Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Scheinbarer Widerspruch bei Effizienz zu Ladungspumpen


von Christian (dragony)


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Hallo,

ich steig bei den Effizienzangaben zu Ladungspumpen nicht wirklich 
durch. Vielleicht ist hier ja ein Experte, der das wirklich weiss.

Zu den Fakten

1. Lädt man einen leeren(!) Kondensator mit einem vollen Kondensator 
auf, so halbiert sich die Energie. Logisch, da J=0.5C*U² und sich die 
Spannung auf beide Kondensatoren wegen der Ladungserhaltung aufteilt.

2. Cap A hat 3V, Cap B hat 1V. Nach dem Kurzschliessen haben beide Caps 
2V. Es ist also rechnerisch nur noch 27% der Energie verloren gegangen. 
Schaltet man die Caps also sehr schnell, kann man die Effizienz 
scheinbar auf 99.9% steigern. Man muss ja nur dafür sorgen, dass der 
Spannungsunterschied zwischen den beiden Kondensatoren so gering wie 
möglich ist.

Hier ist jetzt aber das, was mir Kopfschmerzen bereitet. Nehmen wir an, 
Cap A hat 1V und Cap B hat 0.98V. Nach dem Ausgleichen haben beide 
0.99V. Es ist so gut wie keine Energie verloren gegangen. Jetzt kürzen 
wir die Spannungen zusammen (was mathematisch und auch physikalisch 
völlig legitim ist, da die Spannung zwischen den beiden Caps nunmal 
0.02V beträgt) auf Cap A=0.02V und Cap B=0V. Nach dem Ausgleichen haben 
beide Caps 0.01V und damit ist die halbe Energie flöten.

Und was jetzt? Ist eine Ladungspumpe nun nur eine verschleierte Form des 
ohmschen Ladens und verwandelt damit 50% der Energie in Wärme, oder ein 
Effizienzwunder?

PS: Und jetzt bitte keine Sprüche wie "du verwechselst Energie mit 
Ladung". Für mich heisst Effizienz, wie viel % der eingetragenen Energie 
NICHT in Wärme umgewandelt wird.

: Bearbeitet durch User
von Kioskman (Gast)


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Hallo Christian

Dir ist hoffentlich schon klar, dass Du durch parallelschalten von 
Kondensatoren die Kapazität in der Gleichung veränderst.

von Harald W. (wilhelms)


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Christian S. schrieb:

> Nehmen wir an,
> Cap A hat 1V und Cap B hat 0.98V. Nach dem Ausgleichen haben beide
> 0.99V. Es ist so gut wie keine Energie verloren gegangen. Jetzt kürzen
> wir die Spannungen zusammen (was mathematisch und auch physikalisch
> völlig legitim ist, da die Spannung zwischen den beiden Caps nunmal
> 0.02V beträgt) auf Cap A=0.02V und Cap B=0V. Nach dem Ausgleichen haben
> beide Caps 0.01V und damit ist die halbe Energie flöten.

Wenn Du die verlorene Energie nachrechnest, kannst Du nicht mit
der Gesamtspannung rechnen, sondern nur mit der Spannungsdifferenz.
Dann kommen m.E. immer die von Dir berechneten 50% heraus. Man spricht
in diesem Zusammenhang  auch von Kondensatorparadoxon, weil diese 50%
völlig unabhängig von der Grösse des Widerstands sind, über den die
beiden Kondensatoren verbunden werden. Eine direkte Verbindung von
zwei Kondensatoren ist auch theoretisch nicht möglich, weil dann ein
unendlich hoher Strom fliessen würde. Will man diese 50% Verlust
vermeiden, muss man statteines Widerstands eine Drossel verwenden.

von Helmut S. (helmuts)


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Hallo Christian,

Hier mal eine Simulation mit LTspice zum Thema Ladungspumpe.

Ein Kondensator wird immer wieder auf 10V aufgeladen und danach mit 
einem zweiten Kondensator verbunden (Umladung).

Das 2. Fenster zeigt die Ausgangsspannung bei verschiedenen 
Lastwiderständen.
Das 3. Fenster zeigt den Wirkungsgrad als Funktion des Lastwiderstandes.
Das 4. Fenster zeigt den Wirkungsgrad als Funktion der lastabhängigen 
Ausgangsspannung.

Ich habe den Eindruck bekommen, dass der Wirkungsgrad exakt 
proportional dem Verhältnis Ausgangsspannung/Eingangsspannung ist. Das 
kann man bestimmt auch mathematisch beweisen.

Gruß
Helmut

von Hermann (Gast)


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Die Hersteller der Ladungspumpen geben 98% Leistungswirkungsgrad an. Die 
trauen sich hoffentlich nicht physikalischen Unsinn inn ihre 
Datenblätter zu schreiben.

von W.G. (Gast)


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Hermann schrieb:
> Die Hersteller der Ladungspumpen geben 98% Leistungswirkungsgrad an.

Also hast du Leistungsanpassung ?

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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O Mann, Hermann, mir rollte es gerade die Fußnägel auf, als ich gesehen 
habe, was das Intersil-Marketing da geschrieben hatte. :)

Wie kann der Wirkungsgrad im Leerlauf 99,9% sein?
Der Wirkungsgrad im Leerlauf ist 0%.

Zum Glück ist dann der korrekte Zusammenhang auf Seite 5ff., erkennbar:
http://www.intersil.com/content/dam/Intersil/documents/icl7/icl7660.pdf


Das Maxim Datenblatt gibt das auch sauber wieder:
http://datasheets.maximintegrated.com/en/ds/ICL7660-MAX1044.pdf
Seite 3, Efficiency.

von Michael B. (laberkopp)


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Christian S. schrieb:
> Und was jetzt? Ist eine Ladungspumpe nun nur eine verschleierte Form des
> ohmschen Ladens und verwandelt damit 50% der Energie in Wärme

Ja.

> oder ein Effizienzwunder?

Na ja, unbelastet erreicht er 100% :-)

Was die Ladungspumpe kann, ist eine Spannung (verdoppeln, halbieren, 
verdreifachen). Von der transportierten Leistung frisst sie aber die 
Hälfte.

von Lurchi (Gast)


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Die Ladungspumpe kann auch schon von der Leistung / Energie einen hohen 
Wirkungsgrad haben. Die Verluste die dabei auftreten sind einmal die 
Energie zum betätigen der Schalter und dann der Verlust durch das 
Absinken der Spannung bei Belastung.

Eine Ladungspumpe zum halbieren der Spannung zieht abgesehen von 
Leckströmen am Eingang den halben Strom den der Ausgang liefert (es 
gehen im Idealfall halt keine Ladungen verloren) nur die Spannung sinkt 
halt bei Belastung ab.

von Jens G. (jensig)


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>Hier ist jetzt aber das, was mir Kopfschmerzen bereitet. Nehmen wir an,
>Cap A hat 1V und Cap B hat 0.98V. Nach dem Ausgleichen haben beide
>0.99V. Es ist so gut wie keine Energie verloren gegangen. Jetzt kürzen
>wir die Spannungen zusammen (was mathematisch und auch physikalisch
>völlig legitim ist, da die Spannung zwischen den beiden Caps nunmal
>0.02V beträgt) auf Cap A=0.02V und Cap B=0V. Nach dem Ausgleichen haben
>beide Caps 0.01V und damit ist die halbe Energie flöten.

>Und was jetzt? Ist eine Ladungspumpe nun nur eine verschleierte Form des
>ohmschen Ladens und verwandelt damit 50% der Energie in Wärme, oder ein
>Effizienzwunder?

Diese 50% beziehen sich aber nur auf die Spaunnungsdifferenz zw. den Cs. 
Ist also ziemlich klein, je nach Belastung.
Im grunde muß die Ladungspumpe nur niederohmig genug sein, da durch 
diese inneren Widerstände auch der Laststrom durch muß. Die durch das 
Kondensatorparadoxon verursachten Verluste sind dagegen eher klein, da 
es da nur um die Spannungsdifferenzen zwischen den Cs geht.

von Delex12 (Gast)


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Du hast 50% Wirkungsgrad wenn Du einen leeren auf einen vollen 
Kondensator schaltet.

Bei Ladungspumpen werden die Kondensatoren aber nur sehr gering 
entladen. Die Spannung über den Kondensatoren ist zu >90% DC.

Dann hast Du hohe Wirkungsgrade

von Helmut S. (helmuts)


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Halo Jens,
schau dir doch mal die Simulation an.
Der Wirkungsgrad ist fast identisch mit der prozentualen Spannung. 
Einzig und allein die Verluste der Schalter kommen dazu. Die Schalter 
hatetn 0,1Ohm(fast ideal).

Wenn man also 5V nach -5V wandelt und wegen Belastung im Mittel nur 
-4,5V herauskommen, dann ist der Wirkungsgrad=4,5V/5V=90%.

von Jens G. (jensig)


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@Helmut S. (helmuts)

>Halo Jens,
>schau dir doch mal die Simulation an.

Warum. Deckt sich doch weitgehend mit meiner Aussage.

von Christian (dragony)


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Wenn die Wärmeumwandlungsmenge der Energie bei ohmschen Transporten nie 
unter 50% wandern kann, sondern nur mit einer Drossel, warum sehe ich 
dann sowas nie in den Ersatzschaltbildern zu den Ladungspumpen? Und 
dennoch schreiben die was von 90+% Wirkungsgrad. Ohne Drossel.

von Helmut S. (helmuts)


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Christian S. schrieb:
> Wenn die Wärmeumwandlungsmenge der Energie bei ohmschen Transporten nie
> unter 50% wandern kann, sondern nur mit einer Drossel, warum sehe ich
> dann sowas nie in den Ersatzschaltbildern zu den Ladungspumpen? Und
> dennoch schreiben die was von 90+% Wirkungsgrad. Ohne Drossel.

Man kann doch mit Ladungspumpen ohne weiteres über 90% Wirkungsgrad 
erreichen. Siehe meine Simulation. Ich sehe da überhaupt keine 
Falschaussage wegen den 90+x% Wirkungsgrad.

Wer Ladungspumpen einsetzt sollte sich bewusst sein, dass diese sehr 
hohe Stromspitzen am Eingang bewirken. Da ist es ratsam eine Spule als 
Filter davorzumachen und damit ist der Vorteil der Ladungspumpe ohne 
Spule auszukommen dahin. Deshalb ist es kein Wunder, dass Ladungspumpen 
nur bei Verbrauchern mit sehr kleiner Leistung (0,1W?) Verwendung 
finden.

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Christian S. schrieb:
> Wenn die Wärmeumwandlungsmenge der Energie bei ohmschen
> Transporten nie
> unter 50% wandern kann, sondern nur mit einer Drossel, warum sehe ich
> dann sowas nie in den Ersatzschaltbildern zu den Ladungspumpen? Und
> dennoch schreiben die was von 90+% Wirkungsgrad. Ohne Drossel.

Das Kondensatorparadoxon bezieht sich auf den Fall von "zwei identischen 
Kondensatoren, einmal mit Klemmenspannung 0 V, einmal mit 
Klemmenspannung x V, wir schließen diese zusammen, [Ergebnis]". Ist 
diese Beschreibung bei einer Ladungspumpe zutreffend?

[ ] ja
[O] nein

von Hermann (Gast)


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Marcus H. schrieb:
> O Mann, Hermann, mir rollte es gerade die Fußnägel auf
> Wie kann der Wirkungsgrad im Leerlauf 99,9% sein?
Hoffentlich kriegs du die wieder gerade gebügelt.
Man muss schon genau hinsehen: die steht Voltage Efficency!!

Ich wollte es ja nicht, aber nun muss ich doch was dazu sagen:
Nach der Einschwingerei haben beide Kondensatoren die Energie 
E=1/2*C*U². Nach einem zusätzlichen Ladeimpuls hat das erste C die 
Energie E= 1/2*C*(U+dU)²
Nach der Parallelschaltung haben beide E=1/2*C*(U+1/2dU)².
Jetzt ein Beispiel zu Verdeutlichung: U=10V  dU=0,1V
Gesamt-Energie vor Parallelschaltung: Evor=1/2*C*(102,01+100)
Gesamt-Energie nacher: Enach=1/2*2C*101,0025
Verlustleisung ist also die Differenz Edif=1/2*C*(202,01-2*101,0025)
Macht also Everl=1/2*C*0,005 --> o,oo5/100=50ppM
Jetzt kann man dU noch kleiner machen und man bekommt theoretisch fast 
100%

Ist doch nicht so schwer!

von Hermann (Gast)


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die 50ppm waren natürlich nichts.
reingesteckt wurden im Beispiel 2,01  heraus kamen 2*1,0025
Wirkungsgrad ist also 2,005/2,01=0,9975

von Christian (dragony)


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Gehen wir doch mal in die Praxis.

Ich nehme 2 Supercaps mit 350F. Das ist so viel Kapazität, dass der 
Strombedarf irgendwelcher aktiver Komponenten nicht so ins Gewicht 
fällt. Jetzt lade ich den einen auf 2.7V auf, der andere ist in der Zeit 
kurzgeschlossen (Pseudomemory-Effekt).

Wie bekomme ich jetzt am effizientesten die Energie von Cap A nach Cap 
B?

Das Ergebnis lässt sich dann ja ohne weiteres durch eine 
Spannungsmessung verifizieren.

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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Hermann schrieb:
> Marcus H. schrieb:
>> Wie kann der Wirkungsgrad im Leerlauf 99,9% sein?
> Man muss schon genau hinsehen: die steht Voltage Efficency!!

Yep, ich hab die "voltage" überlesen.
Nur noch 3 Tage, bis die neue Brille kommt...
Danketier!

von Harald W. (wilhelms)


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Christian S. schrieb:

> Wenn die Wärmeumwandlungsmenge der Energie bei ohmschen Transporten nie
> unter 50% wandern kann, sondern nur mit einer Drossel, warum sehe ich
> dann sowas nie in den Ersatzschaltbildern zu den Ladungspumpen?

Solche Netzteile nennt man Drosselwandler. :-)
Da gibt es das 50% Problem nicht.

von Harald W. (wilhelms)


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Helmut S. schrieb:

> Man kann doch mit Ladungspumpen ohne weiteres über 90% Wirkungsgrad
> erreichen. Siehe meine Simulation. Ich sehe da überhaupt keine
> Falschaussage wegen den 90+x% Wirkungsgrad.

Man kann ja auch normale Trafos als Spannungswandler bezeichnen.
Wenn ich dann einen Spartrafo nehme, kann ich auch Wirkungsgrade
nahe 100% erreichen. Nur wird dann verschwiegen, das die meiste
Leistung "um den Trafo herum" übertragen wird. Ähnlich ist es
bei den Spannungspumpen. Wenn man da Wirkungsgrade nahe 100% hat,
hat man ein ganzzahliges Spannungsverhältnis und die meiste
Leistung wird per Spannungsteilung übertragen.

von Christian (dragony)


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Christian S. schrieb:
> Gehen wir doch mal in die Praxis.
>
> Ich nehme 2 Supercaps mit 350F. Das ist so viel Kapazität, dass der
> Strombedarf irgendwelcher aktiver Komponenten nicht so ins Gewicht
> fällt. Jetzt lade ich den einen auf 2.7V auf, der andere ist in der Zeit
> kurzgeschlossen (Pseudomemory-Effekt).
>
> Wie bekomme ich jetzt am effizientesten die Energie von Cap A nach Cap
> B?
>
> Das Ergebnis lässt sich dann ja ohne weiteres durch eine
> Spannungsmessung verifizieren.

Niemand?

von Harald W. (wilhelms)


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Christian S. schrieb:

> Niemand?

Tja, niemand kann das Kondensatorparadoxon umgehen.

von Christian (dragony)


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Ich glaube wir reden aneinander vorbei, oder ich kapier es nicht.

Erst heisst es, ohmsches Laden = 50% Verlust. Dann heisst es, nimm ne 
Drossel und es geht wesentlich besser. Dann sag ich ok, was genau soll 
ich machen, um zu testen, ob es wirklich besser geht. Dann sagst du, es 
geht nicht besser.

Ich habe testweise mal einen Step-Up genommen und damit versucht die 
Energie der beiden Caps umzuladen.

Ergebnis:

Vorher:  Cap A = 2.7V   Cap B = 0V
Nachher: Cap A = 0V     Cap B = 1.7V

Da wäre ich mit einem Draht aber besser dran gewesen?

von Christian (dragony)


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Thema hat sich erledigt. Ich hab den Witz jetzt auch endlich verstanden.

von Peter D. (peda)


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Christian S. schrieb:
> Schaltet man die Caps also sehr schnell, kann man die Effizienz
> scheinbar auf 99.9% steigern. Man muss ja nur dafür sorgen, dass der
> Spannungsunterschied zwischen den beiden Kondensatoren so gering wie
> möglich ist.

Das scheint nicht nur, das ist auch in der Praxis so.
Hier mal ein Beispiel:
TC7660 mit 2 * 10µF an 10V mit 10k Last:
Eingang: 10V 4,11mA
Ausgang: 19,85V 1,97mA
Wirkungsgrad: 39,1mW / 41,1mW = 95%

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