Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Bipolar Emitterschaltung


von Flecki (Gast)


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Hallo Leute!

Ich will ein Signal Verstärken. Dazu wollte ich einen NPN Transistor in 
Emitterschaltung betreiben. Als ich im Internet nach 
Berechnungsbeispielen zu den zugehörigen Bauteilwerten gesucht hab, 
wurde da immer "das Pferd von hinten aufgezäumt": Zuerst wurde immer der 
Arbeitspunkt ausgewählt und anhand dessen dann der Basisstrom ermittelt.

Ich denke aber das ich doch zuerst von meinem Signal ausgehen sollte! 
Also ich hab jetzt mal konkrete Werte, die ich weis:
Transistor:     Ube: 0,7V
(Typ:BC337)     hfe: 100-600 - ich nahm 200 an (wg. hoher Frequ.)
                Emmitter Cutoffcurrent: 100nA
Eingangssignal: 53mV, 100MHz, Innenwiderstand: 24Ohm
Betriebsspannung: 8V
Ich will dieses Signal möglichst stark Verstärken. Ich nehme mal an, 
dass ich das Signal mit 0,5mA belaste. Der Cutoffcurrent = 100nA, ich 
nehme quasi einen Sicherheitsabstand von 0,2mA. Der Ruhestrom währe 
somit bei 0,2+0,5mA = 0,7mA. Das Signal bewirkt also das Ib zwischen 
0,2mA und (0,7+0,5) 1,2mA schwankt. Durch hfe kann ich dann den 
Ruhekollektorstrom ausrechnen: 200*0,7mA= 140mA. Die 
Arbeitspunktspannung ist 8V/2=4V. Der Arbeitspunkt ist somit 4V und 
0,7mA. Die Arbeitspunktstabilisierung (R Emitter) soll 1V fressen. Somit 
Kollektorwiderstand = (8V-4V-1V)/140mA = 22 Ohm. Somit Emitterwiderstand 
= 1V/(140mA+0,7mA) = 7 Ohm. Dieser wird noch von einem Kondensator 1nF 
für die HF überbrückt.
Jetzt zum Spannungsteiler für Ib: Querstromverhältnis = 10, somit 
Ispannungsteiler = 10*0,7mA = 7mA. R2 (unten) = (Uremitter+Ube)/7mA = 
(1V+0,7V)/7mA = 243 Ohm. R1 (oben) = (8V-1,7V)/7,7mA = 818 Ohm.

Soweit soschön. Der Spannungsteiler belastet meine Signalquelle nur 
unwesentlich. Allerdings beträgt der Widerstand BE beim Transistor 
0,7V/0,7mA = 1kOhm. Damit kann das Signal garnicht einen Ib unterschied 
von 0,5mA verursachen, da die Effektivspannung nur bei 53mV im Leerlauf 
liegt. Jetzt weis ich nicht wie ich vorgehen soll.

Dazu zwei Fragen: Stimmt meine obige Berrechnung soweit?
Und: Wie kann ich dieses Problem lösen? Ich brauch quasi einen 
niederohmigen Verstärkereingang? Basisschaltung? Aber damit erreiche ich 
keine Stromverstärkung.

Ich danke schonmal für die Nerven fürs durchlesen und würde mich über 
eine Antwort sehr freuen!

von Helmut L. (helmi1)


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Flecki schrieb:
> Allerdings beträgt der Widerstand BE beim Transistor
> 0,7V/0,7mA = 1kOhm.

Das ist nicht richtig. Du gehst von einer linearen Kennlinie aus. Das 
ist aber beim Transistor nicht so. Es gibt dafuer den differenziellen 
Eingangswiderstand und der ist Arbeitspunkt abhaengig.

Beispiel Emitterschaltung mit ueberbrueckten RE:

Der dynamische Widerstand des Emitters errechnet sich aus:

re = Ut/IC

Ut = 25mV bei Raumtempertur sogenannte Temperaturspannung.
IC = dein Kollektorstrom fuer den gewaehlten Arbeitspunkt.

bei 10mA IC z.B. ergibt sich re zu 2.5 Ohm

an der Basis erscheint sie um die Stromverstaerkung groesser.

Also bei Niederfrequenz zu

rbe = re * B

bei Faktor 100 wird die dann zu 250 Ohm.

Nun zu deinen 100MHz.

Das ist fuer einen BC337 schon reichlich. Die Stromverstaerkung ist da 
auch schon sehr klein geworden. Der hat bei 10mA IC nur eine 
Transistfrequenz von 100Mhz.

Also reicht der nicht. Auch sind seine Kapazitaeten schon gross. Ist 
halt ein Schalttransistor und kein HF Transistor.

von Flecki (Gast)


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Helmut Lenzen schrieb:

> Flecki schrieb:
>> Allerdings beträgt der Widerstand BE beim Transistor
>> 0,7V/0,7mA = 1kOhm.
>
> Das ist nicht richtig. Du gehst von einer linearen Kennlinie aus. Das
> ist aber beim Transistor nicht so. Es gibt dafuer den differenziellen
> Eingangswiderstand und der ist Arbeitspunkt abhaengig.

Okay, das ist gut.

> Beispiel Emitterschaltung mit ueberbrueckten RE:
>
> Der dynamische Widerstand des Emitters errechnet sich aus:
>
> re = Ut/IC

Also bei mir: 25mV/140mA = 180mOhm = Rce

> bei Faktor 100 wird die dann zu 250 Ohm.

Somit Rbe = Ut/Ib = 25mV/7mA = 3,6 Ohm. Stimmt so? Das währe supi!

> Nun zu deinen 100MHz.
>
> Das ist fuer einen BC337 schon reichlich. Die Stromverstaerkung ist da
> auch schon sehr klein geworden. Der hat bei 10mA IC nur eine
> Transistfrequenz von 100Mhz.
>
> Also reicht der nicht. Auch sind seine Kapazitaeten schon gross. Ist
> halt ein Schalttransistor und kein HF Transistor.

Das ist ein BC337-25 von Motoroller. Da steht im Datenblatt Amplifier 
Transistor. Und Transitfrequenz ist 210MHz. Allerdings steht da auch 
noch: "Current–Gain—Bandwidth Product (Ic = 10 mA, Vce = 5.0 V, f = 100 
MHz).
Ich hab da quasi 2 angegebene Frequenzen und kann die nicht wirklich 
zuordnen. Kann mir da jemand kurz den Unterschied sagen?

Das Datenblatt währe dieses: 
http://www.produktinfo.conrad.com/datenblaetter/150000-174999/154598-da-01-en-BC337.pdf

von Helmut L. (helmi1)


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Bei NXP steht ft = 100MHz

http://www.nxp.com/documents/data_sheet/BC817_BC817W_BC337.pdf

Ueberigens ist dein Transistor am kochen

IC = 140mA  UCE = 4V
Pv = 0.14 * 4 = 560mW !

von ArnoR (Gast)


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> Jetzt weis ich nicht wie ich vorgehen soll.

Jedenfalls nicht so wie oben gemacht.

Bei einem Verstärker im Emitterschaltung kannst du bei 
Spannungssteuerung  von einer Grenzfrequenz von etwa ft/(5...10) 
ausgehen. Damit du bei 100MHz überhaupt eine Verstärkung bekommst, muss 
der Transistor also etwa 0,5...1GHz Transitfrequenz haben.
Bei 100MHz braucht man normalerweise auch definierte Impedanzen, also 
z.B. 50Ohm Ausgangswiderstand. Da bei der Emitterschaltung Ra~Rc ist, 
wählt man den zu 51Ohm. Ein geeigneter Transistor ist z.B. der BFR96. 
Der hat sein ft-Maximum bei IC~50mA. Nun einen Re für brauchbare 
AP-Stabilität, z.B URe~1,1V, also 22Ohm. Baisisteiler kannst du selbst.
Hab mal eine Schaltung mit und ohne Stromgegenkopplung und mal 
breitbandig und mal schmalbandig angehängt. Beachte, dass man oft auch 
Störsignale neben der Nutzfrequenz hat und diese nicht auch noch höher 
verstärken sollte als das Nutzsignal (also Gegenkopplung verwenden und 
Kondensatoren anpassen).

von Flecki (Gast)


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Ich hab noch eine Anmerkung:

> hfe: 100-600 - ich nahm 200 an (wg. hoher Frequ.)

Das ist ja schwachsinn. hfe ist ja für den Ruhestrom immer gleich, egal 
welche Frequenz ich nachher verstärken will?! Die Verstärkung des 
Signals selber müsste mit steigender f sinken.

> Ueberigens ist dein Transistor am kochen
> IC = 140mA  UCE = 4V
> Pv = 0.14 * 4 = 560mW !

625mW hält er laut Datenblatt aus. Trotzdem habe ich das Gefühl das dies 
nicht die passende Schaltung für meine Zwecke ist.
Mein Ziel währe halt mit möglichst wenigen Transistoren und möglichst 
wenig Leistung 100MHz Ueff 56mV auf 2,9V auf bringen. Daran würde ich 
einen Zähler anschließen wollen und evtl. andere Digitale Bausteine. 
Aber das nur nebenbei.

Und wie siehts aus mit diesen 2 Frequenzen im Datenblatt? Weis jemand 
den Unterschied der beiden? Ich dachte das die Transitfrequenz angibt ab 
welcher die Verstärkung <1 ist?

von Falk B. (falk)


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@ Flecki (Gast)

>> Pv = 0.14 * 4 = 560mW !

>625mW hält er laut Datenblatt aus.

Bei optimaler Kühlung.

>Mein Ziel währe halt mit möglichst wenigen Transistoren und möglichst
>wenig Leistung 100MHz Ueff 56mV auf 2,9V auf bringen.

Warum sagst du das nicht gleich?

>Daran würde ich
>einen Zähler anschließen wollen und evtl. andere Digitale Bausteine.
>Aber das nur nebenbei.

Nö, das ist ESSENTIELL!!! Siehe Netiquette!

Ein 56mV Signal ist groß genug für einen Komparator. Such dir also einen 
passenden 100MHz Komparator und schwupps hast du ein wunderbares 
Logiksignal.

>den Unterschied der beiden? Ich dachte das die Transitfrequenz angibt ab
>welcher die Verstärkung <1 ist?

Das ist auch so. Aber heute baut man so gut wie gar nicht einen 
Verstärker aus diskreten Transistoren aus. Das wird riesig, aufwändig 
und ist am Ende doch schlechter als eine integrierte Lösung.

von Flecki (Gast)


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ArnoR schrieb:
> Bei 100MHz braucht man normalerweise auch definierte Impedanzen, also
> z.B. 50Ohm Ausgangswiderstand.

Die Impedanz am Ausgang eines Verstärkers == der Innenwiderstand oder?
Das hat aber zuallererstmal nichts mit dem Wellenwiderstand eines evtl. 
danach angeschlossenen Leiters zu tun? Tschuligung für die blöde Frage, 
aber ich will nur sichergehen.

Falk Brunner schrieb:
> Das ist auch so. Aber heute baut man so gut wie gar nicht einen
> Verstärker aus diskreten Transistoren aus. Das wird riesig, aufwändig
> und ist am Ende doch schlechter als eine integrierte Lösung.

Okay, jetzt würd ichs aber doch mal rein interesse halber wissen wollen: 
wenn ich mit meinen Vorgaben arbeite, wie viele Transistoren bräuchte 
ich ca. mit meinem BC337 bzw. mit HF-Transistoren und mit wie viel 
Verlustleistung müsste man rechnen? Kann man das überhaupt so aus dem 
"Handgelenk" abschätzen? Und welche Schaltung würde man da nehmen?

Und zu guter letzt: in der Integrierten Lösung sind doch auch nur 
Transistoren. Bei einem guten Aufbau müsste man doch auch diskret 
akzeptable Ergebnisse bekommen, ich meine 100MHz ist nicht wenig, aber 
doch auch nicht soo viel?!

von Peter (Gast)


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Zeige mal am besten ein Schema.

Der hfe Wert ist übrigens für DC spezifiziert (gut für die 
Dimensionierung des Arbeitspunktes) für 100 MHz gilt der Wert aufgrund 
diverser parasitärer Effekte nicht mehr.

Für einen HF-Verstärker ist die Transit-Frequenz "ft" noch wichtig, der 
Wert definiert die Grenzfrequenz, bei dem der Transistor noch eine 
Verstärkung von 1 erreicht (im optimalen Arbeitspunkt). Wenn Du bei 100 
MHz noch eine Verstärkung von 10 haben möchtest, dann muss ft = 
10*100MHz = 1GHz betragen. Für Verstärker im VHF-Bereich nimmt man 
üblicherweise Transitstoren mit einem ft von 3..6 GHz.

von Helmut L. (helmi1)


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Flecki schrieb:
> Die Impedanz am Ausgang eines Verstärkers == der Innenwiderstand oder?
> Das hat aber zuallererstmal nichts mit dem Wellenwiderstand eines evtl.
> danach angeschlossenen Leiters zu tun? Tschuligung für die blöde Frage,
> aber ich will nur sichergehen.

So direkt nicht, aber in der HF-Technik hat sich die 50 Ohm so 
eingebuergert das man alles auf 50 Ohm auslegt. So kann man auch direkt 
eine Leitung anschliessen.

Flecki schrieb:
> Und zu guter letzt: in der Integrierten Lösung sind doch auch nur
> Transistoren. Bei einem guten Aufbau müsste man doch auch diskret
> akzeptable Ergebnisse bekommen, ich meine 100MHz ist nicht wenig, aber
> doch auch nicht soo viel?!

Das stimmt zwar, aber intern ist der Aufbau wesentlich kapazitaetsaermer 
als du das hinkriegen wuerdest. Da sind pf schon richtig dicke 
Kapazitaeten. Da wird eher in ff gerechnet. Das macht die Sache 
wesentlich schneller.

Flecki schrieb:
> Okay, jetzt würd ichs aber doch mal rein interesse halber wissen wollen:
> wenn ich mit meinen Vorgaben arbeite, wie viele Transistoren bräuchte
> ich ca. mit meinem BC337 bzw. mit HF-Transistoren und mit wie viel
> Verlustleistung müsste man rechnen?

Mit BC337 geht es gar nicht. Je nach Schaltung wuerde ich mal 5 .. 6 
tippen.

Kann man das überhaupt so aus dem
> "Handgelenk" abschätzen? Und welche Schaltung würde man da nehmen?

Man nimmt wegen der Stabilitaet meisten Differenzverstaerker. Dann sind 
es schon doppelt soviele.

Haengt aber alles stark vom Konzept ab. Selektivverstaerker brauchen 
ueberingens weniger Transistoren. Dafuer sind die allerdings 
Schmalbandig.

von Peter (Gast)


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>Mein Ziel währe halt mit möglichst wenigen Transistoren und möglichst
>wenig Leistung 100MHz Ueff 56mV auf 2,9V auf bringen.

20*Log(2900/56) => 34.3 dB

Bei 100 MHz ist das kaum mit einer Stufe hinzukriegen, Du solltest eine 
zweistufige Verstärkerschaltung planen.

von Peter (Gast)


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Anbei ein Schmalband Verstärker der gehen sollte, der bringt bei 100 MHz 
etwas über 40dB!

von Helmut L. (helmi1)


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Peter schrieb:
> Anbei ein Schmalband Verstärker der gehen sollte, der bringt bei 100 MHz
> etwas über 40dB!

Wenn man Pech hat sogar ohne Signal :=)

von Route_66 H. (route_66)


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Helmut Lenzen schrieb:
> Wenn man Pech hat sogar ohne Signal :=)

Das hat mit Pech nicht viel zu tun - das ist bei Anfängern die Regel!

von Rausch (Gast)


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Wie ist das eigentlich, wenn man HF mit dem Oszi misst? z.B. Hier 
100MHz. Der Tastkopf ist auf 1:1 gestellt. Man misst 20mV. Danach 1:10 
jetzt währen es plötzlich 200. Bricht die Spannung bei 1:1 ums zehnfache 
ein wg. Kapazität vom Tastkopf, oder wird der 1:10 Teiler durch selbige 
gebrückt? Welcher Wert stimmt jetzst?

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