Hallo, mit welchen Spannungs-Grössenordnungen auf Empfängerseite wird eigentlich beim Funk gearbeitet? Nehmen wir mal DCF77. Wieviel Spannung kommt noch in 1000km beim Empfänger an? Und wieviel Spannung ist es in unmittelbarer Umgebung, sagen wir 1km? Und warum findet man die Antworten zu so banalen Fragen nicht im Internet?
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Verschoben durch Moderator
Weil das in der HF-Technik total uninteressant ist. Die interesssierende Größe ist dBm. Außer bei den Fernsehklempnern, die rechnen in dbuV. Wenn Du weißt, wieviel Leistung der Sender abstrahlt, dann kannst Du dir den Rest herleiten. Grüße Michael
Timmy schrieb: > Wieviel Spannung > kommt noch in 1000km beim Empfänger an? Kommt auf die Antenne des Empfängers an ( Gewinn ). Mit einer Büroklammer als Antenne bei 77,5 kHz kommt z.B. fast garnichts an. Mit einer 2m Rahmenantenne sieht das aber z.B. schon viel besser aus. Der Rest ist reine Rechenarbeit ( Freiraumdämpfung, Gelände, Abgestrahlte Leistung des Senders... ) Die Entfernung ist da nur eine von vielen Komponenten.
Schau mal auf Seite 14: https://www.ptb.de/cms/fileadmin/internet/fachabteilungen/abteilung_4/4.4_zeit_und_frequenz/4.42/dcf77.pdf
Beispiel: Für meinen DVBT-2 Empfänger ist eine Eingangsleistung von (-78 ... -25)dBm angegeben. Das wären also 16pW ... 3,2µW. Bei 75 Ohm hat man dann 34µV ... 15mV am Eingang.
Das kommt immer auf die Bandbreite des Signals an. DVB-T hat einen Kanal von 7 MHz, wenn ich recht weiß, der ist einigermaßen gleichmäßig mit Information gefüllt, wenn man das Spektrum betrachtet. Ein FM-Handfunkgerät im 2m-Band hat ca -120..-130 dBm Grenzempfindlichkeit (um noch etwas verständliches aus dem Rauschen zu vernehmen). Für schmalbandigere Verfahren CW, PSK31 oder gar WSPR geht das noch weiter herunter. https://de.wikipedia.org/wiki/Weak_Signal_Propagation_Reporter Wenn man den Pegelplan einer Erde-Mond-Erde-Verbindung anschaut, dann sind da vielleicht 300dB Dämpfung zu überwinden.
GPS ist recht eindrucksvoll und geht bis -160dBm runter. Also etwa 2.2nV Effektivspannung über 50 Ohm.
Bis zu welchen Pegeln können normale Radioempfänger noch was mit dem Signal anfangen?
Und welche Zauberhardware macht aus den 2.2nV wieder ordentlich zu verarbeitende 2.2V? Da nehme ich einfach einen schönen OpAmp und verstärke mit Faktor 1.000.000.000? Gibt es überhaupt einen OpAmp, dessen Rauschen unter 1nV liegt?
Timmy schrieb: > Und welche Zauberhardware macht aus den 2.2nV wieder ordentlich zu > verarbeitende 2.2V? Da nehme ich einfach einen schönen OpAmp und > verstärke mit Faktor 1.000.000.000? Gibt es überhaupt einen OpAmp, > dessen Rauschen unter 1nV liegt? Da gibt es neben der "Zauberhardware" auch noch "Zaubersoftware". Als Stichwort sei nur mal beispielsweise die Korrelation genannt. Hier gibt's Lesestoff (ein Beispiel unter vielen): https://physics.princeton.edu/pulsar/k1jt/wspr.html
Timmy schrieb: > Und welche Zauberhardware macht aus den 2.2nV wieder > ordentlich zu verarbeitende 2.2V? Um Gottes Willen. Sollen die Transistoren taub werden? 22mV tun's auch. > Da nehme ich einfach einen schönen OpAmp und verstärke > mit Faktor 1.000.000.000? Nee. Du nimmst eine Vorstufe, die Faktor 10 verstaerkt (20dB); dann mischst Du das Signal auf die Zwischenfrequenz, filterst und verstaerkst weitere 40dB. Jetzt hast Du ca. 2µV; ein variabler Verstaerker (VGA) 0-60dB waere kein Fehler. Kann man in zwei oder drei Stufen machen; gut entkoppeln und schirmen zwischendurch. Jetzt hast Du ca. 2mV; das ist schon ziemlich ordentlich. Je nach Anwendung kannst Du jetzt entweder nochmal mischen oder demodulieren oder A/D-Wandeln oder irgendwas ganz anderes machen. > Gibt es überhaupt einen OpAmp, dessen Rauschen unter 1nV > liegt? Klar. AD8099 zum Beispiel. Und noch viel schoener: Gute Transistoren sind aehnlich gut oder etwas besser. Allerdings: Das ist fuer normale Verhaeltnisse schon so ziemlich das Ende der Fahnenstange.
Hallo Aus den ganzen, zum ´großen Teil vollkommen korrekten, Antworten kannst du herauslesen das das mit der Funktechnik alles andere als Trivial zu verstehen ist. Da gibt es 1001 Einflussfaktoren, von denen einige im "echten Leben" kaum zu berechnen sind, und wenn es in die Details geht es eigentlich immer sehr anspruchsvoll wird. Insbesondere was Software und Digitale Signalverarbeitung heute leisten kann ist unglaublich - leider aber auch unglaublich schwer zu verstehen wenn man wirklich alles verstehen wollte - und sei es "nur" bei DAB+ der Weg vom Mikrofon des Senders bis zum Lautsprecher des Empfängers. Wie gesagt ->alles<- also auch wie die Codecs im Detail(!) funktionieren, wie die HF und Analogtechnik im Detail funktioniert - kein Baugruppen und Moduldenken- was für Physik dahinter steht, welche Antennen und Abstrahlung am besten geeignet sind, welche Frequenzbereiche optimal und gleichzeitig verfügbar sind und, und, und... Ich behaupte: Niemand würde es alleine, ohne Zugriff auf fertige Baugruppen, Codecs usw. "nur" mit theoretischen Grundlagenwissen schaffen ein modernes Digitales Übertragungsverfahren, das zumindest eine Vollwertige Sprachübertragung bietet, von Null auf an zu entwickeln und mit auf den Markt vorhanden Einzelbauteilen (nicht Baugruppen!)zu realisieren. Ham
TBD schrieb: > GPS ist recht eindrucksvoll und geht bis -160dBm runter. Also etwa > 2.2nV > Effektivspannung über 50 Ohm. -160dBm ist doch arg wenig, oder? Bei 2 MHz Bandbreite und 25°C hat man -110.8dBm thermisches Rauschen. Das wäre dann ein SNR von -49.2dB. Das Despreading müsste dann 60dB rausholen, damit man eine sinnvolle Bitfehlerrate erhält. Ich komme bei 25W Sendeleistung, 13dBi am Satellit und 7dBi am Boden (Patchantenne) auf eine Eingangsleistung vom -118.8dBm. Das wäre ein SNR von -8dB, also bei perfekter Line-of-Sight.
Die Korrelation spielt gar keine Rolle, höchstens als Verlust. Gewinn ist da keiner drin. Entscheidend ist die Basisbandbreite des Nutzsignals. Das hat 50 Bit/Sekunde. Im Prinzip könnte man dafür nen LTC2400 oder ähnlich nehmen. Da bräuchte man nicht mehr viel Vorverstärkung... Ein Mischer, fertig. Ah nee, der ist zu langsam. Hab gerade mal nachgesehen, aber z.B. der LTC2380-24 wäre ok. Der kann so ca. 200nV auflösen und ist schnell genug für 50 Bit/s. Das wäre doch mal ein Projekt.
Johann schrieb: > TBD schrieb: >> GPS ist recht eindrucksvoll und geht bis -160dBm runter. Also etwa >> 2.2nV >> Effektivspannung über 50 Ohm. > > -160dBm ist doch arg wenig, oder? Bei 2 MHz Bandbreite und 25°C hat man > -110.8dBm thermisches Rauschen. Das wäre dann ein SNR von -49.2dB. Das > Despreading müsste dann 60dB rausholen, damit man eine sinnvolle > Bitfehlerrate erhält. > > Ich komme bei 25W Sendeleistung, 13dBi am Satellit und 7dBi am Boden > (Patchantenne) auf eine Eingangsleistung vom -118.8dBm. Das wäre ein SNR > von -8dB, also bei perfekter Line-of-Sight. Die Sensitivity von -160dBm wird für tracking erreicht (Bitfehler nicht relevant). Aber auch für Acquisition hängt die Sensitivity bei perfekter Synchronisation nur eine von der Bitrate ab. GPS hat 50 bit/s und damit kommt man auf ca Eb/N0 = 7dB (1% BER) runter (reines BPSK angenommen). Das macht bei N0 = -174dBm/Hz [NF=0dB @ RT] eine Sensitivity von -150 dBm. Mit ordentlichen Kodierverfahren (e.g. Turbo-Codes, LDCP) kommt man auch auf Eb/N0=0 dB runter. Das eigentlich schwierige bei so niedrigen Signalleistungen ist die Synchronization.
Abdul K. schrieb: > Die Korrelation spielt gar keine Rolle, höchstens als Verlust. > Gewinn > ist da keiner drin. Natürlich spielt die Korrelation (und optimales downsamplen) eine Rolle. Erst dadurch wird die Bandbreite (e.g 2MHz) auf die der Daten (e.g. 50 bit/s) reduziert. Oberbegriff wäre Matched Filter oder noch allgemeiner: Maximum Likelihood
Nein, der Spreizverlust entsteht bereits im Sender. Außerdem sind alle Sender gleichzeitig aktiv und das führt zu erhöhtem Crestfaktor und der bedingt erhöhte Linearität der Eingangsstufe und das wiederum heißt schlicht mehr Biasstrom. Also mehr Stromverbrauch.
Timmy schrieb: > Dann hat DCF77 in 100km Entfernung ~ -50dBm? Meine Junghans Mega1 hat in Piräus einwandfrei synchronisiert, auf den Kykladen dann nicht mehr... Butzo
Klaus B. schrieb: > Meine Junghans Mega1 hat in Piräus einwandfrei synchronisiert, auf den > Kykladen dann nicht mehr Mein Radiowecker aus dem Zigarrenladen hat eine Ferriantenne wie man sie für diesen Zweck auch bei den Versendern bekommt und funktionierte in der Türkei noch in der Gegend von Alanya, also ca. 2400km. Dieser Wecker holt sich stündlich die neue Zeit und hat ein zweites Display, das die Anzahl der Fehlversuche anzeigt. Von daher weiß ich, dass die Verbindung nur nachts etwa um 3:00 oder 4:00 zustande kam. Tagsüber war vermutlich der Störpegel durch Gewitter und technisch verursachte Störungen zu hoch.
Ein Astronom hat vor 15 oder 20 Jahren mal ausgerechnet, das die gesamte Energie, die bis dato mit den Radioteleskopen der Erde empfangen wurde, weniger ist als die, die nötig ist, um ein bisschen Zigarettenasche vom Tisch zu schnipsen :-P
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Wenn du ein Ausbreitungsdiagramm hast, kannst du es für die jeweilige Tageszeit in etwa abschätzen. Hier mehr (KW, da werden auch die dBm angesprochen): Beitrag "Ausbreitungsdiagramm lesen (DX-Propagation)"
Abdul K. schrieb: > Nein, der Spreizverlust entsteht bereits im Sender. > > Außerdem sind alle Sender gleichzeitig aktiv und das führt zu erhöhtem > Crestfaktor und der bedingt erhöhte Linearität der Eingangsstufe und das > wiederum heißt schlicht mehr Biasstrom. Also mehr Stromverbrauch. Das Prinzip des Matched filter ist auch ohne Spreizung gültig. Ob die Daten durch ein PN Pattern gespreizt oder durch einen sehr schmalbandigen Shaping-Filter gehen ist dabei irrelevant. Korrelation ist ein zentrales Element in jedem vernünftigen Receiver. Schmalbandige Signale sind halt für GPS nicht brauchbar da die Genauigkeit der Lokalisierung bei gegebenen SNR direkt mit der Bandbreite zusammenhängt. Zusätzlich kann man mehr Energie aus dem Kanal entnehmen umso höher die Bandbreite ist (Energie aus Reflektionen wird mitverwendet). Auch wird man wesentlich unempfindlicher gegen Störsignale und CDMA wird erst ermöglicht. Natürlich ist DSSS technisch deutlich aufwendiger, aber korrekt umgesetzt auch deutlich performanter als Schmalbandfunk.
TBD schrieb: > Johann schrieb: >> TBD schrieb: >>> GPS ist recht eindrucksvoll und geht bis -160dBm runter. Also etwa >>> 2.2nV >>> Effektivspannung über 50 Ohm. >> >> -160dBm ist doch arg wenig, oder? Bei 2 MHz Bandbreite und 25°C hat man >> -110.8dBm thermisches Rauschen. Das wäre dann ein SNR von -49.2dB. Das >> Despreading müsste dann 60dB rausholen, damit man eine sinnvolle >> Bitfehlerrate erhält. >> >> Ich komme bei 25W Sendeleistung, 13dBi am Satellit und 7dBi am Boden >> (Patchantenne) auf eine Eingangsleistung vom -118.8dBm. Das wäre ein SNR >> von -8dB, also bei perfekter Line-of-Sight. > > Die Sensitivity von -160dBm wird für tracking erreicht (Bitfehler nicht > relevant). Aber auch für Acquisition hängt die Sensitivity bei perfekter > Synchronisation nur eine von der Bitrate ab. GPS hat 50 bit/s und damit > kommt man auf ca Eb/N0 = 7dB (1% BER) runter (reines BPSK angenommen). > Das macht bei N0 = -174dBm/Hz [NF=0dB @ RT] eine Sensitivity von -150 > dBm. > > Mit ordentlichen Kodierverfahren (e.g. Turbo-Codes, LDCP) kommt man auch > auf Eb/N0=0 dB runter. Das eigentlich schwierige bei so niedrigen > Signalleistungen ist die Synchronization. Wie kommt man auf Eb/N0 = 7dB? Wenn ich -160dBm Nutzsignal an der Antenne empfange, dann rechne ich für Eb/N0 aus: Es gilt 1) SNR = S/(N0*Bandbreite) Dann folgt: 2) Eb/N0 = SNR*Bandbreite/Bitrate = S/(N0*Bandbreite)*Bandbreite/Bitrate = S/N0/Bitrate = -3 dB Wo ist da der Denkfehler?
Klaus B. schrieb: > Meine Junghans Mega1 hat in Piräus einwandfrei synchronisiert, auf den > Kykladen dann nicht mehr... Armbanduhren sind da wohl auf Grund ihrer kleineren Antennen im Nachteil. Mein alter Funkwecker hatte sogar noch auf den Kanaren Empfang (nachts).
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