Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Transistor Arbeitspunkt Stabilisierung mit Heissleiter


von julius_ (Gast)


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Hallo,

bin auf diese Seite gestoßen:
http://www.hobby-bastelecke.de/halbleiter/transistor_arbeitspunktstab.htm

Wenn der Heißleiter wärmer wird sinkt der Widerstand, dadurch wird aber 
auch der Strom Iq kleiner der sich aus Iq=U/R1+R2 berechnet richtig?

Kann es dadurch nicht vorkommen das die Spannung an R2 unter 0,6V fällt 
und der Transistor ganz sperrt, wenn auch nur für kurze Zeit bis der 
Heissleiter wieder abgekühlt ist?

Wozu sind die Kondensatoren in den 3 Schaltbildern der 
Stabilisierungsarten die mit Eingang/Ausgang gekennzeichnet sind gut?

von Christian F. (funke4ever)


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Der Transistor wird wie der NTC auch warm, wodurch sich auch seine 
Basis-Emitterspannung verändert (bei -20°C z.B. 0,8V bei 75°C z.B. 
0,6V). Um dies zu kompensieren wird der NTC als Spannungsteiler 
eingesetzt. Der NTC muss natürlich zusammen mit dem anderen Widerstand 
so gewählt werden, dass die Kurve annähernd gleich der Verschiebung des 
Transistors ist.
Die Kondensatoren C1 und C2 dienen zum Einkoppeln bzw. Auskoppeln der 
Wechselsspannung. Würde Gleichspannung z.B. von einer vorherigen Stufe 
mitgebracht werden, so würde dies ja den Arbeitspunkt verschieben.
Der untere C am Emitter dient als "Kurzschluss" für die Wechselspannung. 
Sonst hätte die Wechselspannung Einfluss auf den Arbeitspunkt vom 
Transistor, welcher jetzt über Re eingestellt wird.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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julius_ schrieb:

> http://www.hobby-bastelecke.de/halbleiter/transistor_arbeitspunktstab.htm
>
> Wenn der Heißleiter wärmer wird sinkt der Widerstand, dadurch wird aber
> auch der Strom Iq kleiner der sich aus Iq=U/R1+R2 berechnet richtig?

Wenn der Widerstand sinkt, wird der Strom bei konstanter Spannung wohl 
eher nicht kleiner werden.

> Kann es dadurch nicht vorkommen das die Spannung an R2 unter 0,6V fällt
> und der Transistor ganz sperrt, wenn auch nur für kurze Zeit bis der
> Heissleiter wieder abgekühlt ist?

Der Knackpunkt einer solchen Schaltung ist es, die 
Temperaturabhängigkeit des Transistors auszugleichen. Der NTC muß also 
zum Transistor passen. Also zu genau dem verbauten Transistor-Exemplar.

In der Praxis funktioniert das mehr schlecht als recht und für die 
Serienproduktion noch schlechter, weswegen seit ca. 30 Jahren niemand 
mehr sowas baut.


XL

von früher.war.nix.besser (Gast)


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Axel Schwenke schrieb:
> In der Praxis funktioniert das mehr schlecht als recht und für die
> Serienproduktion noch schlechter, weswegen seit ca. 30 Jahren niemand
> mehr sowas baut.

Ja. Spätestens in den 1970er Jahren des letzten Mileniums, beim 
Massenbegräbnis von Germanium-Geruscht mit seinen etwas weicheren 
Kennlinen, waren auch die verrücktesten Entwicklungskünstler davon 
geheilt, Arbeitspunkten mit derartigem Ther.MIST.or-Schlunz 
hinterherzuhecheln.

von oldeurope (Gast)


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früher.war.nix.besser schrieb:
> Ja. Spätestens in den 1970er Jahren des letzten Mileniums

Das wird natürlich auch heute so gemacht. Als Heißleiter wird aber sehr 
häufig ein Transistor benutzt, der evtl. noch weitere Aufgaben in der 
Schaltung erfüllt. Das fällt dann nicht sofort ins Auge, wenn so eine 
Kompensation durchgeführt wird.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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oldeurope schrieb:
> Das wird natürlich auch heute so gemacht. Als Heißleiter wird aber sehr
> häufig ein Transistor benutzt

Ach ja. Und was hat "Transistor kompensiert anderen Transistor" mit 
"Thermistor kompensiert Transistor" zu tun? Ach, nichts?

Nuhr


XL

von oldeurope (Gast)


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Ein Transistor ist nun mal auch ein Thermistor (Heißleiter) ...

von Nachtaktiver (Gast)


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Genau aus diesen Grund findet man auch eine weitere Form der 
Emitterschaltung welche du weiter unten auf der Seite sehen kannst. 
Durch den eingefügten Emitterwiderstand wird eine Temperaturkompensation 
erreicht.


Eigentlich hatte Christian (erster Post) das ganze ziemlich gut erklärt 
und zusammengefasst.


Eine weitere Erklärung zu den Kondensator parallel zum 
Emitterwiderstand:
Durch die Einfügung des Emitterwiderstandes wird zwar der Arbeitspunkt 
durch die Stromgegenkopplung Temperaturkompensiert aber gleichzeitig 
verringert man die Spannungsverstärkung. Durch den Kondensator parallel 
zu den Widerstandes erreicht man das Gleichspannungsmäßig dieser 
Arbeitspunkt eingehalten wird währen im Kleinsignalbereich 
(Wechselspannungsanteile) genauso groß verstärkt werden wie bei einer 
Emitterschaltung ohne Stromgegenkopplung.

Gleichzeitig kann man damit den Freqeunzgang der Emitterschaltung 
korrigieren und z.B eine Freqeunzabhängige Spannungsverstärkung 
einstellen.

von Edson (Gast)


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Axel Schwenke schrieb:
> *Nuhr*

Halt dich dran, wenn du den schon so toll findest.

von ArnoR (Gast)


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> Durch die Einfügung des Emitterwiderstandes wird zwar der Arbeitspunkt
> durch die Stromgegenkopplung Temperaturkompensiert

Nein, das ist keine Kompensation, sondern nur eine Verringerung der 
Temperaturdrift. Selbst bei maximal möglicher Stromgegenkopplung 
(Emitterfolger) bleibt immer eine gewisse Temperaturdrift bestehen.

von Michael_ (Gast)


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Axel Schwenke schrieb:
> Ach ja. Und was hat "Transistor kompensiert anderen Transistor" mit
> "Thermistor kompensiert Transistor" zu tun? Ach, nichts?

Eben doch! Und er wird an der gleichen Stelle eingesetzt.
Nur wird der Thermistor schwieriger zu dimensionieren sein und ein 
Transi kann thermisch besser an den zu kompensierten Transistor montiert 
werden.
Im dritten Bild der genannten Quelle wird das gegenläufige thermische 
Verhalten von Basis zu Kollektor ausgenutzt.

ArnoR schrieb:
> Nein, das ist keine Kompensation, sondern nur eine Verringerung der
> Temperaturdrift. Selbst bei maximal möglicher Stromgegenkopplung
> (Emitterfolger) bleibt immer eine gewisse Temperaturdrift bestehen.

Wenn das sorgfältig gemacht wird, kann man eine weitgehende Kompensation 
erreichen. Heute mit Si ist das unwichtig. Damals mit Ge war das ein 
Thema und wir haben das berechnet.
Das Kofferradio am Strand wäre da nicht mehr gegangen.

von Nachtaktiver (Gast)


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@Arnor:
Da hast du natürlich Recht. (Und um ehrlich zu sein hatte ich eigentlich 
gar nicht daran gedacht!) Sollte aber bei passender Dimensionierung die 
restliche Temperaturabhängigkeit verschwindend gering sein?**


Oder anders formuliert:
Die Temperaturabhängigkeit sorgt für einen Drift des Arbeitspunktes. 
Solange die Schaltung sich im Kleinsignalbereich befindet und die 
Eigenschaften der Schaltung (Kleinsignalverstärkung und alle anderen 
Verknüpften Parameter) nocht nicht vom Arbeitspunkt selbst abhängen 
sollte der Effekt doch vernachlässigbar sein oder?

Gleichzeitig ist die Schaltung auch noch Wechselspannungsgekoppelt 
wodurch man kleine Veränderungen im ("absoluten")Arbeitspunkt in der 
darauf folgenden Stufe sowieso nicht "sieht".**


**Das ist natürlich abhängig von Ziel Applikation. Wahrscheinlich gibt 
es spezielle Messtechnische Anwendungen wo der Restwert des 
Temperaturkoeffizienten auch noch zu groß ist.

von ArnoR (Gast)


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Eine Kompensation (gegenseitiges Aufheben) setzt voraus, dass es ein 
Element mit gegenläufigem Verhalten gibt. Dann kann an einer Stelle oder 
in einem Bereich eine Kompensation erreicht werden. Mit einem 
Emitterwiderstand ist das nicht gegeben.

von ArnoR (Gast)


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Mein letzter Post (13:38) war an Michael gerichtet.

> Solange die Schaltung sich im Kleinsignalbereich befindet und die
> Eigenschaften der Schaltung (Kleinsignalverstärkung und alle anderen
> Verknüpften Parameter) nocht nicht vom Arbeitspunkt selbst abhängen
> sollte der Effekt doch vernachlässigbar sein oder?

Ja, es hängt zwar immer alles vom AP ab, aber solange das toleriert 
werden kann. Das haben wir auch gerade hier diskutiert:

Beitrag "Kleinsignalverstärker dimensionieren"

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Michael_ schrieb:
> Axel Schwenke schrieb:

>> Ach ja. Und was hat "Transistor kompensiert anderen Transistor" mit
>> "Thermistor kompensiert Transistor" zu tun? Ach, nichts?
>
> Eben doch!

Lies es doch einfach nochmal. Ich schrieb "niemand kompensiert 
Transistoren noch mit NTCs". Und als Gegenargument kam "aber man 
kompensiert Transistoren mit anderen Transistoren".

Na und?

Wenn ich sage "draußen regnet es nicht", ist "es ist aber windig" ja 
auch irgendwie am Thema vorbei.

> Und er wird an der gleichen Stelle eingesetzt.

Dann sei doch bitte mal so gut und zeig mir die Schaltung, wo ein 
Transistor als Zweipol analog zum NTC für die Temperaturkompensation 
verwendet wird.

Und natürlich ist ein Transistor kein NTC. Das scheitert schon daran, 
daß ein NTC keinen PN-Übergang enthält, andererseits der Transistor bei 
beliebiger Kontaktierung aber immer mindestens einen solchen aufweist.

> Nur wird der Thermistor schwieriger zu dimensionieren sein und ein
> Transi kann thermisch besser an den zu kompensierten Transistor montiert
> werden.

Sag bloß! Transistoren (zumal auf dem selben Substrat im gleichen Prozeß 
hergestellte) haben also viel besser gematchte thermische Eigenschaften?

Jetzt muß du nur noch herausfinden, warum dieser Fakt sich nicht als 
Gegenargument für "niemand kompensiert heute noch Transistoren mit NTC" 
eignet!

> Im dritten Bild der genannten Quelle wird das gegenläufige thermische
> Verhalten von Basis zu Kollektor ausgenutzt.

Das hast du also auch nicht verstanden ...


XL

von oldeurope (Gast)


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Axel, wofür stehen wohl die Buchstaben NTC?

von Axel S. (a-za-z0-9)


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oldeurope schrieb:
> Axel, wofür stehen wohl die Buchstaben NTC?

No Transistor, Certainly

Wenn du Korinthen k*cken willst, dann bitte in dein Frühstücksmüsli!

-----

Weil ArnoR schon angesprochen hat, daß es einen Unterschied gibt 
zwischen einer Kompensation und einer reinen Stabilisierungsmaßnahme - 
hier mal ein Beispiel für eine echte Kompensation:

Das wäre der U_be Multiplier in einer AB-Endstufe, der die 
Basis-Emitter-Vorspannung für die Endstufen-Transistoren erzeugt und 
damit den Ruhestrom vorgibt. Der violett unterlegte Teil hier:

http://www.mikrocontroller.net/attachment/144269/Endstufe2.png

Die Kompensation kommt hier dadurch zustande, daß U_be bei Silizium- 
Transistoren einen Temperaturkoeffizient von ca. -2mV/K hat und auch 
viel weniger exemplarabhängig ist als z.B. die Stromverstärkung.

Die Widerstandsbeschaltung rund um den gefärbten Transistor sorgt dafür, 
daß die Kollektor-Emitter-Spannung ein (mit dem Poti einstellbares) 
Vielfaches der U_be ist. Daher der Name: U_be Vervielfacher.

Wenn man die 5 Transistoren im Stromverstärker auf einen gemeinsamen 
Kühlkörper packt so daß sie ca. die gleiche Temperatur haben, dann fällt 
diese Vorspannung bei steigender Temperatur im gleichen Maße wie die 
U_be der 4 Transistoren in der Endstufe. Mit dem Ergebnis, daß der 
Ruhestrom thermisch stabilisiert wird. Die Kompensation ist nicht 
perfekt, weil man den Faktor knapp >4 einstellen muß (u.A. wegen der 
Emitterwiderstände, die aber als zusätzliche Stabilisierung wirken).


XL

von Michael_ (Gast)


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Axel Schwenke schrieb:
> Dann sei doch bitte mal so gut und zeig mir die Schaltung, wo ein
> Transistor als Zweipol analog zum NTC für die Temperaturkompensation
> verwendet wird.
Bei der Ruhestromeinstellung von Gegentaktendstufen.

Axel Schwenke schrieb:
>> Nur wird der Thermistor schwieriger zu dimensionieren sein und ein
>> Transi kann thermisch besser an den zu kompensierten Transistor montiert
>> werden.
>
> Sag bloß! Transistoren (zumal auf dem selben Substrat im gleichen Prozeß
> hergestellte) haben also viel besser gematchte thermische Eigenschaften?

Weil Thermistoren eine typische Kurvenform/Steilheit haben, die jeweils 
vom Widerstandswert abhängt. Man kann also nicht einen 10K durch einen 
100K ersetzen.
Und es ist auch eine Kostenfrage.

Axel Schwenke schrieb:
> Die Kompensation kommt hier dadurch zustande, daß U_be bei Silizium-
> Transistoren einen Temperaturkoeffizient von ca. -2mV/K hat und auch
> viel weniger exemplarabhängig ist als z.B. die Stromverstärkung.
Der Temperaturkoeffizient der Basis ist nicht gleich. Mit einem 
Emitterwiderstand wie im Bild 3 wird die Basis in einen Bereich 
gebracht, wo die gewünschte Kompensation eintritt. Exemplarstreuungen 
werden dadurch auch vermindert, was in einer Serienfertigung notwendig 
ist.

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