Hallo ich habe viele schwierige Fragen. Mich interessieren die mathematischen Hintergründe zu Filtern sehr. Doch woher kommen die Butterworth, Tschebyscheff und Cauer-Filter? wie kommt man von den entsprechenden Polynomen auf die Prototypenwerte für das Prototypentiefpassfilter? Und woher kommt die Tiefpass-Bandpass Transformation? Was hat das alles mit elliptischen Integralen zu tun? Ich habe zu all diesen Themen schon den Zverev gelesen, welcher ein paar gute Ansätze liefert, aber noch mehr würde mich interessieren, wie diese ganze Theorie entwickelt wurde. Der Zverev ist dahingehend etwas unbefriedigend, weil vieles übersprungen und als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Gibt es etwas besseres?
Gabor schrieb: > Doch woher kommen die Butterworth, Tschebyscheff und Cauer-Filter? Meinst du die Bezeichnungen oder die Kriterien für die Bestimmung der Koeffizienten in der Übertragungsfunktion?
Wolfgang schrieb: > Meinst du die Bezeichnungen oder die Kriterien für die Bestimmung der > Koeffizienten in der Übertragungsfunktion? zweiteres.
Man wuerde meinen es gaebe irgendwo etwas wie "die Basics zur Filtertheorie" oder dergleichen. Vielleicht ist das gesammte Internet zu klein, dann wird's sicher ein Buch dazu geben. Du bist sattelfest in Funktionalalgebra ? Dh Funktionen im komplexen Raum. Was ist die Bedeutung von Polen und Nullstellen im Rationalen komplexen Polynom ? Das sollte man schon gehoert haben, sonst ist nichts. Ich hab den Zusammenhang der Filtertheorie zum obig Genannten schon oefters in einem Buch gesehen.
Mir ist nicht ganz klar, worauf Deine Fragen abzielen, aber Details des "Woher" werden manchmal auch dann deutlich, wenn man sich die anaolge, bisherige Implementierung (z.B. im Tieze Schenk) anschaut. Es gab halt nicht soviele Bauteile, dass beliebige mathematische Operationen sinnvoll gewesen wären.
Die Filtertheorien stammen aus einer Zeit, als man noch Rechenschieber und Nomogramme für die praktische Arbeit benutzt hat. https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Cauer gestorben 1945 https://de.wikipedia.org/wiki/Pafnuti_Lwowitsch_Tschebyschow 1894 https://de.wikipedia.org/wiki/Stephen_Butterworth 1958 https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wilhelm_Bessel 1846 das heißt, die praktische Anwendung in der Elektrotechnik kam erst später.
Wolfgang schrieb: > Gabor schrieb: >> Doch woher kommen die Butterworth, Tschebyscheff und >> Cauer-Filter? > > Meinst du die Bezeichnungen oder die Kriterien für die > Bestimmung der Koeffizienten in der Übertragungsfunktion? ??? Wo ist denn da der Unterschied? Die Kriterien kommen von den Leuten her, die die Namensgeber fuer die Bezeichnungen waren. Stephen Butterworth hat die nach ihm benannte Art von Filtern erfunden und beschrieben (maximal flacher Amplitudengang im Durchlassbereich). Tschebyscheff-Filter heissen so, weil die Uebertragungsfunktion aus dem Toleranzschema mittels einer Tschebyscheff-Approximation bestimmt wird. Bei Bessel- und Cauerfiltern ist es aehlich, aber da kenne ich die Mathematik nicht.
Gabor schrieb: > aber noch mehr würde mich interessieren, wie diese ganze > Theorie entwickelt wurde. Der Zverev ist dahingehend > etwas unbefriedigend, weil vieles übersprungen und als > selbstverständlich vorausgesetzt wird. Es ist ein kurioses Phänomen - aber es scheint tatsächlich sehr wenig umfassende Literatur zur Filtertheorie zu geben. > Gibt es etwas besseres? Hmm. Frühauf/Trzeba "Synthese und Analyse linearer Hochfrequenzschaltungen" ist ziemlich gut.
Possetitjel schrieb: > Es ist ein kurioses Phänomen - aber es scheint tatsächlich > sehr wenig umfassende Literatur zur Filtertheorie zu > geben. Das würde ich nicht unterschreiben, aber hacky hat Recht: Die zugehörige Mathematik erledigt man nicht im Vorübergehen. Ich habe mich vor fast 30 Jahren mal damit befasst. Diese zwei deutschsprachigen Bücher habe ich noch adhoc gefunden. Anbei deren Literaturverzeichnisse. Beim Mildenberger lag auch eine Diskette mit einem DOS-Programm zum Filterdesign bei.
Hp M. schrieb: > Possetitjel schrieb: >> Es ist ein kurioses Phänomen - aber es scheint tatsächlich >> sehr wenig umfassende Literatur zur Filtertheorie zu >> geben. > > Das würde ich nicht unterschreiben, Vielleicht ein Missverstaendnis -- entweder auf Deiner oder auf meiner Seite. Ich habe die Frage nach den mathematischen Hintergruenden zusammen mit dem Verweis auf Butterworth, Cauer usw. so verstanden, dass nicht nach dem FILTERENTWURF, sondern nach der HERLEITUNG der klassichen Filtertheorie gefragt wurde. In der klassischen (analogen/stetigen) Filtertheorie musste man von Netzwerken aus linearen Bauteilen ausgehen und die Frage betrachten, wie man von der Uebertragungsfunktion zum Netzwerk kommt. Der einfache Teil ist die Dimensionierung - also die Bestimmung der Bauteilwerte, wenn die Struktur des Netzwerkes bereits bekannt ist. Das geht klassisch z.B. ueber Koeffizientenvergleich. Der komplizierte Teil ist, die passende Struktur des Netzwerkes zu finden. Die klassische Theorie geht so vor, dass sie eine bestimmte Netzwerkstruktur vorgibt und dann fragt, welche Klassen von Uebertragungsfunktionen damit erreichbar sind. Gaengig ist z.B. die Partialbruchzerlegung, die man 1:1 in eine entsprechende Schaltungsstruktur ueberfuehren kann. Noch verbreiteter sind Kettenbrueche; diese entsprechen den Kettenleitern. Soweit ich weiss, beruhen alle ueblichen klassischen Standard-Approximationen (Bessel, Tschebyscheff, Cauer) auf Kettenleitern. Von der Seite der Systemtheorie her sind analoge und digitale Filter gleich - man hat eine Uebertragungsfunktion und sucht die Filterkoeffizienten. Von der Seite der Implementierung her haben sie wenig bis nix miteinander zu tun. Analoge Filter basieren auf einem elektrischen Netzwerk stetiger, linearer Bauelemente; digitale (i.d.R.) auf einem Algorithmus (=Programm). Zur Herleitung der Theorie frequenzselektiver linearer Netzwerke (="Filter") ist meiner Meinung nach gute Literatur dünn gesät.
Das Thema ist leider auch über zahlreiche Artikel im Internet verstreut zu finden, von rein mathematischer Betrachtung bis zur Beschreibung mit MatLab usw. Wenn du auch die Koeffizienten, zumindest für Tschebysheff und Butterworth, zur praktischen Umsetzung für Filterdesigns berechnen möchtest, habe ich einen alten Artikel von M.Dishal ausgegraben. Außerdem ein (Programm-) Listing für die Berechnung der normierten Kopplungskoeffizienten nach dem k&q Verfahren. Hatte ich mal aus dem Dishal-Papier umgesetzt, weil ich auf keine der üblichen Tafeln mehr angewiesen sein wollte. Allerdings nur für Tscheby/Butterworth. Die Umrechnung dieser normierten k&q Werte in effektive L und C-werte (LPF/HPF + Bandfilter) ist im Zverev beschrieben (S.306ff). Dishal beschreibt im Artikel auch die Transformation in TP/HP-Filter und die elliptische Filtertopologie. MfG, Horst
Die DOS-Diskette (5 1/4 Zoll) zum Mildenberger-Buch habe ich damals auch gekauft, wenn ich noch recht weiss kostete die nochmal 50DM oder so, war aber nicht einzeln erhältlich. Heute gibts alles gratis im Web.
Hallo zusammen, hallo Horst, Danke für die beiden *.PDF-Files. Da hab ich wieder etwas zum Nachlesen, Nachdenken und hoffentlich Verstehen. Filtertheorie und die dazugehörige Praxis (oder umgekehrt) sind schon ein aufregendes Thema. Ich möchte dazu sagen, ich bin Amateur also fachfremd. Persönlich habe ich sehr viel aus dem HAM-RADIO Magazin gelernt. Angefangen hat es mit Netzwerkanalyse (HR ca. 1977) [1]. Diese Art und Weise wird auch bei Wes Hayword (W7ZOI) [2] als 'Tack Hammer' Methode beschrieben. In den 80er Jahren habe ich Stunden und Tage damit zugebracht, Filter zu analysieren, welcher Art auch immer. Ich habe solange gerechnet und 'gefummelt' bis ich das Ergebnis aus dem Beitrag erhalten habe. Mein Rechner: Sharp PC1245, 1304! BASIC-Bytes! free! Man konnte ihm beim Rechnen zuhören. ;-) Das geht ja heute mit RF-SIM und Konsorten viel einfacher, aber trägt es zum Verständis bei? In einer HR ca. 1985 wurde ein BASIC-Programm beschrieben, mit dem sich Butterworth- und Tschebycheff-Bandfpassilter berechnen liessen. Für mich habe ich damals das Programm vereinfacht und angepasst. Den Tschebycheff Kram habe ich damals weggelassen, die Berechnung der Butterworth Koeffizienten eingefügt. Im Original waren die als DATA-Zeilen im Programm. Das Programm nutze ich heute noch; da weiss ich wenigstens, dass ich in den richtigen Dimensionen bin. [1] Der Mann hiess Leonard Anderson, mehr weiss ich nicht mehr Da wurde der 1. programmierbare HP Taschenrechner benutzt. 50 Prgogrammschritte, wenn ich mich recht erinnere. [2] Wes Hayward : 'Introduction to Radio Frequency Design' Prentice Hall ISBN: 0-13-494021-0 Das hat es auch als Nachdruck der ARRL gegeben, leider alles vergriffen. 73 Wilhelm PS: Ein Zverev ist natürlich ein absolutes Muss!
Hallo Wilhelm, das "IRFD"-Buch von W7ZOI ist m.E. eines der besten Bücher zum Verständnis vieler HF-Schaltungen (nicht nur Filter). Nur soviel Theorie wie nötig und didaktisch hervorragend. Schade, dass es heute zu Mondpreisen gehandelt wird. ABER - wenn man heute die Neuauflage des "EMRFD"-Buchs kauft, hat man auf der CD zwei Bücher: "IRFD" und "Solid State Design". Im IRFD ist auch die Methode des Filterdesigns mit den in vielen Tabellen aufgeführten "gk"-Parametern im Detail abgeleitet. M.Dishal hat übrigens 1965 auch die Berechnung von Ladderfiltern mit Quarzen entwickelt und in [1] beschrieben. Zverev ist halt DIE "Referenz-Bibel" und weniger ein Lehrbuch. Mein Exemplar habe ich 1971 gekauft - war damals extrem teuer ($ = 4,2DM). Gibt's ja wieder als Reprint. 73, Horst [1] M. Dishal "Modern Theory Design of Single-Sideband Crystal Ladder Filters" Proceedings of the IEEE, Sept. 1965 Auch als (kostenpflichtiger) Download: http://ieeexplore.ieee.org/xpl/freeabs_all.jsp?arnumber=1446094
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