Forum: HF, Funk und Felder Funk: Wieviel Spannung kommt an?


von Timmy (Gast)


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Hallo,

mit welchen Spannungs-Grössenordnungen auf Empfängerseite wird 
eigentlich beim Funk gearbeitet? Nehmen wir mal DCF77. Wieviel Spannung 
kommt noch in 1000km beim Empfänger an? Und wieviel Spannung ist es in 
unmittelbarer Umgebung, sagen wir 1km?

Und warum findet man die Antworten zu so banalen Fragen nicht im 
Internet?

: Verschoben durch Moderator
von dbru61 (Gast)


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Weil das in der HF-Technik total uninteressant ist. Die interesssierende 
Größe ist dBm. Außer bei den Fernsehklempnern, die rechnen in dbuV.
Wenn Du weißt, wieviel Leistung der Sender abstrahlt, dann kannst Du dir 
den Rest herleiten.

Grüße

Michael

von Timmy (Gast)


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Dann hat DCF77 in 100km Entfernung ~ -50dBm?

von Timmy (Gast)


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ich meine 1000km.

von Stefan M. (derwisch)


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Timmy schrieb:
> Wieviel Spannung
> kommt noch in 1000km beim Empfänger an?

Kommt auf die Antenne des Empfängers an ( Gewinn ).

Mit einer Büroklammer als Antenne bei 77,5 kHz kommt z.B. fast garnichts 
an.
Mit einer 2m Rahmenantenne sieht das aber z.B. schon viel besser aus.
Der Rest ist reine Rechenarbeit ( Freiraumdämpfung, Gelände, 
Abgestrahlte Leistung des Senders... )
Die Entfernung ist da nur eine von vielen Komponenten.

von B e r n d W. (smiley46)


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von Timmy (Gast)


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Danke. Das ist sehr informativ.

von Elektrofan (Gast)


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Beispiel:

Für meinen DVBT-2 Empfänger ist eine Eingangsleistung von
(-78 ... -25)dBm  angegeben.

Das wären also  16pW ... 3,2µW.
Bei 75 Ohm hat man dann  34µV ... 15mV  am Eingang.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Das kommt immer auf die Bandbreite des Signals an.
DVB-T hat einen Kanal von 7 MHz, wenn ich recht weiß, der ist 
einigermaßen gleichmäßig mit Information gefüllt, wenn man das Spektrum 
betrachtet.
Ein FM-Handfunkgerät im 2m-Band hat ca -120..-130 dBm 
Grenzempfindlichkeit (um noch etwas verständliches aus dem Rauschen zu 
vernehmen).

Für schmalbandigere Verfahren CW, PSK31 oder gar WSPR geht das noch 
weiter herunter. 
https://de.wikipedia.org/wiki/Weak_Signal_Propagation_Reporter

Wenn man den Pegelplan einer Erde-Mond-Erde-Verbindung anschaut, dann 
sind da vielleicht 300dB Dämpfung zu überwinden.

von TBD (Gast)


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GPS ist recht eindrucksvoll und geht bis -160dBm runter. Also etwa 2.2nV 
Effektivspannung über 50 Ohm.

von multipla (Gast)


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Bis zu welchen Pegeln können normale Radioempfänger noch was mit dem 
Signal anfangen?

von Timmy (Gast)


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Und welche Zauberhardware macht aus den 2.2nV wieder ordentlich zu 
verarbeitende 2.2V? Da nehme ich einfach einen schönen OpAmp und 
verstärke mit Faktor 1.000.000.000? Gibt es überhaupt einen OpAmp, 
dessen Rauschen unter 1nV liegt?

von npn (Gast)


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Timmy schrieb:
> Und welche Zauberhardware macht aus den 2.2nV wieder ordentlich zu
> verarbeitende 2.2V? Da nehme ich einfach einen schönen OpAmp und
> verstärke mit Faktor 1.000.000.000? Gibt es überhaupt einen OpAmp,
> dessen Rauschen unter 1nV liegt?

Da gibt es neben der "Zauberhardware" auch noch "Zaubersoftware". Als 
Stichwort sei nur mal beispielsweise die Korrelation genannt.

Hier gibt's Lesestoff (ein Beispiel unter vielen):
https://physics.princeton.edu/pulsar/k1jt/wspr.html

von Possetitjel (Gast)


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Timmy schrieb:

> Und welche Zauberhardware macht aus den 2.2nV wieder
> ordentlich zu verarbeitende 2.2V?

Um Gottes Willen. Sollen die Transistoren taub werden?
22mV tun's auch.

> Da nehme ich einfach einen schönen OpAmp und verstärke
> mit Faktor 1.000.000.000?

Nee.

Du nimmst eine Vorstufe, die Faktor 10 verstaerkt (20dB);
dann mischst Du das Signal auf die Zwischenfrequenz, filterst
und verstaerkst weitere 40dB. Jetzt hast Du ca. 2µV; ein
variabler Verstaerker (VGA) 0-60dB waere kein Fehler.
Kann man in zwei oder drei Stufen machen; gut entkoppeln und
schirmen zwischendurch.
Jetzt hast Du ca. 2mV; das ist schon ziemlich ordentlich.

Je nach Anwendung kannst Du jetzt entweder nochmal mischen
oder demodulieren oder A/D-Wandeln oder irgendwas ganz anderes
machen.

> Gibt es überhaupt einen OpAmp, dessen Rauschen unter 1nV
> liegt?

Klar. AD8099 zum Beispiel.

Und noch viel schoener: Gute Transistoren sind aehnlich gut
oder etwas besser.

Allerdings: Das ist fuer normale Verhaeltnisse schon so
ziemlich das Ende der Fahnenstange.

von Ham (Gast)


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Hallo

Aus den ganzen, zum ´großen Teil vollkommen korrekten, Antworten kannst 
du herauslesen das das mit der Funktechnik alles andere als Trivial zu 
verstehen ist.
Da gibt es 1001 Einflussfaktoren, von denen einige im "echten Leben" 
kaum zu berechnen sind, und wenn es in die Details geht es eigentlich 
immer sehr anspruchsvoll wird.
Insbesondere was Software und Digitale Signalverarbeitung heute leisten 
kann ist unglaublich - leider aber auch unglaublich schwer zu verstehen 
wenn man wirklich alles verstehen wollte - und sei es "nur" bei DAB+ der 
Weg vom Mikrofon des Senders bis zum Lautsprecher des Empfängers.

Wie gesagt ->alles<- also auch wie die Codecs im Detail(!) 
funktionieren, wie die HF und Analogtechnik im Detail funktioniert - 
kein Baugruppen und Moduldenken- was für Physik dahinter steht, welche 
Antennen und Abstrahlung am besten geeignet sind, welche 
Frequenzbereiche optimal und gleichzeitig verfügbar sind und, und, 
und...

Ich behaupte:
Niemand würde es alleine, ohne Zugriff auf fertige Baugruppen, Codecs 
usw. "nur" mit theoretischen Grundlagenwissen schaffen ein modernes 
Digitales Übertragungsverfahren, das zumindest eine Vollwertige 
Sprachübertragung bietet, von Null auf an zu entwickeln und  mit auf den 
Markt vorhanden Einzelbauteilen (nicht Baugruppen!)zu realisieren.

Ham

von Johann (Gast)


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TBD schrieb:
> GPS ist recht eindrucksvoll und geht bis -160dBm runter. Also etwa
> 2.2nV
> Effektivspannung über 50 Ohm.

-160dBm ist doch arg wenig, oder? Bei 2 MHz Bandbreite und 25°C hat man 
-110.8dBm thermisches Rauschen. Das wäre dann ein SNR von -49.2dB. Das 
Despreading müsste dann 60dB rausholen, damit man eine sinnvolle 
Bitfehlerrate erhält.

Ich komme bei 25W Sendeleistung, 13dBi am Satellit und 7dBi am Boden 
(Patchantenne) auf eine Eingangsleistung vom -118.8dBm. Das wäre ein SNR 
von -8dB, also bei perfekter Line-of-Sight.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Die Korrelation spielt gar keine Rolle, höchstens als Verlust. Gewinn 
ist da keiner drin.
Entscheidend ist die Basisbandbreite des Nutzsignals. Das hat 50 
Bit/Sekunde. Im Prinzip könnte man dafür nen LTC2400 oder ähnlich 
nehmen. Da bräuchte man nicht mehr viel Vorverstärkung... Ein Mischer, 
fertig.
Ah nee, der ist zu langsam. Hab gerade mal nachgesehen, aber z.B. der 
LTC2380-24 wäre ok. Der kann so ca. 200nV auflösen und ist schnell genug 
für 50 Bit/s.
Das wäre doch mal ein Projekt.

von TBD (Gast)


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Johann schrieb:
> TBD schrieb:
>> GPS ist recht eindrucksvoll und geht bis -160dBm runter. Also etwa
>> 2.2nV
>> Effektivspannung über 50 Ohm.
>
> -160dBm ist doch arg wenig, oder? Bei 2 MHz Bandbreite und 25°C hat man
> -110.8dBm thermisches Rauschen. Das wäre dann ein SNR von -49.2dB. Das
> Despreading müsste dann 60dB rausholen, damit man eine sinnvolle
> Bitfehlerrate erhält.
>
> Ich komme bei 25W Sendeleistung, 13dBi am Satellit und 7dBi am Boden
> (Patchantenne) auf eine Eingangsleistung vom -118.8dBm. Das wäre ein SNR
> von -8dB, also bei perfekter Line-of-Sight.

Die Sensitivity von -160dBm wird für tracking erreicht (Bitfehler nicht 
relevant). Aber auch für Acquisition hängt die Sensitivity bei perfekter 
Synchronisation nur eine von der Bitrate ab. GPS hat 50 bit/s  und damit 
kommt man auf ca Eb/N0 = 7dB (1% BER) runter (reines BPSK angenommen). 
Das macht bei N0 = -174dBm/Hz [NF=0dB @ RT] eine Sensitivity von -150 
dBm.

Mit ordentlichen Kodierverfahren (e.g. Turbo-Codes, LDCP) kommt man auch 
auf Eb/N0=0 dB runter. Das eigentlich schwierige bei so niedrigen 
Signalleistungen ist die Synchronization.

von TBD (Gast)


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Abdul K. schrieb:
> Die Korrelation spielt gar keine Rolle, höchstens als Verlust.
> Gewinn
> ist da keiner drin.

Natürlich spielt die Korrelation (und optimales downsamplen) eine Rolle. 
Erst dadurch wird die Bandbreite (e.g 2MHz) auf die der Daten (e.g. 50 
bit/s) reduziert. Oberbegriff wäre Matched Filter oder noch allgemeiner: 
Maximum Likelihood

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Nein, der Spreizverlust entsteht bereits im Sender.

Außerdem sind alle Sender gleichzeitig aktiv und das führt zu erhöhtem 
Crestfaktor und der bedingt erhöhte Linearität der Eingangsstufe und das 
wiederum heißt schlicht mehr Biasstrom. Also mehr Stromverbrauch.

von Klaus B. (butzo)


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Timmy schrieb:
> Dann hat DCF77 in 100km Entfernung ~ -50dBm?
Meine Junghans Mega1 hat in Piräus einwandfrei synchronisiert, auf den 
Kykladen dann nicht mehr...


Butzo

von Hp M. (nachtmix)


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Klaus B. schrieb:
> Meine Junghans Mega1 hat in Piräus einwandfrei synchronisiert, auf den
> Kykladen dann nicht mehr

Mein Radiowecker aus dem Zigarrenladen hat eine Ferriantenne wie man sie 
für diesen Zweck auch bei den Versendern bekommt und funktionierte in 
der Türkei noch in der Gegend von Alanya, also ca. 2400km.
Dieser Wecker holt sich stündlich die neue Zeit und hat ein  zweites 
Display, das die Anzahl der Fehlversuche anzeigt.
Von daher weiß ich, dass die Verbindung nur nachts etwa um 3:00 oder 
4:00 zustande kam. Tagsüber war vermutlich der Störpegel durch Gewitter 
und technisch verursachte Störungen zu hoch.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Ein Astronom hat vor 15 oder 20 Jahren mal ausgerechnet, das die gesamte 
Energie, die bis dato mit den Radioteleskopen der Erde empfangen wurde, 
weniger ist als die, die nötig ist, um ein bisschen Zigarettenasche vom 
Tisch zu schnipsen :-P

: Bearbeitet durch User
von Acn (Gast)


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Wenn du ein Ausbreitungsdiagramm hast, kannst du es für die jeweilige 
Tageszeit in etwa abschätzen. Hier mehr (KW, da werden auch die dBm 
angesprochen):

Beitrag "Ausbreitungsdiagramm lesen (DX-Propagation)"

von TBD (Gast)


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Abdul K. schrieb:
> Nein, der Spreizverlust entsteht bereits im Sender.
>
> Außerdem sind alle Sender gleichzeitig aktiv und das führt zu erhöhtem
> Crestfaktor und der bedingt erhöhte Linearität der Eingangsstufe und das
> wiederum heißt schlicht mehr Biasstrom. Also mehr Stromverbrauch.

Das Prinzip des Matched filter ist auch ohne Spreizung gültig. Ob die 
Daten durch ein PN Pattern gespreizt oder durch einen sehr 
schmalbandigen Shaping-Filter gehen ist dabei irrelevant. Korrelation 
ist ein zentrales Element in jedem vernünftigen Receiver.

Schmalbandige Signale sind halt für GPS nicht brauchbar da die 
Genauigkeit der Lokalisierung bei gegebenen SNR direkt mit der 
Bandbreite zusammenhängt.
Zusätzlich kann man mehr Energie aus dem Kanal entnehmen umso höher die 
Bandbreite ist (Energie aus Reflektionen wird mitverwendet). Auch wird 
man wesentlich unempfindlicher gegen Störsignale und CDMA wird erst 
ermöglicht.

Natürlich ist DSSS technisch deutlich aufwendiger, aber korrekt 
umgesetzt auch deutlich performanter als Schmalbandfunk.

von Dirk (Gast)


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TBD schrieb:
> Johann schrieb:
>> TBD schrieb:
>>> GPS ist recht eindrucksvoll und geht bis -160dBm runter. Also etwa
>>> 2.2nV
>>> Effektivspannung über 50 Ohm.
>>
>> -160dBm ist doch arg wenig, oder? Bei 2 MHz Bandbreite und 25°C hat man
>> -110.8dBm thermisches Rauschen. Das wäre dann ein SNR von -49.2dB. Das
>> Despreading müsste dann 60dB rausholen, damit man eine sinnvolle
>> Bitfehlerrate erhält.
>>
>> Ich komme bei 25W Sendeleistung, 13dBi am Satellit und 7dBi am Boden
>> (Patchantenne) auf eine Eingangsleistung vom -118.8dBm. Das wäre ein SNR
>> von -8dB, also bei perfekter Line-of-Sight.
>
> Die Sensitivity von -160dBm wird für tracking erreicht (Bitfehler nicht
> relevant). Aber auch für Acquisition hängt die Sensitivity bei perfekter
> Synchronisation nur eine von der Bitrate ab. GPS hat 50 bit/s  und damit
> kommt man auf ca Eb/N0 = 7dB (1% BER) runter (reines BPSK angenommen).
> Das macht bei N0 = -174dBm/Hz [NF=0dB @ RT] eine Sensitivity von -150
> dBm.
>
> Mit ordentlichen Kodierverfahren (e.g. Turbo-Codes, LDCP) kommt man auch
> auf Eb/N0=0 dB runter. Das eigentlich schwierige bei so niedrigen
> Signalleistungen ist die Synchronization.

Wie kommt man auf Eb/N0 = 7dB?

Wenn ich -160dBm Nutzsignal an der Antenne empfange, dann rechne ich für 
Eb/N0 aus:

Es gilt

1) SNR = S/(N0*Bandbreite)

Dann folgt:

2) Eb/N0 = SNR*Bandbreite/Bitrate

= S/(N0*Bandbreite)*Bandbreite/Bitrate

= S/N0/Bitrate = -3 dB

Wo ist da der Denkfehler?

von Harald W. (wilhelms)


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Klaus B. schrieb:

> Meine Junghans Mega1 hat in Piräus einwandfrei synchronisiert, auf den
> Kykladen dann nicht mehr...

Armbanduhren sind da wohl auf Grund ihrer kleineren Antennen
im Nachteil. Mein alter Funkwecker hatte sogar noch auf den
Kanaren Empfang (nachts).

: Bearbeitet durch User
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