Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Linedriver unbalanced -> balanced, Dimensionierungsfragen


von Stefan B. (steckersammler)


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Hallo zusammen!

Ich plane gerade einen Linedriver fürs Auto.
Dieser soll ein Line-Signal verstärken und gleichzeitig eine Wandlung 
auf ein symmetrisches Ausgangssignal vornehmen.

Als OPVs habe ich mir den OPA2134 als Verstärker, und den DRV135 oder 
THAT1646 als unbalanced-balanced-Wandler ausgesucht.

Die benötigte symmetrische Versorgungsspannung von ±15V soll ein Traco 
TMR-2 1223 erzeugen, der hat praktischerweise auch gleich einen 
Shutdown-Eingang integriert.

Als Vorbild für die Wandlerschaltung habe ich mich an diesem Schaltplan 
orientiert: 
http://www.diyaudio.com/forums/analog-line-level/228601-balanced-line-driver-drv134-4.html#post3354499

So, nun zu den Punkten bei denen ich mir nicht ganz sicher bin:
1. Schaltregler:
1a. Eingangsfilter:
Der Eingangsfilter ist nach der Traco Application Note aufgebaut: ein 
22µF Keramikkondensator und eine Spule mit 3,3µH und 60mΩ Widerstand.
Die Original Traco-Spule finde ich bei R und C nicht, also hab ich als 
Vergleichstyp eine Fastron 1616FPS-3R3M-01 gewählt.
Ist die in Ordnung?

1b. Ausgangsfilter:
Der TMR-2 hat eine Schaltfrequenz von 100 - 650kHz.
Hier gibt es keine Empfehlungen in der AN, also hab ich ein LC-Filter 
auf 1/10 der minimalen Schaltfrequenz berechnet, und komme auf 470µH und 
470nF.
Passt das so?
Und stimmen die Werte auch, wenn ich daraus ein Pi-Filter mache?
Oder müssen sich die Werte hier ändern, und wenn ja wie?

2. Eingangspuffer/Verstärker
Im verlinkten Schaltplan wird die Eingangsimpedanz für die Quelle mit R3 
und R4 auf 20kΩ gesetzt.
Gleichzeitig ist eine DC-Entkopplung und Hochpass mit C16=470nF und 
R7=470kΩ verbaut, wodurch eine Grenzfrequenz von 0,72Hz erzielt werden 
soll.
Stimmt die Erklärung so, oder wird durch die 20kΩ der Filter verbogen?
Und ergeben die 470kΩ Eingangsimpedanz vor dem OPV nicht eine Menge 
Widerstandsrauschen?

3. Gain für den OPV
Im Datenblatt zum OPA2134 steht folgendes (siehe auch Anhang):
> To  maintain  low  distortion,  match  unbalanced  source  impedance
> with appropriate values in the feedback network as shown  in  Figure 3.
> Of  course,  the  unbalanced  impedance may be from gain-setting
> resistors in the feedback path. If the parallel combination of R1 and R2
> is greater than 2k Ω , a matching  impedance  on  the  noninverting
> input  should  be used.  As  always,  resistor  values  should  be
> minimized  to reduce the effects of thermal noise.
Heißt das, dass der berechnete Wert aus der Parallelschaltung der 
Gain-Widerstände am invertierenden Eingang gleich dem Eingangswiderstand 
am nichtinvertierenden Eingang sein soll?
Also wenn der Eingangswiderstand wie in der verlinkten Schaltung 470kΩ 
ist, müssten für Gain=2 die Feedback-Widerstände jeweils 940kΩ sein?
Oder hab ich das falsch verstanden?

Mein bisheriger Entwurf ist im Anhang.

Wäre klasse wenn jemand mal drüberschaut und meine Fragen beantworten 
könnte.
Tipps, Kritik und Korrekturen sind herzlich willkommen!

Danke im Voraus!

MfG Stefan

von Helge A. (besupreme)


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> 1a. Eingangsfilter:
Scheint Ok zu sein.

> 1b. Ausgangsfilter:
Das ist auch abhängig davon, wie stark Störungen aus dem Bordnetz 
"durchgereicht" werden. Je tiefer die Grenzfrequenz ist, um so besser. 
Auf meiner Werkbank würde ich noch Platz für 2 Elkos vorsehen.

> 2. Eingangspuffer/Verstärker
Die 20k liegen parallel zur (niedrigen) Impedanz deines Signals. Der 
Hochpaß kommt erst danach.

Die 470k liegen für das Signal (oberhalb 0,7Hz, jedenfalls) parallel zu 
den 20k und der Impedanz deiner Quelle. Stört nicht.

> 3. Gain für den OPV
Die Rechnung stimmt. Aber ich hab da Bauchschmerzen.

Da der nachfolgende DRV eh 6dB verstärkt, ist die Eingangsstufe 
überhaupt notwendig? Wenn ja, reicht vielleicht eine Verstärkung von 1?

Was bewirkt R8 (68 Ohm)?

Generell scheint mir der betriebene Aufwand für eine Kfz-Anlage relativ 
hoch. Schon normale Umgebungsgeräusche dürften irgendwelches Rauschen 
übertönen.

von Stefan B. (steckersammler)


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Danke schon mal für deine Antwort!

Helge A. schrieb:
>> 1b. Ausgangsfilter:
> Das ist auch abhängig davon, wie stark Störungen aus dem Bordnetz
> "durchgereicht" werden. Je tiefer die Grenzfrequenz ist, um so besser.
> Auf meiner Werkbank würde ich noch Platz für 2 Elkos vorsehen.
Über die PSRR hab ich leider keine Angaben im Datenblatt gefunden, nur 
die Restwelligkeit am Ausgang: 50mV p-p bis 20MHz.
Die kapazitive Belastung des Reglers darf maximal 47µF pro Zweig 
betragen.
Ich will den Regler ja auch nicht durch zuviel Kapazität zum Schwingen 
bringen oder die Regeleigenschaften verschlechtern.
Wie wäre es mit je 10-22µF Low-ESR an den Ausgängen?
Und vielleicht noch so 100µF am Eingang?
Oder verbiegt das den Eingangsfilter?

>> 2. Eingangspuffer/Verstärker
> Die 470k liegen für das Signal (oberhalb 0,7Hz, jedenfalls) parallel zu
> den 20k und der Impedanz deiner Quelle. Stört nicht.
Aber wenn die 20k und 470k quasi parallelgeschaltet sind, ergibt sich 
daraus doch eine Gesamt-Impedanz von 19,2k.
Und dann würde die Grenzfrequenz ja nicht 0,7Hz sondern 17,6Hz betragen, 
oder hab ich da einen Denkfehler?

>> 3. Gain für den OPV
> Die Rechnung stimmt. Aber ich hab da Bauchschmerzen.
Weswegen hast du Bauchschmerzen? Wegen den hohen Widerstandswerten im 
Feedback-Pfad?
Die gefallen mir nämlich auch irgendwie nicht...

> Da der nachfolgende DRV eh 6dB verstärkt, ist die Eingangsstufe
> überhaupt notwendig? Wenn ja, reicht vielleicht eine Verstärkung von 1?
Ja, vielleicht reicht eine Verstärkung von 1.
Aber wenn nicht, wollte ich zumindest schon mal den Platz auf der 
Platine dafür reservieren.
Lieber so als anders rum.

> Was bewirkt R8 (68 Ohm)?
Laut diesem Beitrag 
http://www.diyaudio.com/forums/analog-line-level/228601-balanced-line-driver-drv134-3.html#post3352760 
soll das den OPV-Ausgang gegen kapazitive Last abschirmen, durch die 
Oszillationen teilweise bis in den 10MHz-Bereich auftreten könnten.

> Generell scheint mir der betriebene Aufwand für eine Kfz-Anlage relativ
> hoch. Schon normale Umgebungsgeräusche dürften irgendwelches Rauschen
> übertönen.
Naja sagen wir so: Ich will eine SQ-Anlage, also guten Klang statt nur 
lautem Krawall.
Deshalb möchte ich natürlich alles so gut wie mir möglich bauen.
Außerdem widerstrebt es mir, viel Aufwand und Geld in eine Pfusch-Lösung 
zu stecken die dann hinterher nicht oder nicht gut funktioniert. Wenn 
schon, dann richtig.
Und natürlich will ich dabei auch was lernen.

MfG

von Dirk J. (dirk-cebu)


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Stefan B. schrieb:
> Außerdem widerstrebt es mir, viel Aufwand und Geld in eine Pfusch-Lösung
> zu stecken die dann hinterher nicht oder nicht gut funktioniert. Wenn
> schon, dann richtig.
> Und natürlich will ich dabei auch was lernen.

Dann steckst Du eben viel Aufwand in eine völlig abgehobenen 
überdimensionierte Lösung, die wahrscheinlich hinterher auch nicht 
funktioniert.
Aber wenn jemand das Rad neu erfinden will, nur weil er dabei etwas 
lernen will, kann man nichts machen.

von Stefan B. (steckersammler)


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Wieso völlig abgehoben und überdimensioniert?
Wenn ich von Jungfrauen bei Vollmond gewickelte PCB-haltige 
Ölpapierkondensatoren verwenden würde, könnte man das vielleicht 
sagen...

Und wieso das Rad neu erfinden?
Die Schaltung ist doch mehr oder weniger nach den verfügbaren 
Application Notes der Bauteile erstellt, und nicht komplett irgendwie 
frei erfunden.
Der DRV134 ist doch quasi ein Standardbauteil, das auch z.B. in 
Tonstudios eingesetzt wird.
Zumindest deutet die Fähigkeit, 600Ω-Lasten zu treiben, schon sehr 
darauf hin.

Wie würdest du es denn machen?
Einfach ein paar TL072 und Widerstände zusammennageln, so wie hier: 
http://sound.westhost.com/project51.htm

Und wieso soll sie nicht funktionieren?
Was genau ist denn falsch?
Einfach "Alles Mist!" sagen hilft mir nicht, ich will schon wissen was 
und warum.

von Helge A. (besupreme)


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> Wie wäre es mit je 10-22µF Low-ESR an den Ausgängen?
> Und vielleicht noch so 100µF am Eingang?
> Oder verbiegt das den Eingangsfilter?
Ich halte das für eine gute Idee.

> Aber wenn die 20k und 470k quasi parallelgeschaltet sind, ergibt sich
> daraus doch eine Gesamt-Impedanz von 19,2k.
> Und dann würde die Grenzfrequenz ja nicht 0,7Hz sondern 17,6Hz betragen,
> oder hab ich da einen Denkfehler?
Ja. Getrennt betrachtet: Für höhere Frequenzen hast du eine 
Eingangsimpedanz von ca. 19.2k. Trotzdem ist die Tiefpaßschwelle 
wirksam. Nur für Frequenzen weit unterhalb der 0,7Hz kommt ein 
vernachlässigbares Widerstandsrauschen auf. Typische Audioverstärker 
sind da schon lange zu und das ist außerhalb des Hörbereichs.

> Weswegen hast du Bauchschmerzen? Wegen den hohen Widerstandswerten im
> Feedback-Pfad?
> Die gefallen mir nämlich auch irgendwie nicht...
Aus "alter Zeit" hab ich immer lieber niedrigere Impedanzen in 
Verstärkern. Aber das neumoderne Zeugs is ja besser als früher ;)
Ich würde trotzdem den Rückkoppelzweig niederohmiger machen, z.B. 
47k/47k. Läßt sich ja experimentell ermitteln, ob das was bringt.

>> Da der nachfolgende DRV eh 6dB verstärkt, ist die Eingangsstufe
>> überhaupt notwendig? Wenn ja, reicht vielleicht eine Verstärkung von 1?
> Ja, vielleicht reicht eine Verstärkung von 1.
> Aber wenn nicht, wollte ich zumindest schon mal den Platz auf der
> Platine dafür reservieren.
> Lieber so als anders rum.
Ist ein guter Weg.

> soll das den OPV-Ausgang gegen kapazitive Last abschirmen, durch die
> Oszillationen teilweise bis in den 10MHz-Bereich auftreten könnten.
Verstehe.

> Naja sagen wir so: Ich will eine SQ-Anlage, also guten Klang statt nur
> lautem Krawall.
Is klar. Billige Krawallwürfel können ein gutes Ohr beleidigen. Man 
braucht halt nur ab dem Punkt nit weiter optimieren, wo die 
Klangverbesserung im Umgebungsmüll untergeht. Aber besser zu gut als zu 
schlecht.

von Dirk J. (dirk-cebu)


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Stefan B. schrieb:
> Wieso völlig abgehoben und überdimensioniert?

Weil es nicht für ein Tonstudio ist, sondern - wie Du eingangs 
erwähntest - für Dein Auto!

von Stefan B. (steckersammler)


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Helge A. schrieb:
>> Wie wäre es mit je 10-22µF Low-ESR an den Ausgängen?
>> Und vielleicht noch so 100µF am Eingang?
>> Oder verbiegt das den Eingangsfilter?
> Ich halte das für eine gute Idee.
Ok gut, dann bau ich das noch in den Schaltplan ein.

>> Aber wenn die 20k und 470k quasi parallelgeschaltet sind, ergibt sich
>> daraus doch eine Gesamt-Impedanz von 19,2k.
>> Und dann würde die Grenzfrequenz ja nicht 0,7Hz sondern 17,6Hz betragen,
>> oder hab ich da einen Denkfehler?
> Ja. Getrennt betrachtet: Für höhere Frequenzen hast du eine
> Eingangsimpedanz von ca. 19.2k. Trotzdem ist die Tiefpaßschwelle
> wirksam. Nur für Frequenzen weit unterhalb der 0,7Hz kommt ein
> vernachlässigbares Widerstandsrauschen auf. Typische Audioverstärker
> sind da schon lange zu und das ist außerhalb des Hörbereichs.
Ah verstehe, dieser Punkt war mir nicht ganz klar.
Danke!
Das gleiche gilt dann doch auch für die Eingangsimpedanz des OPV, oder?

>> Weswegen hast du Bauchschmerzen? Wegen den hohen Widerstandswerten im
>> Feedback-Pfad?
>> Die gefallen mir nämlich auch irgendwie nicht...
> Aus "alter Zeit" hab ich immer lieber niedrigere Impedanzen in
> Verstärkern. Aber das neumoderne Zeugs is ja besser als früher ;)
> Ich würde trotzdem den Rückkoppelzweig niederohmiger machen, z.B.
> 47k/47k. Läßt sich ja experimentell ermitteln, ob das was bringt.
Ok, nachdem der Knoten beim Eingangsfilter jetzt bei mir entwirrt ist, 
ist mir das auch klarer.
Ich sollte ja dann eigentlich für die im Datenblatt empfohlene 
Gleichheit der Impedanzen am nichtinvertierenden und invertierenden 
Eingang die Wechselspannungs-Impedanz berücksichtigen, anstatt der 
statischen, oder?
Denn dann könnte man ja folgende Werte verwenden:
Wenn ich R4 am nichtinvertierenden Eingang auf 21kΩ erhöhe, dann könnte 
ich für Gain 2 je 40,2kΩ verwenden.
Damit wäre die Wechselspannungs-Impedanz jeweils 20,1kΩ, die Toleranz 
liegt weit unter den Toleranzen von 0,1%-Widerständen.

>> Naja sagen wir so: Ich will eine SQ-Anlage, also guten Klang statt nur
>> lautem Krawall.
> Is klar. Billige Krawallwürfel können ein gutes Ohr beleidigen.
Dafür braucht man nicht mal besonders gute Ohren. Man hört einmal eine 
gute Car-Hifi-"Einsteiger"-Anlage, und merkt was die Standard-Anlagen 
alles verschlucken.
Und wenn man das auch haben will, hat einen der Virus schon gepackt ;)

> Man braucht halt nur ab dem Punkt nit weiter optimieren, wo die
> Klangverbesserung im Umgebungsmüll untergeht. Aber besser zu gut als zu
> schlecht.
Genau so denk ich auch.
Ich würde nie auf die Idee kommen (so wie ein paar "Goldohren") und mir 
Koppelkondensatoren in der Größe eines halben Backsteins oder anderen 
Voodoo-Kram einbauen.
Aber absichtlich schlecht bauen, ich will ja nicht in Serie gehen wo es 
auf jeden Cent ankommt.

Dirk J. schrieb:
> Weil es nicht für ein Tonstudio ist, sondern - wie Du eingangs
> erwähntest - für Dein Auto!
Schon, aber wo sonst findet man balanced audio?
In Consumergeräten sind alle Audio-Signale massebezogen, mit all den 
bekannten Problemen wie "Hilfe, meine Boxen brummen wenn das 
Hausantennenkabel im Radio steckt etc."
Im Tonstudio will man sich mit solchem Blödsinn nicht rumärgern müssen, 
und verwendet stattdessen eine diffenrentielle Übertragung, entweder mit 
speziellen OPVs oder Übertragern.
Und wenn ich im Auto einen solchen balanced Eingang habe ist es doch 
wohl nur sinnvoll ihn auch zu nutzen, oder?
Oder glaubst du, nur weil es ums Auto geht, wäre ein Detektorradio schon 
viel zu "High-End", und es reicht so schlecht wie nur irgend möglich zu 
bauen?

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