Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Netzteil-Rätsel konstruktiv


von Tilo R. (joey5337) Benutzerseite


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Hallo,

Ich hoffe, ich mache mich da jetzt nicht all zu unbeliebt wenn ich bezug 
auf den inzwischen gesperrten Thread 
Beitrag "Ein Netzteil-Rätsel" nehme.
Hier bitte nur konstruktive Beiträge. Ich will die Schaltung nicht 
verteidigen, toll finden oder gar bauen. Ich will einen bestimmten Teil 
davon verstehen. (Rein aus Neugier)
Vielleicht könnt ihr mir dabei ja helfen.

Hier also nochmal der Link zum Schaltplan-Bild aus dem anderen Thread:
http://www.mikrocontroller.net/attachment/220942/skd096.png

Klar, da sind einige Fehler drin die auch schon genannt wurden
- Die Eingangsspannung bzw. Ripple wegen C1 bei Trafospeisung.
- ELko C6 mit 100n
- die falsche Basisansteuerung von Q3
Und Verlustleistung entsteht auch nicht zu knapp.
OK.

Aber was ich nicht verstehe ist, dass im anderen Thread behauptet wurde, 
die Schutzmechanismen des Spannungsreglers (Strombegrenzung, 
Übertemperatur) würden nicht mehr funktionieren bzw. durch die restliche 
Schaltung außer Kraft gesetzt. Das sehe ich nicht so.

Thermische Kopplung zwischen U1, Q2, Q3 vorrausgesetzt müsste das doch 
bei der richtigen Auslegung von R1/R2 funktionieren?


Meine Überlegung ist:
Der Strom durch Q2/Q3 ist maximal deren beta x Strom IcollQ1.
(R4 kann man ja weglassen und einfach die Basen zusammenschalten, 
symmetriert wird der Strom durch R6/R7)

IcollQ1 ergibt sich aus der Basis-Emitter-Diode von Q1, mal betaQ1 und 
den Widerständen R1/R2.
R1 muss ein Leistungswiderstand sein. Ich will, dass von den 5A 
Ausgangsstrom 1,5A durch den LM317 (!) fließen und der dann anfängt, den 
Strom abzuregeln.
Dann sinkt UR1, IcollQ1 und damit machen auch Q2/Q3 etwas zu, Strom 
begrenzt. Mit dem LM338 geht das natürlich nicht, der kann 5A.

Wegen der Streuung der betas wird das nie und nimmer sonderlich präzise, 
aber Selbstzerstörung ist verhindert.

Dito mit dem Übertemperaturschutz. Thermische Kopplung vorrausgesetzt, 
schützt U1 auch Q2/Q3.


Bin ich auf dem Holzweg?
Habe ich irgendwas wichtiges übersehen?


Meine Überschlagsrechnung zur Strombegrenzung:
ich nehme an beta Q1,Q2,Q3=50.
--> 3.5A durch Q2+Q3, 1.5A durch U1.
an den symmetrierwiderständen fällt UR6=1*1.75V ab.
UR3=1,75V+0,7V = 2.45V, damit ist IR3 = 24.5mA
Für die Basen Q2, Q3 zusammen 3.5A/50 = 70mA

D.h. Q1 muss 94.5mA liefern, Basisstrom damit 1.89mA.

mit R1/R2 kann man jetzt spielen, was bestimmt böse Auswirkungen auf die 
Regeleigenschaften hat, aber mir jetzt zu kompliziert ist.

Ich wähle R2 zu 100 Ohm und brauche damit UR1 = 0.7V + 100Ohm*1.89mA = 
0.889V.

Damit ergibt sich R1 =  0.889V / 1,5A = 0.593 Ohm.

Vielleicht noch ein bischen nachkalkulieren, und probieren, aber 
unrealistisch ist das alles nicht.

Ich kann mir gut vorstellen, dass die Schaltung robust und zuverlässig 
funktioniert hat.

Was meint ihr?
Grüße, Tilo

von MaWin (Gast)


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Tilo Renz schrieb:
> Aber was ich nicht verstehe ist, dass im anderen Thread behauptet wurde,
> die Schutzmechanismen des Spannungsreglers (Strombegrenzung,
> Übertemperatur) würden nicht mehr funktionieren bzw. durch die restliche
> Schaltung außer Kraft gesetzt. Das sehe ich nicht so.
>
> Thermische Kopplung zwischen U1, Q2, Q3 vorrausgesetzt müsste das doch
> bei der richtigen Auslegung von R1/R2 funktionieren?

Man kann die thermisch nicht so koppeln, daß die 2N3055 bei 175 GradC 
den LM317 auf 125 GradC aufwärmen. Ebensowenig kann man sich auf den 
Beta verlassen, der schwankt locker um 1:2, was den Unterschied zwischen 
Leben und Tod bedeutet.

Wenn die Ausgangsspannung wegen Überlastung nach unten gezogen wird, 
regelt der LM317 einfach voll auf. Der Spannugnsabfall über R1 wird 
maximal und Q1 voll durchgesteuert, so dass Q2/Q3 so viel Basisstrom 
bekommen wie sie wollen, daß sie den ganzen Strom durchlassen, den das 
Netzteil liefert.

Da ein 2N3055 nur ca. 3A bei 40V durchhält (bei bester Kühlung), wird er 
durchlegieren, und nicht nur das Netzteil ist kaputt, sondern auch alles 
angeschlossene.

Die Originalschaltung aus dem Datenblatt des LM317 verwendet auch den 
LM395 Diamond Transistor der selbst SOA, Übertemperatur und 
Überstromschutz enthält, also sozusagen ein LM317 ohne Spannungsregler 
ist. Das ist eine ganz andere Liga als dieser Kinderpfusch von Smart 
Kits Electronics.

Diese Schaltung erhält die per Widerstandswerten erhöhte Strombegrenzung 
des Spannungsreglers.
1
 in --+---R1---+----------+
2
      |        |          |
3
      |       10R         |
4
      |        |          |E
5
      1R       +---------|< PNP-Leistungstransistor (kein Darlington)
6
      |        |          |
7
      | 1N5401 |  +----+  |
8
      +---|>|--+--|78xx|--+-- out
9
               |  +----+  |
10
             330nF  |    100nF
11
               |    |     |
12
 GND ----------+----+-----+-- GND

von Tilo R. (joey5337) Benutzerseite


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Danke, das sind alles gute Punkte. :-)

Deine Schaltung gefällt mir.
Die Diode gleicht Ube aus. R1 & 1R teilt den Strom auf.
Die niederohmige Basisansteuerung sorgt sicher auch für schnelles 
Abregeln.
Ich werde noch ein bischen drüber nachdenken.

Danke, Tilo

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Ich versteh nicht, wieso man sich die zwei Ops und eine Referenz, die so 
einen Pfusch von einem brauchbaren Labornetzteil unterscheiden, auf 
Teufel komm raus einsparen will?!

von Ayk N. (ayk-ohm)


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Ein vernünftiges regelbares Netzteil baut man mit OPVs auf. Der 
Schaltungsaufwand ist zwar etwas höher, aber gute Konstruktionen kommen 
bis auf 0 V runter. Der Storm kann genau eingestellt werden und die SOA 
Grenzwerte werden eingehalten. Günstiger kommt man dabei auch weg.
Solche Schaltungen wie die hier gezeigte sind eher als 
Festspannungsregler zu gebrauchen, wenn man keinen Schaltregler 
einsetzen will und es billig werden soll.

von Tilo R. (joey5337) Benutzerseite


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Marian B. schrieb:
> Ich versteh nicht, wieso man sich die zwei Ops und eine Referenz, die so
> einen Pfusch von einem brauchbaren Labornetzteil unterscheiden, auf
> Teufel komm raus einsparen will?!

Ich glaub ich versteh das schon.
Der 2N3055 ist von 1960, der LM317 von 1970. Opamps setzten sich erst 
mitte der 70er durch (z.B. mit dem uA741)

Ich schätze, Opamps waren damals halt noch abartig teuer und bei weitem 
nicht so toll wie heute. Außerdem neu und unbekannt. Da war die 
Transistornummer ein preiswerter, konventioneller Kompromis.

Ich finde es schwierig, so altmodische Schaltungen von modernen zu 
unterscheiden.
Bei Software tu ich mir leichter. Neuentwicklungen z.B. in Cobol sind 
wohl eher selten. Wenn es in einer noch aktuellen Sprache ist bilde ich 
mir ein, ziemlich schnell "zu riechen", ob der Code alt, neu, oder neu 
aber von meiner altmodischen Kollegin ist.

von Erich (Gast)


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NICHT SCHON WIEDER DIESE SINNLOSE DISKUSSION.

Alles schon gesagt unter 
Beitrag "Re: Ein Netzteil-Rätsel"

von Ayk N. (ayk-ohm)


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Tilo Renz schrieb:
> Ich glaub ich versteh das schon.
> Der 2N3055 ist von 1960, der LM317 von 1970. Opamps setzten sich erst
> mitte der 70er durch (z.B. mit dem uA741)
>
> Ich schätze, Opamps waren damals halt noch abartig teuer und bei weitem
> nicht so toll wie heute. Außerdem neu und unbekannt. Da war die
> Transistornummer ein preiswerter, konventioneller Kompromis.

http://www.ti.com/lit/ds/symlink/lm117.pdf

Das Datenblatt ist von 2004. Warum nimmt man solche Schaltungen nicht 
raus?

von MaWin (Gast)


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Ayk N. schrieb:
> Warum nimmt man solche Schaltungen nicht raus?

Auch TI will noch LM395 verkaufen, vielleicht bauts ja jemand nach.

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Datenblätter werden selten gekürzt. Und wenn dann nur bei eklatanten 
Fehlern. Zumal du davon ausgehen kannst, dass bei so alten Chips die 
Datenblätter nur bzgl. neuer oder gestrichener Packaging-Varianten 
aktualisiert werden. Vielleicht auch mal ein Typ.-Wert irgendwo, oder 
bei TI beliebt, Anpassungen ans neue Corporate Design.

Der LM395 hat abseits davon auch eine Daseinsberechtigung, vergleiche an 
der Stelle auch MOSFET-Smart-Switches.

: Bearbeitet durch User
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