Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik DDR3 und Abblockkondensatoren


von Anfänger (Gast)


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Hi alle,

ich gucke gerade den Schaltplan von NanoPi Neo an: 
http://wiki.friendlyarm.com/wiki/images/a/aa/NanoPi-NEO-1606-Schematic.pdf

Auf der Seite 4 gibt es den DDR3 Schaltplan. Bisher dachte ich mir jeder 
Power Pin bekommt einen 100n Kondensator. Aber hier gibt es 1uF und 10uF 
Kondensatoren.   Woher kommen diese Werte und wenn ich layouten würde 
welche Kondensatoren müssen an welchen Pins ran?

Dann gibt es 4 Kondensatoren die explizit als "Bottom Side Cap" markiert 
wurden. Warum müssen die 4 unten platziert werden?

Gruß
Anfänger

von Luca E. (derlucae98)


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Die Kondensatoren sitzen direkt unter dem RAM, damit sie möglichst 
niederinduktiv an die Versorgungsspannung angebunden sind und diese 
abblocken können.

: Bearbeitet durch User
von Jim M. (turboj)


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Anfänger schrieb:
> Woher kommen diese Werte und wenn ich layouten würde
> welche Kondensatoren müssen an welchen Pins ran?

Wenn Du das schon nicht hinbekommst: Mach keine HF Layouts wie sie DDR-3 
braucht. Das ist kein Kinderkram mehr.

Normalerweise gibts im Datenblatt des RAM Chips auch einen 
Layoutvorschlag. Da wird man die dann vermutlich auch finden.

Anfänger schrieb:
> Warum müssen die 4 unten platziert werden?

Weil Du bei größeren BGA an einige Pins nur von unten rankommst...

von Anfänger (Gast)


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> Wenn Du das schon nicht hinbekommst: Mach keine HF Layouts wie sie DDR-3
> braucht. Das ist kein Kinderkram mehr.

Warum so herablassend? Ich wollte nur wissen woher diese 10uF und 1uF 
Werte kommen und wo die angebunden werden...

> Normalerweise gibts im Datenblatt des RAM Chips auch einen
> Layoutvorschlag. Da wird man die dann vermutlich auch finden.

NanoPi benutzt anscheinend Samsung DDR3 K4B2G1646B. Aber in dem 
Datenblatt steht nichts zu den Abblockkondensatoren.

z.B. In "TN-41-13: DDR3 Point-to-Point Design Support Introduction" von 
Micron steht:
> Micron DRAM has on-die capacitance for the core as well as the I/O. There is
> not a total reliance on external capacitance. It is not necessary to allocate
> a capacitor for every pin pair (VDD:VSS, VDDQ:VSSQ)

So woher kommen die Werte 10uF und 1uF?

Anfängr

von Simon (Gast)


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Naja, wenn die üblichen 100nF Kondensatoren schon intern sind besteht 
kein Bedarf diese auch noch Außen hin zu setzen, weil die hohen 
Frequenzen dann schon intern gefiltert sind. Stattdessen greift man mit 
den großen Kondensatoren die niederfrequenten Anteile der Störungen auf 
der Versorgung an und weil so eine Schaltung beim refresh schon mal viel 
Strom braucht sind dementsprechend große Kondensatoren interessant. Das 
sieht man ja ganz oft, große Kondensatoren für mehrere VDD Pins zusammen 
und dann nochmal 100nF für jeden einzelnen.

von Hmm (Gast)


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Anfänger schrieb:
>> Wenn Du das schon nicht hinbekommst: Mach keine HF Layouts wie sie DDR-3
>> braucht. Das ist kein Kinderkram mehr.
>
> Warum so herablassend? Ich wollte nur wissen woher diese 10uF und 1uF
> Werte kommen und wo die angebunden werden...

Es gibt generell 2 Wege, sowas erfolgreich umzusetzen:

1. Wir halten uns zu soweit wie möglich an ein existierendes 
Referenzdesign. Das betrifft dann alle Kondensatoren, Layout und 
Lagenaufbau - Längen und Impedanzen müssen stimmen, das ist zu 
verifizieren. Wenn das Referenzdesign gut ist, gibts keinen Grund, dass 
das nicht laufen soll.

2. Wir machen es richtig. D.h wir schnappen uns die IBIS-Modelle von RAM 
und Prozessor, und machen eine Power-Intigrity-Simulation. Danach suchen 
wir uns die Kondensatoren aus.

Ich kenne niemanden, der den zweiten Weg schon einmal beschritten hätte 
;-)

Zu den Kapazitäten:
Man muss sich nur mal überlegen, was z.B. 800MHz bedeutet. Beispiel:
http://psearch.en.murata.com/capacitor/product/GRM033C80J105ME05%23.html

Dieser konkrete 1µF bewirkt bei 800MHz höchstens noch eine optische 
Verbesserung im Schaltplan.
Drum kommen mir die 1µF und 10µF zu groß vor, kann mich da aber 
täuschen. Man muss die Impedanzcharakteristik des konkreten Kondensators 
anschauen, um das wirklich beurteilen zu können.

PS: Den Warnungen, das nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, 
schließe ich mich an. Ein Blick in ein einschlägiges Forum (z.B. vom 
i.MX6) sagt uns, dass das nicht unberechtigt ist ;-)

von Falk B. (falk)


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@ Simon (Gast)

>Naja, wenn die üblichen 100nF Kondensatoren schon intern sind

Das sind sie nicht.

> besteht
>kein Bedarf diese auch noch Außen hin zu setzen, weil die hohen
>Frequenzen dann schon intern gefiltert sind.

Ist nicht der Fall.

>sieht man ja ganz oft, große Kondensatoren für mehrere VDD Pins zusammen
>und dann nochmal 100nF für jeden einzelnen.

Eben.

https://www.mikrocontroller.net/articles/Kondensator#Entkoppelkondensator

Die 10uF und 1uF sind alles hochkapazitive Keramikkondensatoren in eher 
kleinen Gehäusen. Der 10uF wahrscheinlich in 1206, den 1uF gibt es bei 
kleinen Spannnnungen schon in 0603 und sogar in 0402!!! Damit erschlägt 
man die früher in größeren Mengen verbauten 100nF Kondensatoren + 
Tantal. Siehe

Stromversorgung für FPGAs

Die 10uF haben einen deutlich kleineren ESR und durch das kleine Gehäuse 
auch relativ wenig parasitäre Induktivität, sodaß sie auch be relativ 
hohen Frequenzen noch eine recht niedrige Gesamtimpedanz haben, selbst 
OBERHALB ihrer Resonanzfrequenz! Der 1uF ist auf grund des kleineren 
Gehäuses noch besser für HF geeignet.

Trotzdem sollte man da bisweilen aufpassen. Denn so toll diese 
Keramikkondensatoren sind, so haben auch sie ihre Probleme.

1.) Je nach Typ sinkt die reale Kapazität auf einen Bruchteil (20% oder 
weniger!) der Nennkapazität, wenn man sich der Nennspannung nähert. Die 
Kapazitätsangaben werden oft bei 0VDC gemacht, gemessen mit wenigen 
hundert mV AC.
2.) Wenn nur Keramikkondensatoren an einem Stromversogrungsnetz hängen, 
können häßliche Resonanzen entstehen. Mit Elkos bzw. Tantals ist das 
Problem deutlich entschärft, denn dort wirken die relativ hohen 
ESR-Werte als Dämpfungswiderstände!
3.) Die großen, extrem hochkapazitiven Kondenatoren haben extrem dünne 
Isolierschichten und sind mechanisch deutlich empfindlicher. Durch 
mechanische Spannung beim Löten oder Biegen der Platine können sie 
angeknackst werden.

von Hmm (Gast)


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Falk B. schrieb:
> Stromversorgung für FPGAs

FPGA bedeutet langsame, gutmütige Frequenzen im unteren MHz Bereich. So 
100MHz oder so.

Bei DDR3 bewegt man sich aber oft bei Taktfrequenzen von z.B. 800MHz. 
Und da reden wir nicht von Kleinigkeiten, sondern da muss ein Layout mit 
z.B. 32 Daten und 16 Adressleitungen umgepolt werden, wenn es blöde 
läuft. Das sind viele pF, und das muss schnell gehen. Schnell heißt: 
<<100ps.

D.h. da wird ein ordenlticher Strompeak anfallen, und wir haben 1,5V 
Systemspannung (oder 1,35V), da darf man nicht einfach mal so um 1V 
einbrechen.

Man wird da nicht auf viele kleine Kapazitäten verzichten können, und 
zusammenziehen läuft nicht. Nicht so einfach.

Um das mal mit Fakten zu unterfüttern ein Beispiel, 0402, 10µF:
http://psearch.en.murata.com/capacitor/product/GRM155R60G106ME44%23.html
Er hat fast 1 Ohm Impedanz. Bei nur 800MHz. Der Strompeak fällt aber 
eher bei einigen GHz an.

Der wird nicht ein großer nicht mehrere kleine ersetzen können.

von Falk B. (falk)


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@ Hmm (Gast)

>> Stromversorgung für FPGAs

>FPGA bedeutet langsame, gutmütige Frequenzen im unteren MHz Bereich. So
>100MHz oder so.

Wenn das mal kein Irrtum ist ;-)
Die FREQUENZ ist zweitrangig, entscheidend ist die Schaltgeschwindigkeit 
der Flanke. Und da sind aktuelle FPGAs auch SEHR giftig, sei es die 
Kernspannung oder die IOs!

>D.h. da wird ein ordenlticher Strompeak anfallen, und wir haben 1,5V
>Systemspannung (oder 1,35V), da darf man nicht einfach mal so um 1V
>einbrechen.

Ach was?

>Man wird da nicht auf viele kleine Kapazitäten verzichten können, und
>zusammenziehen läuft nicht. Nicht so einfach.

Stimmt.

>Um das mal mit Fakten zu unterfüttern ein Beispiel, 0402, 10µF:
>http://psearch.en.murata.com/capacitor/product/GRM...
>Er hat fast 1 Ohm Impedanz. Bei nur 800MHz. Der Strompeak fällt aber
>eher bei einigen GHz an.

Nö. SOOOO gifitg sind die RAMs auch wieder nicht. Denn auch bei 800 
Mbit/s pro Datenleitung (1,2ns) bewegen sich die Anstiegszeiten im 
Bereich von sagen wir 500ps, das sind ~700 MHz, meineswegen auch 1GHz. 
Bei 800 Mbit/s hat man keine "Rechtecksignale" mehr sondern eher 
"eckige" Sinüsse, aka Augendiagramm.

>Der wird nicht ein großer nicht mehrere kleine ersetzen können.

Jain, in der Schaltung sind schon noch ein paar mehr 100nF Kondensatoren 
drin. Auf jeden Fall keine klassischen Alu- oder Tantalelkos.

von Christian R. (supachris)


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Hmm schrieb:
> Man wird da nicht auf viele kleine Kapazitäten verzichten können, und
> zusammenziehen läuft nicht. Nicht so einfach.

Wenn man genau weiß was man tut, und die Power Planes sehr 
niederimpedant sind, kann man sich simulieren und ausrechnen lassen, wo 
solche konzentrierten Abblock-Bänke hinmüssen. Unser Layouter hat dafür 
Berechnungsprogramme, klappt hervorragend. Ist aber definitiv nix für 
Anfänger. Und geht erst ab 6...8 Lagen überhaupt.

von Blauzahnzombie (Gast)


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Ich wette der DDR3 wird nicht mit 800MHz getaktet...
1. auch wenn da DDR3 1600 oder sonst was drauf ist wird der Controller 
den bestimmt nicht mit 800MHz ansprechen. Der Pi wird es wahrscheinlich 
nicht können..
2. Z.B DDR3 800 wird auch nur mit 400MHz getaktet.. Ist ja Double.....

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