Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Varistorauswahl: Welche Spannung?


von DES (Gast)


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Welchen Varistor sollte man, wenn RM=5mm gegeben ist, vor einem 
On-Board-230V-Schaltnetzteil (HLK-PM01) verwenden? Dessen Datenblatt 
gibt 270V als Maximum Input Voltage für den regulären Betrieb an 
(https://cdn.awsli.com.br/78/78150/arquivos/datasheet-hlk-pm01.pdf). 
Einen möglichst nahe an/unter dieser Spannung, z.B. für 250V AC RMS 
(JVR7N391K, 30J, 
https://www.reichelt.de/Heissleiter-Varistoren/VDR-0-25-250/3/index.html?ACTION=3&GROUPID=3114&ARTICLE=22309&OFFSET=16&;), 
oder einen dickeren für höhere Spannungen, in der Annahme, dass das 
Netzteil kurze kleine Überspannungsimpulse sowieso schon überlebt, z.B. 
einen dicken für 420V AC RMS (JVR7N681K, 43J, 
https://www.reichelt.de/Heissleiter-Varistoren/VDR-0-25-420/3/index.html?ACTION=3&GROUPID=3114&ARTICLE=22313&OFFSET=16&;)?

von Pandur S. (jetztnicht)


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Dabei lohnt es sich das Datenblatt der Varistoren genau zu lesen. Unter 
anderem ist die Spannung, zB 270V auf die Spannung bei 1mA angegeben. 
Bei 1mA faellt aber schon einiges an Verlustleistung an. Der Varistor 
sollte bei normalem Betrieb nicht leiten. Was auch immer nicht leiten 
bedeutet.  Dann sollte man sich vergewaertigen, dass die anliegende 
Spannung AC ist und theoretisch Wurzel Zwei hoeher ist.

Dann sollte man sich ueberlegen was im Fehlerfall zu geschehen hat. Wenn 
ein signifikanter Strom fliesst, kann man sich schnell ueberlegen, 
raucht der VDR wegen der Verlustleistung innert Null-Komma-Nix ab. Macht 
er dann auf Unterbruch, oder geht auf Kurzschluss ? Was soll vorher 
geschehen ? Wie erreicht man das ?

: Bearbeitet durch User
von Ralf L. (ladesystemtech)


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Ein 250 Volt Typ raucht schon mal ganz gerne ab. Ein 275 Volt Typ sollte 
es mindestens sein. Ich habe Kunden gehabt bei denen ist selbst ein 275 
Volt Typ abgeraucht. Die haben dann aber auch ein 22 kW Schaltnetzteil 
für das Aufladen eines Elektroautos betrieben.

von voltwide (Gast)


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Üblich sind in handelsüblichen China-Netzteilen 470V MOVs.
Zugelassen sind inzwischen nur noch solche mit eigener 
Übertemperaturabschaltung - wg Brandgefahr.
Danach ist der Varistor wertlos - schützt also auch nichts.
Meine Meinung: Einfach weglassen, die Teile sind nutzlos und helfen bei 
Überspannungsimpulsen auch nicht wirklich weiter, wie die Praxis beim 
Test mit surge-Impulsen gezeigt.

von Ralf L. (ladesystemtech)


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voltwide schrieb:
> Meine Meinung: Einfach weglassen

Daran habe ich auch schon gedacht, habe mich nur noch nicht dazu 
durchgerungen. Aber nach diesem Beitrag werde ich beim nächsten Layout 
für die Steuerelektronik den Varistor tatsächlich mit Stumpf und Stiel 
rausschmeißen!

Danke für den Hinweis.

von DES (Gast)


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> mit eigener Übertemperaturabschaltung

Die gibt es nicht in klein, oder (D<<14MM, für RM5-RM7,5)?

von MaWin (Gast)


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DES schrieb:
> Welchen Varistor sollte man

Nach EN 62368-1 sind Varistoren für 1,25 x maximale Nennspannung zu 
wählen, bei 230V also 275V, bei 240V also 300V bei Ableitstrom von 100A 
(2 Ohm an 2000V für 50us), damit begrenzt er die Spannung auf 700V 
(690V-710V).

Achte auf die je nach hersteller unterschiedliche Bezeichnung von 
Varistoren.

Ein Varistor für 230V~ und 300V= leitet bei 360V 1mA und bei 595V 50A 
ab.
VDR werden entweder mit Nennwechselspannung und Aussendurchmesser 
bezeichnet (vor allem in Europa üblich, TDK Epcos S14K230 Spannung nicht 
mit Nullenanzahl) und MOV mit Keramikscheibendurchmesser und 
Varistorspannung bei 1mA (vor allem in Fernost üblich, Panasonic 
ERZV14D361 Spannung mit Nullenanzahl) und AVX liefert gar beide 
Varianten aber Spannung immer mit Nullenanzahl:

 http://www.sphere.bc.ca/test/production-parts/avx-ve-vfm.pdf

> HLK-PM01

Tja, das Modul muss mit den 700V klarkommen, wenn es nur 600V Spitze 
aushält, reicht ein Varistor nicht als Schutz.

DES schrieb:
> Dessen Datenblatt gibt 270V als Maximum Input Voltage für den regulären Betrieb 
an

Ein Gerät, welches von 100-240V~ einsetzbar ist, muss wegen der 
Toleranzen
der Netzspannung tatsächlich 90-265V aushalten, das darf aber nicht 
draufstehen, sondern nur die 100-240V.

Das Modul ist also passend für bis zu 240V~ Netzspannung.

von DES (Gast)


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> bei Ableitstrom von 100A

Ist das ein beliebiger Wert, den man sich nur für die Normung 
herausgegriffen hat, oder wäre 100A Ableitstrom bei 2000V Überspannung 
ein praxistypischer Fall, den man für die Minimal-Auslegung nehmen kann, 
um Schutz vor Überspannungen im Stromnetz zu haben (direkter 
Blitzeinschlag mal ausgenommen)? Ich frage, weil das auch eine Diode 
noch schaffen würde (200A "Non-repetitive surge peak forward current" 
mit TVS-Diode 1.5KE350CA, Bi-Directional, 1500W). Dann hätte man das 
Probem mit Alterung/Temperatursicherung nicht, Schmelzsicherung würde 
reichen.

von MaWin (Gast)


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DES schrieb:
> wäre 100A Ableitstrom bei 2000V Überspannung ein praxistypischer Fall,

Jein. Bei 2000V fliesst kein Ableitstrom. Bei 100A liegen keine 2000V 
an. Bei mit 100A belasteter 2000V Quelle kann der Varistor eben die 
Spannung auf 700V runterzwingen.

von Gerd E. (robberknight)


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DES schrieb:
>> mit eigener Übertemperaturabschaltung
>
> Die gibt es nicht in klein, oder (D<<14MM, für RM5-RM7,5)?

Du kannst eine normale Temperatursicherung direkt daneben setzen und 
beide zusammen mit einem Schrumpfschlauch einschrumpfen und damit 
thermisch koppeln.

Sinnvollerweise die Temperatursicherung in die Zuleitung des gesamten 
Geräts hängen, so daß bei Auslösen der Temperatursicherung das gesamte 
Gerät stromlos wird und nicht nur der Varistor abgeschaltet.

Dann kann man Varistor und Temperatursicherung tauschen und muss nicht 
mühsam den wg. Überspannung defekten Schaltregler reparieren.

von Mark S. (voltwide)


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Ob ich anschließend die Sicherung oder die ausgefallene 
Gleichrichterbrücke ersetze - das ist dem Kunden ziemlich egal.
In beiden Fällen sieht der einen Totalausfall.
Und deshalb finde ich diese Teile herzlich nutzlos.

von DES (Gast)


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> Du kannst eine normale Temperatursicherung direkt daneben setzen

In meinem Fall zu spät, es geht um eine fertige Platine und die Frage, 
was bestückt wird. Das kann nur ein kleiner Varistor bis ca D=9mm rein 
(RM=5mm) oder eine TVS-Diode oder gar nichts. Träge 2A-Sicherung für 
alles ist drauf. Laut User voltwide oben wäre ein normaler Varistor 
nicht zulässig (für ein CE-konformes Gerät?), also hat sich die Frage 
mehr oder weniger von selbst entschieden. Dann kommt die Suppressordiode 
drauf.

von Mark S. (voltwide)


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DES schrieb:
> Dann kommt die Suppressordiode
> drauf.

Du willst in den 230V-Kreis ne Suppressordiode setzen?!

von Mark S. (voltwide)


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DES schrieb:
> Laut User voltwide oben wäre ein normaler Varistor
> nicht zulässig (für ein CE-konformes Gerät?)

Ja, genauso hatte ich das gemeint. Entsprechendes findet sich in 
EN60950-1 resp EN62368-1. Das scheint allerdings in China noch nicht so 
ganz angekommen zu sein, da werden weiterhin fleißig die herkömmlichen 
MOVs bestückt.

von DES (Gast)


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> Du willst in den 230V-Kreis ne Suppressordiode setzen?!

Ja. Nach dem Beitrag: 
Beitrag "Re: Suppressordiode statt Varistor als Überspannungsschutz?"

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