Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Symmetrischer vs. geerdeter Bus - Verständnisfrage


von Sebastian (Gast)


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Hallo,
habe vor kurzem mit einem KNX Experten gechattet - ging eigentlich um 
die Frage, Bus auf Masse erden oder nicht. Aussage: Erden ist schädlich. 
Begründung - es handelt sich um einen symmetrischen Bus, und so würden 
Störungen auf beiden Adern gleichermassen einstrahlen und wären damit 
irrelevant. Anschauliche Erklärung - wenn man eine Seite erdete, wäre 
die 'grösser' gegenüber der Störung (würde also nicht so sehr 
beaufschlagt und man erhielte daher eher eine störende Differenzspannung 
auf dem Bus).

OK, das leuchtete erstmal anschaulich ein und wird wohl auch so sein. 
Allerdings hab ich bei näherem Nachdenken dann doch wieder 
Verständnisprobleme. Vielleicht kann mir das einer von Euch Experten ja 
nochmal erläutern, bitte.

Und zwar denke ich mir das so: Eine Störung strahlt induktiv oder 
kapazitiv irgendwo auf dem Bus ein. Wenn nun der minus Bus an Erde 
liegt, fliesst der dadurch entstehende Strom hierüber ab. OK, nun ist ja 
aber der plus Bus über das Netzteil wechselstrommässig niederohmig auch 
geerdet - d.h. mal von dem Innenwiderstand des Netzteils abgesehen, 
liegen doch dann auch wieder beide Beine auf gleichem Potential. OK, nun 
liegt ja (bei KNX/EIB) ja noch eine Drossel zwischen Bus und Netzteil. 
Die ist ja aber auch symmetrisch, d.h. lässt common mode Störungen 
eigentlich durch (glaub ich).

Mit der Denke wäre es ja dann doch wieder mehr oder weniger egal, ob man 
nun den Bus erdete oder nicht.

Wo ist mein Denkfehler?

Grüsse

von Sebastian (Gast)


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Nanu - gar kein Feedback? Dachte eigentlich, das wär hier im Analogforum 
besser aufgehoben als im Hausbusforum. Also hiermit ein dezenter Push 
bevor ich es einfach so hinnehme.

von Andreas B. (andreasb)


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Sebastian schrieb:
> Wo ist mein Denkfehler?

Als Informatiker kann ich leider nur auf die Punkte eingehen die ich vom 
Netzwerk her kenne...

Wir haben mal ein Experiment gemacht, und zwar ein Koax Kabel vom 
Funktionsgenerator ans Oszi, dann 5m Kabel und nochmals ans Oszi.

Die Verzögerung war sichtbar.

Überlege dir nun mal den Zeitlichen Verlauf von einer Drossel etc.



ps. falls dies nicht die korrekte Antwort ist habe ich jetzt sicher 
einen schlafenden Hund geweckt und dadurch indirekt doch zur 
Beantwortung der Frage beigetragen;-)

mfg Andreas

von Purzel H. (hacky)


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Die Frage ist unpraezise. Es gibt symmetrische Signale und es gibt 
asymmetrische Signale. Eine Erdung ist unabhaengig davon. 
Sinnvollerweise hat man gegen Stoerungen einen Erdschirm um das Kabel.
Ein symmetrisches Signal benoetigt zwei Pins und benoetigt in der Therie 
zumindest keinen GND Bezug. In realitaet aber doch. Ein asymmetrisches 
Signal bezieht sich ueblicherweise gegen GND.

Was war das Problem ?

von Stefan F. (sfrings)


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Du hast das ganz viele Dinge durcheinander gewürfelt.

Es gibt keinen minus Bus und plus Bus. Ein Bus überträgt Daten zwischen 
mehreren Komponenten. Minus und Plus sind die Pole einer 
Stromversorgung. Du vermscht hier Begriffe von Bussen und 
Stromversorgungen.

Symmetrische Datenübertragung nutzt den Effekt aus, dass Störungen beide 
Adern gleich betreffen und sich somit im Idealfall gegenseitig aufheben, 
denn auf der Empfänger Seite wird die Differenz der beiden Leitungen 
ausgewertet, nicht deren absolute Spannung gegenüber Masse.

Analoge Telefone sind ein schönes Beispiel für symmetrische Übertragung. 
Verdrillte Leitungen führen bis zur Vermittlungsstelle. Benachbarte 
Telefonleitungen stören sich nicht gegenseitig, weil sie paarweise 
verdrillt sind. Störungen von aussen streuen auf beide Leitungen gleich 
ein und heben sich dadurh gegenseitig auf, so daß am Telefon nichts mehr 
davon an kommt.

Zusätzlich sind symmetrische Leitungen oft abgeschirmt und an EINEM Ende 
geerdet. Der Schirm reduziert die Einstreuung von äußeren Störungen. Man 
schließt die Abschirmung nur einseitig an, sonst würde ständig Strom 
hindurch fließen.

Ein typischer Fehler tritt oft im Wohnzimmer auf, wenn man den Computer 
mit der Hifi/TV Anlage verbindet. Die dort verwendeten Antennenkabel und 
Audio-Kabel sind nicht symmetrisch, daher muss man die Abschirmung an 
beiden Enden anschließen. Dadurch enstehen jedoch Ringe, die auf 
Magnetfelder reagieren:

Fundament-Erder -> Stromkabel PC -> Abschirmung Audio Kabel -> Hifi 
Anlage -> Abschirmung Antennenkabel -> Antennen-Mast -> Fundament-Erder

Durch den Ring induzieren Magnetfelder eine Wechselspannung Spannung, 
die man leuder oft deutlich in den Lautsprechern hören kann.

Wnn Du jetzt eine Kombination meinst, wo Daten und Stromversorgung über 
zwei Leitungen übertragen wird, da gilt im Prinzip genau das Gleiche. 
Symmetrisch ist das Ganze nur, wenn beide Adern NICHT geerdet sind.

> Nun ist ja aber der plus Bus über das Netzteil wechselstrommässig niederohmig 
auch geerdet

Wie kommst Du darauf? Wer sagt denn, dass das Netzteil gerdet ist? Ich 
würde nur das Gehäuse erden und die Primär Seite des Transformators 
potentialfei auslegen.

> Nun  liegt ja (bei KNX/EIB) ja noch eine Drossel zwischen Bus und Netzteil.

Aha! Und was macht eine Drossel? Sie ist für Wechselspannungen 
hochohmig. Also spielt das Netzteil für die Grundsätzliche Betrachtung 
der Signalübertragung keine Rolle.

von Sebastian (Gast)


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Hallo,
erst einmal danke an alle für die Antworten und die Hilfsbereitschaft. 
Allerdings hab ich es noch nicht ganz gefressen und bin auch nicht ganz 
konform mit allen Antworten.

@Andreas, das Phänomen der Laufzeitverzögerung hat jetzt hiermit weniger 
zu tun. Aber danke fürs lostreten :-).

@Hacky, die Frage ist ganz präzise - nämlich, warum darf der Bus nicht 
geerdet werden. Es war eine Verständnisfrage - ein echtes Problem 
existiert noch nicht. Zum Schirm, bei dem genannten KNX/EIB Hausbus 
existiert ein Schirm über dem verdrillten Kabel, den man aber nicht 
erden soll. Der schwebt also - wieder etwas, was meiner Intuition 
entgegensteht. Interessant ist Deine Aussage
> in der Realität aber doch.
Genau das denke ich ja auch, nur ist es offensichtlich nicht so 
vorgesehen, der Bus schwebt. (Als Hinweis: Ich meine explizit Erdung - 
nicht nur ein GND Potential in einer Schaltung).

@Stefan,
>Es gibt keinen minus Bus und plus Bus. Ein Bus überträgt Daten zwischen
>mehreren Komponenten. Minus und Plus sind die Pole einer
>Stromversorgung. Du vermscht hier Begriffe von Bussen und
>Stromversorgungen.
Im gegebenen Kontext doch. KNX/EIB übermittelt Versorgungspannung und 
Signal auf dem gleichen Leitungspaar. Die Leitungen werden üblicherweise 
mit + und - gekennzeichnet.

Alle anderen Ausführungen verstehe ich, common mode rejection usw. ist 
klar, nur eben, warum man hier nicht erden können darf, noch nicht 
(ganz).


>> Nun ist ja aber der plus Bus über das Netzteil wechselstrommässig niederohmig 
auch geerdet
>Wie kommst Du darauf? Wer sagt denn, dass das Netzteil gerdet ist? Ich
>würde nur das Gehäuse erden und die Primär Seite des Transformators
>potentialfei auslegen.

Du hast den Satz obendrüber überlesen:
>Wenn nun der minus Bus an Erdeliegt, fliesst der dadurch entstehende >Strom 
hierüber ab.
Betonung auf "Wenn" - ich versuchte zu erläutern, was meiner Meinung 
nach passiert, WENN man erdet.

>Aha! Und was macht eine Drossel? Sie ist für Wechselspannungen
>hochohmig. Also spielt das Netzteil für die Grundsätzliche Betrachtung
>der Signalübertragung keine Rolle.
Du hast den Satz unten drunter überlesen. Da sagte ich doch, dass es 
sich um eine symmetrische Drossel handelt - d.h. die lässt Common mode 
Störungen zum Netzteil durch (glaub ich), d.h. die würden dort über den 
Innenwiderstand des Netzteils an Erde abgeleitet, WENN man denn erden 
würde. Hier einmal der Aufbau der Drossel 
Beitrag "Re: KNX Drossel Infos"

Also nochmals danke für die Antworten, aber ganz dem Verständnis näher 
gekommen bin ich noch nicht. Vielleicht mag noch jemand hierauf 
eingehen?

Grüsse

von Christian B. (casandro)


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Den Schirm um den Bus, der ja nicht mit dem eigentlichen Bus verbunden 
ist, würde ich unbedingt erden. Das schadet auch nicht. CAN hat dafür 
häufig sogar extra Klemmen. (Ich will heute mal nicht über CAN ranten)
Eine Leitung des Busses selbst darfst Du aber nicht erden.

von Einer (Gast)


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Drei von Vier schrieb:
> Ein symmetrisches Signal benoetigt zwei Pins und benoetigt in der Therie
> zumindest keinen GND Bezug. In realitaet aber doch.

Dann ist deine Theorie falsch. Es kommt auf den Empfänger drauf an.
Bei einem Optokoppler ist der Gnd-Bezug herzlich egal, solange die 
Isolationsspannung nicht überschritten wird. Bei einer gegen Ground 
arbeitenden Eingangsstufe muss das Signal im zulässigen 
Eingangsspannungsbereich liegen, auch wenn es eine 
Differenzeingangsstufe ist, d.h. der nutzbare Common Mode Bereich darf 
nicht verlassen werden.

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