Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Skineffekt und Speicherspule: HF-Litze oder gehen evtl. auch einfache Litze


von Laedi (Gast)


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Hallo Forum,

ich habe vor, eine Speicherspule für einen Aufwärtswandler/ PFC für 
Uein=150V..325V Uaus=565V zu wickeln, Chip: LT1248. Die Spule soll bei 
300kHz arbeiten mit L=120uH, Imax=3..5A.
Mal davon abgesehen, dass 300kHz und 3..5A eine gewisse Herausforderung 
sind, will ich hier meine Bedenken bzgl. Skineffekt und Speicherspule 
diskutieren:

Problem:
Bei 300KHz ergäbe sich eine Skintiefe von ca. 0,12mm. D.h. nach 0,12mm 
ist die Stromdichte im Leitermaterial der Spule auf 1/e, d.h. auf(!) 37% 
abgefallen (https://de.wikipedia.org/wiki/Skin-Effekt). Daraus würde ich 
schlußfolgern, dass ein Drahtdurchmesser in der Größenordnung von 0,1mm 
schon die Obergrenze darstellt.
So ein Draht hat 0,00785mm2 Querschnitt

Berücksichtige ich jetzt noch, dass ich Imax=3..5A haben will bei einer 
Stromdichte von 10A/mm2 (im Gleichstromfall, als Anhaltspunkt) so komme 
ich auf 64 Einzelfasern in einer möglichen HF-Litze. Bei höheren Strömen 
oder bei geringeren geforderten ohmschen Verlustleistungen in der Spule 
müßten dann noch mehr Einzelfasern genommen werden.


Theorie:
Soweit ich den Skinneffekt verstehe, kommt es durch sich schnell 
ändernde Ströme im Leiter zu einem sich schnell verändernden B-Feld, das 
dann seinerseits eine Spannung erzeugt, die dem fließenden Strom 
entgegengerichtet ist. Nun ist das B-Feld in der Leitermitte am größten, 
weshalb der Strom in den Aussenbereichen des Leiters weniger behindert 
wird und hier stärker fließt, als in der Leitermitte.
Es kommt also nicht darauf an, dass die einzelnen Leitze voneinander 
isoliert sind, sondern nur, dass sie einen gewissen Abstand zueinander 
haben, oder?


Alternative:
Man stelle sich 64 lackisolierte Einzelfasern vor und vergleiche das 
Verhalten mit 64 nichtisolierten Einzelfasern, die so ungeschickt 
miteinander verdrillt/ verflochten/ gewebt sind, dass sie sich z.B. nur 
alle 5mm punktförmig berühren.

Hätte man dann nicht auch den Effekt einer HF Litze in abgeschwächter 
Form?
Das würden bedeuten, dass einfache, feine Schaltlitze eine bessere 
HF-Eignung hätten als Volldraht.

Hat einer so etwas mal gehört?


Gruesse Laedi


Ref: Beitrag "Skin Effekt bei Rinkern Spulen"

: Verschoben durch User
von Michael B. (laberkopp)


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Laedi schrieb:
> Es kommt also nicht darauf an, dass die einzelnen Leitze voneinander
> isoliert sind, sondern nur, dass sie einen gewissen Abstand zueinander
> haben, oder?

Na ja, entfernte Adern sind auch isoliert, luftisoliert.

Laedi schrieb:
> Hätte man dann nicht auch den Effekt einer HF Litze in abgeschwächter
> Form?

Hätte hätte Entengrütze, sie hat aber nicht, sondern auf der ganzen 
Länge Kontakt.

Interessanter ist eine andere Berechnung: Wenn es kein 
diskontinuierlicher Regler ist sondern ein kontinuierlicher mit nur 10% 
Ripplestrom, dann fliesst 90% des Stroms als Gleichstrom und damit über 
den ganzen Leiterquerschnitt. Und für die 10% ist die 
Widerstandserhöhung durch Skin-Effekt ggf. tolerabel. Daher kommen die 
meisten Hochstrom-Schaltwandler ohne Hf-Litze aus, Schwingkreise jedoch 
bei schon viel geringererm Strom nicht.

von Laedi (Gast)


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Michael B. schrieb:

> Hätte hätte Entengrütze, sie hat aber nicht, sondern auf der ganzen
> Länge Kontakt.

heißt das nicht hätte, hätte, Fahrradkette..;-)

>
> Interessanter ist eine andere Berechnung: Wenn es kein
> diskontinuierlicher Regler ist sondern ein kontinuierlicher mit nur 10%
> Ripplestrom, dann fliesst 90% des Stroms als Gleichstrom und damit über
> den ganzen Leiterquerschnitt. Und für die 10% ist die
> Widerstandserhöhung durch Skin-Effekt ggf. tolerabel. Daher kommen die
> meisten Hochstrom-Schaltwandler ohne Hf-Litze aus, Schwingkreise jedoch
> bei schon viel geringererm Strom nicht.


das ist mal ein Argument, das überzeugt. Hatte mit ltspice die Scahe 
bereits simuliert und den Stromverlauf die ganze Zeit vor Augen, habe 
den Gleichstromanteil aber nicht gesehen/ bedacht.

okay und Danke, Leadi

von npn (Gast)


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Laedi schrieb:
> heißt das nicht hätte, hätte, Fahrradkette..;-)

Isch abe gar keine Kette, isch abe Kardanwelle :-)

von WehOhWeh (Gast)


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Michael B. schrieb:
> Interessanter ist eine andere Berechnung: Wenn es kein
> diskontinuierlicher Regler ist sondern ein kontinuierlicher mit nur 10%
> Ripplestrom, dann fliesst 90% des Stroms als Gleichstrom und damit über
> den ganzen Leiterquerschnitt. Und für die 10% ist die
> Widerstandserhöhung durch Skin-Effekt ggf. tolerabel. Daher kommen die
> meisten Hochstrom-Schaltwandler ohne Hf-Litze aus, Schwingkreise jedoch
> bei schon viel geringererm Strom nicht.

Also ich kenne PFC-Drosseln schon mit HF-Litze. Nicht das versilberte 
Zeugs aber sowas:
http://www.spulen.com/hf-litze-20-x-0-05-mm-10-g-spule.html
Da sind die Einzeldrähte lackiert, damit das für den Skineffekt wirksam 
ist.

Im Übrigen würde ich nicht mit der Grundwelle rechnen, sondern noch 
mindestens Faktor 3-5 auf die Frequenz aufschlagen. Du hast auch 
Obewellen, auch die heizen dir ein.

Zwecks DCM und CCM:
Im Endeffekt fährt man die Drossel auch bei CCM mit hohem Rippel, weil 
man sonst eine hohe Induktivität benötigen würde. Für hohe Induktivität 
brauchts dann einen größeren Kern oder mehr Windungen.

Das ist halt ein Tradeoff...

von Peter R. (pnu)


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Blanke Litze hat durch die gegenseitigen Berührungen genauso 
Stromverdrängung wie Massivdraht. Man muss dann mit der übelsten Folge 
rechnen, dank Murphy: schlecht wie Massivdraht.

Im Gegenteil, da die Folge der Kontaktstellen sehr zufällig und 
veränderlich ist, werden die Eigenschaften des Wandlers eine Lotterie.

 Ein Kunde stellt dann zum Beispiel einen schlechten Wirkungsgrad fest. 
Der fühlt sich doch angelogen, wenn er bei seinem Gerät 80% misst und 
die Antwort bekommt  " bei uns haben die Geräte alle 95%".

oder: Bei der Entwicklung hatte man "gealterten" Draht mit Oxidschicht 
auf den Litzendrähten, der sich wie Litze verhält. In der Serie 
verarbeitet man dann frisch gezogenen blanken Draht, der sich wie 
Volldraht verhält. Na, Danke.

von 0815 (Gast)


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npn schrieb:
> Isch abe gar keine Kette, isch abe Kardanwelle :-)

Wie lange soll denn das halten?? Sieht stark nach Geldmache aus. Wenn da 
ein schwerer, sportlicher Fahrer ein Mal in den Wiegetritt geht, kracht 
es.
Die dortigen Kräfte sind fast höher als beim Auto.

Einziger Vorteil, das verdreckt nicht.

von Georg (Gast)


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0815 schrieb:
> Wenn da
> ein schwerer, sportlicher Fahrer ein Mal in den Wiegetritt geht, kracht
> es.

Wenn ein 1000PS-Bugatti per Kardanwelle angetrieben wird, sollte das 
auch beim Fahrrad zu schaffen sein. Jedenfalls für normale Fahrer, 
Drehmomentmonster wie du vielleicht ausgenommen.

Georg

von Peter R. (pnu)


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Georg und 0815, Könnt Ihr vielleicht beim Thema bleiben?

von Laedi (Gast)


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Hi Forumsleser, hier mein Schlußwort:

meine Idee war es, bei einer Speicherdrossel anstelle der aufwendig zu 
verarbeitendenen HF-Litze einfache Litze zu verwenden. Meine Überlegung 
war, dass sich auch in einfachen Litzen ohne Lackisolierung die 
Einzeldrähte nicht flächenmäßig berühren können, sondern nur in Punkten 
und sonst zwischen ihnen Luft ist. Das könnte ja den Skineffekt auch 
mildern, dachte Laedi.

Das ist natürlich Quatsch, weil:

1) Es reicht nicht aus, dass die Einzeldrähte einer HF Litze 
gegeneinander isoliert sind, sie müssen auch so angeordnet sein, dass 
jeder Einzeldraht gegenüber dem Eigenmagnetfeld jede Lage der anderen 
Drähte angenommen hat. Z.B. durch Verdrillen.

Quelle: 
https://www.hpe.ee.ethz.ch/uploads/tx_ethpublications/Magnetische_Bauelemente_A4.pdf 
Abschnitt 1.4 Seite 18

2) Neben dem Skineffekt gibt es auch noch den Proximityeffekt (Einfluß 
der Stromdichteverteilung im Leiter aufgrund fremder Magentfelder), für 
dessen Vermeidung/ Verringerung es keine einfache Methode gibt


3) Bei meiner Wandlertopologie (Aufwärtswandler) durchfließt die 
Drosselspule auch immer ein erheblicher Gleichstromanteil, dessen 
ohmsche Verluste u.U. höher sind als die Verluste durch Skin-oder 
Proximityeffekt.



Übrigens fand ich es erstaunlich, wie wenig der Einsatz von HF-Listen 
bei Hochstromanwendungen bringt. Siehe obige Quelle: seite 50, Abb 1.32




Schlußfolgerung für mich: bei Speicherspulen muß jeder für sich genau 
rechnen oder messen, ob sich der Einsatz von HF-Litzen lohnt. Und 
einfache Litze ohne Isolierung der Einzelandern bringt natürlich 
garnichts.



Grüsse Laedi.

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