Forum: HF, Funk und Felder Prüfling für Störfestigkeitsmessung in GTEM-Zelle


von Tom Schilling (Gast)


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Guten Tag liebe HF-ler.

Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit einer GTEM-Zelle (Septumhöhe: 
500mm). Ich habe bereits Gleichförmigkeit, TEM-Mode und dergleichen 
nachgewiesen. Also ich habe ein Grundverständnis wie die Zelle 
funktioniert, ABER:

Jetzt wollte ich gern einen Prüfling der anschaulich darstellt warum 
überhaupt Störfestigkeitsprüfungen gemacht werden.

Ich hätte gern eine kleine Platine die ich in die Zelle lege, eine 
Anzeige wird herausgeführt und zeigt irgendwas an. Vielleicht eine Art 
Zähler (7 Segment Anzeige oder so). Jetzt beanspruche ich die Schaltung 
mit einer gewissen Feldstärke und es soll zur Funktionsstörung kommen.


Habt ihr Erfahrung oder eine Idee wie eine solche Schaltung aussehen 
könnte? Welche Bauteile sind besonders empfindlich und wie funktioniert 
die Störung überhaupt? Das Feld koppelt in Leitungen ein und erzeugt 
unerwünschte Spannungen, oder?
Es wäre schön, wenn ich genau wüsste was passiert und vor allem wo 
genau. Die Schaltung sollte natürlich nach Möglichkeit nicht dabei 
zerstört werden...


Im Forum habe ich ein Beitrag von 2011 gefunden 
(Beitrag "emv GTEM Zelle") bei dem der Nutzer 
eine derartige Schaltung beschrieb. Allerdings gibt er keine weiteren 
Auskünfte was das war...


Ich freue mich schon auf Antworten!
Mit freundlichen Grüßen
Tom Schilling

von Soul E. (Gast)


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Mach das doch erstmal anderherum. Hol Dir vom Chinesen für 1,99 eine von 
diesen Kirmesplatinen mit nachgemachtem LM2576, überlasteter Spule und 
kochenden Elkos, wandle damit 12V auf 5V/3A, und schau Dir den 
abgestrahlten Dreck auf dem Spektrumanalyzer an.

Die GTEM-Zelle funktioniert auch als Antenne.


Ansonsten: stören kannst Du jedes schlechte Layout. Die meiste 
Konsumelektronik aus dem Blödmarkt steigt bei 10..30 V/m aus. Ein 
Fahrradtacho oder eine Pulsuhr geht bei dieser Feldstärke mit etwas 
Glück sogar schon kaputt.

Automobil-Elektronik hält so bis 400..600 V/m aus. Luft und Raumfahrt 
noch einiges mehr, aber da ist dann auch ordentlich Eisen drumherum.

von xxxx (Gast)


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Hallo,

waren nicht 3V/m (*) für "Konsumerelektronik", 10V/m für Industrie und 
100V/m für e1 (Automobilbereich) mal in den Normen gefordert oder hat 
sich das mittlerweile geändert?

*ab 30MHz

von Marc O. (Firma: REICHL EMVandromed) (guglielmo)


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Geeignete Demo-Objekte sind in der Regel analoge Pfade, also entweder 
Meß- oder Audioverstärker. Audioverstärker haben den Vorteil der 
akustischen Fehlersignalisierung, bei der Verwendung von Meßverstärkern 
müßten die Indikatorleitungen gut gefiltert aus der Zelle herausgeführt 
werden. Eigentlich sollte jeder NF- Verstärkerbausatz mit ungewünschter 
Demodulation reagieren.
Zum Aufbau deiner Zelle: wie hast du den Lastwiderstand für den unteren 
Frequenzbereich dimensioniert bzw. realisiert?

von Tom Schilling (Gast)


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Danke erstmal für die Antworten!

Andersrum hat keinen Sinn, da ich nur Störfestigkeit und nicht 
Störaussendung demonstrieren möchte.

Ja xxxx diese Normwerte stimmen noch.


Mit Audioverstärkern ist eine gute Idee!
Meinst du so etwas? 
http://www.conrad.de/ce/de/product/197688/Conrad-Mono-Mikrofon-Verstaerker-Bausatz-9-15-VDC-Ausgangsleistung-?ref=list
Wird da einfach die "Musik" verzerrt?


Ich hatte immer noch eine Art Zähler im Sinn mithilfe von CMOS. Wenn ich 
da einen Eingang mit einer Antenne versehe, dürfte doch auch recht 
schnell Störungen auftreten, oder?


Die Zelle ist nicht selbst gebaut sondern von der Firma TESEQ.

von Marc O. (Firma: REICHL EMVandromed) (guglielmo)


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Ich halte mich mit der Bewertung von Markenprodukten stets zurück... Ich 
denke, "irgendein" preisgünstiger Audioverstärker wird es tun. Und zwar 
wird die modulierte HF-Spannung an einer der Halbleiterstrecken 
demoduliert,und man hört dann das 1 kHz-NF-Signal. In Verbindung mit 
kräftigen Demodulationssignalen gibt es sicher auch eine 
Arbeitspunktverschiebung und damit vermehrte Verzerrungen. Für 
Demo-Zwecke oder Unterricht gibt es nichts Schöneres als einen 
pfeifenden NF-Verstärker...
Auch Meßverstärker oder Referenzspannungsquellen sind geeignete Opfer ( 
auch hier nenne ich keine Namen ).
Digitale Schaltungen sind eher unempfindlich, wenn eine Schaltung mal 
aussteigt, dann über den Umweg der Betriebsspannung ( wenn man Glück 
hat, verringert sich die Betriebsspannung, wenn im Stabi einer der 
analogen Pfade beeinträchtigt wird; manchmal erhöht sich auch die 
Betriebsspannung... )

von Kai R. (kriedel)


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An so einer Schaltung hätte ich auch Interesse, da wir seit ca. 6 
Monaten auch eine GTEM500 von Teseq besitzen, dazu einen HF-Generator 
NSG4070-75.
Da die Störfestigkeit nach der EN61000-4-3 mit 80% AM, 1kHz bei 
80...1000 MHz geprüft wird, könnte eine Art "Radio" genügen - also ein 
empfindlicher Verstärker (Mikrofonverstärker?), der die AM demoduliert. 
Das Überschreiten eines bestimmten Ausgangspegels des 1KHz-Signals am 
Verstärkerausgang könnte man dann auswerten (Schwellwertschalter) und 
damit einen Zähler ansteuern. Auch als Nachweis, ob alles richtig 
angeschlossen ist, könnte sowas ganz gut sein. Für die Störaussendung 
haben wir eine Kugelstrahlungsquelle KSQ1000-A, damit lässt sich diese 
Richtung recht gut prüfen.

Interessieren würde mich noch die Erfahrungen mit der GTEM-Zelle, z.B. 
Handling der Prüflinge und die verwendete Software. Die Teseq-Software 
macht einen etwas betagten Eindruck, gibt es da Alternativen?

Gruß
Kai

von Tom Schilling (Gast)


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Also hab ich das richtig verstanden?
Wenn ich mir beispielsweise diese Schaltung 
(http://www.conrad.de/ce/de/product/197688/Conrad-Mono-Mikrofon-Verstaerker-Bausatz-9-15-VDC-Ausgangsleistung-?ref=list) 
zusammenbaue, dann ein altes Klinkekabel aufschlitze. Diese da 
anschließe, auf die eine Seite nen Rechner mit Musi laufen lasse und auf 
der anderen Seite nen einfachen Monolautsprecher, dann wird bei 
Störeinfluss das Signal demoduliert (Wie soll das von statten gehen?) 
und die Musik fängt an zu verzerren.


Unsere GTEM-Zelle haben wir vor der Verschrottung gerettet und somit 
kaum Zubehör etc. Keine Software, nix. Ich speise eine Leistung über 
Signalgenerator, Verstärker und Leistungsmesskopf in die GTEM-Zelle ein 
und messe die Feldstärke mittels Sonde EP600 von PMM. Störaussendung: 
Einfach mit einem Spektrumanalysator an die Zelle dran.

von Marc O. (Firma: REICHL EMVandromed) (guglielmo)


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Tom Schilling schrieb:
> Unsere GTEM-Zelle haben wir vor der Verschrottung gerettet

Dazu blutet mir das Herz... Danke für die Rettung!!!
Das ( vonwemauchimmerhergestellte) Verstärkerchen wird über 
angeschlossene Leitungen ( z.B. die  Lautsprecherleitung ) das Feld in 
leitungsgeführte Spannung umwandeln, die mit Sicherheit einen Weg 
findet, sich an einer der Halbleitzerstrecken zu demodulieren. Bekannt 
sind solche Effekte bei Funkamateuren, wenn ( früher, heutzutage sollten 
ja alle Audioverstärker hinlänglich gehärtet sein...) die LS- Leitungen 
HF in die Endstufen einspeisen und dann dort in den 
Leistungstransistoren demodulieren. Das NF-Signal ( unverständlich, weil 
Einseitenbandbetrieb ) konnte dann auch nicht über den Lautstärkeregler 
verkleinert werden...
Für den Versuch brauchst du auch kein NF- Signal einzuspeisen, und wenn 
doch, dann über einen potentialfrei angeschlossenen MP3- player oder 
Ähnliches.Pfeifen wird es irgendwann mit Sicherheit.
Für Empfangsfeldstärkemessungen bietet Teseq ein Programm an, das dann 
die Ergebnisse der Messungen in den drei Ebenen miteinander statistisch 
auswertet und heuristisch bewertet. Der Vorteil einer Messung in einer 
(G)TEM-Zelle ist die hohe Meßdynamik und die Umgebungsfreiheit, 
nachteilig, daß die Abstrahlung der angeschlossenen Leitungen nicht 
unbedingt korrekt erfaßt wird ( gegenüber einem Meßaufbau für 
Freifeldmessungen ).

von Tom Schilling (Gast)


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Okay. Vielen Dank erstmal!

Ich werde es probieren. Ein Signal (Musik) einspeisen würde ich sehr 
gern, so wird der Effekt umso deutlicher. Ich werde mir mal einen 
Verstärker Bausatz bestellen und dazu gleich ein Klinke-Kabel. Dann das 
ganze zusammenbauen und mich wieder melden :)

von Marc O. (Firma: REICHL EMVandromed) (guglielmo)


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Erfolg und Spaß dabei!

von Tom Schilling (Gast)


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Hallo!

Um mal ein kleines Statusupdate zu machen:

Ich habe den Vorverstärker aufgebaut. Wie erwartet wird das Signal 
demoduliert und es entsteht ein deutlich hörbares 1kHz "fiepen". Nun 
meine Frage: Warum und wie wird das Signal demoduliert?


Den Digitalzähler habe ich ebenfalls gebaut und das Signal koppelt in 
die Zuleitung zur 7 Segmentanzeige ein und beeinflusst die Frequenz mit 
der es zählt. Also je mehr Störstrahlung einkoppelt desto schneller 
zählt es :)

von Soul E. (Gast)


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Tom Schilling schrieb:

> Ich habe den Vorverstärker aufgebaut. Wie erwartet wird das Signal
> demoduliert und es entsteht ein deutlich hörbares 1kHz "fiepen". Nun
> meine Frage: Warum und wie wird das Signal demoduliert?

Weil da irgendwelche Bauteile drin sind, die vorwärts anders leiten als 
rückwärts. Dioden, Transistoren, Elkos, gammeliger Kupferdraht, ...

Der klassische AM-Demodulator ist eine Diode. Stichwort 
"Detektor-Empfänger".

von Tom Schilling (Gast)


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Super! Vielen Dank! ;)

Ich muss ja auch erklären können warum es das macht was es macht :D

von Marc O. (Firma: REICHL EMVandromed) (guglielmo)


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Glückwunsch zum Piepton... Die Antwort hast du ja schon bekommen, 
nämlich daß eine Potentialdifferenz über Halbleiterstrecken  zur 
Demodulation ausreicht. Hier in Berlin ( "ehemaliger RIAS", seit Ende 
2013 abgeschaltet ) konnte man im Umkreis von einigen Kilometern an 
allen demodulationsfähigen Strecken Musik hören, also an 
zusammengerollten Blechplatten ( Metalloxid ), Kochtopfdeckel zwischen 
Herd und Kühlschrank, usw.
Interessant hingegen finde ich die Reaktion des Zählers, nämlich daß er 
mehr zählt als er eigentlich soll. Ist das frequenzabhängig/ 
feldstärkeabhängig? Sonst kann ich mir eigentlich nur vorstellen, daß 
das 1- kHz- Signal irgendwie nachtriggert. Kannst du am HF- Generator 
ggf mal die Modulationsfrequenz ändern oder abschalten ( dann müßtest du 
den HF- Pegel um 5,1 dB erhöhen, um den gleichen Hüllkurvenpegel 
einzustellen )?
Bin gespannt!

von GTEM-Messer (Gast)


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Kai Riedel schrieb:
> Interessieren würde mich noch die Erfahrungen mit der GTEM-Zelle, z.B.
> Handling der Prüflinge und die verwendete Software. Die Teseq-Software
> macht einen etwas betagten Eindruck, gibt es da Alternativen?

Zusammen mit einem neuem Analyzer von R&S messen wir mit der EMC-32 
Software von R&S. Die Messung geht so schnell, daß man sich gar nicht 
mehr hinsetzen muss zwischen den einzelnen Richtungen. Mittlerweile 
funktioniert die Software ganz gut. Offenbar waren wir die ersten, die 
damit in einer GTEM gemessen haben. Vorher waren da solche Bugs im 
Programm, dass einen Messen nicht möglich war. Der Support ist also 
super!
Für die Positionierung des Prüflings haben wir einen Halter aus Holz 
gebaut, der in drei Richtungen fixiert werden kann. Damit passen dann 
auch die Quasipeaks zu den Avg-Werten; ansonsten sind zuverlässige und 
wiederholbare Messungen nicht möglich.

Zum Thema: Besonders schöne Störungen kann man sehen, wenn man eine 
einfache Überwachungskamera (möglichst mit CCD) in der Zellle betreibt. 
Das gibt dann bei einzelnen Frequenzen sehr schöne Effekte im Bild.

von HF-Werkler (Gast)


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Hallo,
hätte es in dem Fall für die Emission in einer GTEM nicht die 
"einfachere" ES-SCAN Software getan? Oder wurde die EMC32 wegen 
Immunitätsmessungen gewählt?

Gruss

von GTEM-Messer (Gast)


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HF-Werkler schrieb:
> Hallo,
> hätte es in dem Fall für die Emission in einer GTEM nicht die
> "einfachere" ES-SCAN Software getan? Oder wurde die EMC32 wegen
> Immunitätsmessungen gewählt?

Hi,
offenbar kann nur die EMC-32 Software mit einer GTEM-Zelle umgehen. 
Nebenbei messen wir damit auch die Leitungsgebundene Störspannung. 
Immunität machen wir mit einer anderen Software.

von HF-Werkler (Gast)


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Vermutlich meinst du mit "mit einer GTEM Zelle umgehen" die Verrechnung 
der einzelnen Achsen, oder? Damit liegst du natürlich richtig.

Ich nutze zur Zeit mit einer kleinen Messkammer die ES-SCAN Sofware für 
Pre-Tests, muss allerdings ein wenig manuelle Einstellungen je 
Polarisation und Drehung machen.

> Immunität machen wir mit einer anderen Software.
Darf man fragen, was für Immunität genutzt wird? Radimation?

Gruss

von CCD-Versteher (Gast)


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HF-Werkler schrieb:
> Vermutlich meinst du mit "mit einer GTEM Zelle umgehen" die Verrechnung
> der einzelnen Achsen, oder? Damit liegst du natürlich richtig.
Richtig. Die Messung muss schnell gehen und sollte möglichst 
reproduzierbar sein.
>
> Darf man fragen, was für Immunität genutzt wird? Radimation?
Ist eine Custom-Anpassung für unsere Geräte. Ist als Produkt am Markt 
unbekannt.

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