Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Lebensdauer High-Side Treiber - Praxiserfahrungen gesucht


von Oliver H. (olitheone)


Lesenswert?

Hallo

Hat jemand von euch konkrete Erfahrungen wie lange typische 
High-Side-Bootstrap Treiber (wie z.B. die ganzen IRx21xx 600V Teile) 
unter bestimmten Bedingungen überleben?

Ich frage deswegen da ich aktuell eine Leistungsendstufe designe wo ich 
so einen einsetzen möchte (wahrscheinlich IRS21064, Halbbrücke mit 
400Vdc, bis zu 80kHz Schaltfrequenz).
Grundsätzlich sehe ich da erstmal kein Problem - wenn da nicht ein 
älteres, etwas spezielles Design (nicht von mir) bei uns in der Firma 
wäre (IR2113S, Halbbrücke, nur max. 200V high side Spannung - im Schnitt 
eher 120V, nur 100Hz! Schaltfrequenz - also eigentlich Null 
Anforderungen) wo jedes Jahr bis zu 10 Treiber (bei 50-100 Stück 
jährlich produzierten) den magischen Rauch entflösen lassen. Die 
Netzteile sind zu diesem Zeitpunkt ganz verschieden alt (aktuell habe 
ich eines am Tisch wo das nach wenigen Tagen Betrieb passiert ist, im 
Schnitt kann man aber sagen das die Dinger 3 Jahre alt sind).

Was sagt ihr jetzt? Sind solche Treiber "tickende Zeitbomben"? Oder sind 
aktuelle Modelle (der IR2113 is ja doch ein älterer IC) da schon besser? 
Das neue Design sollte schon etwas mit langer Lebensdauer sein. Oder 
soll ich da den Weg mit einem Gate-Transformator gehen?


-Oli

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

@Oliver H. (olitheone)

>Hat jemand von euch konkrete Erfahrungen wie lange typische
>High-Side-Bootstrap Treiber (wie z.B. die ganzen IRx21xx 600V Teile)
>unter bestimmten Bedingungen überleben?

Keine Ahnung.

>wäre (IR2113S, Halbbrücke, nur max. 200V high side Spannung - im Schnitt
>eher 120V, nur 100Hz! Schaltfrequenz - also eigentlich Null
>Anforderungen) wo jedes Jahr bis zu 10 Treiber (bei 50-100 Stück
>jährlich produzierten) den magischen Rauch entflösen lassen.

>Schnitt kann man aber sagen das die Dinger 3 Jahre alt sind).

>Was sagt ihr jetzt? Sind solche Treiber "tickende Zeitbomben"?

Das beste Bauteil ist nur so gut, wie es in einer passenden Schaltung 
eingesetzt wird. Und gerade bei diesen Treibern gibt es einiges Zu 
beachten, da gibt es auch einiges App-Notes von IRF & Co. Speziell was 
Verdrahtung, Induktivitäten und böse Transienten angeht, Masseversatz 
zwischen LOW-Side Ausgang und Logikmasse etc.

10 Ausfälle bei 100 Geräten / Jahr ist um Größenordnungen zu hoch!

Da steckt ein systematischer Fehler dahinter.

>Das neue Design sollte schon etwas mit langer Lebensdauer sein. Oder
>soll ich da den Weg mit einem Gate-Transformator gehen?

Ist zumindest robuster und weniger fehleranfällig.

von blablub (Gast)


Lesenswert?

Ich würde mir das PCB Layout mal ganz genau ansehen... Bei anderen 
halten die Treiber auch viel länger also muss da in der Schaltung was 
nicht stimmen. Ich stimme Falk da voll zu!

von GB (Gast)


Lesenswert?

Also wir verbauen diese Treiber (IR2112, IR2113, IR2213) in großen 
Mengen (>100.000 Stück im Jahr).
Ohne nennenswerte Ausfälle (gerade mal nachgeschaut, rechnerisch 
0,004%).

Ihr macht also etwas falsch. Zu diesen Treibern gibt es einige 
Application Notes, die man auch tunlichst beachten sollte.

Allerdings haben diese Treiber bei hohen Schaltfrequenzen hohe 
Verlustleistungen, die werden also mächtig warm. Grund ist der aus 
Hochspannungs-MOSFETs aufgebaute Level-Shifter im IC.

von Matthias K. (matthias_k23)


Lesenswert?

Ich vermute mal einen systematischen Designfehler oder unzureichend 
spezifiziert, wie oben schon erwähnt.

Zu prüfen wäre, ob nicht durch irgendeine Schaltungskonstellation mal 
kurzzeitig Spannungen über den definierten Arbeitsbereich anliegen.
Diese können kapazitiv einkoppeln oder sonstwie über der Last enstehen 
... Sie schlagen vielleicht durch und der Treiber ist im inneren 
letztlich auch auf C-Mos Basis. Und damit wiederum extrem empfindlich 
ggü Spannungsspitzen. Empfindlicher als Deine LeistungsFets vielleicht 
...

Interessant wäre, ob dieser Fehler nur bei einen bestimmten Kunden 
auftritt, dann könnte man seinen Einsatzfall nachstellen.
Vielleicht zieht der ja den Leistungsstecker im Einsatz, und 
schwuppdiwupp haste für ein paar Millisekunden Klemmspannungen, die den 
5-fachen Wert der anliegenden Dauerspannung betragen. Das macht der 
Kunde vielleicht 20mal und dann gilt  5x200V = magic smoke
Eine zusätzlich Transildiode könnte gg. Peaks da Abhilfe schaffen.

von Oliver H. (olitheone)


Lesenswert?

Hallo


Ja wie gesagt das alte Design ist nicht von mir und ich kenn den 
Menschen nicht mal der das gemacht hat (darf nur sein Werke 
reaparieren). Das Design ist schon sehr großflächig, müsste nochmal 
genauer schauen aber bisjetzt wäre mir eigenltich absolut nichts in 
Richtung Überspannung o.ä. nichts aufgefallen. Genau darum habe ich hier 
ja nachgefragt ob diese Treiber Sensibelchen sind.
Aber tatsächlich tritt dies bei einem Kunden häufiger auf - leider 
ignorieren diese Anfragen bezüglich deren Aufbau usw. - bezahlen dafür 
brav die Reparatur :).

Aber die allgemeine Stimmung bei euch scheint zu sein "wenn mans richtig 
macht sind die recht zuverlässig" - dann werd ich mich mal bemühen und 
das Ding dann mal ein halbes Jahr quälen - haben glücklicherweise bis 
Sommer 2014 Zeit bevor wir liefern müssen.

-Oli

von GB (Gast)


Lesenswert?

Wenn die Bauteile häufiger sterben dann beachte diese Apllication Note, 
Seite 9:
http://www.irf.com/technical-info/appnotes/an-978.pdf

Das ist die häufigste Ausfallursache.

80kHz Schaltfrequenz könnten am IR schon zu viel sein, musst Du mal 
austesten, wie warm die ICs dabei werden.

von Oliver H. (olitheone)


Lesenswert?

@GB:
Wie äußern sich eigentlich die 0,004% Ausfälle bei den Treibern bei dir?
Also still und leise oder doch sichtbar? Bei mir ist z.B. fast immer das 
IC Gehäuse leicht aufgeplatzt (aber keine abgesprengten Beine oder so), 
mit 50:50 Chance für einen Kurzschluss vom High-Side Zweig auf Masse. 
Oft runiniert er dann auch das CPLD das den ansteuert da er da wohl die 
Hochspannung rausschießt.


Da die Leistung beim geplanten Design nicht allzu hoch werden wird hoffe 
ich das ich Mosfets einsetzen kann die mit wenige Gateleistung 
auskommen. Da sollte sich die Erwärmung in Grenzen halten.


-Oli

von Jörg E. (jackfritt)


Lesenswert?

Bei mir hats bei 2 Stück von dreien nur die highside zerlegt. Allerdings 
ohne gehäuseplatzer.
Und das bei 24V im Lastkreis. Und eigenem verschulden.

von Oliver H. (olitheone)


Lesenswert?

@Jörg:
Was war Schuld wenn ich fragen darf?

von Jörg E. (jackfritt)


Lesenswert?

Schlechter aufbau, nichtbeachtung von AN + doofheit ;)

von hans (Gast)


Lesenswert?

Oliver H. schrieb:
> Hat jemand von euch konkrete Erfahrungen wie lange typische
> High-Side-Bootstrap Treiber (wie z.B. die ganzen IRx21xx 600V Teile)
> unter bestimmten Bedingungen überleben?

hi oliver,
verstehe ich das richtig? du entwickelst für deine firma eine schaltung 
mit diesen IR-treibern und fragst in einem öffentlichen forum nach der 
möglichen lebensdauer der treiber unter gewissen einsatzbedingungen?
wäre es nicht am besten, direkt bei IR diese info zu holen? was machst 
du, wenn du hier auf foren-aussagen vertraust, und später im feld deine 
geräte ausfallen? wird dann deine firma besagte forenschreiber auf 
schadensersatz verklagen? mein tipp: es gibt nur eine instanz, die dir 
sagen kann, welche lebensdauer du erwarten darfst, und das ist IR. und 
wenn IR dir diese info nicht rausgibt, dann sind die IR-treiber auf gar 
keinen fall die richtige wahl für dein projekt.
hans

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

@ hans (Gast)

>mit diesen IR-treibern und fragst in einem öffentlichen forum nach der
>möglichen lebensdauer der treiber unter gewissen einsatzbedingungen?

Warum nicht? DIese Antworten sind doch nicht rechtsverbindlich.

>wäre es nicht am besten, direkt bei IR diese info zu holen? was machst
>du, wenn du hier auf foren-aussagen vertraust, und später im feld deine
>geräte ausfallen?

Die Schuld auf andere schieben, wie bei allen Fehlern ;-)

> wird dann deine firma besagte forenschreiber auf
>schadensersatz verklagen?

Kann es sein, dass du ein wenig übertreibst?

von Oliver H. (olitheone)


Lesenswert?

Hallo

Naja - ich wollte eben Erfahrungen von Leuten die diese Teile in echten 
Schaltungen einsetzen die eben vielleicht auch mal nicht so gut gemacht 
sind wie in den ANs der Hersteller beschrieben. Außerdem bin ich jetzt 
nicht auf IR festgelegt - mich interessiert da auch ein Vergleich mit 
anderen Herstellern solcher Treiber - da wird mir kein HErsteller sagen 
"ja eigenltich ist Hersteller xyz für beste Zuverlässigkeit bekannt" 
sondern jeder "wir sind die Besten".

Das Hersteller solche Infos nicht wirklich gerne rausgeben kenne ich 
noch von meinem vorherigen AG. Da ging es wirklich um hohe 5 stellige 
Jahresstückzahlen eines LED-Treibers (und dementsprechend viel Umsatz) 
und selbst nach fast einjährigem Nachbohren haben wir keine Aussage vom 
Herstller haben können bezüglich einer Richtung wie sich die 
wahrscheinliche Lebensdauer bei der Datenblattmaximaltemperatur 
entwickelt (also keinen Festnagelwert sondern wirklich nur eine 
Wahrscheinlichkeit) - aber nicht zu schaffen.


-Oli

von Peter D. (peda)


Lesenswert?

Diese 600V Treiber sind wirklich sehr empfindlich. Ein Kollege hat damit 
experimentiert und die dutzendweise getötet.
Blöd ist dann auch immer, daß alles andere mitgerissen wird. In der 
Regel ist auch die Platine hin (Leiterzüge verdampft).
Wir sind dann wieder zum Klassiker, also Optokoppler mit Gate-Treiber 
und DCDC-Converter als Versorgung zurück gekehrt.

Ich will nicht sagen, daß man die nicht zum Laufen bringen kann, uns ist 
es aber nicht gelungen. D.h. ich habs dann garnicht erst probiert.
Wir haben auch nicht die Stückzahlen, um lange experimentieren zu 
können. Eine teuere Lösung, die sofort funktioniert, ist daher besser.

: Bearbeitet durch User
von Oliver H. (olitheone)


Lesenswert?

@Peter:
Extra DC/DC Konverter wird sich in meiner Schaltung wohl nicht ausgehen.

Aber laut Hersteller kann man z.B. 
http://www.silabs.com/Support%20Documents/TechnicalDocs/Si826x.pdf auch 
bootstrappen (ist halt ein etwas größerer Kondensator nötig). Da diese 
preislich nicht so schlimm sind werde ich meine Lösung mal in diese 
Richtung versuchen.

-Oli

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.