilen kommen. Das geht rein 
garnicht! Das solltest du schon so machen wie im Beispiel im Anhang, mit 
SMD-Bauteilen und einer Platine mit durchgehender Massefläche.

>Faustformel: 100MHz x |-20| = 2GHz GBP ,  dies kommt meinen 1,6GHz schon
>sehr nahe ;-)

Nein, kommt es nicht. Wenn deine Nutzsignalbandbreite 100MHz ist, dann 
willst du ja, daß die 100MHz noch mit genügend Genauigkeit verstärkt 
wird, oder etwa nicht? Also brauchst du dort eine Verstärkungsreserve 
von mindestens Faktor 10. Diesen Faktor hast du in deiner Rechnung 
vergessen. Also, 100MHz x 20 x 10 = 20GHz.

>Was bedeutet, dass du gar kein Gegenkopplungsnetzwerk brauchst, weil der
>OPV die Verstärkung eh nur noch als Leerlaufverstärkung macht und man
>nichts definiertes einstellen kann.

Ganz genau.

von Florian H. (arclite)


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Alsooooo,

ich habe gestern nochmal ein wenig rumgemessen mit meiner Schaltung oben 
auf den Bildern, nachdem ich einen 1pF-Kondensator parallel zum Rf 
gelötet habe. Die Ergebnisse sind ganz vielversprechend:

-Der OPV schwingt nicht mehr
-der Verlauf sieht ganz gut aus, schön flach und eine Grenzfrequenz von 
ca 85MHz (Phase=105°)
-Die PhaseMargin ist ca. 50° bei 150MHz
-Die Verstärkung beträgt zwar nur -8.5 maximal, dies kann aber noch an 
meiner Fehlanpassung von Rs=60Ohm und Rl=1kOhm liegen mit dem 
50Ohm-System des Network-Analyser HP 4195A, womit ich die Messung 
gemacht habe (natürlich vorher kalibriert).

Ich habe auch noch ein paar Oszilloskop-Bilder bei verschiedenen 
Frequenzen gemacht und das Signal sieht stets sauber aus, ohne 
Oszillation/Verzerrungen oder sonstiges, sogar bei 300MHz....
Ich muss jetzt nochmal den Ausgangswiderstand auf 50Ohm setzen und den 
Rl entfernen und nochmal genau nachmessen (Die Verstärkung macht mich 
stutzig). Aber erstmal bin ich ganz zufrieden und dass nur wegen dem 
Cf=1pF ???

Ich mache jetzt natürlich nur die ersten Messungen mit den bedrahteten 
Bauelementen, später wird das ganze dann alles auf ein kleines PCB 
gepackt.
@Kai: Was mich bei deinem PCB wundert, durch die Massefläche in den 
Zwischenlagen und direkt neben der Signalleitung zum Ausgang sammelst du 
dir doch extrem viel Kapazitäten ein, welche auf deinSignal wirken. Du 
hast zwar einen Ausschnitt im Polygon bei der Diode, ist das aber nicht 
fast zu klein?

Wenn Ihr schreibt, dass ich auf ein Gegenkopplungs-Netzwerk verzichten 
kann, dann hätte ich doch aber keinen geraden Verlauf "im Bereich meiner 
Bandbreite", sondern eine extrem hohe Verstärkung der Signale im 
LF-Bereich, welche sich dann nach der Leerlaufverstärkung richtet, oder?

von ArnoR (Gast)


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> Aber erstmal bin ich ganz zufrieden und dass nur wegen dem
> Cf=1pF ???

Ja klar. Denn ohne diesen Kondensator bildet die Summierpunktkapazität 
mit dem Rückkoppelnetzwerk einen zusätzlichen Tiefpass in der Schleife. 
Dadurch vermindert sich die Phasenreserve. Der Kondensator macht nun aus 
dem Gebilde einen frequenzkompensierten Spannungsteiler ohne 
Phasennacheilung.

> Wenn Ihr schreibt, dass ich auf ein Gegenkopplungs-Netzwerk verzichten
> kann, dann hätte ich doch aber keinen geraden Verlauf "im Bereich meiner
> Bandbreite", sondern eine extrem hohe Verstärkung der Signale im
> LF-Bereich, welche sich dann nach der Leerlaufverstärkung richtet, oder?

Ja genau, das war auch nicht so ernst gemeint und sollte nur überspitzt 
verdeutlichen, dass die Schaltung da nicht wie gewünscht funktionieren 
wird.

von Kai K. (klaas)


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>Kai: Was mich bei deinem PCB wundert, durch die Massefläche in den
>Zwischenlagen und direkt neben der Signalleitung zum Ausgang sammelst du
>dir doch extrem viel Kapazitäten ein, welche auf deinSignal wirken.

Das soll eigentlich eine Microstrip-Leitung sein, bei der sich die 
Kapazität und Induktivität der Leiterbahn die Waage halten und eine 50R 
Wellenwiderstandsanpassung ergeben.

>Du hast zwar einen Ausschnitt im Polygon bei der Diode, ist das aber
>nicht fast zu klein?

Die untere Hälfte der Fotodiode liegt ja wegen C5 sowieso auf Masse. Da 
können die Abstände zur Massefläche ruhig klein sein.

Bei diesen Aussparungen muß man immer einen Kompromiß finden: Einerseits 
sollen die Streukapazitäten nicht zu groß werden, andererseits braucht 
ein 3,9GHz OPamp wie der OPA847 aber auch eine zusammenhängende 
Massefläche.

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