Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Sallen-Key-Filter funktioniert nur theoretisch


von Chris (Gast)


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Ich habe heute ein Sallen-Key-Filter aufgebaut. Schaltung und Berechnung 
der Werte habe ich aus AoE übernommen. Die 3db Frequenz liegt bei ca. 8 
kHz. Die Schaltung habe ich angehangen (der 13k Widerstand ist 
eigentlich 11.7k; ich habe ein bisschen mit dem Wert herumprobiert). Ich 
möchte damit Rechteckpulse glätten.

In der LTSpice Simulation funktioniert das mit dem benutzten OpAmp auch 
wunderbar. Mir ist bei der Simulation schon aufgefallen, dass bei 
einigen mit LTSpice mitgelieferten OpAmps am Ausgang alles herauskommt, 
nur kein Rechtecksignal mit abgeschnittenen Ecken. Mit dem LTC6085 sieht 
das Ausgangssignal allerdings so aus, wie ich es gerne hätte.

Aufgebaut habe ich die Schaltung dann mit einem TLC274. Einen anderen 
OpAmp der einigermaßen R2R gehen kann, hatte ich nicht zu Hause. Und am 
Ausgang des OpAmp steht bei meinem Aufbau nur eine Gleichspannung von 
ca. 3V. Wenn man sich den Gleichstrom genau anssieht, sieht man, dass er 
ein ganz leichtes Schwingen aufmoduliert hat und zwar genau mit den 8kHz 
des Eingangssignals. Es handelt sich aber nur um ein paar Millivolt.

Den Schaltungsaufbau habe ich - gefühlt - 100 mal überprüft, was 
natürlich nicht viel heißen muss, weil man irgendwann betriebsblind 
wird.

Hat jemand eine Idee, wieso sich der Aufbau so gar nicht verhält wie ein 
Filter?

Achja...am Punkt zwischen R5 und R6 liegt - mehr oder weniger - eine 
Dreiecksspannung mit Gleichstromanteil an und an allen anderen Punkten 
der Schalung liegt nur Gleichstrom.

von Helmut S. (helmuts)


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Hättest du +5V und -5V Versorgungsspannungen an deinem Verstärker, dann 
hätte es wie aus dem Buch funktioniert. Ein Opamp der halt nur an 0V und 
+5V hängt kann weder 0V noch 5V sondern nur mit gewissem Abstand 
dazwischen.

Nachtrag: Dre Opamp kann maximal 5,5V zwischen plus und minus, also 
+2,5V und -2,5V. Alternativ halt den Eingang etwas nach "oben" schieben, 
wenn man nur 0V und +5V Versorgung hat.

von Chris (Gast)


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Ist ein bisschen problematisch, weil das Eingangssignal auch 5V hat, 
aber das kann ich natürlich teilen. Ich werds morgen mal probieren.

von Amateur (Gast)


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Hier sehen wir wieder mal, wie toll doch eine Simulation sein kann.
Geht wahrscheinlich auch mit V1=230V.
Und riecht dabei kein bisschen streng.

von Helmut S. (helmuts)


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So würde man es für 4V dimensionieren. Die Parallelschaltung der 3 
Widerstände ergibt 20kOhm.

Nachtrag: Wenn man mit 1/10 der Frequenz simuliert, dann stellt man 
fest, dass es bei 0V Eingang noch etwas knapp ist. Also noch etwas mehr 
anheben.

Zum Simulieren habe ich LTspice verwendet. Das ist ein kostenloser 
SPICE-Simulator. Einfach auf die .asc-Datei klicken und dann die 
Simulation starten.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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@Helmut:

Ist in deiner Simulation nicht C2 falsch angeschlossen?

von Helmut S. (helmuts)


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Yalu X. schrieb:
> @Helmut:
>
> Ist in deiner Simulation nicht C2 falsch angeschlossen?

Oh stimmt. Da hatte ich nicht aufgepasst.
Im Anhang die korrigierte Version.

von Kai K. (klaas)


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>Hättest du +5V und -5V Versorgungsspannungen an deinem Verstärker, dann
>hätte es wie aus dem Buch funktioniert. Ein Opamp der halt nur an 0V und
>+5V hängt kann weder 0V noch 5V sondern nur mit gewissem Abstand
>dazwischen.

Ich verstehe nicht, warum so viele Anfänger diesen lächerlichen Punkt 
nicht kapieren. Ist es wirklich so schwer zu verstehen, wie ein OPamp 
funktioniert??

von Helmut S. (helmuts)


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Ich hatte mich noch mit dem Gesamtwidertsand von 20kOhm verrechnet.

von Chris (Gast)


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Kai Klaas schrieb:
> Ich verstehe nicht, warum so viele Anfänger diesen lächerlichen Punkt
> nicht kapieren. Ist es wirklich so schwer zu verstehen, wie ein OPamp
> funktioniert??

Du machst es dir grade ein bisschen einfach. Es gibt ja durchaus etliche 
OpAmp Schaltungen, die mit einfacher Versorgungsspannung und 
Eingangssignalen gegen Masse funktionieren, solange der OpAmp bis an 
Ground kommt. Z. B. funktioniert o.g. OpAmp wunderbar als Puffer für das 
gegebene Eingangssignal. Er kann zwar nur bis ca. 1V unter Vcc am 
Ausgang, aber das ist in meinem Beispiel ja ok. Was für mich eher 
verwirrend ist, wann es funktioniert und wann nicht.

So ganz nebenbei...ich wollte mir das Anheben und teilen des 
Eingangssignals gerne sparen und nachdem es in LTSpice funktioniert hat, 
war es - so glaube ich - nicht ganz so abwegig es mal auszuprobieren.

@Helmut: Vielen Dank für deine Mühe...Ich werde heute Abend mal 
ausprobieren. Mein Screenshot kam übrigens auch von LTSpice.

von Kai K. (klaas)


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>Du machst es dir grade ein bisschen einfach. Es gibt ja durchaus etliche
>OpAmp Schaltungen, die mit einfacher Versorgungsspannung und
>Eingangssignalen gegen Masse funktionieren, solange der OpAmp bis an
>Ground kommt.

Kein OPamp geht am Ausgang wirklich zur Masse oder gegen die 
Versorgungsspannung. Das ist Propaganda der Hersteller. Auch wenn einige 
in ihren Datenblättern vollmundig schreiben, daß sie bis 1mV an die 
Rails heran kommen, dann ist das lediglich unter Spezialbedingungen 
möglich, beispielsweise für sehr langsam veränderliche 
Quasi-DC-Spannungen, oder mit dem Trick eines übersteuerten Eingangs. 
Was die Hersteller dann oft verschweigen, ist, daß ein in die Sättigung 
getriebener Ausgang teilweise extrem lange braucht, um wieder in den 
dynamichen Bereich zurückzukehren. Solche OPamps sind dann zwar für DC 
Rail-to-Rail, aber für schnellere Signale als DC sind sie eben nicht 
Rail-to-Rail. Daß sich alle DC Parameter des OPamp dramatisch 
verschlechtern, je näher man an die Rails heran geht, sei nur am Rande 
erwähnt.

Hersteller verbergen gerne diese Defizite, in dem sie beispielsweise 
beim "large step response" einen Spannungssprung zeigen, der nicht von 
Rail zu Rail geht. 2V Sprünge bei 5V Versorgungsspannung sind sehr 
beliebt. Praktisch alle dynamischen Parameter, wie "slew rate", "GBP", 
"settling time", etc., werden für Signale angegeben, die meilenweit von 
den Rails entfernt sind. Beim OPA340 werden die Klirrverzerrungen 
beispielsweise bei 5V Versorgungsspannung mit einem 3Vpp Ausgangssignal 
angegeben, das von 0,25V bis 3,25V schwingt. 0,25V sind 5% von der 
Versorgungsspannung. Das sind bei +/-15V Versorgung immerhin 1,5V. So 
gesehen, wäre sogar der TL072 ein Rail-to-Rail-Typ.

Gute Bücher über OPamps, ja sogar die "application notes" der Hersteller 
selbst, diskutieren dieses Verhalten detailiert und empfehlen immer, 
genügend weit von den Rails entfernt zu bleiben, wenn man die statischen 
und vor allem die dynamischen Eigenschaften eines Rail-to-Rail-Opamp 
voll ausschöpfen will. Aber immer weniger Anfänger sind gewillt, sich in 
diese "application notes" einzulesen. Da wird dann lieber schnell der 
Simulator angeworfen und wenn es "Probleme" gibt, kommen dann hier die 
Posts...

von Chris (Gast)


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Hast du vielleicht ein paar Empfehlungen guter Bücher über OpAmps?

von Kai K. (klaas)


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>Hast du vielleicht ein paar Empfehlungen guter Bücher über OpAmps?

TI hat tonnenweise hervorragende "applications notes" zum Thema OPamps.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Chris schrieb:
> Hast du vielleicht ein paar Empfehlungen guter Bücher über OpAmps?

  Beitrag "Re: OP Anfänger Frage"

von Chris (Gast)


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Sooo...heute bin ich mal wieder zum Basteln gekommen und wollte nochmal 
Feedback geben.

Heute habe ich das Filter mal zur Sicherheit in 2 Schritten aufgebaut. 
Zuerst das Eingangssignal in der Amplitude halbiert (mittels 
invertierendem Verstärker mit Verstärkung 0,5 wie in der Application 
Note sloa058 beschrieben) und danach das Signal auf das Filter gegeben. 
Das Ergebnis war zuerst das gleiche, wie bei den vorherigen Versuchen, 
also eine Gleichspannung auf Vcc/2 die leicht mit dem gewünschten Signal 
moduliert war.

Inzwischen habe ich das Problem gefunden und könnte mich in den ... 
beißen. Die 20k Widerstände waren keine 20k Widerstände, sondern falsch 
einsortiert. Mit den passenden Widerständen, funktionieren alle 
Schaltungsvarianten, die wir hier schon besprochen haben. Auch meine 
erste Variante funktioniert im Prinzip, auch wenn das Ausgangssignal 
dabei nicht ganz so sauber ist, wie bei den anderen.

Helmut's Variante ist natürlich deutlich eleganter, als meine mit 3 OPs. 
Eigentlich sogar 4, weil das Signal am Ende wieder verstärkt werden 
muss.

von Helmut S. (helmuts)


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Hallo Chris,

Danke für die Auflösung des "Rätsels".
ich nehme ehrlich gesagt jedes mal ein Ohmmeter und messe den Widerstand 
bevor ich ihn einlöte. Man weiß ja nie ob die Kollegen dachten sparsam 
zu sein und die verschütteten Widerstände auf Verdacht einsortiert 
haben. So einem SMD-Widerstand sieht man den Wert halt nicht an.

Gruß
Helmut

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