Hallo, ich beschäftige mich zur Zeit beruflich mit Antennenmessungen (EMV) im Bereich 30 MHz bis 1 GHz. Für die Ursachenforschung und Entstörung ist es wichtig parasitäre Antennen zu erkennen. Aus diesem Grund habe ich mich heute in das Thema der Rahmenantennen, welche in der EMV durch stromdurchflossene Leiterschleifen parasitär gebildet wird, eingelesen. Leider konnte ich bisher nicht auf alle meine Fragen eine Antwort finden, weil sich die meisten Erklärungen auf den Hertzschen Dipol und nicht den magnetischen Dipol (Rahmenantenne) beziehen. Nun zu meinen eigentlichen Fragen. Der Hertzsche Dipol ist ein Schwingkreis (Spule und Kondensator) mit einem Kondensator, dessen Elektroden auseinandergeklappt sind. Damit der Hertzsche Dipol elektromagnetische Wellen aussendet, muss der Schwingkreis in Resonanz betrieben werden. Muss eine Rahmenantenne zum Aussenden elektromagnetischer Welle auch einen Schwingkreis darstellen? Oder strahlt eine Rahmenantenne auch dann ab, wenn sie nur von einem hochfrequenten Strom durchflossen wird und entsprechend lang ist, die Rahmenantenne also nicht in Resonanz betrieben wird? Für den Fall, dass eine Rahmenantenne ein Schwingkreis sein muss, würde mich interessieren wie man sich hierfür die Spule und den Kondensator vorstellen darf. Diese Bauteile werden bei einer Leiterschleife ja nicht extra eingebaut. Sind diese Bauteile aufbaubedingt bereits in der Leiterschleife enthalten? Dann würde mich noch interessieren wie es mit der Polarisation der abgestrahlten Welle bei einer Rahmenantenne ausschaut. Der Hertzsche Dipol strahlt ja immer in der Polarisation ab, in der seine Kondensatorplatten ausgerichtet sind. Bei beispielsweise waagrecht ausgerichteten Kondensatorplatten strahlt er auch nur in der waagrechten Polarisation aus. Aber wie schaut es mit der Rahmenantenne aus? Nehmen wir folgendes Beispiel an: Die stromdurchflossene Leiterschleife (Rahmenantenne) liegt waagrecht auf einem Tisch. In welcher Polarisation wird dann eine elektromagnetische Welle abgestrahlt? Ich würde spontan sagen in senkrechter Polarisation, weil die magnetischen Feldlinien senkrecht aus der Leiterschleife austreten. Vielen Dank schon einmal im Voraus für die Beantwortung meiner Fragen. Gruß Thomas
Thomas schrieb: > Muss eine Rahmenantenne zum Aussenden elektromagnetischer Welle auch > einen Schwingkreis darstellen? Oder strahlt eine Rahmenantenne auch dann > ab, wenn sie nur von einem hochfrequenten Strom durchflossen wird und > entsprechend lang ist, die Rahmenantenne also nicht in Resonanz > betrieben wird? Grundsätzlich strahlt jeder stromdurchflossene Leiter elektromagnetische Wellen ab. Auch die Stromkabel in der Wand. Nur ist die Abstrahlung in der Regel sehr mies. Rahmenantennen eignen sich eigentlich nur zum Empfang. Thomas schrieb: > Für den Fall, dass eine Rahmenantenne ein Schwingkreis sein muss, würde > mich interessieren wie man sich hierfür die Spule und den Kondensator > vorstellen darf. Diese Bauteile werden bei einer Leiterschleife ja nicht > extra eingebaut. Sind diese Bauteile aufbaubedingt bereits in der > Leiterschleife enthalten? Die Leiterschleife ist die Spule. Einen passenden Kondensator für die gewünschte Frequenz musst du irgendwo anbauen. Hast du den Artikel mal gelesen? https://de.wikipedia.org/wiki/Rahmenantenne
Horst schrieb: > Rahmenantennen eignen sich eigentlich nur zum Empfang. Die Rahmenantenne zum Senden laufen meist unter der Bezeichnung "Magnetische Antennen". http://www.ib-haertling.de/amateurfunk/Magnetische_Antennen.pdf
Thomas schrieb: > Für den Fall, dass eine Rahmenantenne ein Schwingkreis sein muss, würde > mich interessieren wie man sich hierfür die Spule und den Kondensator > vorstellen darf. wenn Du mehrere Windungen in einer Rahmenantenne hast, gibt es sogar Kapazitäten zwischen den einzelnen Windungen oder Windungslagen bei anderen Spulen. angepasst daran gibt es dann für mehrlagige Spulen, z.B. Kreuzwickelspulen.
● J-A V. schrieb: > Kreuzwickelspulen. http://www.welt-der-alten-radios.de/detektor-honigwabenspule-222.html Beitrag "Re: Induktivitätswert für eine 77,5kHz Ferritantenne" Solche Spulen haben nur geringe parasitäre Kapazitäten. D.h., auch mit einem Drehkondensator mit kleinem Kapazitäts-Abstimmbereich kann man einen großen Frequenz-Abstimmbereich erzielen. Möchtest du eine Rahmenantenne für den Empfang selber bauen? Hier steht auch noch etwas Interessantes zum Thema: https://de.wikipedia.org/wiki/Parallelresonanz (siehe uch Abb.: 'Kreuzwickelspule mit geringer Eigenkapazität')
Horst schrieb: > Rahmenantennen eignen sich eigentlich nur zum > Empfang. Vermutlich ist meine Wortbezeichnung nicht ganz richtig. Was ich meine sind stromdurchflossende Leiterschleifen, welche elektromagnetische Wellen aussenden. Horst schrieb: > Die Leiterschleife ist die Spule. Einen passenden Kondensator für die > gewünschte Frequenz musst du irgendwo anbauen. Bei mir geht es ja um die Lösung von Störaussendungsproblemen in der EMV. Deswegen möchte ich keine magnetische Antenne bauen, denn sie ist ja bereits parasitär vorhanden. Mir geht es mehr darum mein Verständnis für magnetische Antennen zu vertiefen. Horst schrieb: > Grundsätzlich strahlt jeder stromdurchflossene Leiter elektromagnetische > Wellen ab. Muss der stromdurchflossene Leiter für die Aussendung elektromagnetischer Wellen ein Schwingkreis sein, der in Resonanz betrieben wird? Dann würde mich noch interessieren wie es mit der Polarisation der abgestrahlten Welle bei einer magnetischen Antenne ausschaut. Der Hertzsche Dipol strahlt ja immer in der Polarisation ab, in der seine Kondensatorplatten ausgerichtet sind. Bei beispielsweise waagrecht ausgerichteten Kondensatorplatten strahlt er auch nur in der waagrechten Polarisation aus. Aber wie schaut es mit der Rahmenantenne aus? Nehmen wir folgendes Beispiel an: Die stromdurchflossene Leiterschleife (Rahmenantenne) liegt waagrecht auf einem Tisch. In welcher Polarisation wird dann eine elektromagnetische Welle abgestrahlt? Ich würde spontan sagen in senkrechter Polarisation, weil die magnetischen Feldlinien senkrecht aus der Leiterschleife austreten.
Thomas schrieb: > Muss der stromdurchflossene Leiter für die Aussendung > elektromagnetischer Wellen ein Schwingkreis sein, der in Resonanz > betrieben wird? Nein, aber Resonanzen können zu einer vielfachen Verstärkung von Strömen und Spannungen führen und so die Abstrahlung begünstigen. Thomas schrieb: > Aber wie schaut es mit der Rahmenantenne aus? Die elektrischen Feldlinien stehen in einiger Entfernung (im so genannten Fernfeld) stets senkrecht auf den magnetischen Feldlinien. Im Nahfeld können andere Bedingungen herrschen.
Du bekommst einen magnetischen Dipol im Nahfeld. Die abgestrahlte Feldstärke ist proportional zum Strom und zur Fläche der Leiterschleife. Egal ob du daraus einen Resonanzkreis gemacht hast oder nicht. Mit einer flach auf dem Tisch liegenden Leiterschleife bekommst du sowohl im Nahfeld als auch im Fernfeld eine senkrechte E-Feld Polarisation wie sie eine senkrecht stehende Dipol-Antenne produziert. Im Nahfeld hast du hauptsächlich magnetische Felder die erstmal hauptsächlich reaktiv Blindleistung erzeugen, d.h. die elektrische Feldkomponente steht 90 Grad zur magnetischen. Im Fernfeld ist die magnetische und elektrische Feldkomonente dann in Phase.
http://www.dl0hst.de/magnetlooprechner.htm http://www.dl0hst.de/dateien/software/MagnetLoop_Hilfe.pdf Mit diesem Programm hier kannst du Magnetantennen (auch mit mehreren Windungen) berechnen. Eventuell hilft es, durch Rumexperimentieren mit den Werten ein besseres Gefühl für magnetische Antennen zu bekommen. Viele Grüße
Thomas schrieb: > Damit der Hertzsche Dipol elektromagnetische Wellen aussendet, muss der > Schwingkreis in Resonanz betrieben werden. Das ist eine grundlegend falsche Annahme. Ein resonanter Dipol bietet nur besonders günstige Voraussetzungen für die Einkopplung der Leistung, aber strahlen tut er prinzipiell bei jeder Frequenz. Kurzwellen-Funkamateure dürfen auf vielen Frequenzen zwischen 1,8 MHz (eigentlich ja schon Mittelwelle, wird aber meist als Kurzwellenband bezeichnet) und 29,7 MHz senden. Oft genug haben sie nicht für jedes Band dabei eine spezielle Antenne, sondern betreiben was auch immer sie an Draht in die Luft hängen können per Zwangsanpassung auf allen Bändern. Sicher sind die Abstrahlbedingungen dann nicht immer optimal, aber es funktioniert. Zur Natur von „magnetischen“ Antennen haben ja die anderen schon einiges geschrieben.
Hp M. schrieb: > Nein, aber Resonanzen können zu einer vielfachen Verstärkung von Strömen > und Spannungen führen und so die Abstrahlung begünstigen. Bei meinen EMV-Messungen liegt der Grenzwert bei 40 dBuV/m in 3 Meter Entfernung Antenne-Prüfling. Würdet ihr behaupten, dass eine parasitäre Antenne in Resonanz betrieben werden muss, um diesen Grenzwert der Störausssendung zu überschreiten? Christian K. schrieb: > Mit einer > flach auf dem Tisch liegenden Leiterschleife bekommst du sowohl im > Nahfeld als auch im Fernfeld eine senkrechte E-Feld Polarisation wie sie > eine senkrecht stehende Dipol-Antenne produziert. Vielen Dank schon einmal für diese Information. Das deckt sich mit meiner Einschätzung. Wie würde es sich eigentlich verhalten, wenn die Leiterschleife vertikal im Raum stehen würde? Ich würde behaupten, dass die vertikalen Abschnitte der Leiterschleife waagrecht polarisierte Wellen aussenden würden und die horizontalen Abschnitte vertikal polarisierte Wellen. Liege ich mit dieser Einschätzung richtig? Zur besseren Anschaulichkeit habe ich hierzu eine kleine Skizze mit einer rechteckigen Leiterschleife und dem in rot eingezeichnetem Magnetfeld gemacht (siehe Anhang). Jörg W. schrieb: > Das ist eine grundlegend falsche Annahme. > > Ein resonanter Dipol bietet nur besonders günstige Voraussetzungen > für die Einkopplung der Leistung, aber strahlen tut er prinzipiell > bei jeder Frequenz. Das ist ein guter Hinweis. In den ganze Internetseiten auf denen ich zu dem Thema recherchiert habe wird nämlich immer von Resonanz gesprochen. Ich vermute mal, dass es durch die Spannungsüberhöhung, welche bei Serienresonanz auftritt, zu einem erhöhten elektrischen Feld zwischen den "Kondensatorplatten" der elektrischen Dipolantenne und somit auch zu erhöhter Störaussendung kommt. Liege ich mit dieser Vermutung richtig? Jörg W. schrieb: > Kurzwellen-Funkamateure dürfen auf vielen Frequenzen zwischen 1,8 > MHz (eigentlich ja schon Mittelwelle, wird aber meist als > Kurzwellenband bezeichnet) und 29,7 MHz senden. Oft genug haben sie > nicht für jedes Band dabei eine spezielle Antenne, sondern betreiben > was auch immer sie an Draht in die Luft hängen können per > Zwangsanpassung auf allen Bändern. Sicher sind die Abstrahlbedingungen > dann nicht immer optimal, aber es funktioniert. Verstimmten diese Funkamateure nicht hier auch einen Schwingkreis z.B. durch Verstellen eines Drehkondensators ? Das würde ja dann bedeuten, dass auch die Funkamateure bei Resonanz aussenden.
Thomas schrieb: > Verstimmten diese Funkamateure nicht hier auch einen Schwingkreis z.B. > durch Verstellen eines Drehkondensators ? Das würde ja dann bedeuten, > dass auch die Funkamateure bei Resonanz aussenden. Gewissermaßen tun sie das, aber das hat mit der Abstrahlung selbst nichts zu tun. Es hat nur was damit zu tun, dass man die Leistung aus dem Sender halt dann optimal entnehmen kann, wenn dessen Ausgangsimpedanz zur Antennenimpedanz passt. Da die übliche Ausgangsimpedanz heutiger Sender 50 Ω sind, muss man die Antenne möglichst nah an 50 Ω reell heranbringen, und das ist, wenn man so will, natürlich „Resonanz“. Eine der Grundeigenschaften eines resonanten Schwingkreises ist es ja, dass sein Widerstand keinen induktiven oder kapazitiven Anteil mehr hat, also reell ist. Es gibt auch Antennen, die nicht einmal zwangsweise in Resonanz gebracht werden, sondern bei denen man die 50 Ω auf andere Weise erreicht, bspw. Antennen mit einem so genannten Schluckwiderstand. Diese sind als Sendeantennen aber dahingehend nachteilig, dass sie einen Teil der Leistung verheizen. Als Empfangsantenne macht man in Form einer Beverage-Antenne gern von solch einer Konstruktion Gebrauch. Für deine EMV gilt auf jeden Fall: alles, was strahlen könnte und genügend Anregung (in Form von HF-Strom oder -Spannung) erhält, das wird auch strahlen. Reonsanzen sind diesen Antennen dabei völlig schnuppe, sie strahlen eben nur mal mehr oder mal weniger.
Christian K. schrieb: > Mit einer > flach auf dem Tisch liegenden Leiterschleife bekommst du sowohl im > Nahfeld als auch im Fernfeld eine senkrechte E-Feld Polarisation wie sie > eine senkrecht stehende Dipol-Antenne produziert. Nö. So bekommst du ein vertikales H-Feld und im dementsprechend im Fernfeld ein horizontales E-Feld. Dementsprechend sind ja auch die magnetischen Ferritantennen der Radios waagerecht angeordnet -die Drahtschleifen liegen also nicht sondern stehen-, weil die senkrecht stehenden Masten der MW und LW-Rundfunksender ein vertikal polarisiertes E-Feld erzeugen. Die Magnetfeldlinien verlaufen da konzentrisch um den Sendemast. Mit anderen Worten: Die Polarisation des E-Feldes verläuft parallel zu der von der Drahtschleife aufgespannten Fläche, ist bei einer liegenden Leiterschleife also waagerecht. ...und die stärkste Abstrahlung erfolgt in dieser Ebene.
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Hp M. schrieb: > Christian K. schrieb: >> Mit einer >> flach auf dem Tisch liegenden Leiterschleife bekommst du sowohl im >> Nahfeld als auch im Fernfeld eine senkrechte E-Feld Polarisation wie sie >> eine senkrecht stehende Dipol-Antenne produziert. > > Nö. > So bekommst du ein vertikales H-Feld und im dementsprechend im Fernfeld > ein horizontales E-Feld. Jetzt wäre es natürlich interessant zu wissen welche der Theorien nun die Richtige ist:). Vielleicht möchte sich zu diesem Thema ja noch eine 3. Person äußern. Jörg W. schrieb: > Für deine EMV gilt auf jeden Fall: alles, was strahlen könnte und > genügend Anregung (in Form von HF-Strom oder -Spannung) erhält, das > wird auch strahlen. Reonsanzen sind diesen Antennen dabei völlig > schnuppe, sie strahlen eben nur mal mehr oder mal weniger. Vielen Dank für diese Einschätzung. Gibt es eigentlich kostenlose Simulationsprogramme mit denen ich Abstrahlungsprobleme der EMV simulieren kann? Mir würde ein elektromagnetischer Feldsimulator vorschweben, mit dem ich bestimmte Teile der Anlage, welche nach meiner Einschätzung als parasitäre Antenne wirken, mit ihren echten Abmessungen simulieren und deren elektrische Feldstärke in 3 m Abstand "messen" kann. Also vereinfacht gesagt würde ich gerne in bestimmte Gehäuseteile Störungen einkoppeln (z.B. durch induktive Kopplung) und dann simulieren wie stark diese Teile elektromagnetische Wellen abstrahlen. Vielleicht könnte man hierdurch im Idealfall durch bessere Kenntnis der Abstrahlungsursache bestimmte Antennen in ihrer Abstrahlung "verschlechtern".
Thomas schrieb: > Gibt es eigentlich kostenlose Simulationsprogramme mit denen ich > Abstrahlungsprobleme der EMV simulieren kann? Es gibt kostenlose Feldsimulatoren. Einen Vortrag über einen haben wir auf den Chemnitzer Linuxtagen gehört: https://chemnitzer.linux-tage.de/2017/de/programm/beitrag/180 Georg hatte auch die verschiedenen Varianten von Feldsimulation dort benannt und gezeigt, auf welche der Möglichkeiten sich OpenEMS da konzentriert. Das größte Problem dabei, sowas in deinem Umfeld zu simulieren, dürfte es sein, die Ströme bzw. Spannungen zu ermitteln, die tatsächlich irgendwo an einer potenziellen Antenne vorhanden sind, um diese anzuregen.
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