Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Massekonzept für Audiorouter


von A. S. (rava)


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Hi,

Mein aktuelles Projekt ist ein stero Audio-Signalrouter, den ich sehr 
gerne für die Abhöre in meinem Hobby-Tonstudio einsetzen würde (und 
vllt. auch mal Live als "Ersatzteil" beim Mischer).

8 Eingangskanäle (Differenzverstärker, evtl. gain & Filter, PGA2310, 
mono/stereo-switch) lassen sich flexibel auf 4 Audio-Busse routen. Die 
vier Busse besitzen am Ende je einen weiteren Satz PGA2310 und 
Impendanzwandler/Symmetrierer, bevor's direkt in die Monitorlautsprecher 
geht.
Zusätzlich gibt's vier Kopfhörerverstärker (ebenfalls auf Basis von 
PGA2310 und NJM4556), die sich jeweils an einen der vier Busse klemmen 
können und das jeweilige Signal ausgeben.

Um das Ganze modular aufbauen zu können, soll jeder Block eine Platine 
werden. Also
8x Eingangskanalzug und Busrouting
4x Ausgangskanal
4x Kopfhörerverstärker
1x Spannungsversorgung
1x Frontpanel (bereits fertig)


Mein nächster Schritt ist also die Spannungsversorgung. Ich werde mit 5V 
digital und ca. -15V/+15V analog arbeiten. AGND und DGND sind nur auf 
der Netzteilplatine verbunden (100R).
Mit brummfreier Masseverteilung habe ich nur wenig Erfahrung und 
bräuchte daher etwas Input von euch:


Wie wird AGND (und die stablisierte Versorgungsspannung) am sinnvollsten 
auf die Platinen verteilt?

Wo machen GND Lifts Sinn (I/O?) und wie beeinflussen diese meine 
Masseführung? Übertrager möchte ich wegen der Klangqualität nicht 
verwenden.

Wo verteile ich welche ELKOS & Keramik, um die Spannungen in allen 
Situationen sauber zu halten? Also auch wenn die Amps hohe Ströme 
abfragen und die Line Outs trotzdem ein qualitativ hochwertiges Signal 
liefern müssen?
Ich hätte ganz gern wenigstens das Impulsverhalten von meinen Genelecs 
nicht kaputt gemacht ;)

von Ulrich H. (lurchi)


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Das klassische Massekonzept ist eine Sternförmige Verteilung. Als ein 
Punkt von dem aus die Masse jeweils ausgeht - das könnte etwa am 
Netzteil/Spannungsregler sein, muss es aber nicht. Auch der 
Ausgangsverstärker oder die Platine mit der Schaltmatrix wäre ein 
passender Punkt um ggf. mit weniger Leitungen auszukommen. Hilfreich ist 
es da wenn man das ganze nicht zu sehr auf verschiedene Platinen 
verteilt, denn man braucht je Platine ggf. mehr als eine Masseleitung 
für AGND.

Die Alternative wäre eine echte Massefläche - das ist aber eher etwas 
für HF als für Audio. Vor allem wird das schwer bei mehr als einer 
Platine.

Kapazitive Brummeinkopplungen und HF Störungen hält man sich durch eine 
Abschirmung aus der ganzen Schaltung. Beim Digitalteil sollte man halt 
vermeiden unnötig viele Störungen erst zu erzeugen, also eher niedrige 
Spannung, langsame Logic (z.B. CD40XX oder 74HCxxx mit 2,5 V) ggf. je IC 
ein Abkopplung von der Versorgung.

Die Verbindung mit dem analogen GND kann und sollte schon niederohmig 
sein, sofern es nur einmal geschieht. So ganz viel digitales, 
insbesondere getaktetes gibt es bei der Schaltung ja eher nicht. 
Statische Signale für die Steuereingänge für die PGAs stören ja nichts. 
Rein für so statische Teile braucht man da nicht einmal eine extra 
Masse.

So etwas wie Ground-lifts braucht man bei NF-Schaltungn oder 
Sternförmiger Masse eigentlich nicht. Es ist halt gar keine GND Plane 
da, die man aussparen kann und außerdem stören da kleine Kapazitäten im 
einstelligen pF Bereich kaum,

Elkos / Kondensatoren für die Spannungspufferung kommen halt zu der 
jeweiligen Schaltung. Ob die Kondensatoren nach AGND, DGND oder direkte 
+15 V nach -15 V gehen hängt vom Schaltungsteil ab. Für Teile die 
Empfindlich sind, oder etwas höhere Ströme Ziehen kommt ggf. noch eine 
Entkopplung (Ferriteperle / Widerstand) zur Versorgung dazu.

von Peter D. (peda)


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A. S. schrieb:
> Um das Ganze modular aufbauen zu können, soll jeder Block eine Platine
> werden.

Bei modularem Aufbau muß man die Signale zwischen den Modulen 
differentiell führen und die Schaltmatrix muß 2-polig aufgebaut sein.

Die digitalen Signale kann man über Optokoppler oder induktive Trenner 
(ADUM1400) trennen.

: Bearbeitet durch User
von Knut B. (Firma: TravelRec.) (travelrec) Benutzerseite


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Peter Dannegger schrieb:
> Bei modularem Aufbau muß man die Signale zwischen den Modulen
> differentiell führen und die Schaltmatrix muß 2-polig aufgebaut sein.
>
> Die digitalen Signale kann man über Optokoppler oder induktive Trenner
> (ADUM1400) trennen.

Das ist jetzt aber leicht übertrieben. Bei meinem Zeck FMS 
16-Kanal-Mischer aus dem Jahr 1996 sind alle Kanäle und Subgruppen als 
Einzelmodule ausgeführt. Diese gehen auf einen nicht differenziellen 
Bus, der die Spannungsversorgung und auch Schaltsignale, für zum 
Beispiel Pre-Fade-Listening Kanäle, enthält. Der Bus, der als 
Flachbandkabel mit Stecker für jedes Modul aufgebaut ist, ist 
niederohmig ausgeführt (1k Impedanz). Im Master-Modul endet der Bus und 
dort ist auch die einzige Masseverbindung zum Netzteil. Das Gehäuse 
besteht komplett aus Metall (FlightCase) und ist am Netzteil mit Masse 
verbunden. Da brummt und rauscht nix. Will sagen, dass die Impedanz des 
Modulbusses das Wichtigste ist, um Störungen zu unterdrücken. Ausgänge 
der Module müssen niederimpedant sein, wohingegen die Eingänge vom Bus 
zum Modul von hoher Impedanz sein müssen, um die Bussignale nicht 
unnötig zu belasten. Die Masse muss ebenfalls niederimpedant an alle 
Module und an einen gemeinsamen Punkt geführt werden. Digitale Signale 
kann man zusätzlich mit Ferriten entschärfen, falls zu scharfe Flanken 
stören sollten. Wenn man die Frequenzen der Digitalsignale weit oberhalb 
des hörbaren Bereiches hält und die Audioverstärker oberhalb 25kHz 
ordentlich bedämpft, gibt es keine Probleme mit gegenseitiger 
Beeinflussung.

: Bearbeitet durch User
von Peter D. (peda)


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Knut Ballhause schrieb:
> Da brummt und rauscht nix.

Darum geht es nicht. Er will ja 8 unterschiedliche Signale auf 4 
unterschiedliche Ausgänge routen. Und da kann es dann zum Übersprechen 
über den gemeinsamen GND kommen.

Kopfhörer sind ja heutzutage recht unempfindlich, deshalb kaufen so 
viele zusätzliche Kopfhörerverstärker mit ordentlich Bums.
Ist eine Endstufe voll ausgesteuert, fließen die Stromschwankungen über 
den gemeinsamen GND und koppeln auf die anderen über.

Der Mehrpreis für einen OPV mit 4 0,1% Widerständen oder einem 
Differenzverstärker (INA126) ist vernachlässigbar gegenüber dem PGA2310.
Es lohnt sich nicht, am falschen Ende zu sparen.

von Ralph B. (rberres)


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Knut Ballhause schrieb:
> Ausgänge
> der Module müssen niederimpedant sein, wohingegen die Eingänge vom Bus
> zum Modul von hoher Impedanz sein müssen, um die Bussignale nicht
> unnötig zu belasten.

In Audiomischpulten wird aber gemeinhin die Null Ohm Knotenpunkttechnik
angewandt, um gegenseitige Beeinflussungen der Module zu vermeiden.

Die Eingänge der Summenverstärker sind also niederohmig möglichst gegen 
Null Ohm. Man nennt dieses Konstrukt auch Stromsummenverstärker.

Ralph Berres

von A. S. (rava)


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okay, da werde ich in meinem Kopf noch einiges an Know-How nachzubessern 
haben. Danke schonmal für eure Antworten!

Ulrich H. schrieb:
> Das klassische Massekonzept ist eine Sternförmige Verteilung.
Genau, also kommt an diesen Sternpunkt ein großes Flachbandkabel, wo 
jede Ader einmal GND führt? Für die Kopfhörerverstärker gibt's dann eher 
dickere Leitungen

> ... Platine mit der Schaltmatrix...
Die wird es so nicht geben. Die 4 Busse sollen an allen Eingangsplatinen 
vorbei kommen (Topologie: Kette) und wer möchte, darf sein Signal 
draufschalten. Das meinte ich mit "modularer Aufbau"

> ... wenn man das ganze nicht zu sehr auf verschiedene Platinen
> verteilt, denn man braucht je Platine ggf. mehr als eine Masseleitung
> für AGND.
Wann zum Beispiel? Das ist mir noch nicht ganz klar.

> So ganz viel digitales,
> insbesondere getaktetes gibt es bei der Schaltung ja eher nicht.
Das wäre schön, ist aber nicht so. Ich habe das (zentrale) Frontpanel 
damals dummerweise mit Schieberegistern an Drehencodern designt. Wenn 
ich die sauber auslesen möchte, geht meine SPI-Busfrequenz richtung 
2MHz. An diesem Bus hängen auch die PGAs - das ließe sich natürlich noch 
ändern, wird aber pfuschig.

> So etwas wie Ground-lifts braucht man bei NF-Schaltungn oder
> Sternförmiger Masse eigentlich nicht.
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob wir von derselben Groundlift-Sache 
sprechen, oder ob ich nur nicht alles was du schreibst verstehe.
http://en.wikipedia.org/wiki/Ground_lift
In der Veranstaltungstechnik ist der Lift-Schalter zwar verpönt, wird 
aber noch verbaut und verwendet, wenn keiner hinsieht.

> Für Teile die Empfindlich sind, oder etwas höhere Ströme Ziehen kommt
> ggf. noch eine Entkopplung (Ferriteperle / Widerstand) zur Versorgung
> dazu.
Ist das im NF-Bereich üblich? Wie werden Ferritperlen bei Audio 
eingesetzt? Der Wikipedia-Abschnitt ist sehr allgemein gehalten. Ich 
kannte dieses Bauteil bisher noch nicht.


Peter Dannegger schrieb:
> Bei modularem Aufbau muß man die Signale zwischen den Modulen
> differentiell führen und die Schaltmatrix muß 2-polig aufgebaut sein.
Interessant. Daran habe ich noch nicht gedacht. Dann könnte ich mir ja 
den Massestern eigentlich auch sparen, und die Versorgung ebenfalls wie 
den Bus verteilen, oder?


Knut Ballhause schrieb:
> Will sagen, dass die Impedanz des Modulbusses das Wichtigste ist, um
> Störungen zu unterdrücken. Ausgänge der Module müssen niederimpedant
> sein, wohingegen die Eingänge vom Bus zum Modul von hoher Impedanz sein
> müssen, um die Bussignale nicht unnötig zu belasten.
Kurz nochmal die Frage: Gegen welche Art von Störungen hilft diese 
Maßnahme?
Aber auch ein guter Tip! am besten kombiniere ich das gleich mit dem 
differentiellen Bus. Das sorgt dann gleichzeitig für die hohen Ohms, die 
du forderst. Denn die PGA2310 haben nur 10k Eingänge.


Ralph Berres schrieb:
> In Audiomischpulten wird aber gemeinhin die Null Ohm Knotenpunkttechnik
> angewandt, um gegenseitige Beeinflussungen der Module zu vermeiden.
>
> Die Eingänge der Summenverstärker sind also niederohmig möglichst gegen
> Null Ohm. Man nennt dieses Konstrukt auch Stromsummenverstärker.
Ich werde mich mal einlesen. Ich habe wie gesagt noch nicht ganz 
verstanden, ob/warum das das Brummen durch verschiedene GND-Potentiale 
verhindern würde.

Aber was wäre eigentlich wenn ich mehrere solcher Eingänge an diesem Bus 
habe? z.B. vom Line-Out-Modul und vom Kopfhörerverstärker? Schalte ich 
diese dann in Reihe?

von Ralph B. (rberres)


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A. S. schrieb:
> Aber was wäre eigentlich wenn ich mehrere solcher Eingänge an diesem Bus
> habe? z.B. vom Line-Out-Modul und vom Kopfhörerverstärker? Schalte ich

An einen Stromsummenbus kann immer nur ein Summenverstärker angeschaltet 
werden. Man müsste dann am Ausgang des Summenverstärkers mehrere 
Impedanzwandler oder besser Treiber folgen lasen. Für jeden Ausgang 
einen.

Schaue dir mal die Schaltbilder professioneller Mischpulte an. Z.B. 
Soundcraft oder Mitec. Oder was es sonst noch so gibt.

Ralph Berres

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