Guten Morgen zusammen, bislang habe ich Schrittmotorantriebe immer nur für Motoren ausgelegt, bei denen der Hersteller eine Drehzahl-Drehmomentkurve ins Datenblatt gemalt hat. Im Katalog von z.B. Osmtec (Datenblatt pro Motor scheint es nicht zu geben) http://www.osmtec.com/downloads/stepper_motor/stepper_motor.pdf sind aber nur Angaben zu Haltemoment, Phasenstrom, Spuleninduktivität und -Widerstand, aber keine Angaben zu Gegen-EMK etc. enthalten. Alle Dokumente/Webseiten mit dem Namen "Schrittmotorantriebe auslegen", die ich bislang gefunden habe, liefern alle so hilfreiche Informationen wie "es gibt grob drei Varianten, heute alles Hybridmotoren, Voll-/Halb-/Mikroschritt, Uni-/Bipolar etc", aber die hilfreichen Informationen fehlen: Konkret interessiert mich bei der Auslegung eines Schrittmotorantriebs doch, welches Kippmoment der Motor noch bei z.B. einer Drehzahl 1000 U/min bei einer Versorgungsspannung von 42 V bei Nennstrom im Vollschrittbetrieb hat, damit ich unter der Berücksichtigung von Abschlägen für Mikroschritt und Sicherheit meinen Motor und meine Untersetzung aussuchen kann. Kann man das irgendwie aus den Angaben im Katalog berechnen/abschätzen? Gibt es irgendwo eine vernünftige Quelle für die Auslegung? Viele Grüße W.T.
Walter T. schrieb: > Gibt es irgendwo eine vernünftige Quelle für die Auslegung? Frag' doch den/die Hersteller.
Horst S. schrieb: > Frag' doch den/die Hersteller. Diese Antwort hätte ich erst an der dritten Stelle erwartet. Vorher gehören: "Google kaputt?" und "Du hast das Problem nicht ausreichend genau beschrieben!"
Walter T. schrieb: > Im Katalog von z.B. Osmtec (Datenblatt pro Motor scheint es nicht zu > geben) Dann kauft man halt einen anderen Motor. Nicht immer ist das billigste auch das am einfachsten verwendbare. Hast du dir Daten nicht, musst du auf gut Glück arbeiten (in Datenblätter von ähnlichen Motoren anderer Hersteller gucken und hoffen daß es passt) oder probieren (ggf. 3 Motorgrössen kaufen um zu sehen welcher es schafft). Die Methode, durch die Induktivität und die Spannung den Stromanstieg auszurechnen, und je kleiner die Fläche ist je weniger Drehmoment hat man, kann helfen sich ein Bild von der Sache zu machen, aber präzise wird das nicht weil man die Geometrie des Magnetfeldes im Motor nicht kennt.
1 | + ....------- |
2 | : / :\ |
3 | : / : \ |
4 | :/ : \ |
5 | 0 ----- ... ------ |
Gepunktete Linie ist bei langsamem Lauf, durchgezogene bei schnellem Lauf, normiert auf einen Takt. Die Fläche zwischen beiden vorne ist Drehmomentverlust weil der Motor noch nicht zieht, die Fläche zwischen beiden hinten ist Drehmomentverlust weil er durch das nicht abschaltende Magnetfeld gebremt wird.
Walter T. schrieb: > Horst S. schrieb: >> Frag' doch den/die Hersteller. > > Diese Antwort hätte ich erst an der dritten Stelle erwartet Natürlich fragt man alle möglichen Leute, nur nicht den Hersteller. Das macht man doch immer so, wenn man technische Daten braucht. Georg
Michael B. schrieb: > Die Methode, durch die Induktivität und die Spannung den Stromanstieg > auszurechnen, und je kleiner die Fläche ist je weniger Drehmoment hat > man [...] Den Teil verstehe ich nicht. Woher soll ich denn wissen, wie stark der Stromanstieg bei höherer Drehzahl flacher wird? Ich habe den Mechanismus, daß Schrittmotoren bei höherer Drehzahl Moment verlieren, mal als "Gegen-Elektromotorische-Kraft" gelernt, d.h. die Wicklungen sind aufgrund der Läuferdrehzahl schon mit einer inneren Gegenspannung vorgespannt, so daß effektiv von der externen Wicklungspannung weniger übrig bleibt, um für Strom zu sorgen. Deswegen haben große Motoren die Gegen-EMK in V*min/U oft im Datenblatt stehen. Bei den kleinen Motörchen fehlt diese Angabe. Aber irgendwie scheinen andere Menschen ja ihre Antriebe mit diesen Teilen trotzdem ausgelegt zu bekommen. Auch in Einzelstückzahlen, bei denen der Hersteller sich nicht darum schert, potenzielle Kunden mit Informationen zu versorgen.
Walter T. schrieb: > Bei den kleinen Motörchen fehlt diese Angabe. Aber irgendwie scheinen > andere Menschen ja ihre Antriebe mit diesen Teilen trotzdem ausgelegt zu > bekommen. Auch in Einzelstückzahlen, bei denen der Hersteller sich nicht > darum schert, potenzielle Kunden mit Informationen zu versorgen. Vielleicht kann es Dir ja nützlich sein: Zu Zeiten als Schritt-Motörchen (SM)(aller Art) noch nicht so verbreitet waren, wie das heute der Fall ist, dachte ich schon mal darüber nach, wie man bei SM, von denen man nicht recht viel mehr als ihre Betriebs-Spannung kennt, ihr Drehmoment messen könne. Ein prinzipielles Problem ist das an sich ja nicht. :) Aber es erfordert einigen "Aufwand", um eine "Pendelwaage" zu bauen. Die in etwa der einfachst möglichen Pendelmaschine entspricht. https://de.wikipedia.org/wiki/Pendelmaschine Aus dem Link: "Bei sehr einfachen Prüfständen kamen auch Konstruktionen ähnlich der Balkenwaage mit Waagschale und Gewichten zum Einsatz. Die Waage misst somit eine Kraft, die sich bei bekannter Länge des Hebelarms in das wirksame Drehmoment umrechnen lässt." Bei Einsatz einer Waage, auf die (vertikaler) Druck über ein Hebelgestänge ausgeübt wird, reduziert sich das Ganze im Prinzip auf die horizontale Anordnung SM-Achse/Hebel-Drehpunkt/Druckpunkt auf die Waage. Der SM ist dabei mit einer "Brems-Scheibe" ausgestattet. Und der Übertragungs-Hebel zur Waage hat eine Gabel (seitens der Bremsscheibe), die es erlaubt, unterschiedliche Federn einbauen zu können, die ihrerseits Bremsklötze (beidseits) auf die Bremsscheibe drücken. Der Übertragungs-Hebel liegt auf der Waagschale mit einem Kugellager auf, wodurch die Distanz bzw. Hebellänge zu seinem Drehpunkt definiert ist und bleibt. - In der Wahl der Hebel-Längen ist man völlig frei, weil die "Gleichgewichts-Bedingung" bei Hebeln bekannt bzw. beliebig "umrechenbar" ist. - Wenn man mit Brems-Federn arbeitet, kann man die jeweiligen Feder-Konstanten (= Anpreß-Druck auf die Bremsbeläge) auch mit simpelsten Mitteln messen ("Federwaage"). - Man muß dann nur noch den Reibungs-Koeffizient der Bremsbeläge kennen. Empfehlenswert ist es dabei, kreisförmige Bremsbeläge einzusetzen, weil das die Sache (Berechnung) etwas vereinfacht: Man kann dann den Mittelpunkt als Druckpunkt annehmen (= Hebellänge zwischen Bremsscheibe und Hebel-Drehpunkt). Gebaut habe ich das für SM nicht. Weil sich - wie so oft im Leben - manches einfach "überholt" bzw. Wichtigeres zu tun ist. ;) Allerdings habe ich zusammen mit einem Spezl einen Leistungs-Prüfstand für Verbrennungs-Motoren gebaut. Der nach genau dem gleichen Prinzip auch einwandfrei funktioniert. Nur mit der Abwandlung, daß an der Hebel-Gabel eine hydraulische Bremszange angeordnet ist, deren Anpreßdruck wir per Manometer messen können. Ist etwas bequemer, aber im Prinzip so wurscht wie sonstwas. ;) Grüße
Hallo Holzkopf, eine Drehmomentwaage wollte ich mir bei Gelegenheit bauen, um die Motörchen, die sich im Laufe der Zeit angesammelt haben, zu testen. Diese hat nur einen großen Nachteil: Sie funktioniert nicht bei Motoren, die noch im Katalog sind. Viele Grüße W.T.
Walter T. schrieb: > Den Teil verstehe ich nicht. Woher soll ich denn wissen, wie stark der > Stromanstieg bei höherer Drehzahl flacher wird? Kann man durch die Induktivität berechnen und die angelegte Spannung. Walter T. schrieb: > Bei den kleinen Motörchen fehlt diese Angabe. Nein, nur bei billigen Motoren.
Hallo zusammen, da die Pendelmaschine sowieso schon so lange auf meiner könntest-Du-mal-machen-wenn-es-gerade-paßt-Liste steht, habe ich mich heute mal daran begeben. Beitrag "Re: Zeigt her eure Kunstwerke (2017)" Viele Grüße W.T.
Hallo nicolas, den "Kunstwerk-Link" überflog ich nur. Will aber vielleicht mit ein paar Gedanken zum Gelingen Deines Vorhabens beitragen. :) Die Kraftmessung kann man natürlich auch mit einer "Federwaage" machen. Allerdings ist es dann wohl am besten, wenn man die vertikal und von ihren Aufnahmen her verschiebbar aufhängt. Damit meine ich, sowohl den vertikalen Anhänge-Punkt verschiebbar, als auch die gesamte horizontale Anordnung Bremsscheibe/Federkraft-Messung ebenfalls verschiebbar zu machen. Weil sich dadurch zweierlei erreichen läßt: 1) Eine mit Federkraft ausgestattete Bremszange hat ja eine konstante Bremswirkung. (Die Bremszange-Stange wird linear (vertikal) in einer Laufbüchse geführt) Oberhalb der Stange ist die Federwaage mit der Stange verbunden. Sind die Bremsbeläge (bezogen auf die Bremsscheibe mittig zu ihrer Achse) horizontal angeordnet, wirken keine Seitenkräfte mehr auf sie. Was sich durch die Verschiebbarkeit des Aufhängepunktes der Federwaage erreichen läßt. 2) Wenn die gesamte Anordnung auch noch horizontal verschiebbar ist, kannst Du bei konstanter Bremskraft der Bremszange dennoch unterschiedliche Gegenmomente erreichen, weil Du den "Gegenhebel" auf der Bremsscheibe x-beliebig nach außen verlagern kannst. Zur gesamten Anordnung kann ich Dir nur raten: a) Separate Lagerung der Bremsscheibe b) Koppelung zwischen SM und Bremsscheiben-Achse NUR über Kardan-Welle oder vergleichbare Koppel-Elemente, die axialen Versatz wirklich kompensieren können c) wodurch Du bzgl. Aufnahmen von SM, die Du testen willst, Freiheitsgrade "gewinnen" kannst ;) Bedenk bitte beim Bau, daß man so etwas i.d.R. nur einmal baut und es sich deshalb schon "lohnt", es möglichst "flexibel" zu bauen. Und auch so, daß Meßfehler weitestgehend ausgeschlossen werden können. :) Bei der Flexibilität liegt der "Hund" meistens ganz wo anders "begraben" als man das anfänglich vermutet. :D Wünsche Dir viel Erfolg beim Bau. Grüße
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Hallo Walter, > Michael B. schrieb: >> Die Methode, durch die Induktivität und die Spannung den Stromanstieg >> auszurechnen, und je kleiner die Fläche ist je weniger Drehmoment hat >> man [...] > > Den Teil verstehe ich nicht. Woher soll ich denn wissen, wie stark der > Stromanstieg bei höherer Drehzahl flacher wird? Früher, als Drehzahl-Drehmoment-Kennlinien noch mit logarithmischer Drehzahl-Skala üblich waren, konnte man einen deutlichen Knick in der Kennlinie erkennen, ab dem die Kennlinie steiler abfiel [1]. Das ist der Punkt, an dem (analog zu Michael B's Skizze) der trapezförmige Stromverlauf die Form eines Dreiecks annimmt. Wenn die Wicklung dann noch schneller umgepolt wird, wird die Fläche unter dem Dreieck zunehmend kleiner. Diese Fläche entspricht dem Mittelwert des Wicklungsstroms und ist damit direkt proportional zum Strom. Die Lage dieses Punktes der Kennlinie kann man in der Tat aus Induktivität, Wicklungs-Widerstand und der verwendeten Versorgungsspannung berechnen. Bei älteren Motor-Brücken (z.B. L298) muss man ggf. noch den Spannungsabfall in der H-Brücke berücksichtigen. > Ich habe den Mechanismus, daß Schrittmotoren bei höherer Drehzahl Moment > verlieren, mal als "Gegen-Elektromotorische-Kraft" gelernt, d.h. die > Wicklungen sind aufgrund der Läuferdrehzahl schon mit einer inneren > Gegenspannung vorgespannt, so daß effektiv von der externen > Wicklungspannung weniger übrig bleibt, um für Strom zu sorgen. Deswegen > haben große Motoren die Gegen-EMK in V*min/U oft im Datenblatt stehen. Gegen-EMK kenne ich als Begriff eigentlich nur von DC-Motoren und "normalen" Synchron-Maschinen. Bei Schrittmotoren habe ich eine solche Angabe bisher nur in den Datenblättern von RTA gesehen [2], wobei mir die Angaben z.T. nicht wirklich plausibel erschienen. Man kann die EMK aber auch beim Schrittmotor messen, wenn man den Motor extern antreibt (z.B. mit einem Akkuschrauber). Mit freundlichen Grüßen Thorsten Ostermann [1] http://www.mechapro.de/pdf/pk268-e.pdf [2] http://www.rta-deutschland.de/de/product/2652-schrittmotoren-103-h7126-0740
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Eine einfache Messmoeglichkeit ist auch das Einspannen des Motors in einen Akkuschrauber. Dann kann man mit dem Oszilloskop zuschauen und sieht auch gleich die EMK. einen Widerstand dran und mam sieht wie er unter Belastung laeuft. Alles rein qualitativ.
Hallo zusammen, L. H. schrieb: > Bedenk bitte beim Bau, daß man so etwas i.d.R. nur einmal baut und es > sich deshalb schon "lohnt", es möglichst "flexibel" zu bauen. Da sind meine Erfahrungen komplett gegenteiliger Natur: Alles, was ich bislang für die Ewigkeit gebaut habe, hat kein Jahrzehnt unverändert überstanden, während vieles, was "mal eben so" gebaut wurde, sich als Dauerlösung etabliert hat. Kurz: Ich bin lausig im /requirements engineering/ bezüglich meiner Hobbys. Also baue ich so gut wie nötig. In meinem Fall war das die Anforderung, NEMA-17-Motoren bis 0,1...1,0 Nm grob vermessen zu können. Thorsten O. schrieb: > Das ist der Punkt, an dem (analog zu Michael B's Skizze) der > trapezförmige Stromverlauf die Form eines Dreiecks annimmt. Wenn die > Wicklung dann noch schneller umgepolt wird, wird die Fläche unter dem > Dreieck zunehmend kleiner. Diese Fläche entspricht dem Mittelwert des > Wicklungsstroms und ist damit direkt proportional zum Strom. > > Die Lage dieses Punktes der Kennlinie kann man in der Tat aus > Induktivität, Wicklungs-Widerstand und der verwendeten > Versorgungsspannung berechnen. Danke für die Klarstellung. Mir war vorher unklar, welcher Takt überhaupt gemeint ist, und wie die Kennlinie damit zusammenhängt. Hast Du dazu noch eine Quelle? Die Herleitung ist nicht weiter schwierig - aber ich nehme gerade an, daß in einer Quelle, wo soetwas beschrieben wird, auch andere brauchbare Sachen stehen. Thorsten O. schrieb: > . Bei Schrittmotoren habe ich eine solche > Angabe bisher nur in den Datenblättern von RTA gesehen Genau. Sanyo Denki. Wie z.B. mein Allzeit-Freund Sanyo Denki StepSyn 103 - H7823, den Du auch im Shop hast. War mein erster bewußt dimensionierter Schrittmotorantrieb. Und wie das so ist: An seinem ersten mißt man alle. Viele Grüße W.T.
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Ich habe gerade keinen Zugriff auf meine Bibliothek, aber hier ist eine Übersicht über die relevanten Bücher zum Thema: http://www.schrittmotor-blog.de/literatur-zu-schrittmotoren/ Mit freundlichen Grüßen Thorsten Ostermann
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