Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Wo muss überall ein Kondensator ran?


von Robert Ungerer (Gast)


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Hey Leute,

da ich momentan viele verschiedene Versionen gehört habe, möchte ich 
jetzt nochmal genau nachfragen, wo ich denn bei einem Design einen 
Kondensator setzen muss. Mir geht es jetzt nicht um die großen 
Kondensatoren, sondern dieses ganze Kleinzeugs, was gerne überall auf 
Platinen verteilt wird.

Nehmen wir mal für den Anfang zwei Kondensatoren. Zum einen die Beiden 
Kondensatoren bei den Spannungsreglnern, die vor allem räumlich nahe an 
dem Regler liegen sollten, um irgendwelche Schwingungen zu vermeiden 
oder sowas. Die einen sagen: Ja auf jeden Fall reinsetzen (genauso wie 
eine Diode oben drüber), die anderen meinen, dass es reine 
Angstkondensatoren sind und man die auch genauso gut weglassen könnte.

Die zweite Art sind Blockkondensatoren. Ich sehe das Zeugs sehr oft, 
eigentlich immer zwischen VCC und GND jedem IC. Begründet wird es oft 
mit "ja, damit vermeide ich Schwankungen, wenn z.B. 5 Pins eines 
Mikrocontrollers auf einmal auf HIGH geschaltet werden". Dabei arbeitet 
die IC oft mit einer relativ großen Breite an Spannungen und wenn mal 
irgendwie ein Knick in der Versorgungsspannung ist, denkt sie sich nur 
"so what??".
Meine Meinung!

Was meint ihr?

von Max H. (hartl192)


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Robert Ungerer schrieb:
> die anderen meinen, dass es reine
> Angstkondensatoren sind und man die auch genauso gut weglassen könnte.
Beim Spannungsregler, vor allem LDOs würde ich die Kondensatoren auf 
keinen Fall weglassen.

Robert Ungerer schrieb:
> Die zweite Art sind Blockkondensatoren. Ich sehe das Zeugs sehr oft,
> eigentlich immer zwischen VCC und GND jedem IC.
Auch diese sind wichtig, siehe z.B.:
Beitrag "T-FlipFlop, Ausgang Q Invert"
Und das war nur ein FF, in dem max. wenige Dutzend Transistoren 
gleichzeitig schalten, und kein µC in dem es tausende sind...

Du kannst mir glauben, dass die Kondensatoren notwendig sind oder du 
kannst es, wie der im oben verlinktem Post, nach einem Nachmittag 
Fehlersuche auf die harte Tour lernen.

: Bearbeitet durch User
von David .. (volatile)


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Datenblatt lesen, wenn Hersteller sie fordert niemals weglassen.
Physisch nahe reicht nicht, lies 
http://www.lothar-miller.de/s9y/categories/14-Entkopplung

von Peter R. (pnu)


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Die Stützkondensatoren sollen nicht Änderungen der Betriebsspannungen 
puffern sondern die in den ICs entstehende impulsförmige (µsec) erhöhte 
Stromaufnahme beim Umschalten unterstützen.
Da kann die Induktivität von wenigen Zentimetern gerader Leiterbahn 
schon zu Spannungseinbrüchen einiger 100mV führen.
Die Wirkung der sogenannten Stützkondensatoren nimmt mit wachsender 
Entfernung von einem Logikbaustein ab.
Mehr als 5cm Entfernung vom zugehörigen IC kann dann schon zuviel sein.

Ich hab z.B. eine große Nixdorf-Platine 35 x 35 cm herumliegen, 
vorwiegend TTL-ICs, die hat neun Spalten und neun Reihen 
Stützkondensatoren, also etwa 80 Stück. Jedem der Kondensatoren sind 
etwa 4 ICs zugeordnet.

Die Betriebsspannung wird extra von einer reihe Tantal-Elkos gestützt 
und kommt aus einem bestens, mit mF gepufferten Schaltnetzteil. Trotzdem 
sind die 80 0,1 µF-Kondensatoren auf der Platine und notwendig.

von MaWin (Gast)


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Robert Ungerer schrieb:
> Meine Meinung! Was meint ihr?

Deine Meinung ändert sich, wenn deine Schaltung merkwürdiges Verhaltn 
zeigt, weil du einen zu viel weggelassen hast.
Dann baust auch du lieber ein paar mehr ein.

Ausgang Spannungsregler: Nie weglassen.
Eingang: Siehe Datenblatt, weglassen möglich wenn Siebelko in der Nähe 
ist.

VCC/GND: Jeder IC bekommt einen, es sei denn, 2 ICs haben VCC und GND so 
nah, daß bei ihn an der Stelle habe würden.

AREF: Natürlich.

OpAmps: Nicht unbedingt zwischen V+ und V- sondern eventuell nach GND, 
siehe
http://www.analog.com/static/imported-files/application_notes/AN-202.pdf
http://www.dse-faq.elektronik-kompendium.de/dse-faq.htm#F.14.1

von Robert Ungerer (Gast)


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MaWin schrieb:
> Deine Meinung ändert sich, wenn deine Schaltung merkwürdiges Verhaltn
> zeigt, weil du einen zu viel weggelassen hast.
> Dann baust auch du lieber ein paar mehr ein.

Ja, der Meinung bin ich auch immer. Nur wenn der Platz auf der Platine 
nicht mehr ausreicht.... ok, bisher hat er immer gereicht, um etwas 
Hühnerfutter unterzubringen.

Aber auf der anderen Seite sehe ich auch (in fremden) Designs sehr oft 
Stellen, wo Kerkos weggelassen wurden.

Klar, wenn der Hersteller einen Kondensator im Datenblatt fordert, dann 
wird der auch eingebaut. Und bei designs, die per Pick & Place bestückt 
und anschließend gebraten werden, ist es kein Problem, da geht es oft um 
etwas anderes. Aber bei Designs, die per Hand bestückt werden...

Seltener sehe mit Cxxx bezeichnete Plätze mit 0 Ohm Widerständen, kommen 
aber auch vor. Da wurde anscheinend ein Filter rausgenommen.

von Kondensator-Freund (Gast)


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ich hatte erst letztens den Fall, dass ich auf einer mal eben schnell 
hingepfuschten Lochrasterplatine den sogenannten "Angstkondensator" 
(blöder Begriff, denn er ist unbedingt notwendig!) vergessen habe 
(CMOS-IC). Ende vom Lied: Viel Fehlersuche und Mühe. Dann den 
Kondensator hingelötet und alles funktionierte.

Man sollte grundsätzlich bei allen integrierten Schaltkreisen den 
Kondensator vorsehen (besser noch im Datenblatt nachgucken welcher 
genau) denn die fehlerfreie Funktion ist davon oft maßgeblich betroffen!

> die anderen meinen

Irrelevant was wer meint! In der Technik gelten Fakten!

Man kann getrost alle Aussagen diverser Schlauberger zu dem Thema in den 
Wind schießen. Der kundige Fachmann richtet sich nach dem Datenblatt!

von Bademeister (Gast)


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Meiner Erfahrung nach geht ein erheblicher Anteil von "nicht 
erklärbaren" Schaltungsproblemen auf schlechtes Abstützen der Versorgung 
zurück. Da ändert sich mal der Frequenzgang einer OP-Schaltung, ein FET 
wird nicht durchgeschaltet weil der Treiber den Strom liefern kann oder 
ein µC startet neu. Die richtigen Kondensatoren sind da ein muss.

von Oliver F. (ollif)


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Hallo,

ich fand dieses Video eindrucksvoll(Blockkondensatoren)

http://youtu.be/G7ULnQ9i7H0

Gruß

Oliver

von Mike (Gast)


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Peter R. schrieb:
> Jedem der Kondensatoren sind etwa 4 ICs zugeordnet.

Da hat wohl jemand gespart. DIL IC-Sockel gibt es nicht ohne Grund mit 
einem Kondensator fest über der Diagonalen.
http://www.reichelt.de/index.html?ARTICLE=8233

von Amateur (Gast)


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Im Grunde gehört an jedes Bauteil, welches eine variable Stromaufnahme 
hat, ein Kondensator. Ganz schlimm ist es, wenn irgendwas geschaltet 
wird.
Das ist in der Hauptsache die Daseinsberechtigung der Dinger. Liest Du 
mal aufmerksam die Datenblätter, so wirst Du feststellen, dass die 
Logik: Je größer die Stromaufnahme eines Bauteils ist, bzw. die Sprünge 
in der selben, desto größer werden diese Kondensatorvorschläge.
Ein weiterer Vorteil ist: Versorgungsleitungen sind oft die Leitungen 
mit der größten Länge. Da streut von vielen Seiten her einiges an 
Schmutz rein.
Ein kleines bisschen hilft der Kondensator auch bei der Dimensionierung 
der Leiterbahnbreite;-)

von W.S. (Gast)


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Es streut auch Schmutz raus. Ein Leiterzug von einigen cm Länge ist ne 
prima Antenne. Es sit ja nicht nur, daß man evtl. nicht durch diverse 
EMV-Prüfungen rasselt, man stört auch nicht nur die Nachbarn, sondern 
auch SICH SELBST auf der eigenen LP.

W.S.

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