Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Analogtelefon - Funktionsweise / Anschluss an Raspberry Pi


von katze_sonne (Gast)


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Hallo!

ich habe mir gerade einen Raspberry Pi (Version B) bestellt, der 
vermutlich am Freitag geliefert wird :)

Nun ist meine Idee, daran ein normales Analog-Telefon daran 
anzuschließen (genauer: ein Gigaset A400 - wie ich erstaunt festgestellt 
habe sogar heutzutage noch Made in Germany!). Ob nun über die GPIO-Ports 
oder einfach einen Kopfhörer- / Mikroanschluss (dann wohl über eine 
USB-Soundkarte) weiß ich noch nicht - dafür kenne ich leider zu wenige 
der technischen Grundlagen der Telefonie. Dieses würde ich dann 
sozusagen als "Headset" benutzen, um damit VoIP-Gespräche zu führen. Das 
Wählen usw. ist derzeit erstmal nicht so wichtig, da ich auf dem Telefon 
sowieso fast nur angerufen werden werde (bzw. dann auch einfach über die 
Raspberry Pi Software eine Nummer eingeben kann, aber auch die Analyse 
von den DTMF-Wahltönen sollte ja nicht allzu kompliziert softwaremäßig 
umsetzen lassen).

An die Basisstation schließt man ja standardmäßig den 2-Adrigen 
RJ-11-Stecker an. Also eigentlich dürfte das mit analoger Technik und 
gerade mal zwei Adern eigentlich nicht allzu kompliziert werden...

...Aber wie ich leider feststellen musste, finden sich im Internet 
einfach so gut wie garkeine Informationen über die Technik, mit der 
(Analoge) Telefone funktionieren :( Ich habe jetzt schon mehrere Stunden 
gegooglet und mikrocontroller.net durchforstet - und nichts darüber 
gefunden. Vielleicht ein paar Dinge wie "Wie bringe ich ein altes W48 
zum klingeln" - aber das war's dann auch. Bisher habe ich es nichtmal 
hinbekommen, die Spannung herauszufinden, die man für den Betrieb eines 
modernen Analogen Telefons zugrundelegen muss... Also zwischen 25 V 
und 48 V habe ich alles gelesen.

Außerdem ist für mich noch die Frage: Wie wird die "Sprache" übertragen? 
Könnte man an die zwei Adern des RJ-11 Anschlusses mit 
Spannungsversorgung und entsprechenden Vorwiderständen (also einfach mal 
hypothetisch und Quick and Dirty) einfach einen Kopfhörer anschließen 
und dann das ins Telefon gesprochene hören? Oder wird das Audiosignal 
noch irgendwie "moduliert" oder irgendwie "anders" übertragen als auf 
dem Weg zu Lautsprechern / Kopfhörern?

Vielen Dank im Voraus :)
katze_sonne

von Axel S. (a-za-z0-9)


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katze_sonne schrieb:

> Nun ist meine Idee, daran ein normales Analog-Telefon daran
> anzuschließen

Das ist nicht so einfach, wie du dir das anscheinend vorgestellt hast.

> oder einfach einen Kopfhörer- / Mikroanschluss (dann wohl über eine
> USB-Soundkarte)

Der Teil wäre wohl noch am ehesten hinzubekommen. Wobei du da mindestens 
noch das Mikrofon austauschen mußt, weil ein Kohlemikrofon an der 
Soundkarte nicht funktioniert.

> An die Basisstation schließt man ja standardmäßig den 2-Adrigen
> RJ-11-Stecker an. Also eigentlich dürfte das mit analoger Technik und
> gerade mal zwei Adern eigentlich nicht allzu kompliziert werden...

Fehlschluß. Es wird nicht einfacher mit weniger Anschlüssen. Sonst wäre 
das Mobiltelefon (0 Anschlüsse) ja am einfachsten ;)

> ...Aber wie ich leider feststellen musste, finden sich im Internet
> einfach so gut wie garkeine Informationen über die Technik, mit der
> (Analoge) Telefone funktionieren :( Ich habe jetzt schon mehrere Stunden
> gegooglet

Ach komm!

http://de.wikipedia.org/wiki/Telefon
http://de.wikipedia.org/wiki/Gabelschaltung
http://de.wikipedia.org/wiki/Impulswahlverfahren
http://www.elektronik-kompendium.de/sites/kom/0212013.htm
http://www.bayern-online.com/v2261/artikel.cfm?DID=203&Product_ID=22878


XL

von Michael H. (michael_h45)


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katze_sonne schrieb:
> ...Aber wie ich leider feststellen musste, finden sich im Internet
> einfach so gut wie garkeine Informationen über die Technik, mit der
> (Analoge) Telefone funktionieren :( Ich habe jetzt schon mehrere Stunden
> gegooglet

wenn das wirklich stimmt, dann lass es gleich bleiben... wer sich so 
anstellt, kriegt das nie im leben hin.

von Michael R. (mexman) Benutzerseite


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>> (Analoge) Telefone funktionieren :( Ich habe jetzt schon mehrere Stunden
>> gegooglet
>
> wenn das wirklich stimmt, dann lass es gleich bleiben... wer sich so
> anstellt, kriegt das nie im leben hin.


FULL ACK!


Gruss

Michael

von troll (Gast)


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Michael H. schrieb:
> wenn das wirklich stimmt, dann lass es gleich bleiben... wer sich so
> anstellt, kriegt das nie im leben hin.

Das sehe ich leider ähnlich. Wenn man etwas googelt findet man sogar die 
Spezifikationen von dem ganzen Zeugs zum freien Download. So einfach ist 
das aber nicht, da sind Spannungen von 60V bei, garantiert nicht 
RaPI-kompatibel.

von Ralf G. (old-school) Benutzerseite


Angehängte Dateien:

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Hallo Zusammen,

vor ca. 30 Jahren habe ich mal eine Telefon-Anlage mit einem Z80 gebaut,

da habe ich das Interface ungefähr so gebaut ...

Das Telefon(W48) hängt in Reihe an einem Widerstand(330 Ohm), hebe man 
den Höhrer ab singt die Spannung an (a) ungefähr auf die Hälfte je nach 
Innenwiderstand der Apparates.
Beim Sprechen ändert sich dies etwas (+-) und kann über einen 
Kondensator ausgekoppelt werden.
Wählt man mit der Impulswählscheibe, wird der Apparat erst niederohmig 
und erzeugt 100mS lange Impulse Verhältnis 40/60, dazu wird der Apparat 
für 60mS hochohmig, so wie beim Auflegen ...

Das Klingeln habe ich damals mit einer positiv gelagerten 
Wechselspannung gelöst, so kann während des Klingen der Apparat 
überprüft werden ...

Wie sich der Innenwiederstand bei heutigen analogen Geräten verhält die 
ja zum teil Ihre Versorgung aus der Telefonleitung bezieht, kann ich 
nicht sagen. MFW müsste man am TON - Anschluss auswerten können.

!! Vorsicht die verwendetet Spannungen sind nicht OHNE ... also VORSICHT 
!!

Gruss Ralf

von BillX (Gast)


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2 einfache möglichkeiten:

1. Es gibt extra adapter um normale telefone über usb an rechner 
anzuschließen "voip usb analog" oder so ähnlich suchen

2. Fritzbox, voip ata, beliegiges gerät das auf einer seite sip spricht 
und auf der anderne seite analoge telefone anschließbar sind... und dann 
halt über ethernet...

Interessant für dich ist eventuell asterisk

von Christian B. (casandro)


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Also ich muss BillX zustimmen, was Fertiges und Asterisk wäre da in 
jedem Falle sinnvoller.

Zu Ralf-G. muss ich hinzufügen, dass Du da natürlich noch eine 
Brückenschaltung für die Richtungstrennung brauchst.

Übrigens, ich hab mal gerade nachgeschaut. Das Gigaset A400 ist ein DECT 
Telefon, kein analoges. Es hat aber die alte ANIS-Schnittstelle.

von Stefan W. (dl6dx)


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katze_sonne schrieb:
> ...Aber wie ich leider feststellen musste, finden sich im Internet
> einfach so gut wie gar keine Informationen

Glaub' ich nicht. Mit etwas Suchen hättest du (z.B. über Wikipedia) den 
Begriff "Teilnehmerschaltung" finden können. Der entsprechende englische 
Fachbegriff ist "Subscriber Line Interface Circuit" (SLIC).

Eine Suche nach "slic telephone" liefert bereits Unmengen von Treffern. 
Die Ergänzung um "discrete" sollte auch hilfreich sein.

So, jetzt bist du dran.

Grüße

Stefan

von Ohne Worte (Gast)


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Ralf G. schrieb:
> 100mS
> für 60mS

... mindestens genauso schwer auszurotten wie "Wiederstand"

http://de.wikipedia.org/wiki/Siemens_%28Einheit%29
http://de.wikipedia.org/wiki/Internationales_Einheitensystem#SI-Basiseinheiten

Groß-/Kleinschreibung als Glücksspiel - nicht einfach, aber 
beherrschbar?

von Stefan (Gast)


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Ich erkläre Dir mal, wie ein analoges Telefon prinzipiell funktioniert. 
Fangen wir mal mit der einfachsten Grundschaltung für den Telefonhörer 
an:
1
a o--------[Lautsprecher]------[Mikrofon]---------o b
Im einfachtsen Fall enthält der Telefonhörer einen Lautsprecher und ein 
Kohlemikrofon in Reihe. Das Kohlemikrofon wirkt wie ein Widerstand, 
dessen Wert sich abhängig vom Luftdruck (Schallwellen) ändert.

Das Telefon wird mit einem Strom von 20-30mA betrieben, der ergibt sich 
aus der 60V Spannungsversorgung, dem Leistungswiderstand und dem 
Innenwiderstand diverser Spulen in der Vermittlingsstelle.

Telefone werden mit einem (annähernd) konstanten Strom betrieben, nicht 
mit einer konstanten Spannung! Die Spannung, die dabei am Telefon 
anliegt, variiert je nach Modell im Bereich 3-12 Volt.
1
                      _____
2
    o----------------|     |
3
60V                  |     | Telefon 1
4
    o---XXXXX--------|_____|
5
        ======        _____
6
    o---XXXXX--------|     |
7
60V                  |     | Telefon 2
8
    o----------------|_____|
Die Sprache modiliert die Spannung und Stromstärke am Telefon. Der 
Übertrager in der Vermittlungsstelle überträgt den 
Wechselspannungsanteil zum anderen Telefon.

Damit man den Gesprächspartner lauter hört, als sich selbst, ist die 
Grundschaltung des Telefonhörers in der Praxis etwas aufwändiger. Die 
folgende Schaltung war in den 70er Jahren üblich:
1
        +--[Lautspr.]--+
2
        |              |
3
        +----XXXXXX----+
4
           ==========
5
a o--------XXXXXXXXXX----+
6
                |        |
7
                |       ===
8
                |        |
9
            Mikrofon    |~|
10
                |       |_|
11
                |        |
12
b o-------------+--------+
Das R/C Glied soll die Eigenschaften der Telefonleitung nachahmen. 
Diesen Teil hat man je nach Modell mehr oder weniger Aufwändig gebaut.

Sinn der Sache ist der: Die Signale, die das Mikrofon abgibt, fließen 
links herum durch den Transformator zur Vermittlungsstelle (Anschüsse a 
und b). In gleicher Stärke fließen die Signale aber auch nach rechts 
herum zu der R/C Schaltung. Im Idealfall heben sich die Ströme 
(links/rechts) gegenseitig auf, so daß der Transformator keine Spannung 
an den Lautsprecher abgibt.

Aber den Idealfall will man gar nicht haben, denn dann denkt der 
Sprecher, das Telefon sei kaputt. Ein kleines bisschen soll man sich 
selbst schon hören können, darum genügt die einfache R/C Schaltung als 
Leitungsnachbildung.

Heutige analoge Telefone enthalten Ersatzschaltungen aus Transistoren 
oder IC's mit Electret Mikrofonen, die die obige Grundschaltung 
simulieren.

Den Rest schreibe ich im nächsten Beitrag, bitte hab' etwas Geduld.

von Stefan (Gast)


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Wenn Du eine Telefonanlage bauen willst, kannst Du mit 24V 
Versorgungsspannung arbeiten. 60V sind nur bei Kilometer langen 
Leitungen nötig.

Anstatt die Signale mittels Übertragen zum anderen Telefon zu 
übertragen, kann man auch einen Kondensator verwenden:
1
24V + o-----+--------------------------+
2
            |                          |
3
          [KSQ]                      [KSQ]
4
            |                          |
5
            +---||---[Schalter]---||---+
6
            |                          |
7
        [Telefon]                   [Telefon]
8
            |                          |
9
GND o-------+--------------------------+
KSQ sind Konstantstromquelle mit 30mA. Als Kondensatoren taugen 100yF 
Elkos. Wenn der Schalter geschlossen ist, wird die Sprache zwischen den 
Telefonen in beiden Richtungen übertrager. Der Schalter kann ein 
Relais-Kontakt sein, oder ein MOS Transistor (als IC: CD4066).

Die Konstantromquelle könnte mit der Transistorschaltung realisiert 
werden, die Ralf G bereits gepostet hat. Besser ist jedoch eine Gyrator 
Schaltung, denn die hat einen viel höheren Innenwiderstand für 
Wechselströme. Das Sprachsignal fließt dann zu einem viel geringeren 
Anteil in das Netzteil, so dass die Lautstärke besser wird.
1
 24V+ o----+----+------+
2
           |    |      |
3
     22   |~|  ===     | 100yF
4
    Ohm   |_|   |      |
5
           |    |    |/<
6
           +----+----|    BC558B
7
           |         |\
8
           |           |
9
           >\|         |
10
BC160-16     |---------+
11
            /|         |
12
           |          |~|
13
           o          |_| 10k 
14
       Ausgang         |
15
                       |
16
                      GND
Der BC160 muss mit einem Kühlstern ausgestattet werden, sonst wir er zu 
heiß. Ohne Kondensator wäre das eine Konstantstromquelle. Der 
Kondensator macht daraus einen Gyrator. Der Gyrator reagiert auf 
Strom-Schwankungen nur sehr träge - er ist für Wechselspannungen 
hochohmig, verhält sich also (fast) wie die Spule des Übertragers in der 
Vermittlungsstelle.

Einziger Haken: Im Einschaltmoment fließt für kurze Zeit ein deutlich 
höherer Strom, als die 30mA. Der 10k Widerstand begrenzt den Strom 
zusammen mit dem Verstärkungsfaktor des BC160 auf einen Wert, den 
Telefon vertragen.

Die Polarität (a/b) der Telefone ist übrigens beliebig.

Im nächsten Beitrag beschreibe ich, wie Telefone klingeln.

von troll (Gast)


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@ Stefan
Du scheinst eine Menge Ahnung von der Sache zu haben. Vielleicht wäre 
ein Artikel hier in der Artikelsammlung sinnvoll? Da geht das Wissen 
nicht so schnell im Rauschen unter.

von Stefan (Gast)


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Telefone klingeln, wenn man eine Wechselspannung (48-60V) anlegt. Bei 
den analogen Vermittlungsstellen der Post hatte diese Wechselspannung 25 
Hz und sie wurde zur Versorgungsspannung addiert:
1
                         470nF
2
        o--------a--------||----+
3
60V DC                          |
4
        o                       X
5
        |                       X Klingel-Spule
6
        o                       X
7
60V AC                          |
8
        o--------b--------------+
Im Telefon befindet sich in Reihe zur Klingel ein Kondensator, der nur 
den Wechselstrom durch lässt. Es fließt kein Gleichstrom, obwohl eine 
Gleichspannung anliegt.

Mit 50Hz funktioniert es auch, aber mechanische Klingeln hören sich 
damit weniger gut an. Auf elektronische Signalgeber hat die höhere 
Frequenz jedoch keinen negativen Einfluss.

Die Klingeln haben eine Stromaufnahme von weniger als 50mA.

Wenn der Angerufene Teilnehmer den Hörer abhebt, wird ein Schalter 
umgelegt. Der Schalter unterbricht den Strom zur Klingel und schaltet 
stattdessen die Schaltung für den Hörer an die Leitung.

Die Vermittlungsstelle erkennt, das nun nicht nur ein Wechselstrom 
fließt, sondern auch ein Gleichstrom. Sie schaltet die Klingel-Spannung 
ab und verbindet den angerufenen Teilnehmer mit an Anrufer.

Im nächsten Beistrag beschreibe ich, wie die Wählscheibe funktioniert.

von Stefan W. (dl6dx)


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Stefan schrieb:
> Im nächsten Beitrag beschreibe ich, wie die Wählscheibe funktioniert.

Hallo Namensvetter,

vielleicht sollten wir uns aufteilen.

Hier Beitrag "Re: Impulsverfahren auslesen / Morsecodes im uC interpretieren" und hier 
Beitrag "Re: Impulsverfahren auslesen / Morsecodes im uC interpretieren" hab ich schon mal 
was zum Impulswahlverfahren geschrieben.

Ich könnte das noch einmal zusammen fassen und das 
Mehrfrequenzwahlverfahren ergänzen.

Grüße

Stefan

von Harald W. (wilhelms)


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Stefan schrieb:

> Im nächsten Beistrag beschreibe ich, wie die Wählscheibe funktioniert.

Telefonkursus für Anfänger in mehreren Lektionen? :-)
In welcher Lektion ist denn dran, wie ich den Hörer halten muß,
Schnur nach oben, oder Schnur nach unten? :-)
Gruss
Harald
PS: Erinnert mich irgendwie an das Frühstück der Gebrüder Blattschuss:
"und eins und zwei und morgen verrat' ich ihnen die Auflösung
des Knotens"

von Stefan (Gast)


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Die Wählscheibe enthält einen Schließer-Kontakt, der die Schaltung des 
Telefonhörer überbrückt, sowie einen Unterbrecher-Kontakt, der Impulse 
an die Vermittlungsstelle sendet.

Tastentelefone mit Impuslwahl-Verfahren funktionieren genau so, nur dass 
die ganze Mechanik durch Elektronik ersetzt ist.
1
   
2
      Unterbecher       
3
a o-----o/o-----+------------------o a
4
                |
5
                o
6
                / Schließer        Zum Telefonhörer
7
                o
8
                |
9
b o-------------+------------------o b
In der Ausgangsposition der Wählscheibe ist der Unterbrecher-Kontakt 
geschlossen und der Schließer-Kontakt ist offen.

Wenn Du nun die Wählscheibe drehst, wird der Shließer geschlossen. Er 
überbrückt den Telefonhörer, so dass die Impulse des Unterbrechers in 
voller höhe in Richtung Vermittlungsstelle fließen.

Der Unterbrecher Kontakt wird aktiv, sobald Du die Wählscheibe zurück 
drehen lässt. Bei einer 1 unterbricht er einmal, bei einer 2 unterbricht 
er zweimal, bei einer 0 unterbricht er 10 mal. Das genaut Timing weiß 
ich nicht mehr. Ich meine aber, dass die 10 Impulse innerhablb einer 
Sekunde stattfinden.

Als modernere Alternative haben wir heute das Mehrfrequenz Verfahren 
(MFV). Das funktioniert ganz anders:

Die Tastatur eines MFV Telefons hat drei Spalten und vier Reihen. Jeder 
Spalte ist eine Tonfrequenz zugeordnet, und jeder Reihe ist eine 
Frequenz zugeordnet. Wenn Du eine Taste drückst, erzeugt die Tastatur 
einen gemischten Ton aus den Frequenzen der entsprechenden Reihe und 
Spalte. Es sind also immer zwei Töne.

Dazu erinnere ich mich an ein sehr lustiges Experiment: Als Kinder 
hatten wir mal versucht, diese beiden Töne zu zweit zu singen und so 
unsere Oma anzurufen (war eine 4-Stellige Rufnummer). Wir haben es nicht 
leider nciht geschafft.

Zur Erkennung dieser Ton-Kombinationen gibt (oder gab) es einen 
Mikrochip mit Namen MT8870. Den hatte ich mal eingesetzt, war sehr 
einfach anzuwenden. Besorge Dir den Chip und baue die Schaltung einfach 
genau so auf, wie sie im Datenblatt empfohlen wird.

http://www.alldatasheet.com/datasheet-pdf/pdf/MITEL/MT8870.html

Ansonsten könntest Du die Töne auch mit einem ADC einlesen und mit der 
Fourier-Analyse erkennen. 
http://wwwitp.physik.tu-berlin.de/~basti/download/10_fourieranalyse.pdf

von Stefan W. (dl6dx)


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Stefan Wagner schrieb:
> Ich könnte das noch einmal zusammen fassen und das
> Mehrfrequenzwahlverfahren ergänzen.

Das Telefon kann der Vermittlungsstelle (Telefonanlage) auf zwei Wegen 
mitteilen, zu welcher Rufnummer eine Verbindung aufgebaut werden soll:

Das ältere Verfahren ist die Impulswahl. Ein Wahlimpuls ist eine 
Unterbrechung des Stromflusses in der Leitung (Schleifenunterbrechung). 
In den Pausen zwischen den Impulsen fließt Strom (die Schleife ist 
geschlossen).

Die Nenndauer für einen Puls (Unterbrechung) ist 60 ms, die Pause 40 ms. 
Das Verhältnis von Puls und Pause soll 1,5:1 sein.

Die Ziffer 1 wird durch 1 Wahlimpuls dargestellt, die Ziffer 2 durch 2 
(usw. bis zur Ziffer 9 mit 9 Wahlimpulsen und der Ziffer 0 mit 10 
Wahlimpulsen.

Die Pause zwischen zwei Ziffern muss min. 650 ms betragen.

Wenn ein mechanischer Kontakt verwendet wird, muss seine Prellzeit <= 3 
ms sein.

Die Mehrfrequenzwahl kommt im nächsten Beitrag.

von Stefan W. (dl6dx)


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Für die Mehrfrequenzwahl wird jede Wahlziffer durch einen Doppelton 
(zwei parallel gesendete Frequenzen) dargestellt.
1
             Obere Frequenzgruppe
2
          Hz  1209 1336 1477
3
Untere    697   1   2    3
4
Frequenz- 770   4   5    6
5
gruppe    852   7   8    9
6
          941   ∗   0    #

Das Wahlsignal dauert mindestens 80 ms, die Pause zwischen zwei 
Wahlsignalen ebenfalls mindestens 80 ms.

von Stefan (Gast)


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Der Vollständigkeit halber möchte ich nun noch die digitalen Signale 
erklären, die inzwsichen als optionales Feature hinzugefügt wurden:

Zuerst sei da der Gebührenimpuls zu nennen. Früher hatte man einen 
festen Preis pro Impuls (ähnlich der Stromrechnung). Je nachdem, ob man 
ein ortsgespräch, Ferngespräch oder Auslandsgesräch führte, wurde die 
Abrechnung unterschieldich schnell getaktet. Bei jedem Takt fielen 
einige Pfennige an.

Die Gebührenimpulse konnate man sich gegen Gebühr ans Telefon senden 
lassen. Damit verbunden war ein Gebühren-Impuls-Zähler, der die Impulse 
auf einem mechanischen Zählwerk anzeigte.

Die Impulse waren einfach kurze Pieptöne (von etwa 300ms Länge) mit 
einer Frequenz von (ich glaube) 16 Kilohertz. Dise wurde mit L/C Filtern 
an den beiden Leitungen a und b abgegriffen und dem Zählwerk zugeführt.

Darüber hinaus gibt es noch die Anrufer-Erkennung, also die Übermittlung 
der Rufnummer des Anrufers. Diese wird mittels FSK Modulation in der 
Pause zwischen den ersten beiden Klingeltönen übertragen. Das ist aber 
so komplex, das willst Du sicher nicht nachbauen.

Lesestoff dazu gibts hier: Beitrag "EM92547 Caller ID FSK Decoder, Rufnummernanzeige"

von Stefan (Gast)


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Hilft Dir das weiter?

@Stefan Wagner: Danke, so musste ich die Frequenzen nicht heraus suchen.

von Stefan (Gast)


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@troll
Ich glaube nicht, dass dieser alte Kram heute noch von Interesse ist.

Ähh, warum habe ich das alles dann geschrieben? Ich muss bekloppt sein. 
Oder gelangweilt. Ja, das ist es wohl.

von Stefan (Gast)


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@katze_sonne

Di Schaltung mit dem Gyrator hast Du ja jetzt. Da kannst Du mit einem 
Kondensator auch die Sprache vom Mikrofon abzeigen, um sie mit dem 
Audio-Eingang des Raspberry Pi zu verbinden. Du kannst Da auch den 
Audio-Ausgang des Raspberry Pi (über 100yF Kondensator) anschließen.

Der Haken ist: Du kanst nicht ohne weiteres beides gleichzeitig 
anschließen, denn dann bekommst Du eine Rückkopplung.

Wenn Du Sprache in beide Richtungen übertragen willst, musst Du die 
Schaltung aus obigem Beitrag von 12:04 aufbauen. Ein Telefon hälst Du 
Dir an das Ohr, das andere zerlegst Du und schließt es an den Computer 
an:

Lautsprecherausgang -> Mikrofon Eingang
Mikrofon <- Kopfhörer Ausgang (über 100yF Kondensator).

Oder du zerlegst kein Telefon, sondern baust die Schaltung mit dem 
Transformator und der Leitungsnachbildung irgendwie anders nach. Das ist 
aber nicht einfach! Es kommt darauf an, dass Du dich selbst nicht allzu 
laut selbst hören darfst, sonst entseht eine Rückkopplung und ein ganz 
hässliches Echo oder Pfeifen.

Vergess nicht Schutzschaltungen gegen Überspannung!

von Stefan W. (dl6dx)


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Stefan schrieb:
> Die Gebührenimpulse waren einfach kurze Pieptöne (von etwa 300ms Länge)
> mit einer Frequenz von (ich glaube) 16 Kilohertz.

16 kHz +/- 80 Hz, Klirrfaktor < 10%, Dauer 78 - 170 ms, Abstand >= 132 
ms.
In Österreich waren es (aus der Erinnerung) übrigens 12 kHz.

Grüße

Stefan

von ... (Gast)


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Stefan schrieb:
> Audio-Eingang des Raspberry Pi zu verbinden

der pi hat keinen audio input

von Alexander Schmidt (esko) (Gast)


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Danke an Stefan & Stefan für die ausführlichen und eingängigen 
Erklärungen. Selten liest man in einem Diskussionsfaden soviel geballtes 
Wissen, da liegt es nahe diese Informationen ins Wiki zu übernehmen.

Fragen nach Analogtelefonen kommen hier relativ häufig:
http://www.mikrocontroller.net/search?query=analogtelefon&sort_by_date=1

von Rottu (Gast)


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troll schrieb:
> @ Stefan
> Du scheinst eine Menge Ahnung von der Sache zu haben. Vielleicht wäre
> ein Artikel hier in der Artikelsammlung sinnvoll? Da geht das Wissen
> nicht so schnell im Rauschen unter.

Jeder kann einen Wiki Artikel schreiben, auch du mein Sohn.

von troll (Gast)


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Stefan schrieb:
> @troll
> Ich glaube nicht, dass dieser alte Kram heute noch von Interesse ist.
Das sehe ich anders, schließlich wird es auch heute noch viel genutzt. 
Eine Telefonnetznachbildung mit µC wäre mal was... Hab jetzt nicht die 
Suche gefragt, aber die umgekehrte Version (µC ans Telefonnetz) wurde 
hier schon mehrfach angesprochen. Da sind solche Infos viel wert.

von eismeraldo (Gast)


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Hallo  Harald
Auf der Suche nach einem einfachen, aber aufschlussreichen Hinweis zur 
Frage, wie man ein analoges Telefon zum klingeln bringt, bin ich auf die 
sehr aufschlussreiche Artikel-Serie von Stefan gestossen. Leider gibt es 
in diesem Forum immer wieder solche vermeintlichen Schlaumeier, die 
lediglich Schwachsinn platzieren und überhaupt nicht's zur Fragestellung 
beitragen.
Nimm Dir doch bitte lieber ein Beispiel an Stefan!

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