Hallo, mich würde einmal interessieren, in welcher Art von Firmen denn Elektronikkenntnisse gefragt sind bei ihrem Personal. Damit meine ich im wesentlichen Kenntnisse über Schaltungen, praktische Erfahrung mit dem Funktionieren von Elektronik und weniger Spezialkenntnisse wie die Programmierung eines 64-Bit Mikrocontrollers oder FPGA-Programmierung, HF, Leistungselektronik, Energieversorgung, magnetgelagerte Schwungräder, induktives Erwärmen, Chipdesign, Musikelektronik (Keyboards, Synthesizer, Gitarrenverstärker), Mikrowellentechnik, OLED... Ich meine damit Kenntnisse, die die Entscheidung begründen, warum man hier einen BC327 und keinen BC549 nehmen muß oder warum ein BD249 woanders zu langsam ist. Oder warum man eine BYV79 einer 1N5822 vorziehen sollte. Ich meine damit speziell nicht Entwicklungsabteilungen! Beim Verkauf von Konsum-Geräten dürften solche Kenntnisse eher hinderlich sein, da man durch fachlich Korrekte Ausdrucksweise potentielle unkundige Käufer eher nur abschreckt. Firmen mit Produktion haben in der Fertigung fest vorgegebene Abläufe, so daß man als Mitarbeiter oft nur noch Brocken sieht, mit der Funktionalität des elektronischen Wunderwerkes aber rein gar nichts zu tun hat. Man braucht also nicht wissen, was das Ding überhaupt macht. Das ist eher geheim. Wo nur das Löten gefragt ist, wird nur das handwerkliche Geschick ausgenutzt. Um die elektronische Schaltung geht es dabei gar nicht. Gerade das aufstrebende Indien scheint in Punkto Elektronik Ihre jungen Leute gut auszubilden. Vielleicht wißt Ihr da mehr... mit freundlichem Gruß
Bei den Einschränkungen bleibt da aber nicht viel übrig. Mit diskreten Transistoren und Dioden auf Hobbyniveau rumbasteln, das war in den 80ern noch marktfähig, aber heute macht das kaum noch eine Firma bis auf irgendwelche Bastelbuden am Rande der Insolvenz. Die ganze Elektronik ist in den letzten 30 Jahren massiv komplexer geworden, und ohne Spezialisierung und tiefere Kenntnisse auf wenigstens einem Gebiet bist Du für den Arbeitsmarkt relativ uninteressant. Selbst solche einfachen Minischaltungen, wie sie z.B. Adafruit herstellt, erfordern schon eine ganze Menge Spezialwissen. Für Funktionen, die man mit einer Handvoll diskreter Bauteile machen könnte, verwendet man heute lieber einen Microcontroller, weil es billiger ist schneller geht. Ich kenne Leute, die verwenden einen 4-core Raspberry Pi mit Betriebssystem als Zeitschaltuhr für ihren Springbrunnen. Dahin geht der Trend. Ich frage mich auch, wo du dein Wissen über die Verwendung des richtigen Transistors einsetzen willst wenn nicht in einer Entwicklungsabteilung
Reparatur wäre mir auch als erstes eingefallen, Thomann hat z.B. eine Reparaturwerkstatt für Musikelektronik aller Art.
Hm, Außer Entwicklung fällt mir spontan nix ein. Auch bei Reparaturen hat man eigentlich schon einen vorgegebenen Plan und trifft keine Design Entscheidungen. Über mir der ist wohl eher die Ausnahme und da trifft basteln auf hohem Niveau eher besser zu (Achtung, keine Wertung, nur Meinung)
Der große Beitrag bestätigt im Prinzip meine eigene Einschätzung, wobei es anscheinend interessante Nischen gibt. Bei Musikelektronik ist wohl gleichzeitig erwünscht, daß man die Gerätschaften auch spielen kann. Programmierkenntnisse mit AVR interessierte bisher niemanden ernsthaft.
Christian S. schrieb: > Oder warum man eine BYV79 einer 1N5822 > vorziehen sollte. Weil da Welten zwischen den Eigenschaften liegen? 150V/14A 30V/3A Christian S. schrieb: > mich würde einmal interessieren, in welcher Art von Firmen denn > Elektronikkenntnisse gefragt sind bei ihrem Personal. Wenn du es schaffst, die Elektronik in Branchengruppen einzuteilen, bekommst du schnell eine nahezu unübersichtliche Vielfalt wo das eingesetzt wird. Wenn man damit anfangen würde, hätte das vermutlich nie ein Ende, weil immer noch was dazu käme. Was die Perspektiven angeht, kannst du dir sagen lassen, dass der Bedarf der Wirtschaft solide gedeckt ist und es jeder, der da hin strebt, mit erheblichen Gegenwind zu rechnen hat. Bestnoten sind da schon mal usus, aber auch keine Jobgarantie.
Nicht unüblich ist es das es genau einen Elektroniker irgendwo in der Firma gibt dessen Telefon ständig von allen anderen Abteilungen gerufen wird. Einkauf der mal schnell wissen will ob das nicht lieferbare Teil A durch teil B ersetztbar ist; Marketing deren Messestandelektronik nicht mehr will, Cheffe der an seiner privat-Elektronik dahoam ein problem hat, Produktion dessen Prüfmitteleigenbau mal schnell erweitert werden soll, ... Wie wichtig elektronikkenntnisse auch beim Einkauf, etc sind, merkt man erst wenn der erwähnte einzige Elektroniker in den verdienten Ruhestand geht.
Ordner schrieb: > Nicht unüblich ist es das es genau einen Elektroniker irgendwo in der > Firma gibt dessen Telefon ständig von allen anderen Abteilungen gerufen > wird. Tja, unter den Blinden ist der einäugige König. :-)
Ich schrieb: > Reparatur wäre mir auch als erstes eingefallen, Thomann hat z.B. eine > Reparaturwerkstatt für Musikelektronik aller Art. Und in welcher Musikelektronik aus welchem Jahrhundert spielen diskrete Transistoren, wie oben beschrieben, noch eine Rolle? Nein so was ist heute praktisch nirgendwo mehr gefragt. Da bist du mit Röhrenkenntnissen noch besser dran, weil man damit Hipster-Audiophile abzocken kann.
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Cyblord -. schrieb: > Und in welcher Musikelektronik aus welchem Jahrhundert spielen diskrete > Transistoren, wie oben beschrieben, noch eine Rolle? Zum Beispiel: Roland TB-303 Roland TR-808 Roland TR-909
Mark B. schrieb: > Cyblord -. schrieb: >> Und in welcher Musikelektronik aus welchem Jahrhundert spielen diskrete >> Transistoren, wie oben beschrieben, noch eine Rolle? > > Zum Beispiel: > > Roland TB-303 > Roland TR-808 > Roland TR-909 "Analogsynthesizer". Wer will denn heute noch so einen alten Kram? Da ist man froh wenn er endlich kaputt ist, damit man sich was ordentliches kaufen kann.
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"Was die Perspektiven angeht, kannst du dir sagen lassen, dass der Bedarf der Wirtschaft solide gedeckt ist und es jeder, der da hin strebt, mit erheblichen Gegenwind zu rechnen hat." Also ist aerodynamisches Erscheinen schon mal eine günstige Voraussetzung :-) Erstaunlich, daß dort der Fachkräftemangel so wenig Nahrung findet. Hier scheint kein Wachstum statt zu finden. Der oben beschriebene einäugige bananenliebende Elektroniker dürfte eher die Sorte mit jahrzentelanger Betriebszugehörigkeit sein. Ich hatte mal Kollegen, die nach der Verlegung Ihres Arbeitgebers >100km zur Arbeit gefahren sind. Einkauf und Vertrieb wären dann noch die gängigsten Alternativen. Erstaunlich, wie exakt Ihr mein Thema verstanden habt!
Cyblord -. schrieb: > "Analogsynthesizer". Wer will denn heute noch so einen alten Kram? Leute, die was von Musik verstehen.
Wolfgang E. schrieb: > Cyblord -. schrieb: >> "Analogsynthesizer". Wer will denn heute noch so einen alten Kram? > > Leute, die was von Musik verstehen. Oder Leute die zu arm sind, sich ordentliches Equipment zu kaufen und sich deshalb einreden der alte Kram wäre besser? Außerdem dachte ich bisher, nur Röhren wären ok, diese neumodischen Transistoren haben einen viel zu harten Klang. Oder ist das jetzt die Next Generation der Audiophilen? Quasi Transistor>DSP? Hier geht's für die Audiophilen weiter: Beitrag "Re: CDs langsam brennen"
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- Beispiel Anlagenbetreuung, je nach Produkt koennen mehr oder weniger komplexe Problemstellungen auftreten. Ob dann E-Techniker oder eher Monteure am Werk sind, ist von Fall zu Fall verschieden. Das faellt zwar teilweise auch in den Bereich Reparatur, ist aber genauso fuer die Inbetriebnahme relevant. - Beispiel Projektleitung, wieder je nach Produkt koennen elektrotechnische/elektronische Kenntnisse notwendig oder hilfreich sein. Gerade wenn die Entwicklung sehr mechaniklastig ist, sind in der Projektleitung oft Maschinenbauer anzutreffen, fuer einige ist die Elektronik eine Blackbox. Elektronikkenntnisse koennen aber hier sehr wertvoll fuer die Firma sein und nach meiner Erfahrung werden diese bei der Eistellung auch gewuerdigt. Natuerlich ist die Auswahl einer Diode dabei nicht das entscheidende Kriterium.
Cyblord -. schrieb: > Wolfgang E. schrieb: >> Cyblord -. schrieb: >>> "Analogsynthesizer". Wer will denn heute noch so einen alten Kram? >> >> Leute, die was von Musik verstehen. > > Oder Leute die zu arm sind, sich ordentliches Equipment zu kaufen und > sich deshalb einreden der alte Kram wäre besser? Für den Preis, den die drei genannten Geräte heute auf dem Gebrauchtmarkt erzielen, kannst Du Dir ein ganzes Regal mit "ordentlichem Equipment" vollstellen.
Christian S. schrieb: > Der oben beschriebene einäugige bananenliebende Elektroniker dürfte eher > die Sorte mit jahrzentelanger Betriebszugehörigkeit sein. Ich verbitte mir diese Verfälschung von Elektronikspezialist (gemeint Dipl-Ing Elektrotechnik/Informationstechnik/Nachrichtentechnik/Automatisierungste chnik/o.ä. mit 10+ breite Berufserfahrung) zu "einäugige bananenliebende Elektroniker".
Christian S. schrieb: > Programmierkenntnisse mit AVR interessierte bisher niemanden ernsthaft. Ohoh, lass das mal nicht den Herrn Moby AVR hören... Sonst kannst du dich auf endlose Diskussionen mit einer Wand einstellen.
Was mir noch einfällt, wären Testaufbauten. Es gibt Firmen, die ihre Produkte zumindest nicht ausschließlich vom Kunden reiftesten lassen. Diese Testaufbauten werden normalerweise nicht in hohen Stückzahlen gebraucht, so daß sich eine gewisse künstlerische Freiheit ergibt. Außerdem müssen die im Laufe des Produktlebens modifiziert werden, wenn eben neue Funktionalitäten zum Produkt hinzukommen, da will man auch nicht jedesmal eine neue Anlage kaufen.
Christian S. schrieb: > Ich meine damit Kenntnisse, die die Entscheidung begründen, warum man > hier einen BC327 und keinen BC549 nehmen muß oder warum ein BD249 > woanders zu langsam ist. Oder warum man eine BYV79 einer 1N5822 > vorziehen sollte. Das sind realistisch etwa 5...10% von dem, was ein Hardwareentwickler heute abschätzen und können muss, wenn er nicht nur reine Digitaltechnik macht, sondern auch Schnittstellen zur realen Welt hat. > Oder warum man eine BYV79 einer 1N5822 vorziehen sollte. Das sollte wohl eher heißen: Wann man eine BYV79 einer 1N5822 vorziehen sollte. Meine Vorschläge, wo man dieses Wissen auch (und evtl. mit höherem Anteil) braucht: Prototypen-Inbetriebnahme, Prüffeld und Reparatur. Und dann Kundendienst an Altgeräten...
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Cyblord -. schrieb: > Mark B. schrieb: >> Cyblord -. schrieb: >>> Und in welcher Musikelektronik aus welchem Jahrhundert spielen diskrete >>> Transistoren, wie oben beschrieben, noch eine Rolle? >> >> Zum Beispiel: >> >> Roland TB-303 >> Roland TR-808 >> Roland TR-909 > > "Analogsynthesizer". Wer will denn heute noch so einen alten Kram? Da > ist man froh wenn er endlich kaputt ist, damit man sich was ordentliches > kaufen kann. Schau Dir mal die Gebrauchtmarktpreise an. Die Geräte sind Kult und werden schon lange nicht mehr hergestellt --> kann man gutes Geld mit verdienen.
Christian S. schrieb: > Also ist aerodynamisches Erscheinen schon mal eine günstige > Voraussetzung Nicht, wenn du denen eine große Angriffsfläche bietest. ;-b
Christian S. schrieb: > Bei Musikelektronik ist wohl gleichzeitig erwünscht, daß man die > Gerätschaften auch spielen kann. > > > Programmierkenntnisse mit AVR interessierte bisher niemanden ernsthaft. Was nicht heisst das man die gut gebrauchen kann. Beispielsweise sind mir bei R&S, Infineon und anderswo selbstgestrickte Prüfaufbauten untergekommen bei denen ein AVR ein paar Notoren steuerte und Werte ausgab. Die im Vorstellungsgespräch kennen kein AVR, denen gehst nut darum das der Bewerber die vorgegeben Aufgaben selbstständig erledigt. Und dazu gehört nun mal auch das man Tools (Adapter, Prüfmittel, Testgeräte) aus ein paar Drähten, Büchsen und Kleinkram selbst zusammenstrickt. Manche scheitern ja schon daran sich aus einen USB-Anschluss eine kleine Stromversorgung für einen Uart zu löten.
Nop schrieb: > Was mir noch einfällt, wären Testaufbauten. Es gibt Firmen, die ihre > Produkte zumindest nicht ausschließlich vom Kunden reiftesten lassen. > Diese Testaufbauten werden normalerweise nicht in hohen Stückzahlen > gebraucht, so daß sich eine gewisse künstlerische Freiheit ergibt. > > Außerdem müssen die im Laufe des Produktlebens modifiziert werden, wenn > eben neue Funktionalitäten zum Produkt hinzukommen, da will man auch > nicht jedesmal eine neue Anlage kaufen. Meiner Erfahrung nach machen solche Abteilungen auch oft Prototypenaufbauten für Fachmessen oder Kundenpräsentationen. Fand ich immer ganz interessant, da man sich dort ja auch darum kümmern muss, dass der Prototyp was "sinnvolles" macht (Wow-Effekt bei den Besuchern) und zusätzlich um Transport, Verpackung usw. kümmern muss.
Übermorgen habe ich ein Bewerbungsgespräch bei einem "Global Player" der Medizintechnik, speziell für die Entwicklung und Apparatebau. Trotz mangelnder offizieller Qualifikationen (Ausbildung/Studium) war man nach einem Vorgespräch und Arbeitsproben (Schaltungsaufbau) trotzdem sehr an mir interessiert. Grund des Interesses war die generelle nachgewiesene jahrzehntelange Praxis in der Elektronik und entsprechende Weiterbildung sowie des praktisch/technischen Verständnisses. Gerade fundierte Elektronikkenntnisse sind dort gefragt, was weit über "Modul kaputt/Modul tauschen" hinausgeht, was bei Ausbildungsberufen inzwischen anscheinend sehr selten geworden zu sein scheint. Vorrunde geschafft, Endrunde geht dann nur noch über Projektleiter und Personalentscheider.
Andreas schrieb: > Übermorgen habe ich ein Bewerbungsgespräch bei einem "Global > Player" der > Medizintechnik, speziell für die Entwicklung und Apparatebau. Region?
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