Forum: Platinen Warum führen Lötlegierungen zu einer Senkung der Schmelztemperatur?


von Legierungen (Gast)


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Manchen Grundstoffen eines Lotes fügt man weitere Stoffe hinzu um die 
Schmelzeigenschaften des Lotes zu verbessern bzw. die Temperatur, bei 
dem das Lot schmilzt zu senken.

Warum aber bewirken diese anderen chemischen Elemente, dass das Element 
des Grundstoffes, welches z.b. einen deutlich höheren Schmelzpunkt hat, 
nun schon bei niedrigeren Temperaturen schmilzt?
Die einzelnen Atome eines Elements werden dadurch ja nicht anders, ihre 
grundsätzlichen Eigenschaften bleiben ja erhalten wieso ändert sich 
dadurch dann trotzdem etwas?

von nicht Gast (Gast)


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von Legierungen (Gast)


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nicht Gast schrieb:
> Weil schon spät, nur der Link:
>
> https://de.wikipedia.org/wiki/Eutektikum#Eutektisc...

Der Link beantwortet aber die Frage nicht.

Er sagt nur aus, dass bei eutektischen Legierungen  alle Bestandteile 
gleichzeitig erstarren und dies bei einer viel niedrigeren Temperatur 
geschieht, als es bei den reinen Komponenten der Fall wäre.

Das warum wird in dem Artikel nicht beantwortet.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Hallo,

Metalle haben kristalline Struktur.

Vermutlich liegt hier (Auszug aus dem Link) der Schlüssel zur 
Begründung.
"Ursache dafür ist die bei dieser Temperatur niedrige Bewegungsenergie 
der Atome, die nur kurze Wege und damit nur die Bildung sehr kleiner 
Kristalle (auch Kristallite genannt) zulässt."

MfG

von Metallograph (Gast)


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Naja, im Grunde beantwortet der Link schon die Frage. Es ist halt Hilfe 
zur Selbsthilfe die da angeboten wird. Lote bestehen in aller Regel aus 
Legierungen bei eutektischer Zusammensetzungweil gerade diese den 
niedrigsten Schmelzpunkt aufweist. Wenn man das genauer verstehen will 
muss man sich mit Phasendiagrammen beschäftigen. Zuerst mit 
Abkühlungskurven von Schmelzen, dann binären Schmelzen, vollständiger 
und begrenzter Mischbarkeit und dann kommt man zu eutektischen, 
peritektischen und eutektoiden Zustandsdiagrammen. Wenn Du das durch 
hast verstehst Du auch den Hindergrund von Loten.

Ich hab das auch nur als Fahrplan dargelegt weil das eine ganze Menge 
Stoff ist und ich ja nicht mal weiss wie umfangreich dein 
Hintergrundwissen schon ist. Bei meinen Schülern in der 
Metallographieausbildung belegen diese (einfachen) Zustandsdiagramme ca 
8 Doppelstunden. Also kann ich nur Wiki-Studium oder ein gutes 
Werkstoffkunde Buch (z.B. Bargel-Schulze) ans Herz legen wenn es Dir 
wirklich wichtig ist das zu verstehen.

Die vieleicht noch in Spuren zugesetzten Elemente wie 2-4 Silber oder 
<1% Kupfer werden außerdem nicht dazu gegeben weil es dadurch zum 
Eutektikum kommt oder der Schemlzpunkt dadurch sinkt. Die sind dabei um 
bestimmte Eigenschaften/Verhalten zu beeinflussen um sich für den 
Anwendungszweck positiv auszuwirken.
z.B. Kupfer im Lot verringert das herauslösen von Kupfer aus den zu 
lötenden Teilen und der Lötspitze (ablegieren). Etwas mehr gibts hier: 
https://de.wikipedia.org/wiki/Lot_%28Metall%29#Eigenschaften_der_Lotbestandteile

von Wolfgang (Gast)


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Legierungen schrieb:
> Die einzelnen Atome eines Elements werden dadurch ja nicht anders, ihre
> grundsätzlichen Eigenschaften bleiben ja erhalten wieso ändert sich
> dadurch dann trotzdem etwas?

Weil Schmelzen ein Vorgang ist, der den Gitterverband des festen Metalls 
auflöst. Und wenn verschiedene Elemente im Gitter gemischt sind, ist die 
Gitterstruktur anders/gestört, so dass die Gitterenergie geringer ist 
und schon bei niedrigerer Temperatur aufbricht.

von Hp M. (nachtmix)


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Legierungen schrieb:
> Das warum wird in dem Artikel nicht beantwortet.

In der Tat.

Generell beobachtet man aber eine Erniedrigung des Schmelzpunktes, wenn 
man eine reine Substanz durch eine andere "verunreinigt" und dabei keine 
chemische Reaktion stattfindet, bei der ein neuer Stoff entsteht.
Die letzte Klausel "keine chemische Reaktion" betrifft z.B. die Reaktion 
von Sauerstoff (Schmelzpunkt -218°C) mit Aluminium (Schmelzpunkt +660°C 
) bei der Aluminiumoxid (Schmelzpunkt 2050°C ) entsteht.
Die Begründung, weshalb diese Schmelzpunktserniedrigung ansonsten 
eintritt, ist leider insbesondere bei Metallen sehr kompliziert.

Für Nichtmetalle wie Wasser und Alkohol, Salz, Harnstoff und viele 
andere Stoffe, ist die Begründung auch nicht trivial, -sie hängt mit 
einem statistischen Effekt, der Entropie, zusammen-, aber immerhin kann 
man seit über 100 Jahren allein aufgrund theoretischer Betrachtungen und 
anderer gemessener Eigenschaften des Lösungsmittels sogar die Größe 
dieser -alternativ so genannten- Gefrierpunktserniedrigung vorhersagen.

Interessanter Weise kommt dabei als Nebenprodukt heraus, daß diese 
Gefrierpunktserniedrigung (obige  Substanzen dienen z.B. als 
Frostschutzmischungen ;) nicht von der Art der gelösten Teilchen 
abhängt, sondern nur von deren Zahl.
Auf diese Weise kann man mit einer präzisen Waage und einem sehr 
hochauflösendem Thermometer bestimmen, wieviel z.B. ein in Wasser 
gelöstes Zuckermolekül wiegt.

Für die Molekulargewichtsbestimmung nicht wasserlöslicher Stoffe kann 
man auch andere Lösungsmittel verwenden, von denen einige in diesem 
Artikel genannt sind: 
https://de.wikipedia.org/wiki/Gefrierpunktserniedrigung
In diesem Artikel findet sich neben der Skizzierung, wie man die Größe 
des Effekts berechnet, auch ein Hinweis auf die letztendliche Begründung 
des Effekts, den Dampfdruck.

Wenn du dich näher mit diesen, wie gesagt nicht ganz trivialen, 
Betrachtungen befassen möchtest, empfehle ich dir ein Lehrbuch der 
Physikalischen Chemie, Abschnitt Thermodynamik.

: Bearbeitet durch User
von Bürovorsteher (Gast)


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> Die vieleicht noch in Spuren zugesetzten Elemente wie 2-4 Silber oder
> <1% Kupfer werden außerdem nicht dazu gegeben weil es dadurch zum
> Eutektikum kommt oder der Schemlzpunkt dadurch sinkt. Die sind dabei um
> bestimmte Eigenschaften/Verhalten zu beeinflussen um sich für den
> Anwendungszweck positiv auszuwirken.

Ich würde sagen, dass hier ein doppelter Nutzen vorliegt.
Der Schmelzpunkt sinkt nämlich, obzwar SAC 305 kein Eutektikum ist
Reines Zinn hat einen Schmelzpunkt von 231,9 °C.
SAC 305 (96,5% Sn, 3% Ag, 0,5% Cu) hat bekanntermaßer einen Schmelzpunkt 
von etwa 217 °C, was von den Entwicklern dieses Lotes ja wohl explizit 
gewünscht war.
Welche Erklärung gibt es dafür?

von Pandur S. (jetztnicht)


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Ja. Ein Eutektikum will man nicht, die Schmelze soll auch langsam, 
verteilt fest werden, nicht auf einen Schlag. Ueber eine Matschphase. 
Die mechanischen Spannungen waeren viel zu hoch, dann gaeb's den 
Grabsteineffekt, bei welchen sich zB 1206 aufstellen.

von Harald W. (wilhelms)


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Sapperlot W. schrieb:

> Ja. Ein Eutektikum will man nicht,

Komisch, mit eutektischen Bleilot hat man jahrzehntelang sehr
erfolgreich und haltbar gelötet.

> Ueber eine Matschphase.

"Matschphase" wollten nur die Telefontechniker, um Ihre Blei-
muffen schön zu verschmieren.

> Die mechanischen Spannungen waeren viel zu hoch, dann gaeb's den
> Grabsteineffekt, bei welchen sich zB 1206 aufstellen.

Davon, das der Grabsteineffekt etwas mit dem Eutektikum zu tun hat,
habe ich noch nie etwas gehört, will es aber auch nicht ausschliessen.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Sapperlot W. schrieb:
> Ja. Ein Eutektikum will man nicht, die Schmelze soll auch langsam,
> verteilt fest werden, nicht auf einen Schlag. Ueber eine Matschphase.

Und wieso hat man dann traditionell Zinn-Blei-Lot als Eutektikum 
gemischt, abgesehen von den ca. 2% Kupfer zum Schutz der Leiterbahnen 
(und Lötspitzen)?

> Die mechanischen Spannungen waeren viel zu hoch, dann gaeb's den
> Grabsteineffekt, bei welchen sich zB 1206 aufstellen.

Die Grabsteine entstehen nicht beim Erstarren des Lots, sondern beim 
Aufschmelzen, weil die Oberflächenspannung der schon geschmolzenen Pins 
das Bauteil aus der nicht aufgeschmolzenen Lotpaste der anderen Pins 
herauszieht. Dieser Effekt tritt aber bei den heutigen bleifreien und 
damit nicht eutektischen Loten genauso auf.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Harald W. schrieb:
> "Matschphase" wollten nur die Telefontechniker, um Ihre Blei-
> muffen schön zu verschmieren.

Und drittklassige Bastler, die mit dem lauwarmen Lötkolben so lange auf 
dem halbgeschmolzenen Lotklumpen herumdrücken, bis er fast wie eine 
richtige Lötstelle aussieht, aber dann doch keinen mechanisch und 
elektisch stabilen Kontakt bildet.

Beitrag "Re: NIBO burger - Testpersonen für Roboterbausatz gesucht."

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