Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Netzspannungsqualität mit µC messen


von Rainer P. (Gast)


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Guten Abend!

Versuche gerade eine Schaltung zu entwerfen mit der man den Verlauf der 
Netzspannung messen kann. 1kHz Abtastrate sollte ausreichen. Es geht 
nicht um mV, aber nach einer Kalibrierung sollte es vielleicht schon auf 
1V genau sein.

Ziel ist es, Anomalien in der Spannungsversorgung zu detektieren und 
aufzuzeichnen.


Nun dachte ich an einen einfachen Brückengleichrichter. (Brauche ich eh 
für die Spannungsversorgung vom µC.)
Zwei Spannungsteiler (400Vp => 3,3V) von N/L (können auch vertauscht 
sein, Schuko halt) auf Masse (also "-" vom Gleichrichter).
Die Spannungsteiler werden dann mit je einem ADC "belastet".
Das heißt, die beiden ADCs messen abwechselnd je eine Halbwelle.

Da hab ich aber noch das Problem, dass, wenn der eine ADC eine positive 
Spannung misst, der andere eine (wenn auch kleine: Diode vom 
Gleichrichter über den Spannungsteiler) negative Spannung misst. Bzw 
messen würde. (Negative Spannungen können ADC ja normal nicht so gut 
ab.)


Wie kann man das am Geschicktesten lösen?

Gibt es vielleicht einen gänzlich anderen Ansatz?

(Einen Trafo zum Messen würde ich gerne vermeiden, er dürfte das 
Messsignal verfälschen, oder?)

von Frank (Gast)


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Wie willst du später die "Qualität" bewerten?
THD?

von Christian M. (Gast)


Angehängte Dateien:

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Hallo Rainer.

Ich habe das mit einem Trafo gemacht, vorallem für die galvanische 
Trennung. Schaltung siehe Anhang.

Die Auswertung gestaltete sich schwieriger, wegen vielen Daten und die 
Einbrüche nicht zu verlieren. Im Anhang sind zwei einfache Darstellunegn 
in Excel. Eines eine Aufzeichnung über 4 Tage, mit allen Hochs und Tiefs 
:-)) Im Anderen sind 80ksec Aufzeichnung mit bei uns typischen 
Unterbrüchen. Deutlich sieht man die sekunden-kurzen Einschalt-Versuche 
(?), die der Kühlschrank und Drucker so gerne haben...

Gruss Chregu

von Oldie (Gast)


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Mit 1 kHz Abtastrate bekommst du sowieso nicht jeden Peak
mit t < 1 ms mit. Da würde ich mir über die Verfälschung
durch einen Trafo nicht zu viele Gedanken machen.

Was für Anomalien in der Spannungsversorgung willst du denn
detektieren und protokollieren?

von Wolfgang (Gast)


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Rainer P. schrieb:
> 1kHz Abtastrate sollte ausreichen.

Da würde ich erstmal Probemessungen mit hoher Zeitauflösung machen und 
dann erst über die erforderliche Abtastrate befinden. Insbesondere 
brauchst du bei langsamer Abtastung ein passendes Anti-Aliasing-Filter, 
damit dir höherfrequente Störspitzen nicht irgendwelche niederfrequenzen 
Schwankungen vorgaukeln.

von H.Joachim S. (crazyhorse)


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Die Frage ist: was soll rauskommen dabei?
Akademisch: sammle erstmal so viel Informationen wie möglich
Alltagstauglichkeit: es reicht, wenn du mehr oder weniger komplett 
ausfallende Halb/Vollwellen erkennst
Frequenzkonstanz: kannst du dir sparen, die gibts fertig frei Haus

Ein üblicher Eisen-Netztrafo ist nicht so prall, der filtert schon 
ungewollt ne Menge weg.

Entweder also über einen breitbandigen Trafo auskoppeln oder die 
Wandlungen auf Netzpotential machen und die nur die Daten isoliert 
übertragen.

Dann FFT drüberlaufen lassen, insbesonders die ungeraden Harmonischen 
werden interessantes zu Tage fördern.

1kHz Abtastrate ist wahrscheinlich zu wenig, aber je nachdem, was dich 
interessiert. Wenn es mich interessieren würde: 10kHz Tiefpass, =>20kHz 
Abtastfrequenz.

von Frank K. (fchk)


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Rainer P. schrieb:

> Versuche gerade eine Schaltung zu entwerfen mit der man den Verlauf der
> Netzspannung messen kann. 1kHz Abtastrate sollte ausreichen. Es geht
> nicht um mV, aber nach einer Kalibrierung sollte es vielleicht schon auf
> 1V genau sein.

> Nun dachte ich an einen einfachen Brückengleichrichter. (Brauche ich eh
> für die Spannungsversorgung vom µC.)

Verfälscht das Signal. Willst Du nicht.

Taste direkt ab. Nimm ein AFE, das dafür gemacht worden ist, zB:
http://www.microchip.com/wwwproducts/Devices.aspx?product=MCP3911

Setze hinter die SPI-Schnittstelle einen Isolator, der das AFE vom Rest 
der Schaltung galvanisch trennt (WICHTIG!).

Empfehlung:
Si8662ED-B-IS (im Wide SOIC-16 Gehäuse, 5 kV Isolationsspannung)
https://www.silabs.com/Support%20Documents/TechnicalDocs/Si866x.pdf

Das AFE wird per DC-DC-Wandler versorgt. Unbedingt darauf achten, dass 
ein ausreichender Abstand zwischen Ein- und Ausgangspins besteht.
Beispiel:
http://www.xppower.com/pdfs/SF_IV.pdf
DIP Package wählen! IV0505SA

WICHTIG: Auf ausreichenden Isolationsabstand achten. Empfehlung: 7.5mm 
durchgängig; heißt: zwischen beiden Schaltungsteilen ein 7.5mm breiter 
Streifen, der auf jedem Layer absolut frei von Kupfer und Bauteilen ist 
(Ausnahme: der Si8662, der beide Schaltungsteile verbindet, und der 
DC-DC-Wandler).

Hinter dem Isolator kannst Du die Daten mit Deinem Controller abgreifen.

Nachtrag: Sicherung im 230V-Zweig nicht vergessen. Ein MOV wäre auch 
nicht verkehrt, zB:
http://www.littelfuse.com/~/media/electronics/datasheets/varistors/littelfuse_varistor_ultramov_datasheet.pdf.pdf

fchk

von Lurchi (Gast)


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Beim Trafo kann man durch die passende Wahl die Verzerrungen in Grenzen 
halten.

Besonders ungünstig sind kleine Transformatoren unter etwa 2 VA - da hat 
man durch den Magnetisierungsstrom schon einiges an Verzerrungen. 
Deutlich besser werden größere Transformatoren (so ab 10 VA), 
insbesondere wenn sie von der Spannung her nicht zu knapp ausgelegt 
sind. Man kann denn ggf. auch einen Transformator für die Messung und 
die Versorgung nutzen. Eine geringe Leistung im 100 mW Bereich sollte 
die Spannung nicht so merklich verzerren - insbesondere nicht so viel, 
dass es gegen die üblichen bzw erlaubten Störungen im Netz auffällt.

Die Frage ist halt was man aufzeichnen will:
Rohdaten bei 1 kHz werden halt doch schon viel. Da lohnt es sich ggf. 
die Daten auf das wesentliche, wie Spitzen, Effektivwert, Oberwellen, 
... zu reduzieren.

von Gerd E. (robberknight)


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H.Joachim S. schrieb:
> 10kHz Tiefpass, =>20kHz Abtastfrequenz.

Da geben sich die Techniker der Elektrizitätswerke richtig Mühe Dir 
schönste Bursts und Surges auf die Leitung zu legen und Du bügelst sie 
mit Deinem 10kHz Tiefpass alle platt und siehst nix mehr von deren 
Kunstwerken.

Wenn es mich interessieren würde: entweder deutlich höhere 
Abtastfrequenz mit dazu passendem Tiefpass oder parallel dazu nen 
Peak-Detektor ohne Tiefpass.

: Bearbeitet durch User
von oszi40 (Gast)


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Lurchi schrieb:
> Die Frage ist halt was man aufzeichnen will:
> Rohdaten bei 1 kHz werden halt doch schon viel.

Frage ist eher, WOZU er diese Daten braucht und wo er sie genau 
abgreift. Nur zur akademischen Belustigung oder um zu bestimmter Zeit an 
bestimmten Ort einen Fehler zu lokalisieren? Um einen einfachen Fehler 
zu suchen, könnte zählen der Halbwellen schon fast ausreichen. Im 
Straßenbahnnetz teten aber z.B. durch Bremsvorgänge und 
Energerückführung kurze Spitzen von ca. 1500=V auf. Wenn er sowas 
erfassen will wird die Sache schon interessanter.

von Wolfgang (Gast)


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H.Joachim S. schrieb:
> Wenn es mich interessieren würde: 10kHz Tiefpass, =>20kHz
> Abtastfrequenz.

Damit würdest du wohl nicht richtig weit kommen, sofern es dir nicht 
gelingt, einen halbwegs idealen Tiefpass zu designen, i.e. einen mit 
rechteckförmigem Frequenzgang und dazu noch ohne Phasenverschiebung 
unterhalb der Grenzfrequenz. Herr Shannon spricht übrigens von "echt 
klein".

von Rainer P. (Gast)


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Guten Abend!

Danke für die zahlreichen Antworten :)

Auswertung: Ja, Oberwellen, aber auch speziell Unter-/Überspannungen und 
ganze Ausfälle...
Es soll jetzt kein super großer Aufwand betrieben werden. Bei zu hoher 
Abtastrate werden es sonst wahrscheinlich auch zu viele Daten...


Wenn ihr meint, dass 20 kHz besser wäre... sollte auch kein Problem 
sein.


Das mit dem AFE klingt natürlich sehr gut. (Ich dachte zwar, dass man 
auch einfach den ADC vom µC nehmen könnte... 20kHz sollte der auch noch 
hinbekommen...)


Es geht um den Einfluss von Verbrauchern auf das Stromnetz. 
(Langzeit-Test... immer ein/aus. die Events kommen vom µC und sollen 
ebenfalls mitgeloggt werden...)

von Frank K. (fchk)


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Rainer P. schrieb:

> Ich dachte zwar, dass man
> auch einfach den ADC vom µC nehmen könnte... 20kHz sollte der auch noch
> hinbekommen...)

Auf keinen Fall! Dann würde der Controller auf Netzpotential liegen. 
Damit würdest Du Deinen PC beschädigen und auch mit Deinem Leben 
spielen. Es ist buchstäblich lebenswichtig, dass der uC vom AFE (der ja 
zwangsläufig auf Netzpotential liegt) galvanisch getrennt ist.

Ich hoffe, Du weißt, was Du da tust.

Lies auch das hier:
http://ww1.microchip.com/downloads/en/AppNotes/01426A.pdf

fchk

von Gerd E. (robberknight)


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Frank K. schrieb:
>> Ich dachte zwar, dass man
>> auch einfach den ADC vom µC nehmen könnte... 20kHz sollte der auch noch
>> hinbekommen...)
>
> Auf keinen Fall! Dann würde der Controller auf Netzpotential liegen.
> Damit würdest Du Deinen PC beschädigen und auch mit Deinem Leben
> spielen.

es ist überhaupt kein Problem den µC auf Netzpotential zu legen, solange 
alle Schnittstellen zu ihm und seine Stromversorgung ausreichend 
isoliert sind.

Bei USB kann man das z.B. mit nem ADUM4160 machen, bei UART mit 2 
Optokopplern. Bei den Optokopplern natürlich auch drauf achten, daß man 
welche nimmt die für 5KV ausgelegt sind.

von Rainer P. (Gast)


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Der Controller kann ja durch aus auf Netzpotenzial sein.

Ich dachte eher, dass ich die UART dann über Optokoppler herausführe. 
Wobei, wenn ich so drüber nach denke, müssen die anderen IOs auch 
getrennt werden... da ist dein Ansatz dann wohl doch wieder eleganter...

Die AppNote hab ich schon gesehen, aber trotzdem danke ;)


Bei 20kHz müsste ja auch ein NF-Übertrager benutzbar sein, oder? (Hat 
wohl bessere Übertragungseigenschaften als ein Trafo.)

von Gerd E. (robberknight)


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Rainer P. schrieb:
> Bei 20kHz müsste ja auch ein NF-Übertrager benutzbar sein, oder? (Hat
> wohl bessere Übertragungseigenschaften als ein Trafo.)

Das mag zwar sein, die meisten NF-Übertrager isolieren aber nicht 
ausreichend:

Für die Verbindung zwischen Netzspannung und Schutzkleinspannung 
brauchst Du doppelte oder verstärkte Isolation und die Isolation sollte 
kurzzeitig mindestens bis 2,5KV gehen, besser nimmt man aber welche die 
kurzzeitig 5KV aushalten.

Wenn Du nen normalen NF-Übertrager nimmst, musst Du also dennoch alle 
IOs extra isolieren.

von Frank K. (fchk)


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Rainer P. schrieb:
> Der Controller kann ja durch aus auf Netzpotenzial sein.
>
> Ich dachte eher, dass ich die UART dann über Optokoppler herausführe.
> Wobei, wenn ich so drüber nach denke, müssen die anderen IOs auch
> getrennt werden... da ist dein Ansatz dann wohl doch wieder eleganter...

... und sicherer.

Und denke an Deinen JTAG/ICSP-Programmer.

fchk

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