Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Colpittsoszillator


von H. L. (hans_la)


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Hallo,

ich komme mit dem nachfolgenden Anweisungstext nicht klar,
was bedeutet in dem Zusammenhang "Umspringen"?
Das Teil ist ein Markengenerator aus einem alten Meßgerät (Bj66),
ich interpretiere die Schaltung so, dass der Quarz in Serienresonanz 
betrieben wird, (L1 kompensiert die Parallelkapazität des Quarzes)
"Ziehen" des Quarzes ist ebenfalls nicht vorgesehen.
Die Einkopplung der Rückkopplung (klingt blöd) kann über C1 verändert 
werden, aber da "springt" nichts, jedenfalls nicht messbar.
Mit L2 ändert sich wie erwartet, nur die Amplitude der Ausgangsspannung.
Was könnte also mit "Umspringen" gemeint sein?
Danke
Gruß
Hans

: Bearbeitet durch User
von Bitwurschtler (Gast)


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Da gabs bei Röhrenempfänger Probs die als springen bezeichnet werden:
http://www.radiomuseum.org/forum/oszillatoren_springen_und_reien_der_frequenz2.html

von LMM (Gast)


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Dein Quarz schwingt vermutlich auf der 3. oder 5. Oberwelle, die 
Grundfrequenz ist dann 33,33MHz oder 20,00MHz.

Wenn der Resonanzkreis mit der Spule nicht grade die gewünschte 
Oberwelle rauskitzelt, kann die Schwingfrequenz schlagartig auf eine der 
anderen Oberwellen oder die Grundfrequenz wechseln, je nach Einstellung 
von L (und vermutlich teilweise auch C).

von H. L. (hans_la)


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@LMM
ich hab mal auf 60,67 und 80MHz reingehört, da ist nichts,
die Abstimmung mit L2 ist auch sehr unempfindlich, bei +/- 1 Umdrehung 
ändert sich die Signalampltude höchstens um 10%, beim Weiterdrehen reißt 
die Schwingung sehr schnell ganz ab.
Eigentlich könnte ich ja zufrieden sein, das Teil schwingt zuverlässig 
an, die Frequenz steht stabil, der Markengenerator arbeitet wie er soll,
aber mich würde halt trotzdem interessieren, was die Altvorderen damit 
gemeint haben.

@bitwurschtler,
da muss ich mich erst mal einlesen, das habe ich auf die Schnelle noch 
nicht nachvollziehen und auf mein Thema ummünzen können

Gruß
Hans

: Bearbeitet durch User
von Bitwurschtler (Gast)


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H. L. schrieb:

> @bitwurschtler,
> da muss ich mich erst mal einlesen, das habe ich auf die Schnelle noch
> nicht nachvollziehen und auf mein Thema ummünzen können

Weiter unten im Text geht's speziell um Transistor-Oszillatoren. Es 
läuft aber auf dasselbe hinaus wie LMM vermutet - die Frequenz springt 
auf eine andere Harmonische. Grund dafür (veränderte Frequenzgang des 
Selektivverstärers?) Bauteilalterung, -Streuung und Temperaturänderungen 
und letzlich ein statistisches Problem -> meint, es muss nicht auftreten 
aber wenn dann lässt es sich wegtrimmen.

von Peter R. (pnu)


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Eine Quarz hat üblicherweise viele Frequenzen auf der er schwingen kann.

Mit einem breitandigen Verstärker zusammen ergibt sich daher 
üblicherweise die Grundfrequenz des Quarzes, weil die die niedrigsten 
Verluste aufweist.

Um das Schwingen auf einer Oberwelle zu erreichen, muss der Verstärker 
auf den Frequenzbereich dieser Oberwelle eingeschränkt werden. das macht 
man üblicherweise mit einem LC-Kreis. (L2,C2,C3)

Der sollte seine Resonanzfrequenz im Bereich der gewünschten Oberwelle 
haben.

Wenn man hohe Rückkopplungsreserve hat, kann man dann beim Verstellen 
des L2 in eine Frequenz des LC geraten, wo schon die nächste Oberwelle 
des Quarzes angeregt wird. Das ergibt dann das Umspringen, sodass der 
Oszillator dann eine ganz falsche Frequenz liefert.

Verstellen können muss man aber das L2, da man damit das "Ziehen", also 
den Feinabgleich der Schwingfrequenz ausführt.

Ein 2N708 ??? Das ist ja vintage. Deshalb auch die Frequenzfeinkorrektur 
an der Basis.

Das macht man m.E. besser mit einem modernen HF-Ts in SMD-Gehäuse, 
klatscht da mit 1nF die Basis auf Masse und stellt per L2 die 
Schwingfrequenz fein ein.

von H. L. (hans_la)


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@Peter,
Vintage ist das richtige Wort, ich schrieb ja auch, dass es sich dabei 
um ein Gerät Bj 66 handelt, welches ich da gerade restauriere und neu 
abgleiche.
Ich möchte halt soviel als möglich im Original erhalten (auch den 2N708)
Dazu gehört für mich auch, die dahinterliegenden Erkenntnisse und 
Gedankengänge nachzuvollziehen.
Der Weg ist das Ziel :-)
Das ist ja das schöne am Hobby.
Aber zum Thema "Ziehen", ich habe das so verstanden, dass dies bei einem 
Quarz, welcher in Serienresonanz betrieben wird, mit einem Serien-C 
erfolgt,
den gibt es hier doch m.E. nicht.
Mit L2 gleiche ich ja den Schwingkreis doch nur auf die Quarzfrequenz 
ab.
Oder habe ich da wtwas falsch verstanden?

von Peter R. (pnu)


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zum Thema " Ziehen":
Ein Oszilator hat die Schwingbedingung: Ringverstärkung mindestens 
größer als 1 und Phase der Ringverstärkung 180 Grad (Rückkopplung).

Wenn dieser LC-Oszillator von alleine auf der gewollten Frequenz 
schwingt, ist die Phasenverschiebuung durch den Resonanzkreis 180 Grad 
und der Quarz arbeitet auf seiner Serienresonanz.
Wird nun durch Verstimmen von LC die Verstärkung phasenverschoben, 
schwingt das ganze System auf der Frequenz bei der der Quarz genau die 
gegenläufige Phasenverschiebung erzeugt. Im Extremfall: gar kein L mehr 
im Oszillatorkreis, der Verstärker schafft nur mit (fast) 90 Grad 
Phasenverschiebung, kapazitiv. Der Quarz schwingt dann auf einer 
Frequenz, in der er induktiv wirkt und die Ringverstärkung wieder 180 
Grad beträgt.
Das macht man bei Grundwellenquarzen: Oszillator ohne L, dafür der Quarz 
für eine "Last" von z.B. 30pF abgeglichen. Der Quarz schwingt dann auf 
einer Frequenz, bei der er die fehlende Induktivität ersetzt.

Bei Oberwellenoszillatoren nimmt man LC-Kreise, kann dann in beide 
Richtungen ziehen, durch verstellen von L oder C.

In dieser Schaltung mit dem 2N708 wird allerdings ein Schmutzeffekt 
verwendet. Je nach Betrag der Erdung der Basis ändert sich die Phase der 
Verstärkung und damit die Schwingfrequenz des Quarzes. Die 
Einstellwirkung ist dann geringer als am LC-Kreis, dafür kann  man aber 
einen Trimmer verwenden, der mit einem Belag auf Masse ist, dann wird 
beim Abgleichvorgang der Schraubendreher weniger stören als beim 
LC-Kreis.
Wenn der Trimmer das Abgleichen nicht schafft, muss man dann halt durch 
Verstellen von L2 etwas nachhelfen

von Jörgi (Gast)


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Peter R. schrieb:
> Ein 2N708 ??? Das ist ja vintage. Deshalb auch die Frequenzfeinkorrektur
> an der Basis.

Vintage ja, aber nicht uncool, die Teile. Habe auch noch einige auf 
Lager.

In der DDR hießen sie wohl 2N108. Die bekommt man manchmal günstig bei 
der Bucht.

Fürs UKW-Basteln ein sehr gutmütiger Transistor (im Gegensatz zum BF199, 
der schon mal wild schwingt, aber auch stromstärker ist, so weit ich 
weiß).

Ich habe ihn immer gerne für Oszillatoren verwendet, als ich noch in 
diesem f-Bereich gearbeitet habe.

von H. L. (hans_la)


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@ Peter

d.h. die Kondensatoren im Basiszweig dienen nicht nur dazu, die Basis 
auf Masse zu ziehen, sondern auch dazu, die Resonanzfrequnz des Quarzes 
zu "ziehen"?

@bitwurschtler,

ich  habe mir die beiden Artikel jetzt mal mehrmals durchgelesen, leider 
sind beide schon sehr theoretisch, eine praktische Berechnung wär mal 
schön gewesen.
Aber eines ist klar geworden, es kann sich bei dem dort besprochenen 
"Springen" oder "Reissen" nicht um das Umspringen zwischen harmonischen 
handeln.
In beiden Artikeln wird erwähnt, dass die Sprungweite vom Grad der 
Kopplung abhängig ist, d.h. es kann nicht eine Harmonische sein.
Aber ttrotzdem sehr interessant, ich glaube, ich muss zu dem Verhalten 
mal ein paar Versuche machen


Vorläufiges Fazit:
Das von den Verfassern der Abgleichanleitung gemeinte Umspringen ist 
noch nicht endgültig geklärt, einiges spricht dafür, dass das "Reißen" 
gemeint ist (wegen der Kopplung) da kein Datenblatt des Quarzes 
vorliegt, könnte aber auch das Umspringen zwischen Harmonischen, oder 
der Wechsel von Serien-auf Parallelresonanz (eher unwahrscheinlich) 
gemeint sein.

Mir ist gerade aufgefallen, dass ich nirgends das Gerät erwähnt habe.
Es ist ein Rohde&Schwarz, SWOB III,
Vielleicht stolpert jemand mit diesem Suchbegriff mal über diesen 
Thread.

Gruß
Hans

von Peter R. (pnu)


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Bei manchen Oszillatoren kann es auch dazu kommen, dass die Schaltung 
als LC-Oszillator läuft, wenn zu weit gezogen wird.

Wenn hier der Quarz gezogen wird, wird sein Verlustwiderstand durch 
Transformation weitaus größer als der bei Serienresonanz, sodass er 
größer werden kann als die Impedanz der zum Quarz parallel liegenden 
Teile L1 und C0 des Quarzes.
Dann schwingt die Schaltung einfach als LC-Oszillator.

Also in einem der möglichen Fälle ist L1 oder C0 als Rückkopplungsweg 
wirksam und L2 mit C2,C3 der frequenzbestimmende Kreis.

Evtl. ist damit das "reißen" gemeint.

Eine andre Bedeutung wäre: Wenn L2 zu weit verstellt ist, hört das 
Schwingen des Oszillators einfach auf, die Schwingung reißt ab.

H. L. schrieb:
> d.h. die Kondensatoren im Basiszweig dienen nicht nur dazu, die Basis
> auf Masse zu ziehen, sondern auch dazu, die Resonanzfrequnz des Quarzes
> zu "ziehen"?

Ja, so ist es. Bei unvollständig geerdeter Basis bekommt die Verstärkung 
des Transistors eine von C1 abhängige Phasenverschiebung. Allerdings 
sollte man das eher als Schmutzeffekt wahrnehmen, es wurde aber bei den 
damals zur Verfügung stehenden Transistoren durchaus genutzt.

: Bearbeitet durch User
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