Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Kausalität und Laplace Transformation


von knu (Gast)


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Irgendwie stehe ich gerade auf dem Schlauch: Wenn ich die rationale 
Übertragungsfunktion eines Systems im Bildbereich habe, dann muss diese 
zwei Bedingungen erfüllen damit das System kausal ist: der Grad des 
Zählers muss kleiner oder gleich dem Grad des Nenners sein und die 
Übertragungsfunktion muss in der gesamten Halbebene rechtsseitig von 
sämtlichen Polen konvergieren.

Aus dem ganzen folgt, dass ein Differenzierer ein nicht kausales System 
ist (wie man auch überall nachschlagen kann).

Nehmen wir nun als System eine ideale Spule: u(t) = L*di(t)/dt

Wenn wir nun u(t) als den Ausgang unseres Systems betrachten und i(t) 
als Eingang, dann ist die Übertragungsfunktion U(s)/I(s) = s*L und damit 
nicht kausal.

Irgendwie werd ich aus dem ganzen nicht schlau. Eine Spule ist ja 
durchaus ein "realisierbares" physikalisches System und das hätte ich 
durchaus als kausal eingeschätzt...gibt es dafür eine anschauliche 
Erklärung? Ich kann die Spule ja an eine Stromquelle hängen, dann wird 
sich abhängig vom Strom eine Spannung einstellen die nicht von 
Stromwerten in der Zukunft abhängen kann.

von A. R. (redegle)


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Ist bei mir leider alles etwas lange her aber kannst dir mal auf dem 
Link Beitrag "Warum kann der Zählergrad nicht höher sein als der Nennerfrad bei einer Ü-Funktion ?" die Antwort von
Autor: Tobias Plüss (hubertus)
Datum: 29.07.2014 19:28
durchlesen.

Edit:
Ein Beispiel aus der Praxis in Bezug auf die obrige Antwort.
Baut man mit einem Operationsverstärker einen Differentiator hat dieser 
immer eine Grenzfrequenz ab der er nicht mehr differenziert. Um einen 
richtigen Differentiator zu bauen braucht man einen unendlich hohes GBW 
des Operationsverstärkers.

: Bearbeitet durch User
von Patrick (Gast)


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Dein Beispiel wirft ganz klar Fragen auf, meiner Meinung nach wäre ein 
Differenzierer auf eine Art, wie du sie beschrieben hast, aus 
systemtheoretischer Sicht definitiv "realisierbar". Gleiches gilt beim 
Kondensator, der an eine Spannungsquelle angeschlossen ist und der Strom 
als Ausgang definiert ist.
Prinzipiell würde ich auch nicht sagen, dass es sich um ein nicht 
kausales System handelt, denn der Differenzierer guckt ja nicht in die 
Zukunft, sondern nur auf die Ableitung der Eingangsgröße zum aktuellen 
Zeitpunkt. Dort hinkt die Sache mit Zähler und Nennergrad ein wenig.
Zwei Möglichkeiten sehe ich:
1. Die Definition von Kausalität und das Verhältnis von Zähler- und 
Nennergrad des Systems sind keine vollständigen Synonyme und in üblichen 
Lehrschriften wird das ausgeblendet
2. Es gibt irgendeinen mathematischen Beweis oder so, der die 
Übertragungsfunktion "s" als nicht kausal definiert.

Ein Denkanstoß in letztere Richtung wäre zum Beispiel in der 
Sprungantwort des Systems zu suchen: Es ist der Diracimpuls, unendlich 
hoch und unendlich kurz. Dass das Ding nicht realisierbar ist, liegt ja 
irgendwie auf der Hand.
Sprungfähige Systeme sind zwar realisierbar (Spannungsteiler), jedoch 
ist dieses hier sozusagen "unendlich sprungfähig". Aber das ist sicher 
nicht handfest genug, um deinen Grübeleien beizukommen.

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Kanns sein, dass du einfach nur Kausalitaet und Stabilitaet eines System 
miteinander verwurstest?

Gruss
WK

von Stefan H. (cheeco)


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Hallo,

ich bin neulich auch über diese Frage gestolpert und habe mich damit 
länger beschäftigt. Erstmal ist mit "idealer Spule" gemeint, dass Sie 
keinerlei Innenwiderstand und keinerlei parasitären Effekte hat. Eine 
solche Spule wäre ein idealer Differenzierer und folglich nicht möglich. 
Mit etwas Innenwiderstand oder parasitäter Kapazität wird aus der 
idealen Spule eine realisierbare.

Ich möchte nochmal drauf eingehen, warum eine ideale Spule 
systemtheoretisch nicht realisierbar ist. Stelle Dir dazu vor, du 
hättest eine ideale Spule mit der Funktion u(t) = L*di(t)/dt. Stelle dir 
vor, zum Zeitpunkt "jetzt"=t0=0 kommt ein Stromsprung. Um diesen 
Differenzierer ideal aufzubauen müsstest du den Differenzialquotienten 
bilden, mit infinitesimalen Abständen vor und nach dem Punkt:

lim       i(t0+dt) - i(t0-dt)
dt->0     -------------------
           (t0+dt)- (t0-dt)


Vielleicht siehst Du hier schon das Problem: i(t0+dt) kannst Du nicht 
kennen, da t0=jetzt ist, also t0+dt in der Zukunft liegt. Und da 
keiner die Zukunft kennt, ist diese Form systemtheoretisch nicht 
realisierbar. Was natürlich in der Praxis passiert, ist, dass der 
Differenzialquotient folgendermaßen bestimmt wird:

lim       i(t0) - i(t0-dt)
dt->0     -------------------
           (t0)- (t0-dt)

Hierfür brauchst Du eben nicht mehr zukünftige Werte, aber der 
Differenzierer ist nicht mehr symmetrisch um "jetzt", sondern hinkt 
infinitesimal weit hinterher. Das ist dann der reale Differnzierer.


Ich hoffe diese Erklärung ist anschaulich, und Du verstehst was ich 
meine...

Viele Grüße,

Stefan

von aSma>> (Gast)


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In der Regelungstechnik gibt es den realen und den idealen 
Differenzierer. Mit den Idealen lässt es sich im Bildbereich schöner 
rechnen und im Frequenzbereich gibt es dafür ein Bodediagramm.

In der Realität/Simulation kann eine Sprungantwort nicht unendlich 
schnell stattfinden, da im Kupfer die Elektronen eine 
Verzögerungskonstante miteinbringen oder auch Aufgrund jede Leitung 
besitzt eine extra Kapazität und Induktivität.

Anders sieht es bei den zeitdiskreten System aus. Da können nichtkausale 
Systeme mittels einer Zeitverschiebung als wieder kausal betrachtet 
werden.

Das ist also wie in der Mathematik, um die reellen Zahlen verstehen zu 
können muss man erstmal die komplexe Zahlenebene verstehen.

von Dumdi D. (dumdidum)


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Meiner Meinung nach ist es nicht ganz richtig Theoreme übrr 
Übertragungsfunktionen anzuwenden die nicht die gleichen Größen sind. 
Zur Erläuterung: Zählerpotenz kleiner Nennerpotenz kommt daher, da das 
System sonst unendlich viel Energie liefern müsste (unabhängig von 
Kausalität). Dieser Schluss stimmt bei U/I für Spule nicht mehr.
Allgemeiner noch: sollte es für U/i stimmen wäre es für I/U falsch.
Man muss Äpfel mit Äpfeln vergleichen.D.h. den Strom z.B. wieder über 
einen Widerstand in Spannung umsetzen.

von knu (Gast)


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Dumdi D. schrieb:
> Meiner Meinung nach ist es nicht ganz richtig Theoreme übrr
> Übertragungsfunktionen anzuwenden die nicht die gleichen Größen sind.
> Zur Erläuterung: Zählerpotenz kleiner Nennerpotenz kommt daher, da das
> System sonst unendlich viel Energie liefern müsste (unabhängig von
> Kausalität). Dieser Schluss stimmt bei U/I für Spule nicht mehr.
> Allgemeiner noch: sollte es für U/i stimmen wäre es für I/U falsch.
> Man muss Äpfel mit Äpfeln vergleichen.D.h. den Strom z.B. wieder über
> einen Widerstand in Spannung umsetzen.

Du kannst auch mit einem OPV die Spannung messen und als Last vom OPV 
einen Widerstand ansetzen. Dann hast du wieder eine Übertragungsfunktion 
von einem Strom (durch den Widerstand) auf einen Strom. Die Einheiten 
treten ja ohnehin nur als konstanter Faktor (Gain der 
Übertragungsfunktion) auf.

Ob das System physikalische realisierbar ist finde ich an der Stelle 
überhaupt nicht entscheidend. Dass man die ideale Spule in der Realität 
aufgrund von parasitären Grössen nicht bauen kann ist mir klar und auch 
nicht das Thema. Dass in der Realität keine unendlichen Grössen 
auftreten können ist auch klar, das bedeutet aber nur, dass das Modell 
für zu grosse Signaländerungen seine Gültigkeit verliert.

Stefan H. schrieb:
> Ich möchte nochmal drauf eingehen, warum eine ideale Spule
> systemtheoretisch nicht realisierbar ist. Stelle Dir dazu vor, du
> hättest eine ideale Spule mit der Funktion u(t) = L*di(t)/dt. Stelle dir
> vor, zum Zeitpunkt "jetzt"=t0=0 kommt ein Stromsprung. Um diesen
> Differenzierer ideal aufzubauen müsstest du den Differenzialquotienten
> bilden, mit infinitesimalen Abständen vor und nach dem Punkt:
>
> lim       i(t0+dt) - i(t0-dt)
> dt->0     -------------------
>            (t0+dt)- (t0-dt)
>
> Vielleicht siehst Du hier schon das Problem: i(t0+dt) kannst Du nicht
> kennen, da t0=jetzt ist, also t0+dt in der Zukunft liegt. Und da
> keiner die Zukunft kennt, ist diese Form systemtheoretisch nicht
> realisierbar. Was natürlich in der Praxis passiert, ist, dass der
> Differenzialquotient folgendermaßen bestimmt wird:
>
> lim       i(t0) - i(t0-dt)
> dt->0     -------------------
>            (t0)- (t0-dt)
>
> Hierfür brauchst Du eben nicht mehr zukünftige Werte, aber der
> Differenzierer ist nicht mehr symmetrisch um "jetzt", sondern hinkt
> infinitesimal weit hinterher. Das ist dann der reale Differnzierer.

Wieso sollte der Differenzierer nicht kausal sein? Wir reden ja von 
einem zeitkontinuierlichen System, da konvergieren der linksseite und 
der rechtsseitige Limes gegen den gleichen Wert (Differenzierbarkeit 
vorausgesetzt, was aber ohnehin gelten muss da sonst das Ergebnis des 
Systems nicht definiert ist).

Wenn man die Frage googlet findet man recht viele ähnliche Diskussionen 
zu dem Thema allerdings ohne eine wirkliche Antwort. Zudem lautet die 
Bedinung für Kausalität offenbar so: Der Nennergrad muss echt grösser 
als der Zählergrad sein und die Laplacetransformierte muss rechtsseitig 
von allen Polen konvergieren (ich habe fälschlicherweise geschrieben die 
Grade dürfen gleich grosse sein).

Das stimmt aber für eine System das das Eingangssignal nur mit einem 
konstanten Faktor multiplizert (konstanter Gain) nicht. Die 
Übertragungsfunktion ist G(s) = 1 und damit ist der Nennergrad nicht 
höher als der Zählergrad.

Irgendwie hab ich den Verdacht dass das Theorem nur dann gültig ist, 
wenn die Impulsantwort eine Funktion und keine Distribution (Dirac Delta 
oder Ableitung davon) ist. Leider habe ich von Distributionen keine 
Ahnung.

von aSma>> (Gast)


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knu schrieb:
> Das stimmt aber für eine System das das Eingangssignal nur mit einem
> konstanten Faktor multiplizert (konstanter Gain) nicht. Die
> Übertragungsfunktion ist G(s) = 1 und damit ist der Nennergrad nicht
> höher als der Zählergrad.

Deine Definition ist falsch. Das führt nur zur unnötigen Fragerei!

http://webber.physik.uni-freiburg.de/~hon/vorlss02/Literatur/Ingenieurswiss/Regelungstechnik/Regelungstechnik3.pdf

G(s) = s/s = 1 q.e.d.

> Irgendwie hab ich den Verdacht dass das Theorem nur dann gültig ist,
> wenn die Impulsantwort eine Funktion und keine Distribution (Dirac Delta
> oder Ableitung davon) ist. Leider habe ich von Distributionen keine
> Ahnung.

Warum muss es immer wieder an der Mathematik scheitern?!

Der Sachverhalt ist eigentlich ganz klar. Es gibt keinen idealen 
Differenzierer in der Bildebene bei der Laplacetransformation.


Was passiert wenn man etwas durch null teil:
Mathematiker sagt: es ergibt unendlich, da laut Definition...
Taschenrechner sagt: error

In den o.g. Skript steht alles ausführlich drin.

von knu (Gast)


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aSma>> schrieb:
> knu schrieb:
>> Das stimmt aber für eine System das das Eingangssignal nur mit einem
>> konstanten Faktor multiplizert (konstanter Gain) nicht. Die
>> Übertragungsfunktion ist G(s) = 1 und damit ist der Nennergrad nicht
>> höher als der Zählergrad.
>
> Deine Definition ist falsch. Das führt nur zur unnötigen Fragerei!

Nein ist sie nicht.

Sieh doch mal hier:

https://books.google.ch/books?id=gGkGBgAAQBAJ&pg=PA21&lpg=PA21&dq=differenzierer+ist+kausales+system&source=bl&ots=bdPqkUzJJO&sig=jhT3bkFU31dQPrO3f4Jv_WqCPKs&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjhiKP9nqHTAhXlKcAKHYJMCq0Q6AEIMTAE#v=onepage&q=differenzierer%20ist%20kausales%20system&f=false

In diesem Buch steht drin dass der zeitkontinuierliche Differenzierer 
kausal ist (Seite 21 und 22 ganz oben). In deinem Skript (das ich auch 
schon gefunden habe) steht das Gegenteil.

aSma>> schrieb:
>> Irgendwie hab ich den Verdacht dass das Theorem nur dann gültig ist,
>> wenn die Impulsantwort eine Funktion und keine Distribution (Dirac Delta
>> oder Ableitung davon) ist. Leider habe ich von Distributionen keine
>> Ahnung.

> Warum muss es immer wieder an der Mathematik scheitern?!

Weil das ganze nun mal eine mehr mathematische Frage ist als eine Frage 
der Realisierbarkeit.
Insbesondere konnte ich mit solchen Antworten a la "find dich damit ab 
die Relität ist so und die Mathematik ist in der Praxis nicht wichtig" 
noch nie viel anfangen.

> Der Sachverhalt ist eigentlich ganz klar. Es gibt keinen idealen
> Differenzierer in der Bildebene bei der Laplacetransformation.

Der Sachverhalt ist alles andere als klar wie der Link zu dem Buch 
zeigt. Diverse Bücher und Skripte scheinen sich hier laufend zu 
widersprechen. Und ich werde den Verdacht nicht los dass die meisten 
Skripte falsch liegen da für Ingenieure geschreiben welche es mit den 
mathematischen Randbedingungen nicht immer so genau nehmen.

von aSma>> (Gast)


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knu schrieb:
> Sieh doch mal hier:
>
> 
https://books.google.ch/books?id=gGkGBgAAQBAJ&pg=PA21&lpg=PA21&dq=differenzierer+ist+kausales+system&source=bl&ots=bdPqkUzJJO&sig=jhT3bkFU31dQPrO3f4Jv_WqCPKs&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjhiKP9nqHTAhXlKcAKHYJMCq0Q6AEIMTAE#v=onepage&q=differenzierer%20ist%20kausales%20system&f=false

Der Autor sagt nur, dass es unter kausalen Systemen eine Abzweigung von 
gedächnislosen und welche mit Gedächnis gibt. Weiterhin hat er das 
Beispiel mit den P-Regler wiedergeben, welches gedächnislos und dennoch 
gleichzeitig kausal ist!


Der Professor aus der Uni-Freiburg sagt eindeutig, dass der Grad des 
Zählerpolynom kleiner gleich Nennerpolynom sein muss, damit ein System 
kausal ist. Anhand der Formel sieht ein blinder, dass ein P-Regler als 
kausal gilt.

> Insbesondere konnte ich mit solchen Antworten a la "find dich damit ab
> die Relität ist so und die Mathematik ist in der Praxis nicht wichtig"
> noch nie viel anfangen.

Gibst du dich damit ab, dass der Quotient durch null unendlich oder 
error ist?

Wenn du sagst es ist unendlich, dann hast du aus der Mathematik den 
Grenzwertsatz angewandt...

> Der Sachverhalt ist alles andere als klar wie der Link zu dem Buch
> zeigt. Diverse Bücher und Skripte scheinen sich hier laufend zu
> widersprechen. Und ich werde den Verdacht nicht los dass die meisten
> Skripte falsch liegen da für Ingenieure geschreiben welche es mit den
> mathematischen Randbedingungen nicht immer so genau nehmen.

Ne, du brauchst einen Mathekurs.

von knu (Gast)


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aSma>> schrieb:
> 
https://books.google.ch/books?id=gGkGBgAAQBAJ&pg=PA21&lpg=PA21&dq=differenzierer+ist+kausales+system&source=bl&ots=bdPqkUzJJO&sig=jhT3bkFU31dQPrO3f4Jv_WqCPKs&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjhiKP9nqHTAhXlKcAKHYJMCq0Q6AEIMTAE#v=onepage&q=differenzierer%20ist%20kausales%20system&f=false
>
> Der Autor sagt nur, dass es unter kausalen Systemen eine Abzweigung von
> gedächnislosen und welche mit Gedächnis gibt. Weiterhin hat er das
> Beispiel mit den P-Regler wiedergeben, welches gedächnislos und dennoch
> gleichzeitig kausal ist!

Seite 21: "Der zeitkontinuierliche Differenzierer kann als kausales 
System aufgefasst werden, denn bei differenzierbaren Eingangssignalen 
darf die Ableitung linksseitig gebildet werden"

aSma>> schrieb:
> Der Professor aus der Uni-Freiburg sagt eindeutig, dass der Grad des
> Zählerpolynom kleiner gleich Nennerpolynom sein muss, damit ein System
> kausal ist. Anhand der Formel sieht ein blinder, dass ein P-Regler als
> kausal gilt.

Ja und hast du dir jemals überlegt wieso das so sein muss? Ich schon und 
die Krux an der Sache ist, dass der Beweis meist nur Sinn macht, wenn 
die Impulsantwort des Systems eine Funktion ist. Die Impulsantwort des 
Differnzieres existiert aber nicht, die existiert nur als Distribution. 
Und das widerspricht auch nicht dem Beispiel mit dem P-Regler (der 
besitzt nämlich ebenfalls keine "echte" Übertragungsfunktion im 
Zeitbereich, sondern nur eine im distributiven Sinn).

aSma>> schrieb:
> Ne, du brauchst einen Mathekurs.

Dir fehlt das Wissen, dass eine Übertragungsfunktion im Zeitbereich 
nicht notwendigerweise existieren muss. Ich glaube eher dass du zu den 
besagten Ingenieuren gehörst welche es mit der Mathematik nicht so genau 
nehmen und Theoreme verwenden ohne sich zu überlegen wieso und unter 
welchen Bedingungen diese gelten. Das Taschenrechnerbeispiel zeigt das 
recht gut.

von aSma>> (Gast)


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knu schrieb:
> Ja und hast du dir jemals überlegt wieso das so sein muss?

Die ganzen Rechenarten der Laplacetransformation beruhen darauf.
Bilde mal den Anfangswertsatz und den Endwertsatz dür den 
Differenzierer...

Mathematisch gesehen kommt da beim Endwertsatz Gülle raus. Also macht 
man wie soft eine Annahme.

> Und das widerspricht auch nicht dem Beispiel mit dem P-Regler (der
> besitzt nämlich ebenfalls keine "echte" Übertragungsfunktion im
> Zeitbereich, sondern nur eine im distributiven Sinn).

Nein, tut es nicht. Laut Definition ist alles korrekt.

> Dir fehlt das Wissen, dass eine Übertragungsfunktion im Zeitbereich
> nicht notwendigerweise existieren muss.

Doch diese existiert theoretisch auf den Papier. Das ist doch der 
Hauptgrund der Diskussion.

> ... .Das Taschenrechnerbeispiel zeigt das
> recht gut.

Ja genau. Das Taschenrechnerbeispiel zeigt, dass dummerweise, der 
Quotient theoretisch unendlich groß ist. Einstein wusste das auch.

von knu (Gast)


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So ich bin der Frage nachgegangen und habe den Prof hier gefragt. Die 
Sache ist so:

Ob der Differenzierer kausal ist oder nicht hängt von der Klasse der 
Funktionen ab welche betrachtet wird. Bei einem Differenzierer setzt man 
üblicherweise voraus, dass die Eingangssignale differenzierbare 
Funktionen sind. Damit ist der Differenzierer ein kausales System, denn 
man kann zur Bildung des Differentialquotienten den linksseitigen 
Grenzwert heranziehen (denn Differenzierbarkeit setzt voraus, dass 
dieser ident zum rechtsseitigen oder beidseitigen ist).

Man könnte theoretisch den Signalraum erweitern auf Signale welche nicht 
differenzierbar sind und einen entsprechenden Differentialquotienten 
definieren. Dabei hinge Kausalität davon ab ob ein linksseitiger Limes 
(kausal) oder ein rechtsseitiger Limes (akausal) oder etwas gänzlich 
anderes als Definition von Differenzierbarkeit verwendet würde.

Bezüglich des Beweises in der s-Ebene ist es so wie ich erwartet habe: 
das ganze ist nur gültig, solange die Impulsantwort des Systems eine 
Funktion ist. Die Impulsantwort des Differenzierers existiert aber nicht 
als Funktion und damit ist das Kriterium nicht anwendbar. Die wird in 
der Tat in der Mehrzahl der Bücher und Skripten flasch/schlampig 
behandelt. Systeme bei welchen der Zählergrad höher als der Nennergrad 
ist sind also durchaus realisierbare Systeme.

von aSma>> (Gast)


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knu schrieb:
> Die wird in
> der Tat in der Mehrzahl der Bücher und Skripten flasch/schlampig
> behandelt. Systeme bei welchen der Zählergrad höher als der Nennergrad
> ist sind also durchaus realisierbare Systeme.

Nein! Nicht als Ganzsystem, sondern nur ein Teil davon. Wir reden ja 
gerade von der Bildebene.

Bring aber einen nicht weiter. Jegliche Simulation würde einen error 
ergeben.

von knu (Gast)


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aSma>> schrieb:
> knu schrieb:
>> Die wird in
>> der Tat in der Mehrzahl der Bücher und Skripten flasch/schlampig
>> behandelt. Systeme bei welchen der Zählergrad höher als der Nennergrad
>> ist sind also durchaus realisierbare Systeme.
>
> Nein! Nicht als Ganzsystem, sondern nur ein Teil davon. Wir reden ja
> gerade von der Bildebene.

Doch.

aSma>> schrieb:
> Bring aber einen nicht weiter. Jegliche Simulation würde einen error
> ergeben.

Abgesehen davon dass ein Simulationsprogramm auch akausale Systeme 
modellieren könnte, was berufst du dich immer auf Simulationsprogramme 
und Taschenrechner? Das sind keine gottgegebenen Tools, die sind nur so 
intelligent wie der der sie programmiert hat und der der sie benützt. 
Ich kann dir nur wärmsten empfehlen selber zu denken und zu 
berücksichtigen wie deren Ergebnisse zustande kommen. Nur weil der 
Taschenrechner keine Wurzel aus einer negativen Zahl zieht heisst es 
nicht, dass die Gleichung x^2+1=0 keine Lösung hat. Aber das Tut hier 
eigentlich eh nix zur Sache.

von aSma>> (Gast)


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Ich habe dir schon mehrfach versucht zu erklären, dass auf dem Papier 
vieles theoretisch geht aber die Realität holt einen schnell ein.

Welchen Mehrwert hat ein akausales System für dich?

Nehmen wir als Beispiel den idealen PID-Regler. Die Übertragungsfunktion 
ist ja recht bekannt. Da aber der D-Anteil in einer infinitesimalen 
Zeitspanne agiert ergibt die Funktion eher einen PI-Regler. Lege die 
Kausalität ad acta.

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